Stolz sein auf ein Land? – Ein Schlichtungsversuch
Ich denke, man kann stolz auf z.B. (s)ein Land sein, wenn man dessen Werte gutheißt und mit vertritt wie (vor allem früher?) z.B. Pünktlichkeit, Fleiß u.ä., wodurch man insgesamt im Land gut "fährt", alle davon profitieren können. Wenn man dagegen jetzt z.B. die Deutsche Bahn sieht und die Unpünktlichkeit als Gegenteil...
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Das bestreite ich nicht.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 21. Apr 2025, 15:46Verschiedene Gefühle können sich rein phänomenal sehr ähnlich sein – manchmal schwer zu unterscheiden. Eine erhöhte Herzfrequenz, feuchte Hände – das kann sowohl Angst als auch einfach Aufregung sein.
In meinem Startbeitrag setze ich schlichtweg voraus, dass der Stolze wahrlich stolz ist. Es soll in diesem Faden nicht um die Möglichkeit falscher Gefühlsbeurteilungen gehen, sondern um Fälle, wo tatsächlich wahrlich, wirklich jemand stolz ist. Was ich gerne diskutieren möchte, sind die Zusammenhänge zwischen "von oben herab" und "von unten herauf", den schönen Aufstiegs-Stolz im Gegensatz zum ausgrenzenden Herablass-Stolz, die graduelle Bandbreite zwischen den Extremen. Diese graduelle Verhältnismäßigkeit bringt mich zu der Auffassung, dass der Landesstolz (und sonstiger Gruppenstolz) nicht kategorisch als etwas schlechtes zu verwerfen ist, sondern je nach Blickwinkel graduell zu bewerten ist. Das ist die Variable, an der eine Schlichtung schleifen kann, denke ich.
So ganz einverstanden bin ich mit diesem "ausgrenzenden Herablass-Stolz" bei Siegern und Siegerinnen aus vermeintlichen sportlichen Supermächten nicht. Wie kommst Du darauf?
Sowohl die eine wie die andere ordnen ihr Leben dem Sport unter, mit dem Ziel, mal die Beste zu sein. Die eine hat vielleicht die nicht Strukturen und muss diese erst aufbauen. Die andere hat den immensen Konkurrenzdruck. Beide können und dürfen stolz auf sich sein.
Ich sehe gerne Siegerehrungen, egal wer da oben steht. Die drei, die da stehen, reagieren alle unterschiedlich, vom grundsätzlch arroganten Schnösel, über die es nicht fassen können bis zu denen, die schon weinen, bevor die Musik spielt. Aber einen ausgrenzenden Herablass-Stolz habe ich noch nicht gesehen.
Sowohl die eine wie die andere ordnen ihr Leben dem Sport unter, mit dem Ziel, mal die Beste zu sein. Die eine hat vielleicht die nicht Strukturen und muss diese erst aufbauen. Die andere hat den immensen Konkurrenzdruck. Beide können und dürfen stolz auf sich sein.
Ich sehe gerne Siegerehrungen, egal wer da oben steht. Die drei, die da stehen, reagieren alle unterschiedlich, vom grundsätzlch arroganten Schnösel, über die es nicht fassen können bis zu denen, die schon weinen, bevor die Musik spielt. Aber einen ausgrenzenden Herablass-Stolz habe ich noch nicht gesehen.
Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
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Ist das so? Was ist aber, wenn das, mit dem man sich identifiziert, grundsätzlich abzulehnen ist. Beispielweise in dem man sich dazu Fake News bedient.
Quk hat geschrieben : ↑Mo 21. Apr 2025, 09:09
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Zum Schluss würde ich gerne – sofern es die Forenregeln gestatten – mit diesem Faden einmal ein Kommunikations-Experiment machen, und zwar mit folgenden Regeln: Kommentare zum Thema sind willkommen, aber sie dürfen keine Videos enthalten und keine Zitate von außerhalb dieses Fadens, und keine Links. Jeder Kommentar soll nur den eigenen Gedanken des Schreibenden enthalten. Das reine Destillat direkt aus dem Hirn des Schreibenden. Wollen wir das mal testen? Nur ausnahmsweise. Nur in diesem Faden. Das soll kein Model für alle Fäden werden.
Die Verlinkung Beispielweise in dem man sich dazu Fake News bedient. ist übrigens deinem Wunsch zum Schluss geschuldet. Nur um einmal an Hand dessen zu demonstrieren , warum meiner Meinug nach dieses Kommunikations-Experiment kein Model für alle Fäden werden soll.
Guter Punkt. Ich hatte diesen Faktor schon angedeutet: Auch die Supermacht hatte mal einen Aufstieg zu bewältigen, und das ist respektabel. Aber wenn dieser Aufstieg in der fernen Vergangenheit liegt, blockiert die Supermacht den Aufstieg anderer schon seit längerer Zeit. Und da muss ich dann gähnen. Das ist jedoch nur meine persönliche Empfindung.
