Was sind Relationen?

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn P Budesheim
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Consul hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 02:05
Aus meiner Sicht gibt es in einer Welt ohne konkrete Wahrheitswertträger keine Wahrheiten (und auch keine Falschheiten), sondern nur wirkliche Sachverhalte.
Aber was helfen dir Wahrheitsträger? Wahrheiten sind schließlich zeitlos: Was heute wahr ist, wird nicht morgen, übermorgen oder in ferner Zukunft, wenn niemand von uns mehr existiert, plötzlich unwahr.

(Der Philosoph Robert Spaemann versucht daraus sogar einen Gottesbeweis zu konstruieren, weil er – wie du – meint, dass jede Wahrheit einen Wahrheitsträger braucht, zugleich natürlich akzeptiert, dass Wahrheiten zeitlos und ewig sind. Für ihn bleibt am Ende nur ein absolutes Bewusstsein, nämlich Gott als letzter Wahrheitsträger. Dieser Schluss lässt sich jedoch leicht vermeiden, wenn man die Wahrheitsträger einfach streicht – sie sind überflüssig.)




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Consul
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Mo 15. Sep 2025, 08:10

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 10:48
Consul hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 02:05
Aus meiner Sicht gibt es in einer Welt ohne konkrete Wahrheitswertträger keine Wahrheiten (und auch keine Falschheiten), sondern nur wirkliche Sachverhalte.
Aber was helfen dir Wahrheitsträger? Wahrheiten sind schließlich zeitlos: Was heute wahr ist, wird nicht morgen, übermorgen oder in ferner Zukunft, wenn niemand von uns mehr existiert, plötzlich unwahr.
Ein wahrer Satz , der indexikalische Wörter enthält (z.B. "heute", "hier", "jetzt"), ist nicht zeitlos war. Zeitlos wahr können nur "ewige Sätze" ("eternal sentences" – Quine) ohne indexikalische Wörter sein. Ein ewig wahrer Satz ist wahr, solange er existiert. Die Behauptung, dass es ewig seiende "Sätze an sich" (Bolzano) gibt – d.i. abstrakte Propositionen –, die unabhängig sind vom Entstehen und Dasein natürlicher Sprachen von Lebewesen wie uns Menschen, erscheint mir völlig unsinnig.
"Indexikalische Wörter (oder indexikalische Ausdrücke, auch Deixis genannt) sind sprachliche Ausdrücke, deren Bedeutung sich nicht ohne einen spezifischen Kontext erschließt und die auf Personen, Orte, Zeiten oder Gegenstände verweisen. Beispiele sind Pronomen wie „ich“ und „du“, Adverbien wie „hier“ und „jetzt“ oder Demonstrativpronomen wie „dies“ und „jenes“, deren konkreter Bezug sich vom Äußerungszeitpunkt und der Position des Sprechers abhängt." – Google Search KI
"Jede beiläufige Aussage einer belanglosen Tatsache kann durch die Hinzufügung von Namen und Daten und die Streichung der Zeitformen der Verben zu einem ewigen Satz ergänzt werden. Den Sätzen „Es regnet“ und „Du schuldest mir zehn Dollar“ entsprechen die ewigen Sätze „Es regnet in Boston, Mass., am 15. Juli 1968“ und „Bernard J. Ortcutt schuldet W. V. Quine am 15. Juli 1968 zehn Dollar“, wobei „regnet“ und „schuldet“ nun als tempuslos zu betrachten sind." [Google Translate]

(Quine, W. V. Philosophy of Logic. 2nd ed. Cambridge, MA Harvard University Press, 1986. p. 13)
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 10:48
(Der Philosoph Robert Spaemann versucht daraus sogar einen Gottesbeweis zu konstruieren, weil er – wie du – meint, dass jede Wahrheit einen Wahrheitsträger braucht, zugleich natürlich akzeptiert, dass Wahrheiten zeitlos und ewig sind. Für ihn bleibt am Ende nur ein absolutes Bewusstsein, nämlich Gott als letzter Wahrheitsträger. Dieser Schluss lässt sich jedoch leicht vermeiden, wenn man die Wahrheitsträger einfach streicht – sie sind überflüssig.)
Nein, das sind sie mitnichten; denn es kann keine wahrheitsträgerlosen Wahrheiten (und auch keine falschheitsträgerlosen Falschheiten geben). Was für Dinge (die primären) Wahrheitswertträger sind, ist eine andere Frage. Russell hält beispielsweise beliefs (Glaubungen, Glaubenszustände) für die primären Wahrheitswertträger.
"Wahrheit ist eine Eigenschaft von Glaubungen und abgeleitet von Sätzen, die Glaubungen ausdrücken. Wahrheit besteht in einer bestimmten Beziehung zwischen einer Glaubung und einer oder mehreren Tatsachen, die von der Glaubung verschieden sind. Fehlt diese Beziehung, ist die Glaubung falsch. Ein Satz kann als ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ bezeichnet werden, auch wenn niemand ihn glaubt, vorausgesetzt, dass wenn er geglaubt würde, die Glaubung je nach Sachlage wahr oder falsch wäre." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Russell, Bertrand. Human Knowledge: Its Scope and Limits. 1948. Reprint, Abingdon: Routledge, 2009. p. 135)
Man könnte nun als theistischer Philosoph oder Theologe sagen, dass alle Wahrheiten ewig als wahre Glaubungen im ewigen Geist Gottes existieren. (Für mich als Atheist ist das freilich Quatsch.)
"In der Literatur wird viel darüber diskutiert, was die primären Träger der Wahrheit sind. Zu den Kandidaten zählen typischerweise Glaubungen [beliefs], Propositionen, Sätze und Äußerungen." [Google Translate]

SEP: Wahrheit [Google Translate]



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Consul
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Mo 15. Sep 2025, 08:11

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 09:57
Consul hat geschrieben :
Sa 13. Sep 2025, 01:11
Daraus, dass der Mond kleiner als die Erde ist, folgt aber nicht, dass die Relation des Kleinerseins-als existiert, welche wohlgemerkt etwas anderes ist als das relationale Prädikat "x is kleiner als y".
Daraus, dass der Mond kleiner als die Erde ist, folgt zwingend, dass die Relation des Kleinerseins-als existiert. Sonst wäre es nicht wahr, dass der Mond kleiner als die Erde ist. Das ist überhaupt nur dann ein Problem, wenn man unbegründet behauptet, dass alles, was existiert, materiell sein muss.
Nein!
Es folgt ein wichtiger Punkt: Man muss kein Materialist sein, um Relationen ontologisch seltsam zu finden. Der bereits erwähnte Jonathan Lowe ist kein Materialist (er vertritt sogar einen nicht-cartesianischen Substanzdualismus), und er findet Relationen "ontologically weird". Die Seltsamkeit von Relationen (als polyadischen Attributen) gründet nicht in ihrer Immaterialität (im obigen Sinn), sondern in ihrer generellen ontologischen Natur.

