#filosofix > Für die Liebe ist alles erlaubt, oder?! Die Liebespille
- Jörn Budesheim
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Im Zusammenhang mit den aktuellen Debatten um Sexismus wäre mal interessant zu erfahren, welche unterschiedlichen Umfrageergebnisse das Gedankenexperiment mit verschiedenen Geschlechterverteilungen ergäbe :-) Würde man Adam die Pillengabe eher zubilligen als Eva?
Ich habe den Film noch nicht gesehen, daher eine Verständnisfrage: ist die "Frau" des Protagonisten auch ein Replikant oder eine Computersimulation, ein Programm, sowas wie Siri?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 12. Dez 2017, 14:20In der neuen Version von Blade Runner wartet auf den Protagonisten (der selbst nur ein Replikant ist) zu Hause keine leibhaftige Frau, sondern eine Computersimulation. Alles was sie sagt und tut gilt nicht wirklich ihm (Officer K), sondern ist im Grunde nur Produkt eines Programms.
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Du kannst es dir ungefähr so vorstellen wie eine 3D Projektion, die sprechen kann und relativ real wirkt, aber immer auch als Projektion zu erkennen ist.
Mich hat der Diskussionsverlauf überrascht. Den Gedankengang zum Utilitarismus hatte ich nicht so auf meinem Schirm. Wieder was gelernt.
Interessant ist, dass derzeit darüber nachgedacht und geforscht wird, dieses Gedankenexperiment tatsächlich umzusetzen.
Siehe hier:
http://m.spiegel.de/spiegel/print/d-128629193.html
Ich kann mir nicht helfen, aber bisweilen scheint der Mensch dazu zu neigen, es sich einfach machen zu wollen und damit auch ein Teil der Verantwortung für andere wie hier auf Pillen delegieren zu wollen. Wie war das mit nichts ist menschlicher...
Interessant ist, dass derzeit darüber nachgedacht und geforscht wird, dieses Gedankenexperiment tatsächlich umzusetzen.
Siehe hier:
http://m.spiegel.de/spiegel/print/d-128629193.html
Ich kann mir nicht helfen, aber bisweilen scheint der Mensch dazu zu neigen, es sich einfach machen zu wollen und damit auch ein Teil der Verantwortung für andere wie hier auf Pillen delegieren zu wollen. Wie war das mit nichts ist menschlicher...
Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
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In einem anderen Beitrag hatte ich gelesen, dass ein Professor aus Oxford es befürwortet, die Pille zur Verpflichtung zumachen, um Familien zu zusammen zuhalten, wegen der Kinder. Das ist wohl Utilitarismus in Reinkultur, oder?
Der, die, das.
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Mich auch. 
Worum geht es denn überhaupt in der Liebe? Um Gerechtigkeit, um Anstand, um Moral & Ethik? Ich denke um Nichts davon. Und jeder der mal verliebt war weiß das auch ganz genau.
Und überhaupt, warum sollte ein bestimmtes Ereignis, welches dazu führt, dass Lisa in Liebe verfällt verwerflicher sein als alle übrigen möglichen Ereignisse? Sicherlich wird durch die Versuchsanordnung oder besser gesagt die spezifische Fragestellung suggeriert, dass Ethik hierbei eine Rolle spielen würde. Aber tut sie das wirklich?

Worum geht es denn überhaupt in der Liebe? Um Gerechtigkeit, um Anstand, um Moral & Ethik? Ich denke um Nichts davon. Und jeder der mal verliebt war weiß das auch ganz genau.
Und überhaupt, warum sollte ein bestimmtes Ereignis, welches dazu führt, dass Lisa in Liebe verfällt verwerflicher sein als alle übrigen möglichen Ereignisse? Sicherlich wird durch die Versuchsanordnung oder besser gesagt die spezifische Fragestellung suggeriert, dass Ethik hierbei eine Rolle spielen würde. Aber tut sie das wirklich?