Vielleicht ist meine Mentalität dergestalt, dass ich Zufriedenheit für alle wünsche anstatt nur für wenige. Eine Aufsteigerin nimmt nicht notwendig etwas von anderen Aufsteigerinnen weg. Sie könnte etwas wegnehmen, muss aber nicht zwingend logisch. Eine einzelne Supermacht hingegen, die auf der Pyramidenspitze sitzt, kann dort nur bleiben, wenn sie andere Aufsteigerinnen nach unten drückt. Klar hat auch die Supermacht da einen Konkurrenzdruck. Aber mein Respekt gilt nicht dem Konkurrenzdruck, den ein Wesen erlebt, sondern dem, was ein Wesen leistet, auch wenn die Leistung geringer ist als die der anderen. Zumal die Leistungsmessung sowieso zweifelhaft ist, sofern es keine objektiven Maßstäbe gibt, wie etwa im Sport oder in der Technik. In der Lyrik oder in der Musik ist die Objektivität schon viel schwieriger. Außerdem: Der Wille zählt ja schließlich auch. Also wenn ein Kind namens Erna ein naives Bild malt, mag das kein Picasso sein, und es mögen Milliarden weiterer Kinder etwas besseres malen und "Konkurrenzdruck" erzeugen. Dennoch kann ich es nachvollziehen, wenn Erna stolz auf ihr Bild ist. Diesen Stolz finde ich schöner als den Stolz von Pablo, der seine Bilder für Millionen Dollar verkauft.
Mich stört etwas dieses "es ist jemand erfolgreich oder eine "Supermacht ist erfolgreich, und deshalb kann der Stolz nicht so schön sein, wie der Stolz eines "Underdogs" oder eines Laien oder Anfänger, der gerade seine erste Ausstellung hatte, oder dessen Bilder in der Schule ausgestellt werden".
Nur weil man ist der Position ganz oben ist, bedeutet das nicht, dass sich der Künstler, Sportler etc. nicht mehr freut und nicht mehr stolz ist. Stolz auf sich selber, Stolz das eigene Land zu vertreten. Die Leistung ist auch deshalb nicht weniger wert, weil er oder sie, oder das Land oder was auch immer, schon immer erfolgreich war.
Es mag langweilig sein, wenn auf den ersten 5 Plätzen im Biathlon 5 Norweger ( es ist etwas langweilig) sind, oder in den 10 ersten Songs bei Spotify 5 mal Ed Sheeran ist und zwar auf ersten 5 Plätzen ist. Das schmälert die Leistung der jeweiligen Akteure doch nicht.
Nur weil man ist der Position ganz oben ist, bedeutet das nicht, dass sich der Künstler, Sportler etc. nicht mehr freut und nicht mehr stolz ist. Stolz auf sich selber, Stolz das eigene Land zu vertreten. Die Leistung ist auch deshalb nicht weniger wert, weil er oder sie, oder das Land oder was auch immer, schon immer erfolgreich war.
Es mag langweilig sein, wenn auf den ersten 5 Plätzen im Biathlon 5 Norweger ( es ist etwas langweilig) sind, oder in den 10 ersten Songs bei Spotify 5 mal Ed Sheeran ist und zwar auf ersten 5 Plätzen ist. Das schmälert die Leistung der jeweiligen Akteure doch nicht.
Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)
Wer, wie, was?
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Die Leistung schmälert das nicht. Aber wenn die große und immer wiederkehrende Leistung garniert wird mit großem Fahnenschwenken und Scheinwerferlicht auf die 1000 Pokale, dann schmälert es meine Sympathie für diesen Leistungsträger. Ich empfinde das als Größenwahn.
Ich habe da einfach eine andere Mentalität. Ich fühle ich mich extrem unwohl, wenn ich irgendwo gewinne und meine Spielgegner enttäuscht sind. Ich bin introvertiert. Mir ist der Sieg unwichtig. Wenn ich merke, dass jemand ungern verliert und ich zufällig auf der Überholspur bin, dann bremse ich mich und lasse die anderen gewinnen.
In meiner Kindheit hat es mich auch gestört, wenn zuhause meine Mutter irgendwelchen Besuchern stolz meine Zeichnungen immer zeigen wollte. Das war mir extrem unangenehm. Irgendwann habe ich meine Sachen im Schrank verschlossen.
Ich kann mich noch an einen Moment erinnern, am Ende der sechsten Klasse nach der Zeugnisausgabe; da habe ich in der Pause die Kunstlehrerin gefragt, warum nur ich eine 1 bekommen habe und mein Kumpel eine 2; den fand ich genauso gut. Das muss wohl eine ungewöhnliche Haltung von mir gewesen sein. In der Zeit fing bei den anderen langsam das Ellenbogen-Gedöns an. -- Ich mochte diese Kunstlehrerin; sie war übrigens auch unsere Englischlehrerin. Über sie habe ich mal hier etwas geschrieben.