Consul: viewtopic.php?p=94830#p94830



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Timberlake
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Mo 15. Sep 2025, 08:13

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Do 11. Sep 2025, 08:22
Consul hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 22:43
Ich habe bereits expliziert, was ich unter "Natur" und "immateriell" (in Bezug auf Relationen) verstehe.
Relationen sind einfach Verhältnisse, so existieren unvermeidlich. Falls es nur einen einzigen Gegenstand (oder auch nichts) gäbe, stünde dieser (oder das Nichts) in Relation der Identität mit sich selbst.
Ich ergänze!
Consul hat geschrieben :
Fr 5. Sep 2025, 07:04
Wenn wir Entitäten in die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen (Wesen, Dinge, Gegenstände/Objekte), Okkurrenzen (Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Sachverhalte/Tatsachen) und Adhärenzen (= Bernard Bolzanos Fachausdruck für Attribute: Eigenschaften [Qualitäten, Quantitäten, Quidditäten] oder Beziehungen [Relationen]) einteilen, dann sind Okkurrenzen und Adhärenzen insofern nicht im selben Sinn materiell wie materielle Substanzen, als sie selbst keine stofflichen Wesen oder körperlichen Dinge (Körper) sind.
Wenn wir Entitäten in die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen (Wesen, Dinge, Gegenstände/Objekte), Okkurrenzen (Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Sachverhalte/Tatsachen) und Adhärenzen (= Bernard Bolzanos Fachausdruck für Attribute: Eigenschaften [Qualitäten, Quantitäten, Quidditäten] einteilen, dann sind Beziehungen [Relationen]), meiner Auffassung nach, der Klebstoff, der diese "einzigen Gegenstände" zusammenhält. Ein Zusammenhalt, der verhindert, dass diese "zwei" ontologischen Hauptkategorien in Relation der Identität mit sich selbst stehen.
Consul hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 04:57

Es folgt ein wichtiger Punkt: Man muss kein Materialist sein, um Relationen ontologisch seltsam zu finden. Der bereits erwähnte Jonathan Lowe ist kein Materialist (er vertritt sogar einen nicht-cartesianischen Substanzdualismus), und er findet Relationen "ontologically weird". Die Seltsamkeit von Relationen (als polyadischen Attributen) gründet nicht in ihrer Immaterialität (im obigen Sinn), sondern in ihrer generellen ontologischen Natur.
Darin , dass sie im Verhälnis zu den drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen, Okkurrenzen und Adhärenzen als Klebstoff fungieren, gründet sich die Seltsamkeit von Relationen in ihrer generellen ontologischen Natur. Wobei ich allerdings zwischen dem Kleben an sich, als tatsächlich "unvermeidlich existierend" und einem Kleben für sich , insofern unterscheiden würde, dass sich im Letzteres die Klebekraft manifestiert. Mit der Folge, dass zugleich dementsprechend die Klebekraft auf die anderen zwei Gegenstände, ab- bzw. zu nimmt. Ganz auflösen lässt sich allerdings, weil an sich bestehend , die Klebeverbindung nicht.
Consul hat geschrieben :
Sa 6. Sep 2025, 22:53
Tatsächlich hat man die Wahl, denn ein von allen Ontologen anerkanntes Kategoriensystem gibt es nicht. Die analytische Ontologie ist im Wesentlichen eine Kategorienlehre, in der es um die Frage geht, welche ontologischen Kategorien in der Realität von Entitäten besetzt sind und welche nicht. Darüber herrscht keine Einigkeit in der Philosophie. Es gibt beispielsweise eine reine Prozessontologie, die die Existenz von Substanzen verneint; und es gibt Nominalisten, die die Existenz von Adhärenzen (Eigenschaften oder Beziehungen) verneinen.
Es herrscht außerdem nicht einmal metaontologische Einigkeit darüber, ob Kategorien höchste Arten oder Gattungen von Seiendem oder nur höchste Begriffe unseres Denkens sind. Siehe: SEP: Kategorien [Google Translate]
Als solches diese Klebstoffmetapher ( als ein anerkanntes Kategoriensystem in meiner Vorstellung) sowohl im Widerspruch, zu einer reinen Prozessontologie steht, die die Existenz von Substanzen verneint, als auch im Widerspruch zu den Nominalisten, die die Existenz von Adhärenzen (Eigenschaften oder Beziehungen) verneinen.




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Consul
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Mo 15. Sep 2025, 08:14

Timberlake hat geschrieben :
So 14. Sep 2025, 12:35
Wenn wir Entitäten in die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen (Wesen, Dinge, Gegenstände/Objekte), Okkurrenzen (Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Sachverhalte/Tatsachen) und Adhärenzen (= Bernard Bolzanos Fachausdruck für Attribute: Eigenschaften [Qualitäten, Quantitäten, Quidditäten] einteilen, dann sind Beziehungen [Relationen]), meiner Auffassung nach, der Klebstoff, der diese "einzigen Gegenstände" zusammenhält. Ein Zusammenhalt, der verhindert, dass diese "zwei" ontologischen Hauptkategorien in Relation der Identität mit sich selbst stehen.

Darin , dass sie im Verhälnis zu den drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen, Okkurrenzen und Adhärenzen als Klebstoff fungieren, gründet sich die Seltsamkeit von Relationen in ihrer generellen ontologischen Natur. Wobei ich allerdings zwischen dem Kleben an sich, als tatsächlich "unvermeidlich existierend" und einem Kleben für sich , insofern unterscheiden würde, dass sich im Letzteres die Klebekraft manifestiert. Mit der Folge, dass zugleich dementsprechend die Klebekraft auf die anderen zwei Gegenstände, ab- bzw. zu nimmt. Ganz auflösen lässt sich allerdings, weil an sich bestehend , die Klebeverbindung nicht.
Es gibt Bradleys berühmtes Regress-Argument gegen Relationen:
"Das Argument soll zeigen, dass jeder Rückgriff auf eine Relation R (der Instanziierung, Exemplifizierung usw.), um ein bestimmtes a mit seiner Universalie F in Beziehung zu setzen, eine weitere Relation R‘ erfordert , um das bestimmte a, die Universalie F und die Relation R zu verbinden; und so weiter ad infinitum."

SEP: Bradleys Regress [Google Translate]
Ich denke, dieser angebliche Regress kann bereits auf der ersten Stufe verhindert werden: Es bedarf keiner zusätzlichen Relationen als ontologischen "Klebstoff", um Substanzen und Adhärenzen/Attribute (Eigenschaften oder Beziehungen) miteinander zu verbinden, weil Attribute (Qualitäten/Quantitäten oder Relationen) ontologisch "selbstklebend" oder "selbsthaftend" sind. Das ist schlicht Teil ihrer ontologischen Natur; und es ist nicht das, was ich an Relationen seltsam finde.
"Es gibt ein sehr bekanntes Argument, das üblicherweise Bradley (1846-1924) zugesprochen wird, das den Anschein erweckt, daß die Annahme der Existenz von Relationen zu einem unendlichen Regreß führt. Angenommen, wir haben die Relation R, die die beiden Dinge a und b verbindet. Nun muß R, um a und b zu verbinden, mit a und mit b verbunden sein. Dies jedoch bedeutet, daß es eine weitere Relation R* geben muß, die R mit a und mit b verbindet. Aber damit R mit a durch die Relation R* verbunden sein kann, muß R* mit R verbunden sein und mit a. Und dies bedeutet, daß es eine dritte Relation R** geben muß, die R* mit R und ebenso mit a verbindet und so weiter. Daher führt die Annahme, daß R existiert, zu der Schlußfolgerung, daß eine unendliche Anzahl weiterer Relationen R*, R**, R***, etc. ebenfalls existiert. Weil aber eine solche unendliche Reihe weiterer Relationen nicht existiert, muß die Annahme, daß R existiert, falsch sein. Daraus folgt, daß es Relationen nicht gibt.

