Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Lucian Wing hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 17:41
Wenn ich 100 Würfel Zucker habe, aber die verfügbare Fläche, um sie auszulegen, zu klein ist, sie nebeneinander zu legen, wird ein Haufen oder ein Stapel entstehen. Je nachdem, ob ich sie wild auftürme oder ordentlich übereinander schichte.
Ist "Haufen entsteht" eine korrekte Formulierung oder ist das Poesie?
Es ist eine bestimmte Art auszudrücken, wie Dinge angeordnet sind im Raum.
Man kann den Begriff konkret für eine Anzahl ungeordneter Objekte verwenden, aber Alltagssprachgebrauch ist eben nicht rein logisch, was sich dann intuitiv erschließt. Ein "Haufen Menschen/Menschenhaufen" ist natürlich idiomatischer Sprachgebrauch.
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Erzeugen wir durch die Art der Aufschichtung "Bedeutung"?
Würdest du denn die Aussage "Wir erzeugen durch die Art der Aufschichtung Bedeutung" als richtig oder falsch bezeichnen? Für mich wäre sie eher sinnlos. Um Bedeutung zu erzeugen aus einer Handlung, müssten wir den Vorgang symbolisch aufladen. Aber das ist Mystik oder Religion oder so etwas.
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Wo und als was soll der Haufen entstehen durch die Art der Aufschichtung?
Wie ich sagte: Im Raum. Wo sonst sollte sich durch Aufschichtung ein Haufen bilden (lassen)?
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Wie kommt das Nervensystem/Gehirn an dieses Entstehen heran?
Auch wieder: Deine Frage als Aussage formuliert, halte ich für sinnlos. Das Gehirn oder das Nervensystem sind beide kein Subjekt, das an irgendetwas herankommt.
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Wie sieht es aus, wenn man drei Würfel Zucker wild aufschichtet? Warum entsteht dann plötzlich kein Haufen mehr?
Da du eine Zahl angegeben hast: warum 100, warum nicht 99, warum nicht 53, warum nicht 9, usw. usf.?
Mach einen Selbstversuch damit.
Das mag in deinen Ohren frivol klingen, ist aber gar nicht so gemeint. Ich hab mir die Paradoxie des Haufens, die ich gar nicht kannte, mal angeschaut. Der Punkt für mich ist, dass sich der Begriff des Haufens nicht über Mathematik erschließt. Nicht die Menge der Objekte allein konstituiert den Haufen, sondern es muss unter Umständen die Art der Anordnung dazukommen. Was natürlich beim Sand wiederum nicht ganz so evident sein mag. Nur, wenn du eine beliebige Menge Sand nimmst, kannst du den Haufen durch Verteilen auflösen, ohne nur ein Sandkorn wegzunehmen. Und der Begriff des Haufens wird schließlich auch dort - siehe den Sand, siehe die Menschen - verwendet, wo man das einzelne Objekt aus einem Haufen entweder nicht unterscheiden kann oder will. Die Zahl der Objekte ist nicht das Entscheidende.
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Nehmen wir an, ein Autist mit einer Begabung in diesem Bereich schaut auf den wilden Stapel, den du als Haufen "entstanden" sehen möchtest und kann weit und breit keinen Haufen entdecken, sondern exakt 100 Würfel Zucker.
Welche Konsequenz ziehst du daraus für das "Entstehen des Haufens"?
Oliver Sacks hat in seinem ersten hier bekannt gewordenen Buch (ich find's auf die Schnelle nicht) diesen Fall der Inselbegabung und der Ausfälle anhand so eines Patienten beschrieben. Der sieht sofort, dass dort 97 Streichhölzer liegen. Und?
Wenn du mit einem südamerikanischen Indigenen, der noch im Urwald lebt, durch den Urwald läufst, dann wirst du mutmaßlich nicht einmal die Hälfte dessen sehen und hören und riechen usw., was der wahrnimmt. Und?
Der Autist sieht keinen Haufen, du siehst die vielen Tiere nicht oder kannst die vielen Töne nicht auseinanderhalten. Worauf willst du also dann damit hinaus?
Körper hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 19:54
Lucian Wing hat geschrieben : ↑ Mo 22. Aug 2022, 17:41
Wenn ich welche wegnehme, habe ich spätestens dann keinen Haufen mehr, wenn nur noch eine Schicht nebeneinander liegt.
Geht es um ein Entstehen, das von "spätestens" abhängig ist?
Was ist Bedeutung, dass sie irgendwie mit "spätestens" in Verbindung gebracht werden kann?
Warum ein "Entstehen"?
Für mich, wie gesagt, entsteht das Problem nicht aus der Mathematik. Im etymologischen Wörterbuch kann man sehen, dass es in ganz alten Zeiten auch Verbindungen zu einem Verb gab, das "reinigen" oder "fegen" bedeutete. Man hatte einen zusammengekehrten Haufen. Dessen Merkmal ist eben, dass hier Ununterscheidbares oder präziser ausgedrückt: nicht mehr deutlich Unterscheidbares zusammengekommen ist. Hier würde vermutlich auch der Autist versagen.
Ich finde, man sollte aus sprachlichen keine mathematischen Fragen machen. Die Wahrheit liegt bekanntlich auf dem Platz. In dem Fall dort, wo gesprochen und nicht wo gerechnet wird.