Ich habe da einfach eine andere Mentalität. Ich fühle ich mich extrem unwohl, wenn ich irgendwo gewinne und meine Spielgegner enttäuscht sind. Ich bin introvertiert. Mir ist der Sieg unwichtig. Wenn ich merke, dass jemand ungern verliert und ich zufällig auf der Überholspur bin, dann bremse ich mich und lasse die anderen gewinnen.
In meiner Kindheit hat es mich auch gestört, wenn zuhause meine Mutter irgendwelchen Besuchern stolz meine Zeichnungen immer zeigen wollte. Das war mir extrem unangenehm. Irgendwann habe ich meine Sachen im Schrank verschlossen.
Ich kann mich noch an einen Moment erinnern, am Ende der sechsten Klasse nach der Zeugnisausgabe; da habe ich in der Pause die Kunstlehrerin gefragt, warum nur ich eine 1 bekommen habe und mein Kumpel eine 2; den fand ich genauso gut. Das muss wohl eine ungewöhnliche Haltung von mir gewesen sein. In der Zeit fing bei den anderen langsam das Ellenbogen-Gedöns an. -- Ich mochte diese Kunstlehrerin; sie war übrigens auch unsere Englischlehrerin. Über sie habe ich mal hier etwas geschrieben.
[Bitte verzeih mir, aber ich leide unter Zitierzwang!Quk hat geschrieben : ↑Mo 21. Apr 2025, 17:01In meinem Startbeitrag setze ich schlichtweg voraus, dass der Stolze wahrlich stolz ist. Es soll in diesem Faden nicht um die Möglichkeit falscher Gefühlsbeurteilungen gehen, sondern um Fälle, wo tatsächlich wahrlich, wirklich jemand stolz ist. Was ich gerne diskutieren möchte, sind die Zusammenhänge zwischen "von oben herab" und "von unten herauf", den schönen Aufstiegs-Stolz im Gegensatz zum ausgrenzenden Herablass-Stolz, die graduelle Bandbreite zwischen den Extremen. Diese graduelle Verhältnismäßigkeit bringt mich zu der Auffassung, dass der Landesstolz (und sonstiger Gruppenstolz) nicht kategorisch als etwas schlechtes zu verwerfen ist, sondern je nach Blickwinkel graduell zu bewerten ist. Das ist die Variable, an der eine Schlichtung schleifen kann, denke ich.

Es gibt also einerseits den wahrhaften Stolz, der sich auf wirklich vorhandene Vorzüge (wertvolle, vortreffliche Eigenschaften oder Errungenschaften) bezieht; und es gibt andererseits den trughaften Stolz, der sich auf nicht wirklich (nur scheinbar) vorhandene Vorzüge bezieht."Stolz: …In weiterer Bedeutung ist stolz seiner Vorzüge bewußt, und dieses Bewußtseyn durch sein Äußeres verrathend, wo es sowohl in gutem als nachtheiligem Verstande gebraucht wird.
(1) Im guten oder wenigstens gleichgültigen Verstande, sich wahrer Vorzüge bewußt, und diesem Bewußtseyn gemäß handelnd. Stolz auf etwas seyn, sich desselben als eines Vorzuges bewußt seyn. Ich bin stolz auf ihn. Glückliche Zeiten, da Tugend und Unschuld meine Gespielinnen waren, da ich noch auf mein Herz stolz seyn konnte!
(2) Im nachtheiligen Verstande ist man stolz, entweder wenn die Vorzüge, deren man sich bewußt zu seyn scheinet, nicht wirklich vorhanden sind, oder wenn man durch seine Handlungen ein höheres Gefühl seiner Vorzüge verräth, als sie verdienen, ingleichen in dieser Denkungsart gegründet; im Gegensatze des bescheiden."
(Adelung, Johann Christoph. Grammatisch-Kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Bd. 4. Leipzig, 1793-1801.)
Der trughafte Stolz ist stets ein lasterhafter Stolz. Der wahrhafte Stolz kann ein tugendhafter Stolz sein; aber er wird lasterhaft, wenn er unangemessen oder übertrieben ist, indem er als Aufgeblasenheit, Eitelkeit, Hochmütigkeit oder Überheblichkeit auftritt.
Man beachte, dass sowohl der wahrhafte Stolz als auch der trughafte Stolz ein tatsächlicher, wirklich vorhandener Stolz ist! Der Unterschied besteht darin, dass der intentionale Gegenstand des Ersteren etwas/jemand mit wirklichen vorhandenen Vorzügen ist, wohingegen derjenige des Letzteren etwas/jemand mit nicht wirklich vorhandenen Vorzügen ist.