Ich denke nicht, daß dieses Regreßargument gültig ist. Allenfalls zeigt es, daß die Existenz von R die Existenz unendlich vieler weiterer Relationen beinhaltet. Ein getrenntes Argument ist dann erforderlich, um zu zeigen, daß diese unendliche Folge von Relationen nicht existiert. Mir scheint jedoch, daß dieses Argument in einer anderen Weise fehlerhaft ist. Es beweist überhaupt nicht, daß eine unendliche Reihe weiterer Relationen bestehen muß. Um zu zeigen, daß es die Relation R* geben muß, müssen wir annehmen, daß R, um a und b zu verbinden, selbst mit a und b verbunden sein muß (durch R*). Ich denke, daß diese Annahme falsch ist. Es gehört zum Wesen der Relationen, daß sie nicht mit den Dingen verbunden sein müssen, die sie verbinden. Wenn a mit b verbunden ist durch die Relation R, ist R nicht selbst mit a und b verbunden. Von meinem Standpunkt aus ist Bradleys Argument in Wirklichkeit kein Argument gegen Relationen, sondern gegen die Annahme, daß Relationen mit dem verbunden sein müssen, was sie verbinden. Vielleicht kann ein Bild meine Auffassung verdeutlichen. Angenommen Sie haben eine Anzahl von Holzbrettern und einen Topf Leim. Die Bretter in diesem Bild entsprechen den nicht-relationalen Dingen; der Leim entspricht den Relationen. Um nun die beiden Bretter miteinander zu verbinden, benötigt man etwas Leim; zwei Bretter kleben nicht zusammen ohne Leim. Aber, und dies ist der entscheidende Punkt, man benötigt keinen Superleim, um zuerst den Leim mit den Brettern zu verbinden. Man muß nicht zuerst den Leim an die Bretter leimen, um die Bretter aneinander zu leimen."

(Grossmann, Reinhardt. Die Existenz der Welt: Eine Einführung in die Ontologie. 2. Aufl. Frankfurt: Ontos, 2004. S. 75-6)



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Jörn P Budesheim
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Mo 15. Sep 2025, 08:28

Ich zitiere hier noch mal eine Sequenz zum Thema Relationen, die mir bei der Zusammenstellung des Fadens durch den Lappen gegangen war.
Consul hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 04:57
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 9. Sep 2025, 11:09
Consul hat geschrieben :
Di 9. Sep 2025, 01:09
Relationen sind relationale "Adhärenzen"
Genau das meinte ich weiter oben mit meinen „Epizyklen“ – man muss ständig auf immer „seltsamere“ (sic!) Begrifflichkeiten zurückgreifen, weil man im falschen Paradigma gefangen ist, ähnlich wie im geozentrischen Weltbild. Relationen sollen seltsam sein, doch die Begriffe und Theorien, die man aufbringt, um das Offensichtliche zu leugnen, sind oft noch viel seltsamer.
Warum Relationen ontologisch "schräg" ("ontologically weird" – E. J. Lowe) sind, könnte ich in einem anderen Themenstrang ausführlich erläutern.

Hier sei nur betont, dass die Existenz von Relationen alles andere als eine offensichtliche, selbstverständliche, unmittelbare einleuchtende Tatsache ist, die nur von Leuten geleugnet wird, die "im falschen Paradigma gefangen" sind.

Wohlgemerkt: Man verwechsle die Frage nach der Existenz von Relationen (relationalen Entitäten) nicht mit der Frage nach der Existenz relationaler Wahrheiten! Dass es relationale Wahrheiten wie "Hamburg liegt nördlich von München" und "Markus Gabriel ist intelligenter als Sigmar Gabriel" gibt, bestreite ich nicht. Ich bezweifle nur, dass es das Nördlich-liegen-von und das Intelligenter-sein-als als relationale Entitäten (polyadische Attribute) gibt.

Wie gesagt, "Adhärenz" ist einfach Bernard Bolzanos (1781–1848) Fachwort für Attribute (Beschaffenheiten), das ich "spaßeshalber" übernommen habe.
"Alles, was ist, d.h. was in der Wirklichkeit besteht, in dieser Wirklichkeit entweder für immer oder auch nur für eine gewisse Zeit besteht, gehört zu einer von folgenden zwei Arten: es ist und besteht entweder an etwas anderem, als eine Beschaffenheit desselben; oder es ist nicht eine bloße Beschaffenheit an etwas anderem, sondern besteht, wie man zu sagen pflegt, für sich. …
Die Wirklichkeiten der ersteren Art pflegen die Weltweisen mit einem lateinischen Wort auch Adhärenzen, jene der letzteren aber Substanzen zu nennen."

(Bolzano, Bernard. Athanasia oder Gründe für die Unsterblichkeit der Seele. Sulzbach: Seidel, 1827. S. 9-10)
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 9. Sep 2025, 11:09
„Eine physische Relation oder Struktur ist zwar nicht im engeren Sinn materiell wie ein Körper, aber sie ist auch nicht in einem antimaterialistischen Sinn immateriell.“ – Consul
Doch natürlich ist sie immateriell – sonst kämen Materialisten ja kaum auf die Idee, sie als „seltsam“ zu erachten.
Wenn "immateriell" "kein Körper seiend, nicht aus physischem Stoff bestehend" bedeutet, dann sind Relationen (Beziehungen/Verhältnisse) freilich immateriell. Das bedeutet aber mitnichten, dass ein Materialist Relationen nicht ontologisch anerkennen kann, ohne seine eigene Position zu untergraben; denn als moderner Physikalist behauptet er nicht (bzw. muss er nicht behaupten), dass alle Entitäten aus Materie bestehende, materielle Substanzen (Körper) sind. Somit kann er die Existenz "immaterieller" physischer/physikalischer Relationen im Rahmen seines materialistischen Weltbildes stimmigerweise anerkennen.