Also ich finde ja schon, dass es eine ethische Frage ist, wenn ein anderer ohne das Wissen des anderen in dessen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten eingreift. Davon Mal abgesehen, wie kann man glücklich und zufrieden sein, wenn man weiß, sie hat sich nicht in dich verliebt, sondern ist nur mit dir wegen einer Pille zusammen. Selbstbetrug.
Der, die, das.
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Danke, Jörn.
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Die Frage wäre hier doch auch die, ob man es in Ordnung fände, wenn andere das mit einem selber täten. Man stelle sich vor, der unangenehmste und abstoßendste Mensch, den man kennt, täte einem heimlich so eine Pille in den Kaffee. Ich finde das keine schöne Vorstellung.
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Die Frage wäre hier doch auch die, ob man es in Ordnung fände, wenn andere das mit einem selber täten. Man stelle sich vor, der unangenehmste und abstoßendste Mensch, den man kennt, täte einem heimlich so eine Pille in den Kaffee. Ich finde das keine schöne Vorstellung.
Es ist immer Selbstbetrug. Würde es Dich beruhigen, wenn Du irgendwann herausfinden würdest, dass sich Dein Traummann nur deines Parfümes wegen in Dich verliebt hat? Oder weil Du die selbe Augenfarbe hast wie seine Exfreundin? Wir wissen im Grunde nie, womit wir jemanden in seiner Entscheidungsfreiheit beeinflussen.. was wiegt dann noch die Tatsache, ob diese Beeinflussung für einen guten Zweck erfolgt - nämlich dem gemeinsamen (zumindest so empfundenen) Glück.Stefanie hat geschrieben : ↑Di 12. Dez 2017, 20:23Also ich finde ja schon, dass es eine ethische Frage ist, wenn ein anderer ohne das Wissen des anderen in dessen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten eingreift. Davon Mal abgesehen, wie kann man glücklich und zufrieden sein, wenn man weiß, sie hat sich nicht in dich verliebt, sondern ist nur mit dir wegen einer Pille zusammen. Selbstbetrug.
Wo sind die ethischen Grenzen der Manipulation? Und vor allem was wäre das Liebesspiel ohne diese "Manipulationen"? Und woran will man überhaupt feststellen, dass man sich frei für jemanden entschieden hat?
Ich hoffe, es wird etwas deutlicher, dass die Frage nach der Pille eher bedeutungslos ist nur mit einem Augenzwinkern beantwortet werden kann.
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Worauf iselilja hinaus will, ist vielleicht Folgendes in einer stark überspitzten Variante: Wirkt ein Argument, das zwecks Überredung unseres Gesprächspartners eingebracht wird, wem es denn überzeugt, nicht wie eine kleine Liebespille? Und warum ist dieses Argument moralisch zulässig und die Liebespille nicht?
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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Ein Argument ist immer etwas, was die Freiheit des anderen grundsätzlich anerkennt. Eine Pille ist das Gegenteil davon.
Das mit dem Argument finde ich etwas albern. Man überzeugt nicht jemanden mit Argumenten dazu, eine Beziehung mit einem einzugehen. So funktionieren zwischenmenschliche Beziehungen einfach nicht.