Ein Schopenhauer-Zitat zum Nationalstolz:
"Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein: hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, πυξ ϰαι λαξ [mit Faust und Fuß] zu verteidigen. Daher wird man z.B. unter fünfzig Engländern kaum mehr als Einen finden, welcher miteinstimmt, wenn man von der stupiden und degradierenden Bigotterie seiner Nation mit gebührender Verachtung spricht: der Eine aber pflegt ein Mann von Kopf zu sein. – Die Deutschen sind frei von Nationalstolz und legen hiedurch einen Beweis der ihnen nachgerühmten Ehrlichkeit ab; vom Gegenteil aber die unter ihnen, welche einen solchen vorgeben und lächerlicherweise affektieren; wie dies zumeist die „deutschen Brüder” und Demokraten tun, die dem Volke schmeicheln, um es zu verführen. Es heißt zwar, die Deutschen hätten das Pulver erfunden: ich kann jedoch dieser Meinung nicht beitreten. Und Lichtenberg fragt: „Warum gibt sich nicht leicht jemand, der es nicht ist, für einen Deutschen aus, sondern gemeiniglich, wenn er sich für etwas ausgeben will, für einen Franzosen oder Engländer?” Übrigens überwiegt die Individualität bei weitem die Nationalität, und in einem gegebenen Menschen verdient jene tausend Mal mehr Berücksichtigung, als diese. Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes ehrlicherweise nachzurühmen sein. Vielmehr erscheint nur die menschliche Beschränktheit, Verkehrtheit und Schlechtigkeit in jedem Lande in einer anderen Form und diese nennt man den Nationalcharakter. Von einem derselben degoutiert, loben wir den andern, bis es uns mit ihm ebenso ergangen ist. – Jede Nation spottet über die andere, und alle haben Recht."
(Schopenhauer, Arthur. Aphorismen zur Lebensweisheit. In Parerga und Paralipomena I. [1851.] Zürich: Haffmans, 1988. S. 357-8)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
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Ich will noch mal zurück auf Start: Quk, du setzt in deinem Eingangsbeitrag im Grunde einfach voraus, dass man auf das eigene Land stolz sein kann – „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit.“ „Ja, man kann auf sein eigenes Land stolz sein.“
Danach beschäftigst du dich im Grunde überwiegend mit der Frage, ob man diesen Stolz als angenehm oder unangenehm empfindet – zum Beispiel abhängig davon, ob er von einem kleinen oder einem großen Land ausgeht („Wenn hingegen ein Athlet eines Großstaats [...] seinen Stolz zur Schau stellt, [...] dann wirkt das auf mich sehr unsympathisch“).
Damit wird aber die eingangs aufgeworfene Frage – ob man stolz auf das Land sein kann, in dem man geboren wurde, obwohl das keine eigene Leistung ist – im Grunde nicht wirklich beantwortet. Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann. „Wenn die verbundenen Sachen klasse sind, löst das im verbundenen Menschen Stolzgefühl aus.“ Aber warum? Wenn Vincent Keymer im Schach einen großen Erfolg feiert, dann kann ich mich auch einfach mit ihm freuen. Das muss nicht dazu führen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Kurz gesagt: Weder verstehe ich, warum Stolz eine Form von Verbundenheit sein soll, noch warum die Leistungen von Sportlern (unter gewissen Bedingungen) dazu führen sollen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Danach beschäftigst du dich im Grunde überwiegend mit der Frage, ob man diesen Stolz als angenehm oder unangenehm empfindet – zum Beispiel abhängig davon, ob er von einem kleinen oder einem großen Land ausgeht („Wenn hingegen ein Athlet eines Großstaats [...] seinen Stolz zur Schau stellt, [...] dann wirkt das auf mich sehr unsympathisch“).
Damit wird aber die eingangs aufgeworfene Frage – ob man stolz auf das Land sein kann, in dem man geboren wurde, obwohl das keine eigene Leistung ist – im Grunde nicht wirklich beantwortet. Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann. „Wenn die verbundenen Sachen klasse sind, löst das im verbundenen Menschen Stolzgefühl aus.“ Aber warum? Wenn Vincent Keymer im Schach einen großen Erfolg feiert, dann kann ich mich auch einfach mit ihm freuen. Das muss nicht dazu führen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Kurz gesagt: Weder verstehe ich, warum Stolz eine Form von Verbundenheit sein soll, noch warum die Leistungen von Sportlern (unter gewissen Bedingungen) dazu führen sollen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Was genau sind Emotionen? Welche Arten von Emotionen gibt es, und wie unterscheiden sie sich voneinander?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 21. Apr 2025, 15:46Ich ignoriere das nicht. Ich habe allerdings einige Bücher über die Philosophie der Emotionen nicht nur im Regal stehen, sondern auch zu großen Teilen gelesen. Ich habe jetzt nicht nachgelesen, um die Regeln des Fadens nicht zu brechen, aber dennoch erinnere ich mich an die entsprechenden Ergebnisse einigermaßen lebendig: Verschiedene Gefühle können sich rein phänomenal sehr ähnlich sein – manchmal schwer zu unterscheiden. Eine erhöhte Herzfrequenz, feuchte Hände – das kann sowohl Angst als auch einfach Aufregung sein.