Es folgt ein wichtiger Punkt: Man muss kein Materialist sein, um Relationen ontologisch seltsam zu finden. Der bereits erwähnte Jonathan Lowe ist kein Materialist (er vertritt sogar einen nicht-cartesianischen Substanzdualismus), und er findet Relationen "ontologically weird". Die Seltsamkeit von Relationen (als polyadischen Attributen) gründet nicht in ihrer Immaterialität (im obigen Sinn), sondern in ihrer generellen ontologischen Natur.
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 9. Sep 2025, 11:09
„Schräg“ bzw. „seltsam“ erscheinen [Relationen] wohl nur, wenn man sich zuvor auf ein bestimmtes Bild der ‚Welt‘ festgelegt hat. Auch hier zeigt sich wieder dieselbe methodisch fragwürdige – um nicht zu sagen „unwissenschaftliche“ – Strategie: Statt offensichtliche Phänomene – wie etwa Relationen – ernst zu nehmen und zu erklären, werden sie einfach als „seltsam“ wegdefiniert. Es wäre daher sinnvoll, die eigenen Voraussetzungen, die Relationen als seltsam erscheinen lassen, kritisch zu hinterfragen.
Das einzig Offensichtliche ist, dass wir alle ständig über irgendwelche Relationen (Beziehungen/Verhältnisse) reden/sprechen, und dass wir entweder Wahres oder Falsches darüber aussagen. Daraus folgt aber nicht, dass es Relationen als relationale Entitäten wirklich gibt, welche als Wahrmacher wahrer relationaler Aussagen fungieren. Es könnte nämlich sein, dass wahre relationale Aussagen von nichtrelationalen Entitäten wahr gemacht werden.
Wenn es wahr ist, dass Peter größer ist als Markus, dann folgt diese relationale Wahrheit allein aus den beiden Körpergrößen von Peter und Markus – 2m & 1,8m –, ohne dass als zusätzlicher Wahrmacher das Größer-sein-als als relationale Entität erforderlich ist.

Wenn in der analytischen Ontologie, die sich mit Kategorien wie Relationen und Kategoriensystemen befasst, alle Wahrheiten offen und für jedermann sofort ersichtlich zutage lägen, dann müssten alle Meinungsverschiedenheiten darin längst verschwunden sein – was jedoch nicht der Fall ist.

Es ist ja gerade die Aufgabe philosophischer Ontologen, sowohl naive alltagsontologische als auch nichtnaive wissenschaftsontologische Voraussetzungen kritisch zu hinterfragen und nicht blind zu übernehmen.

John Heil schließt seine Argumentation gegen die Existenz von Relationen folgendermaßen ab:
"Wenn Sie anderer Meinung sind, wenn sie auf Relationen erpicht sind, dann liegt der Ball bei Ihnen. Es reicht nicht aus, einfach nur die Existenz von Relationen neben Substanzen und Eigenschaften zu verkünden. Es liegt an Ihnen, eine greifbare ontologische Geschichte zu liefern. Von meinem Standpunkt aus sind die Aussichten nicht vielversprechend." [Google Translate mit einer Änderung meinerseits]

(Heil, John. The Universe As We Find It. Oxford: Oxford University Press, 2012. p. 150)
Wie gesagt, ich könnte meine und Heils Argumente darlegen; aber dafür ist dieser Diskussionsstrang der falsche Platz, weil es um eine allgemeine ontologische Frage geht.




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Jörn P Budesheim
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Mo 15. Sep 2025, 08:50

Consul hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 08:10
Ein ewig wahrer Satz ist wahr, solange er existiert.
Das wäre misslich. Denn jeder beliebige gesprochene Satz würde seine Wahrheit gleichsam im Sprechen verlieren, spätestens jedoch, wenn er verklungen ist. Kommunikation wäre damit ausgeschlossen. Und wie liegt es bei gedruckten Wahrheiten, verblassen sie zusammen mit der Farbe? Sodass 7 + 5 immer etwas weniger wahr wird, je mehr die Farbe verblasst? Waohl kaum.

Zudem geht es eigentlich auch nicht darum, ob wir es mit Sätzen, Ansichten, Gedanken zu tun haben, denn für die Proposition, dass "Hamburg nördlich von München" [In Deutschland, am 15. Juli 1968] liegt, ist es ganz gleich, wie sie ausgedrückt wurde. Dass Hamburg in Deutschland, am 15. Juli 1968 nördlich von München lag, wird nicht irgendwann unwahr.




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Mo 15. Sep 2025, 09:43

Guten Morgen,

ungefragt würde ich sagen :
Dinge sind nicht denkbar ohne Relationen.
Relationen sind nicht denkbar ohne Dinge.
Sein ist relationale Ko-Konstitution, also das, was wir immer nur zusammengehörig denken können.




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Jörn P Budesheim
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Mo 15. Sep 2025, 09:57

Ich würde dir recht geben: Dinge sind nur denkbar eingebettet in Tatsachen/Relationen (das müsste man terminologisch klären). Und Tatsachen wiederum setzen Dinge voraus – beides gehört untrennbar zusammen. Das kann man - wie du sagst - eine relationale Ko-Konstitution nennen, finde ich.




Timberlake
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Mo 15. Sep 2025, 13:16

Consul hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 08:14
"Es gibt ein sehr bekanntes Argument, das üblicherweise Bradley (1846-1924) zugesprochen wird, das den Anschein erweckt, daß die Annahme der Existenz von Relationen zu einem unendlichen Regreß führt. Angenommen, wir haben die Relation R, die die beiden Dinge a und b verbindet. Nun muß R, um a und b zu verbinden, mit a und mit b verbunden sein. Dies jedoch bedeutet, daß es eine weitere Relation R* geben muß, die R mit a und mit b verbindet. Aber damit R mit a durch die Relation R* verbunden sein kann, muß R* mit R verbunden sein und mit a. Und dies bedeutet, daß es eine dritte Relation R** geben muß, die R* mit R und ebenso mit a verbindet und so weiter. Daher führt die Annahme, daß R existiert, zu der Schlußfolgerung, daß eine unendliche Anzahl weiterer Relationen R*, R**, R***, etc. ebenfalls existiert. Weil aber eine solche unendliche Reihe weiterer Relationen nicht existiert, muß die Annahme, daß R existiert, falsch sein. Daraus folgt, daß es Relationen nicht gibt.