Ist Flirten auch immer ein Spiel mit gegenseitiger Manipulation? Ja, sicher. Der Punkt ist doch der, dass es sich um ein gegenseitiges Spiel handelt, aus dem man auch aussteigen kann, und für das es Regeln gibt. Ein Parfum schaltet weder die Reziprozität aus noch die üblichen Regeln des Flirts. Noch nicht mal ein Pheromon-Parfum tut das. Die Liebespille hingegen soll genau das erreichen. So wie ich das sehe, ist das auch der Grund, warum uns das Ergebnis als falsch erscheint. Jeder Profisportler hält eine Diät ein, die seine sportliche Performance unterstützt. Aber niemand käme auf die Idee, von dieser Tatsache darauf zu schließen, dass auch Doping zur Verbesserung der Performance im Sport kein Problem sei. Das sind einfach zwei verschiedene Sachen. Das eine bewegt sich im Rahmen der Regeln des sportlichen Wettkampfes, das andere nicht. Genauso verhält es sich auch hier - aber mit der zusätzlichen Dimension, dass hier einem anderen Individuum die Entscheidungsgewalt über sein Leben genommen wird. Man kann durchaus dafürhalten, dass Sex nach der ungewollten Verabreichung der Liebespille auf eine Vergewaltigung hinausläuft. Das ganze Konzept der Zustimmung basiert ja darauf, dass sie auch verweigert werden kann. Letztlich ist diese Liebespille nichts anderes als ein Roofie mit längerer Wirkungsdauer. Daher auch meine Verwendung des Wortes "Liebesroofie" in früheren Beiträgen.
Ist Flirten auch immer ein Spiel mit gegenseitiger Manipulation? Ja, sicher. Der Punkt ist doch der, dass es sich um ein gegenseitiges Spiel handelt, aus dem man auch aussteigen kann, und für das es Regeln gibt. Ein Parfum schaltet weder die Reziprozität aus noch die üblichen Regeln des Flirts. Noch nicht mal ein Pheromon-Parfum tut das. Die Liebespille hingegen soll genau das erreichen. So wie ich das sehe, ist das auch der Grund, warum uns das Ergebnis als falsch erscheint. Jeder Profisportler hält eine Diät ein, die seine sportliche Performance unterstützt. Aber niemand käme auf die Idee, von dieser Tatsache darauf zu schließen, dass auch Doping zur Verbesserung der Performance im Sport kein Problem sei. Das sind einfach zwei verschiedene Sachen. Das eine bewegt sich im Rahmen der Regeln des sportlichen Wettkampfes, das andere nicht. Genauso verhält es sich auch hier - aber mit der zusätzlichen Dimension, dass hier einem anderen Individuum die Entscheidungsgewalt über sein Leben genommen wird. Man kann durchaus dafürhalten, dass Sex nach der ungewollten Verabreichung der Liebespille auf eine Vergewaltigung hinausläuft. Das ganze Konzept der Zustimmung basiert ja darauf, dass sie auch verweigert werden kann. Letztlich ist diese Liebespille nichts anderes als ein Roofie mit längerer Wirkungsdauer. Daher auch meine Verwendung des Wortes "Liebesroofie" in früheren Beiträgen.
Don't just think outside the box. Think outside AND inside.
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Das Wort Manipulation ist hier bereits selbst eine Manipulation

Wie sieht es mit den "handelsüblichen Manipulationen", die wir problemlos für gut heißen, bei einem Rendezvous aus? Kann man die so mir nichts dir nichts mit der Pille gleichsetzen? Meines Erachtens nicht. Das liegt unter anderem daran, dass auch die "handelsüblichen Manipulationen" in der Regel Ausdruck einer Persönlichkeit sind. Nehmen wir drei Beispiele: Tick, Trick und Track. Alle drei wollen bei Lisa punkten. Was tun sie? Vordergründig machen sie alle das selbe - sie versuchen sich im besten Licht zu präsentieren. Genauer besehen machen sie jedoch ganz und gar verschiedenes: Denn sie präsentieren sich ja in dem Licht, was sie selbst für das beste halten, bzw. wovon sie (zurecht oder unrecht) hoffen, dass Lisa es mag. Tick legt dazu Überstunden in der Muckibude ein, Trick lernt Gedichte von Rilke auswendig und Tracke macht auf Atze Schröder. Alle meinen, sie seien bestens gerüstet ... Aber das, was sie tun, ist nicht schiere Manipulation, sondern auch Ausdruck ihrer Persönlichkeit - selbst dann, wenn ihnen das nicht klar sein mag. Es kommt etwas von ihnen selbst zum Ausdruck, vielleicht ihr Bild (oder gar ihr Idealbild) von sich selbst. Wie anders ist die Situation mit der Pille? Sie wirkt allein auf der subpersonalen Ebene: Personen und ihre Vorlieben, ihre Selbstbilder, ihre Mucken, Macken und Spleens spielen gar keine Rolle. Zudem bleibt es bei Liebesanbahnungen, die wie die im Film auf Lebenslänge anlegt sind, ja nicht bei Flirtsituationen. Irgendwann schaut man dem anderen auch ohne Schminke ins Gesicht ... Liebe ist ja nicht bloß das erste Verliebtsein, plus Herzklopfen, sie muss sich ja auch im Alltag und in Tiefs bewähren.