Nach meinem Verständnis hat das (neben anderem) in der Philosophie der Emotionen zu der Einsicht geführt, dass Emotionen nicht einfach mit körperlichen Gefühlen oder ihrer Phänomenalität gleichzusetzen sind. Wären sie das, könnten wir sie manchmal (nicht immer) nicht einmal aus der Ich-Perspektive sicher unterscheiden.
Bei Stolz und Arroganz ist es, denke ich, ähnlich. Stellen wir uns jemanden vor, der stolz ist: die Körperhaltung – aufrecht, die sprichwörtlich geschwellte Brust, leicht erhobener Kopf, ein Gesichtsausdruck, den man vielleicht vage als "zufrieden mit sich" bezeichnen würde. Aber das liegt dicht bei der phänomenalität auch von Arroganz – all das ist in beiden Fällen (Stolz und Arroganz) ziemlich ähnlich. Auch aus der Innenperspektive.
Man kann das verwechseln, sogar aus der besagten Ich-Perspektive heraus – und man hat womöglich oft auch einen sehr guten "Grund" dazu. Stolz ist in der Regel ein sozial akzeptiertes Gefühl, jedenfalls dann, wenn er als berechtigt gilt. Arroganz oder Hochmut dagegen stoßen meist auf Ablehnung. Deshalb ist es gut vorstellbar, dass der Überhebliche oder Arrogante von sich selbst glauben kann (aber nicht muss), er sei einfach nur aus gutem Grund stolz.
Und noch etwas: Niemand, der stolz auf seine Nation ist, dürfte unentwegt mit dem entsprechenden phänomenalen Erleben herumlaufen. In solchen Fällen ist dieser Stolz vermutlich eher eine Disposition, würde ich sagen. Und wenn man mit den Leuten sprechen würde, würden sie ja nicht auf ihre Phänomenalität verweisen, sondern versuchen, Motive und Gründe anzugeben. Hier würde ich jetzt normalerweise die einschlägige (philosophische) Literatur zu Rate ziehen ...
Das Erste, das mir bei meiner Beschäftigung mit der Philosophie/Psychologie der Emotionen aufgefallen ist, ist, dass der Emotionsbegriff in Fachkreisen uneinheitlich verwendet wird, und dass darin Uneinigkeit hinsichtlich der Identifikation und Klassifikation von Emotionen besteht.
Ich gehöre zu denjenigen, die Emotionen mit subjektiven Gefühlen gleichsetzen (und diese wiederum mit subjektiven Körperempfindungen). Emotionen qua subjektive Gefühle gehen mit anderen psychologischen, physiologischen oder neurologischen Vorgängen oder Zuständen einher, die selbst keine Emotionen sind; denn, wie gesagt, Emotionen als solche bestehen aus meiner Sicht in nichts weiter als subjektiven Gefühlen.
Wenn Stolz als ein Gefühl bezeichnet wird, dann frage ich mich, ob es so etwas wie ein Gefühl des Stolzes überhaupt gibt, oder ob es sich dabei nicht vielmehr um eine reine Disposition handelt, die nicht Teil des erlebten Bewusstseinsinhaltes ist.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Es gibt Menschen, die sind Mitglied bei Bayern München und sind stolz auf den Verein, dem sie sich verbunden fühlen. Sie wollen, dass er erfolgreich ist, freuen sich, wenn er gewinnt, haben aber selbst noch nie Fußball gespielt, also nie etwas geleistet, außer Mitgliedsbeiträge gezahlt. So wie derjenige Steuern zahlt, der hier in diesem Land lebt und sich ihm verbunden fühlt, aber vielleicht sonst nichts geleistet hat für das Land und trotzdem stolz auf es ist.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 22. Apr 2025, 21:03Ich will noch mal zurück auf Start: Quk, du setzt in deinem Eingangsbeitrag im Grunde einfach voraus, dass man auf das eigene Land stolz sein kann – „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit.“ „Ja, man kann auf sein eigenes Land stolz sein.“
Danach beschäftigst du dich im Grunde überwiegend mit der Frage, ob man diesen Stolz als angenehm oder unangenehm empfindet – zum Beispiel abhängig davon, ob er von einem kleinen oder einem großen Land ausgeht („Wenn hingegen ein Athlet eines Großstaats [...] seinen Stolz zur Schau stellt, [...] dann wirkt das auf mich sehr unsympathisch“).