(Grossmann, Reinhardt. Die Existenz der Welt: Eine Einführung in die Ontologie. 2. Aufl. Frankfurt: Ontos, 2004. S. 75-6)
Um zu diesem berühmten Regress-Argument gegen Relationen, wiederum meine Klebstoffmetapher zu bemühen. Dieses Argument würde ich im Vergleich dazu in etwa für so sinnig bzw. unsinnig halten, wie das auch bei einer Klebverbindung eine solche weitere Relation R‘ geben muss.
Consul hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 08:14
"Ich denke nicht, daß dieses Regreßargument gültig ist. Allenfalls zeigt es, daß die Existenz von R die Existenz unendlich vieler weiterer Relationen beinhaltet. Ein getrenntes Argument ist dann erforderlich, um zu zeigen, daß diese unendliche Folge von Relationen nicht existiert. Mir scheint jedoch, daß dieses Argument in einer anderen Weise fehlerhaft ist. Es beweist überhaupt nicht, daß eine unendliche Reihe weiterer Relationen bestehen muß. Um zu zeigen, daß es die Relation R* geben muß, müssen wir annehmen, daß R, um a und b zu verbinden, selbst mit a und b verbunden sein muß (durch R*). Ich denke, daß diese Annahme falsch ist. Es gehört zum Wesen der Relationen, daß sie nicht mit den Dingen verbunden sein müssen, die sie verbinden. Wenn a mit b verbunden ist durch die Relation R, ist R nicht selbst mit a und b verbunden. Von meinem Standpunkt aus ist Bradleys Argument in Wirklichkeit kein Argument gegen Relationen, sondern gegen die Annahme, daß Relationen mit dem verbunden sein müssen, was sie verbinden. Vielleicht kann ein Bild meine Auffassung verdeutlichen. Angenommen Sie haben eine Anzahl von Holzbrettern und einen Topf Leim. Die Bretter in diesem Bild entsprechen den nicht-relationalen Dingen; der Leim entspricht den Relationen. Um nun die beiden Bretter miteinander zu verbinden, benötigt man etwas Leim; zwei Bretter kleben nicht zusammen ohne Leim. Aber, und dies ist der entscheidende Punkt, man benötigt keinen Superleim, um zuerst den Leim mit den Brettern zu verbinden. Man muß nicht zuerst den Leim an die Bretter leimen, um die Bretter aneinander zu leimen."
(Grossmann, Reinhardt. Die Existenz der Welt: Eine Einführung in die Ontologie. 2. Aufl. Frankfurt: Ontos, 2004. S. 75-6)
Ein Leim, der wiederum ein Superleim, ein Superleim, ein Superleim ...u.s.w. benötigen würde. Weil aber eine solche unendliche Reihe weiterer Superleime nicht existiert, muss die Annahme, dass Leime existieren, falsch sein. Daraus folgt, dass es Leime, die wohlgemerkt die beiden Dinge a und b verbinden, nicht gibt. Was zweifelsohne unsinnig ist. Um an dieser Stelle Reinhard Grossmann in diesem "Sinne" zu ergänzen.




@Consul

Übrigens mein Respekt, so wie du hier mit diesem Zitat von Reinhardt Großmann in der Lage warst, auf meine Klebstoffmetapher .. dementsprechend! ... zu reagieren. Was um so bemerkenswerter ist, wie das auch Reinhardt Großmann sich dessen bedient hat, um aufzuzeigen, dass dieses Regressargument .. "in einer anderen Weise fehlerhaft ist".
Pommesbude hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 09:43
Guten Morgen,

ungefragt würde ich sagen :
Dinge sind nicht denkbar ohne Relationen.
Relationen sind nicht denkbar ohne Dinge.
Sein ist relationale Ko-Konstitution, also das, was wir immer nur zusammengehörig denken können.
Einer anderen Art und Weise, die wiederum dadurch fehlerhaft ist, dass Relationen zwischen den Dingen durchaus auch ohne Leim vorstellbar sind. Wenngleich innerhalb der Dinge, weil aus einem Zusammenhalt von Dingen bestehend, sehr wohl so etwas wie Leim existieren muss.
Consul hat geschrieben :
Fr 5. Sep 2025, 07:04
Wenn wir Entitäten in die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen (Wesen, Dinge, Gegenstände/Objekte), Okkurrenzen (Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Sachverhalte/Tatsachen) und Adhärenzen (= Bernard Bolzanos Fachausdruck für Attribute: Eigenschaften [Qualitäten, Quantitäten, Quidditäten] oder Beziehungen [Relationen]) einteilen, dann sind Okkurrenzen und Adhärenzen insofern nicht im selben Sinn materiell wie materielle Substanzen, als sie selbst keine stofflichen Wesen oder körperlichen Dinge (Körper) sind.
Weil es nicht denkbar ist , dass die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen Okkurrenzen und [i[Adhärenzen[/i] ohne Leim und somit Realtionen zueinander existieren können, würde ich allerdings diese drei Dinge, als ein solches zusammengehaltenes , einzelnes Ding bezeichnen wollen.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 15. Sep 2025, 14:16, insgesamt 1-mal geändert.




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Jörn P Budesheim
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Mo 15. Sep 2025, 14:16

Es gibt nicht nur eine Art von Relationen, denke ich.

An anderer Stelle reden wir über Zahlen, das sind natürlich Relationen von größter Bedeutung: 7 ist größer als 5.

Auch wenn wir dafür denselben Ausdruck verwenden, meine ich, der Umstand, dass Hans (2 m) größer als Peter (1,8 m) ist, ist nicht gänzlich dieselbe Relation.

Ich bin der Großvater von ein paar Kindern, naja mittlerweile schon Jugendlichen, auch ist eine Relation - Familienverhältnisse.

Schachfiguren stehen in vielfältigen Relationen, zum Beispiel ist die Dame "stärker" als der Springer.

Ein Schlüssel steht zum Schloss in der Relation der Passung.

Relationen müssen auch nicht ewig sein: Gerade steht Hans neben Peter - doch fünf Minuten später ...

Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl.




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Consul
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Di 16. Sep 2025, 00:31

Als "Zitatfetischist" kann ich es nicht lassen:
"Hier sind vier metaphysische Fragen, die zu Beziehungen gestellt werden müssen. Was sollen sie sein? Was sollen sie tun? Wie sollen sie es tun? Gibt es überhaupt welche?" [Google Translate]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. p. 82)

"Metaphysiker (in ihrer Sprache gesprochen) sind sich uneinig darüber, was genau als Relation gilt, und auch darüber, ob es überhaupt Relationen gibt. Aber in Folgendem herrscht Einigkeit: Wenn es solche Entitäten gibt, dann gibt es, abgesehen von Einschränkungen, Fälle, in denen Dinge aufeinander bezogen sind, weil es etwas anderes gibt, eine Relation, die die Rolle des Vermittelns oder Dazwischenstehens erfüllt. So soll eine Relation im Allgemeinen Relationiertheit erklären. Denn es besteht eine Lücke zwischen der Behauptung (a), dass einige Dinge relationiert sind, und der Behauptung (b), dass eine Relation zwischen ihnen besteht, sodass (b) ein Kandidat für die Erklärung von (a) ist. Wir haben Grund zu der Annahme, dass es solche Entitäten tatsächlich gibt, wenn die beste Erklärung für das Relationiertsein von Dingen darin besteht, dass es eine Relation gibt, die für ihr Relationiertsein verantwortlich ist. Das bedeutet nicht, dass alle Fälle von Relationiertheit durch Relationen erklärt werden, noch dass es für jeden Fall von Relationiertheit, der durch Relationen erklärt wird, eine eindeutige Relation gibt." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. p. 84)

"Relationen sind dafür zuständig, Relationiertheit zu erklären, indem sie zwischen relationierten Dingen bestehen. Wenn wir nun überhaupt etwas wissen, dann, dass es relationierte [aufeinander bezogene, sich zueinander verhaltende] Dinge gibt. Schauen Sie sich einfach um und sehen Sie. Tatsächlich müssen wir uns nicht einmal umsehen, um uns dessen sicher zu sein, denn die Art von Bewusstsein, die für uns typisch ist, besteht aus aufeinanderfolgenden, sich gegenseitig durchdringenden mentalen Episoden. Wenn also der Glaube an Relationen die beste Erklärung ist, die wir uns für das Relationiertsein solcher Dinge ausdenken können – vorausgesetzt, dass die beste Erklärung erklärungsstark genug ist, sodass sie es verdient, ernst genommen zu werden, und nicht nur die beste von einem schlechten Haufen [von Erklärungen] ist – dann haben wir einen guten Grund anzunehmen, dass Relationen existieren." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. pp. 86-7)