Das ist ein Unterschied, den wir auch schon ohne Liebespille ähnlich machen. Der Heiratsschwindler, der zwar für alle Situationen gewappnet ist, handelt ebenso falsch, weil er nicht sichselbst im besten Lichte darstellt, sondern weil er sich verstellt. Sich selbst darstellen und sich verstellen ist etwas anderes, er zeigt nicht das beste von sich, sondern er spielt dem anderes was vor. (Fargo lässt übrigens wieder grüßen

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Ich hab auch schon darüber nachgedacht, ob das Problem in dem Video eigentlich korrekt dargestellt ist. Denn es hat nichts von einer Zwickmühle, finde ich, wie es bei solchen Problemen üblich ist - man denke an das Trolleyproblem zum Beispiel, wo man einfach nicht wirklich weiß, was Sache ist.
Hier ist ein anderer Gedanke. Wie wird eigentlich der intentionale Bezug des Gefühls gewährleistet? Die Liebespille erzeugt ein Gefühl von Liebe oder Verliebtheit, aber in wen? Wenn etwa Hans der Lisa die Liebespille verabreicht, wie ist überhaupt sichergestellt, dass sie sich ausgerechnet in Hans verliebt und nicht in Klaus? Ist es die erste Person, die sie sieht? Was, wenn sie im ungünstigen Moment woanders hinschaut? Ich meine, Shakespeares Puck kümmert es nicht, in wen sich die betreffenden Personen verlieben, er will sich nur einen Scherz erlauben - aber unser Hans will damit ein ganz bestimmtes Ergebnis erzielen. Auch MDMA erzeugt Liebesgefühle - aber mit dem Unterschied, dass hier gar nicht angedacht ist, dass sie sich auf eine bestimmte Person richten, und Ecstasy-Abhängige dementsprechend jedenfalls im Normalfall das Gefühl eher als eine allgemeine Liebe für die ganze Welt beschreiben.
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Naja.. ich hatte es mir zugegeben etwas einfacher gemacht. ich habe alle Argumente subsumiert unter der Fragestellung, welche Manipulation (ob mit gutem oder schlechtem Gewissen sei dabei mal egal) denn überhaupt angemessen sei. Und in diesem Punkt denke ich, dass alleine unsere eigene subjektive Bewertung der Situation nicht ausreicht um entscheiden zu können was zulässig ist und was nicht. Und außerdem erscheint mir das Wort "unzulässig" in Sachen Liebe zu tiefst kontraproduktiv. Einfach aus der Erfahrung heraus, dass dann eben der der wagt, die Angebetete bekommt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 13. Dez 2017, 06:03Darauf gab es ja bisher schon eine ganze Reihe von Antworten. Am besten nimmst du dir eine nach der anderen vor und erläutert uns, warum du sie nicht für ausreichend hältst![]()

Zumal das Ineinanderverlieben auch keinem Gerichtsprozeß gleicht, in dem die Frage nach Schuld und Sühne geklärt werden müsste. Liebe ist doch das Feld, auf welches man sich bar der Vernunft einlässt. Und schon oft habe ich erlebt, dass Dinge, die man selbst ablehnen würde beim Gegenüber Faszination auslösen können. Doch man kann die Angebetete auch nicht fragen, wie man sie am besten erobert.. das geht immer schief. 