Damit wird aber die eingangs aufgeworfene Frage – ob man stolz auf das Land sein kann, in dem man geboren wurde, obwohl das keine eigene Leistung ist – im Grunde nicht wirklich beantwortet. Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann. „Wenn die verbundenen Sachen klasse sind, löst das im verbundenen Menschen Stolzgefühl aus.“ Aber warum? Wenn Vincent Keymer im Schach einen großen Erfolg feiert, dann kann ich mich auch einfach mit ihm freuen. Das muss nicht dazu führen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Kurz gesagt: Weder verstehe ich, warum Stolz eine Form von Verbundenheit sein soll, noch warum die Leistungen von Sportlern (unter gewissen Bedingungen) dazu führen sollen, dass ich stolz auf mein Land bin.
Das Problem ist doch nur, dass das Wort „national“ in Verbindung mit dem Stolz auf das Land auftaucht. National ist immer schlecht, jedenfalls in Deutschland. Franzosen oder Türken haben da keine Probleme, Thailänder oder Chinesen auch nicht.
Das Leistungsargument überzeugt mich nicht. Es ist ein Rationalisierungsargument für das negative moralische Urteil über alles, was nach „national“ klingt. Nur darum geht es. National ist Pfui, und irgendwie muss der berühmte rationale Schwanz hier wieder mit dem emotionalen Hund wackeln.
Mal wieder ein Beispiel aus dem Sport. Kurz nachdem Trump verkündete, er wolle Kanada zum 51. Bundesstaat machen, fand ein wichtiges Eishockey Turnier statt. Das Finale war Kanada gegen die USA. Beide Mannschaften gehören zu den Großen in diesem Sport. Kanada hat gewonnen. In Boston. Neben der (Schaden)Freude stand ein ganzes Land in innigster Verbundenheit mit gewaltigen Stolz hinter der Mannschaft Kanada. Das wirkt nach. Ich glaube, Kanada war sich selten so einig, wie jetzt und sie sind Stolz auf ihr Land.
Ukraine. Der Bürgermeister von Kiew Klitschko und Selensky gehören unterschiedlichen Parteien an. Das Verhältnis der beiden ist etwas angespannt. Mit Beginn des Krieges herrscht bis auf seltene Stichelein Ruhe. Weil beide wissen, dass die Ukraine jetzt Zusammenhalt, Verbundenheit braucht. Die Menschen müssen an ihr Land glauben und Stolz auf ihr Land, ihre Armee und auf sich selbst sein. Sonst könnten sie das nicht durchstehen.
Ukraine. Der Bürgermeister von Kiew Klitschko und Selensky gehören unterschiedlichen Parteien an. Das Verhältnis der beiden ist etwas angespannt. Mit Beginn des Krieges herrscht bis auf seltene Stichelein Ruhe. Weil beide wissen, dass die Ukraine jetzt Zusammenhalt, Verbundenheit braucht. Die Menschen müssen an ihr Land glauben und Stolz auf ihr Land, ihre Armee und auf sich selbst sein. Sonst könnten sie das nicht durchstehen.
Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
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Ja, ein weiteres Land, dessen Bürgern diese Art Stolz kein Greuel ist. Es bestätgt das, was ich meine. In diesem Fall ist man wieder einmal gegen den Feind im Stolz vereint. Das Archaische hat Vor- und Nachteile.Stefanie hat geschrieben : ↑Di 22. Apr 2025, 22:38Mal wieder ein Beispiel aus dem Sport. Kurz nachdem Trump verkündete, er wolle Kanada zum 51. Bundesstaat machen, fand ein wichtiges Eishockey Turnier statt. Das Finale war Kanada gegen die USA. Beide Mannschaften gehören zu den Großen in diesem Sport. Kanada hat gewonnen. In Boston. Neben der (Schaden)Freude stand ein ganzes Land in innigster Verbundenheit mit gewaltigen Stolz hinter der Mannschaft Kanada. Das wirkt nach. Ich glaube, Kanada war sich selten so einig, wie jetzt und sie sind Stolz auf ihr Land.
Ein Land wie die Ukraine wäre längst wieder Teil Russlands ohne diese Fähigkeit vieler seiner Bürger.