"Unterscheiden Sie die Ontologie einer Theorie T, also das, was T als existierend postuliert oder impliziert, von der Ideologie von T, also den sprachlichen Ressourcen, auf die sich T stützt, um zu beschreiben, was sie als existierend postuliert oder impliziert, Ressourcen, die zumindest aus der Perspektive von T nicht analysierbar sind. Dann muss man mit der folgenden nominalistischen Antwort rechnen: Die Ideologie der Relationiertheit, die ein außerordentlich weit verbreitetes Merkmal der Alltagssprache ist, ja sogar wesentlich für den Ausdruck der in dieser Sprache verkörperten Weltsicht, hat keine entsprechende Ontologie." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. p. 88)

"Hier ist die gute Nachricht. Es ist noch völlig offen, welche Erklärung von Beziehungen die beste ist, die wir haben. Hier ist die schlechte Nachricht. Das liegt daran, dass wir kein vereinbartes Verfahren haben, um Abwägungen zwischen Ontologie und Ideologie zu treffen." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. p. 90)
"Die Rede von Relationen ist sowohl im Alltag als auch in den Wissenschaften unverzichtbar. Doch was genau sind Relationen? Was macht relationale Urteile wahr, wenn sie wahr sind? Relationale Urteile streben nach Objektivität. Relationale Urteile erheben den Anspruch, buchstäblich wahr zu sein. Relationen und Arten von Relationen gibt es in Hülle und Fülle. Warum sind sich Philosophen dann so uneinig über das Wesen von Relationen? Warum finden so viele Philosophen Relationen rätselhaft? Warum gehen manche so weit, die Realität von Relationen anzuzweifeln? Ist das einfach nur Philosophentum, das Gründe findet, Dinge in Frage zu stellen, die kein vernünftiger Mensch auch nur im Traum in Frage stellen würde? Warum müssen Philosophen etwas Einfaches nehmen und es in etwas Schwieriges verwandeln?

Mit etwas Glück beantworten sich diese Fragen von selbst, sobald man ernsthaft über das Wesen von Relationen nachdenkt. Dazu ist ein Ausflug in die Metaphysik erforderlich, insbesondere in jenen Zweig der Metaphysik, den Philosophen Ontologie nennen. Die Ontologie befasst sich mit dem, was es gibt, nicht im Sinne der Zusammenstellung von Listen einzelner Entitäten, so wie man den Inhalt seines Medizinschranks auflisten könnte, sondern im Sinne der Herausarbeitung der allgemeinsten Kategorien, unter die bestimmte Entitäten fallen. Ein Cricketball ist ein Ding, ein Objekt. Im Gegensatz dazu sind die Kugelform und die rote Farbe des Cricketballs keine Objekte, sondern Eigenschaften eines Objekts. Hier gibt es zwei ontologische Kategorien: Objekte und Eigenschaften. Gibt es noch weitere?

… Bilden Relationen eine eigenständige Seinskategorie oder werden sie in andere Kategorien assimiliert? Sind Relationen beispielsweise eine Art von Eigenschaft? Zugegeben, wir sprechen frei von Relationen, aber gibt es Relationen wirklich? Sind Relationen Etwas(se)? Sind Relationen eigenständige Entitäten? Meinungsverschiedenheiten sind unvermeidlich, aber vielleicht nicht unlösbar." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Heil, John. Relations. Cambridge: Cambridge University Press, 2021. p. 1)
Zitate von Relationsbefürwortern:
"Es gibt gewichtige Gründe, die Möglichkeit für Relationen oder relationsähnliche Entitäten in einem ontologischen Kategoriensystem offenzuhalten. Der erste Grund ist, dass eine relationale Theorie des Raums oder der Raumzeit unter den konkurrierenden Ansichten nach wie vor eine wichtige Option darstellt. Da die relativen Orte von Objekten in Bezug auf ihre Existenz und monadischen Eigenschaften kontingent sind, besteht eine Möglichkeit darin, anzunehmen, dass die Raumzeit (oder der Raum) durch Relationen oder relationenähnliche Entitäten konstituiert wird, die die Raumbesetzer verbinden.

Zweitens argumentieren neuere Wissenschaftsmetaphysiker, dass die aktuellen physikalischen Theorien uns unabhängige Gründe für die Postulierung von Relationen oder relationsähnlichen Entitäten liefern. Die aktuelle Quantenphysik führt verschränkte Zustände von Zwei- oder Mehrteilchensystemen ein, die ernsthafte Kandidaten für fundamentale Relationen zwischen Teilchen sind. So argumentiert Paul Teller, dass verschränkte Spinzustände zweier überlagerter Elektronen am besten als Relationen betrachtet werden können, die nicht auf der räumlich-zeitlichen Anordnung und den monadischen Eigenschaften dieser Teilchen beruhen. Jeremy Butterfield argumentiert, dass sowohl die klassische als auch die relativistische Mechanik fundamentale Größen einführen. die nicht als intrinsische Eigenschaften von Raum-Zeit-Punkten betrachtet werden sollten. Möglicherweise müssen wir Relationen einführen, um einige dieser Größen zu erklären. Schließlich führen Quantenfeldtheorien Wechselwirkungen von Teilchen ein, die durch virtuelle Teilchen vermittelt werden, die ebenfalls als relationale Entitäten betrachtet werden könnten.

Es gibt vielleicht keinen einzelnen Grund, der zeigen könnte, dass der Eliminativismus in Bezug auf Relationen falsch ist. Unabhängige Überlegungen legen jedoch nahe, dass es eine vernünftige Strategie ist, die Existenz von Relationen oder relationsnähnlichen Entitäten in einem adäquaten ontologischen Kategoriensystem zuzulassen." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Keinänen, Markku. "Lowe's Eliminativism about Relations." In E. J. Lowe and Ontology, ed. by Miroslaw Szatkowski, 105-122. New York: Routledge, 2022. p. 116)
"Der angebliche Hauptgrund für die Ablehnung von Relationen ist, dass sie nirgends existieren können. Es ist klar, dass sie nicht in einem der Relata sind, ohne in den anderen zu sein. Auch sind sie nicht in jedem von ihnen, getrennt betrachtet. Sie sind, so heißt es, zwischen den Relata und nicht in ihnen. Dann fragt man: Gibt es etwas, in dem sie sein können? Und wenn diese Frage verneint wird, kommt man zu dem Schluss, dass sie unmöglich sind.
[Fußnote 1: Dies ist die Argumentationslinie von Lotze und im Wesentlichen auch von Leibniz. Die Einwände von Herrn Bradley sind anders und führen zu einer anderen Schlussfolgerung. Er versucht nicht, wie Leibniz und Lotze, Relationen auf Qualitäten zu reduzieren, sondern lehnt Qualitäten und Relationen gleichermaßen ab.]