- Jörn Budesheim
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Hallo Arthur, Deine These kann ich nachvollziehen und ich stimme ihr zu, vorausgesetzt, die These bezieht sich auf eine einzige spezielle Dimension, nämlich auf den Grad des Minderwertigkeitskomplexes. Hast Du Dich mit Minderwertigkeitskomplexen schon mal befasst? -- Meiner Ansicht nach gibt es noch zwei weitere Dimensionen zu betrachten: Erstens, das Größenverhältnis zwischen dem einen Stolzen und dem anderen Stolzen; zweitens, das tatsächliche Verbundenheitsgefühl des Stolzen, welches meines Erachtens eine ganz natürliche Funktion des Herdentieres "Mensch" ist; dieses Verbundenheitsgefühl kann, so vermute ich, in allerlei Gruppen auftauchen: Ehepaar, Familie, Dorf, Land, Kontinent, Planet, Galaxie. Angesichts dieser zwei weiteren möglichen Dimensionen können wir den Nationalstolz nicht immer nur mit einem Minderwertigkeitskomplex erklären. Dies kommt auch vor, sicher. Aber Minderwertigkeit muss nicht immer ein Komplex sein, sie kann auch tatsächlich körperlich vorliegen, beispielweise in Form von Armut oder politischer Unterdrückung. Wenn ein Zwergstaat, den ein Großstaat sich einverleiben will, es schafft, seine Unabhängigkeit zu bewahren, so können die Zwergstaatler doch schönerweise wahrlich stolz auf ihren Zwergstaat sein. Das ist kein Minderwertigkeitskomplex. -- Nun habe ich Dir zwei zusätzliche Dimensionen vorgestellt; was sind Deine aktuellen Gedanken dazu, lieber Arthur? Das würde mich interessieren.Arthur Schopenhauer hat geschrieben : Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte ...
Lieber Jörn, ich werde Dir die gleiche Antwort geben, die ich soeben Arthur gab: Das tatsächliche Verbundenheitsgefühl ist meines Erachtens eine ganz natürliche Funktion des Herdentieres "Mensch"; dieses Verbundenheitsgefühl kann, so vermute ich, in allerlei Gruppen auftauchen: Ehepaar, Familie, Herde, Dorf, Land, Kontinent. Ich zähle dieses Gefühl zum Liebes-Paradigma. Das ist das Magnet, dass alle Hirnbesitzer zusammenhält -- Hasen, Elefanten, Menschen, Pferde, Wellensittiche ...Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 22. Apr 2025, 21:03Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann.
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Dieser Beitrag habe parallel zu dem vorhergehenden geschrieben. Er ist keine Antwort auf diesen. Hätte ich ihn vorher gelesen, hätte ich nicht diese Antwort geschrieben.
Ich denke, Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit. Verbundenfühlen kann man sich mit der eigenen Tocher, dem Heimatdorf oder einem Fanklub
Damit kann ich schon eher was anfangen. Was ich nachvollziehen kann ist, dass man sich mit anderen verbunden fühlt. Mit der Familie, dem Verein, der Region, vielleicht auch mit dem ganzen Land. Wobei das natürlich zunehmend "abstrakt" wird. Das hatte ich weiter oben schon thematisiert. Wenn der Verein den Pokal gewonnen hat, kann man darauf stolz sein, weil man schließlich ziemlich konkret ein Teil dieses Erfolges war. So ein Verein ist verglichen mit einem Land eine vergleichsweise überschaubare Größe.
Damit wäre man dann – metaphorisch gesprochen – auf dem Weg, die Eingangsfrage zu beantworten: "Es heißt oft, stolz sein könne man nur auf die eigenen Leistungen, nicht auf das Land, in dem man geboren ist; dort geboren zu sein, ist schließlich keine Leistung."
Man kann sich mit dem eigenen Land in irgendeiner Weise verbunden fühlen. Man könnte vielleicht, wenn man es weitherzig nimmt, auch sagen, dass jeder in einer gewissen Weise etwas zu dem Land beiträgt. Damit ist aber die Frage, was eigentlich der Gegenstand des Stolzes ist, bei so einem unüberschaubaren Gegenstand wie einem Land, immer noch nicht wirklich beantwortet.
Quk hat geschrieben : ↑Mo 21. Apr 2025, 09:09Ich denke, Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit. Verbunden ist man freilich mit den eigenen Leistungen. Verbundenfühlen kann man sich aber auch mit der eigenen Tocher, dem Heimatdorf oder einem Fanklub, der 5000 Meilen außerhalb der Heimat seinen Sitz hat.
"Verbunden ist man freilich mit den eigenen Leistungen." Diesen Satz verstehe ich nicht. Vermutlich habe/hatte ich deshalb mit der ganzen Sequenz Verständnisprobleme. Wenn ich diesen Satz aus der Sequenz jedoch einfach rausstreiche, kann ich schon eher was damit anfangen:Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 22. Apr 2025, 21:03Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann.
Ich denke, Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit. Verbundenfühlen kann man sich mit der eigenen Tocher, dem Heimatdorf oder einem Fanklub
Damit kann ich schon eher was anfangen. Was ich nachvollziehen kann ist, dass man sich mit anderen verbunden fühlt. Mit der Familie, dem Verein, der Region, vielleicht auch mit dem ganzen Land. Wobei das natürlich zunehmend "abstrakt" wird. Das hatte ich weiter oben schon thematisiert. Wenn der Verein den Pokal gewonnen hat, kann man darauf stolz sein, weil man schließlich ziemlich konkret ein Teil dieses Erfolges war. So ein Verein ist verglichen mit einem Land eine vergleichsweise überschaubare Größe.