Diese Annahme ist jedoch ungültig, weil sie voraussetzt, dass eine Relation unmöglich ist, es sei denn, es lässt sich etwas finden, in dem sie wie eine Qualität ist oder innewohnt [inhäriert]. Als Test für die Möglichkeit von Relationen wird die Frage herangezogen, ob sie sich genau wie Qualitäten verhalten können; und wenn man zugibt, dass dies nicht der Fall sein kann, so kommt man zu dem Schluss, dass Relationen unmöglich sind, und dass in einer wahren Sicht der Realität Relationsurteile durch Qualitätsurteile ersetzt würden.

Es gibt jedoch keine Rechtfertigung für die Annahme, dass eine Relation unmöglich ist, wenn sie nicht wie eine Qualität in etwas innewohnen [inhärieren] kann. Auf die Frage „Worin befindet sich eine Relation?“ können wir mit Fug und Recht antworten, dass sie nicht in irgendetwas befindet, sondern zwischen zwei oder mehr Dingen, oder zwischen einem Ding und sich selbst, und dass die Auffassung von „zwischen“ ebenso grundlegend ist wie die Auffassung von „in“ und ebenso viel Anspruch darauf hat, als gültig angesehen zu werden. Beide sind grundegend, keine enthält einen Widerspruch, und die Rechtfertigung unserer Verwendung beider liegt darin, dass es unmöglich ist, irgendetwas zu behaupten, ohne die Realität sowohl von Qualitäten als auch von Relationen zu behaupten oder zu implizieren. Dass dies sowohl hinsichtlich Qualitäten als auch hinsichtlich Relationen unmöglich ist, haben wir bereits gesehen. Im uns unmittelbar betreffenden Fall, den Relationen von Substanzen zu Substanzen, muss die Substanz, da sie existiert, mit sich selbst identisch sein; und, wie bereits erwähnt, da mehr als eine Substanz existiert, müssen sie einander ähneln und sich voneinander unterscheiden.

Und es ist zu beachten, dass die Aussagen, die diese Relationen behaupten, absolut wahr sein werden. Es ist nicht nur so, dass wir der Wahrheit näher kommen, wenn wir sie behaupten, anstatt sie zu leugnen. Es kann keine Substanz geben, wenn es nicht absolut wahr ist, dass sie mit sich selbst identisch ist, und es kann nicht mehr als eine Substanz geben, wenn es nicht absolut wahr ist, dass sie ähnlich und verschieden sind.

Der Begriff der Relation muss daher als gültig für das Existierende akzeptiert werden."
[Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(McTaggart, John M. E. The Nature of Existence. Vol 1. Cambridge: Cambridge University Press, 1921. pp. 81-2)
"Was ich vorschlage, lässt sich in einem Slogan zusammenfassen: Eine Beziehung ‚überbrückt den ontologischen Raum‘." [Google Translate]

(Mertz, D. W. On the Elements of Ontology: Attribute Instances and Structure. Berlin: De Gruyter, 2016. p. 116)

"Ohne eine Kategorie von Entitäten, deren Natur darin besteht, ‚ontologische Distanz‘ nach außen zu überbrücken und sich mit Dingen ‚zusammenzuhalten‘, mit denen sie kein zusammensetzendes Sein teilen, d. h. ohne ontogliale Entitäten (griechisch: ‚Klebstoff des Seins‘), würden diskrete Entitäten jeweils absolut voneinander isoliert bleiben. Jede Entität würde als radikal abgetrenntes Atom existieren, eine extreme ‚Monade‘, völlig frei von Verbindungen mit anderen – physisch, kognitiv (z. B. Assoziationen) usw. –; und aufgrund dieser völligen gegenseitigen Isolation hätte kein Geist (angenommen, per impossibile, dass es Geiste gibt, die notwendigerweise dynamisch funktionierende Strukturen sind) zu einer solchen Entität epistemischen Zugang, da dies reale epistemische Beziehungen erfordern würde, die den Wissenden und das gewusste Andere verbinden. Letzteres weist, so meine ich, darauf hin, dass polyadische Beziehungen als Kategorie intuitiv offensichtliche Beispiele für ‚nach außen gerichtete verbindende und auswählende‘ Entitäten sind, eine ontische Rolle, die, wie wir klären werden, alle Attribute haben. Auch ein vielteiliges Ganzes als etwas intrinsisch bestimmte Elemente Verbindendes erfordert, dass die „auswählenden Verknüpfungen“ ebenso wesentlich/intrinsisch und Teile des Ganzen sind wie die vereinigten Elemente, d. h., dass sie selbst Elemente sind. Dies zu leugnen, bedeutet entweder, interne Vereiniger mit externen Wirkursachen zu verwechseln, die sie bewirken – wobei letztere entfernte Ursachen der Ganzheiten sind, die unmittelbar von den konstituierenden Vereinigern bewirkt werden –, oder die Wirkung der vereinigenden Kraft – des Ganzen – mit einer Ursache dieser Kraft zu verwechseln, was beispielsweise zu dem Fehler führt, Mengen oder Summen als Ursachen der Vereinigung ihrer Elemente zu betrachten." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Mertz, D. W. On the Elements of Ontology: Attribute Instances and Structure. Berlin: De Gruyter, 2016. p. 188)

"Relationen sind die conditio sine qua non eines pluralistischen Universums, der Verbundenheit, Struktur, Ordnung und Form. Um einen Begriff zu prägen: Relationen sind ontoglial (griechisch für „der Klebstoff des Seins“)."

(Mertz, D. W. Moderate Realism and Its Logic. New Haven: Yale University Press, 1996. p. 25)
Zitate von Relationsgegnern:
"Relationen lassen sich in einer Ontologie von Substanzen und Attributen nur schwer unterbringen. Relationen scheinen keine Substanzen zu sein. Könnten sie etwa Attribute sein? Attribute sind jedoch in bestimmten Substanzen verankert, und es ist unklar, wie ein einzelnes Attribut mit unterschiedlichen Substanzen (seinen Relata) verbunden sein könnte. Der Gedanke, dass Relationen ‚zwischen‘ Substanzen bestehen, droht Relationen in Substanzen zu verwandeln und erscheint daher wenig erfolgversprechend. Könnten wir dann auf Relationen verzichten? Das erscheint verrückt. Relationale Prädikationen sind offenbar unverzichtbar. Relationale Prädikationen lassen sich nicht in Prädikationen übersetzen oder anderweitig auflösen, die Relationen nicht erwähnen. Versuche, Relationen durch monadische ‚relationale Eigenschaften‘ zu ersetzen, riechen nach Sophisterei; die Rede von relationalen Eigenschaften ist offensichtlich nichts weiter als eine indirekte Art, von Relationen zu sprechen." [Google Translate]

(Heil, John. "Universals in a World of Particulars." In The Problem of Universals in Contemporary Philosophy, edited by Gabriele Galluzzo and Michael J. Loux, 114-132. Cambridge: Cambridge University Press, 2015. p. 130)