Damit wäre man dann – metaphorisch gesprochen – auf dem Weg, die Eingangsfrage zu beantworten: "Es heißt oft, stolz sein könne man nur auf die eigenen Leistungen, nicht auf das Land, in dem man geboren ist; dort geboren zu sein, ist schließlich keine Leistung."
Man kann sich mit dem eigenen Land in irgendeiner Weise verbunden fühlen. Man könnte vielleicht, wenn man es weitherzig nimmt, auch sagen, dass jeder in einer gewissen Weise etwas zu dem Land beiträgt. Damit ist aber die Frage, was eigentlich der Gegenstand des Stolzes ist, bei so einem unüberschaubaren Gegenstand wie einem Land, immer noch nicht wirklich beantwortet.
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Wenn es um die Verbundenheit einer Herde geht, dann ziehe ich alles, was ich in dem Beitrag zuvor gesagt habe, natürlich sofort wieder zurück.Quk hat geschrieben : ↑Mi 23. Apr 2025, 07:07Lieber Jörn, ich werde Dir die gleiche Antwort geben, die ich soeben Arthur gab: Das tatsächliche Verbundenheitsgefühl ist meines Erachtens eine ganz natürliche Funktion des Herdentieres "Mensch"; dieses Verbundenheitsgefühl kann, so vermute ich, in allerlei Gruppen auftauchen: Ehepaar, Familie, Herde, Dorf, Land, Kontinent. Ich zähle dieses Gefühl zum Liebes-Paradigma. Das ist das Magnet, dass alle Hirnbesitzer zusammenhält -- Hasen, Elefanten, Menschen, Pferde, Wellensittiche ...Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 22. Apr 2025, 21:03Für den Claim „Stolzgefühl basiert auf dem Gefühl der Verbundenheit“ gibst du keine wirklichen Gründe, die ich nachvollziehen kann.
Deine Frage verstehe ich nicht. Nur, um es plakativer zu machen: Kann man Deine Frage zum Beispiel auch auf Angstgefühle beziehen? Wenn Angst als ein Gefühl bezeichnet wird, dann fragst Du Dich, ob es so etwas wie ein Gefühl der Angst überhaupt gibt? Zielt diese Frage auf eine bestimmte stilistische Schreibweise (Deutschunterricht)? Oder ist das eine Frage in Bezug auf den philosophischen Materialismus? Wie auch immer, ich wollte eigentlich bei der gesellschaftlichen Problematik des Fadenthemas bleiben. Tiefergehende Streitfragen in den Bereichen der Phänomenologie und des Materialismus verdienen wahrscheinlich einen Extra-Faden. Das lenkt sonst zu sehr vom besagten Schlichtungsversuch ab, nämlich dem graduellen Abwägen zwischen "klein" und "groß". Das ist der Kernpunkt dieses Fadens; jenes davor ist nur Einleitung.
- Jörn Budesheim
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Stolz kann es meines Erachtens sowohl als aktuelles Gefühl geben, aber auch als Hintergrunddisposition. Stolz ist ein Gefühl für den eigenen Wert; mag sein, dass er primär auf der Ebene einer Disposition anzusiedeln ist. Ich hatte weiter oben schon dazu etwas geschrieben. Diese Disposition zu Stolz bedeutet ein positives Selbstwertgefühl. Sie kann das ganze Leben oder Abschnitte davon prägen. „Akuter“ Stolz bezieht sich in der Regel auf eine besondere aktuelle Leistung: Ein Aufsatz, den man geschrieben hat, wird in einer renommierten Zeitschrift veröffentlicht. Man gewinnt ein Schachturnier. Man hat sich ein Ziel gesetzt und es gegen alle Widrigkeiten erreicht. Das hat sicherlich auch phänomenale Aspekte: aufrechte Haltung, Weitung und Ähnliches. In solchen Fällen wird Stolz gespürt – die propositionalen und phänomenalen Elemente sind eins.
Ich kann mir auch vorstellen, dass jemand eine gewisse (phänomenale) stolze Haltung dauerhaft einnimmt – gleichsam als körperliche Grundstimmung. Wobei Haltung hier und oben ganz bewusst einen Doppelsinn hat; dazu zählt, wie gesagt, auch die Körperhaltung. Manchmal spricht man davon, dass jemand stolziert – wobei das in der Regel schon als übertrieben gilt.
Nicht immer und überall ist Stolz sozial akzeptiert. Das kann dazu führen, dass jemand nicht stolz darauf ist, stolz zu sein, und daher das Gefühl vor sich selbst verbirgt – so ähnlich, wie jemand sich vielleicht nicht zugesteht, eitel zu sein. In solchen Fällen können vermutlich sowohl die propositionalen als auch die phänomenalen Aspekte des Stolzes in den Hintergrund treten.