"Relationen sind, so betrachtet, weder Fisch noch Fleisch, weder Substanzen noch Modi. Man kann Relationen als sui generis betrachten, als fundamentale Entitäten besonderer Art, die zur Erklärung unserer besten Theorien erforderlich sind, oder man kann versuchen, Urteile über Relationen, relationales Denken und Sprechen so zu vereinen, dass Relationen nicht ontologisch fundamental werden.
Ich glaube, dieses Denkmuster taucht in den Epochen zwischen Aristoteles und Kant immer wieder auf. Das Ergebnis ist, dass Philosophen Relationen insgesamt als ontologisch problematisch betrachteten." [Google Translate]

(Heil, John. The Universe As We Find It. Oxford: Oxford University Press, 2012. pp. 141-2)

"Relationen hängen offensichtlich metaphysisch von ihren Relata ab, können also keine Substanzen sein. Es ist jedoch schwer zu erkennen, wie eine Relation ‚zwischen‘ Substanzen ein Modus oder Akzidens sein könnte. Wir scheinen gezwungen zu sein, uns zwischen der Gründung von Relationen auf nicht-relationalen Merkmalen von Relata oder ihrer Hinzufügung zur grundlegenden Ontologie zu entscheiden. Aber wie würde diese zweite Option funktionieren? Was genau würden wir uns vorstellen, wenn wir uns Relationen ‚da draußen‘ vorstellen, die ihre Relata verbinden? Die Seltsamkeit dieser Möglichkeit wird Ihnen nicht auffallen, wenn Sie sich damit zufriedengeben, eine Entität zu postulieren, die auf jedes Prädikat antwortet. Aber das bedeutet nur eine Rückkehr zu der Art sprachlicher Metaphysik, der wir inzwischen entwachsen sein sollten." [Google Translate]

(Heil, John. The Universe As We Find It. Oxford: Oxford University Press, 2012. p. 149)

"Ich werde auf einem Universum mit nicht-relationalen Wahrmachern für irreduzible relationale Wahrheiten bestehen.
Wenn Sie anderer Meinung sind, wenn Sie Beziehungen wünschen, dann liegt der Ball bei Ihnen. Es reicht nicht aus, einfach die Existenz von Beziehungen neben Substanzen und Eigenschaften zu verkünden. Es liegt an Ihnen, eine greifbare ontologische Geschichte zu liefern. Von meinem Standpunkt aus sind die Aussichten nicht vielversprechend." [Google Translate]

(Heil, John. The Universe As We Find It. Oxford: Oxford University Press, 2012. p. 150)
"[Eine Relation] besteht zwischen Entitäten und ist ihnen nicht inhärent. Wir können uns jedoch fragen, ob diese brückenartige Existenz zwischen Entitäten letztendlich eine denkbare Seinsweise ist und ob es im Universum wirklich einen Platz für Relationen gibt, wenn sie sich nicht mit dem aristotelischen Status der Aussagbarkeit [Prädizierbarkeit] von einer einzelnen konkreten Sache zufriedengeben" [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Findlay, J. N. "Relational Properties." Australasian Journal of Psychology and Philosophy 14/3 (1936): 176–190. p. 180)



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Di 16. Sep 2025, 00:36

Der oben zitierte Fraser MacBride ist der Autor des (am 5. September aktualisierten) SEP-Artikels über Relationen, der jedem zur Einführung empfohlen sei:

https://plato.stanford.edu/entries/relations/

Deutsche Übersetzung [Google Translate]: https://plato-stanford-edu.translate.go ... r_pto=wapp



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Di 16. Sep 2025, 01:36

"Wenn wir nun überhaupt etwas wissen, dann, dass es relationierte [aufeinander bezogene, sich zueinander verhaltende] Dinge gibt." [Google Translate]

(MacBride, Fraser. "Relations: Existence and Nature." In The Routledge Handbook of Properties, edited by A. R. J. Fisher & Anna-Sofia Maurin, 82-91. Abingdon: Routledge, 2024. p. 86)
Jawohl! Doch aus der Existenz relationierter Dinge folgt nicht notwendigerweise die Existenz von Relationen!
"[Eine Relation] besteht zwischen Entitäten und ist ihnen nicht inhärent. Wir können uns jedoch fragen, ob diese brückenartige Existenz zwischen Entitäten letztendlich eine denkbare Seinsweise ist und ob es im Universum wirklich einen Platz für Relationen gibt…" [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Findlay, J. N. "Relational Properties." Australasian Journal of Psychology and Philosophy 14/3 (1936): 176–190. p. 180)
Ich bezweifle es. Hier geht es vor allem um das LokalisationsproblemWo befinden sich Relationen, sofern sie sich überhaupt irgendwo befinden? –, worauf ich zu sprechen kommen werde. An dieser Stelle sei vorab auf die folgende Unterscheidungen innerhalb des Relationsrealismus hingewiesen:

1. Relationen als nirgendwo innerhalb des Raumes (der Raumzeit) befindliche transzendente, abstrakte Universalien.
2. Relationen als irgendwo innerhalb des Raumes (der Raumzeit) befindliche immanente, konkrete Universalien.
3. Relationen als irgendwo innerhalb des Raumes (der Raumzeit) befindliche immanente, konkrete Partikularien.
(Die vierte denkbare Position, dass Relationen oder nichtrelationale Attribute transzendente, abstrakte Partikularien sind, wird, soweit ich weiß, von keinem Philosophen vertreten.)

Eine Universalie (Allgemeinheit) ist ein relationales oder nichtrelationales Attribut, das (im Gegensatz zu einem partikulären Attribut) von mehreren (n-Tupeln von) Dingen zur selben Zeit an verschiedenen Orten "exemplifiziert" oder "instanziiert" werden kann. So kann beispielsweise eine dyadische/zweistellige Beziehung als Universalie zur selben Zeit an verschiedenen Orten von verschiedenen Paaren von Dingen exemplifiziert werden.

Es gibt eine weitere Unterscheidung innerhalb des abstrakten Relationsrealismus (Relationsplatonismus), die erwähnt werden sollte:

A. Abstrakte, transzendente Universalien können unexemplifiziert/uninstanziiert existieren.
B. Abstrakte, transzendente Universalien können nicht unexemplifiziert/uninstanziiert existieren.

(Ich kenne keinen Philosophen, der an die Möglichkeit unexemplifizierter/uninstanziierter konkreter, immanenter Universalien glaubt.)
"Was genau würden wir uns vorstellen, wenn wir uns Relationen ‚da draußen‘ vorstellen, die ihre Relata verbinden? Die Seltsamkeit dieser Möglichkeit wird Ihnen nicht auffallen, wenn Sie sich damit zufriedengeben, eine Entität zu postulieren, die auf jedes Prädikat antwortet."

(Heil, John. The Universe As We Find It. Oxford: Oxford University Press, 2012. p. 149)
Sehr gute Frage!
Hier seht ihr einen Ausschnitt des Covers von The Metaphysics of Relations:

Bild

In Grafiken wie dieser werden Relationen als Linien zwischen Objekten dargestellt, doch das ist aus ontologischer Sicht höchst irreführend; denn wenn Relationen "da draußen" eines zweifellos nicht sind, dann eindimensionale (gerade oder krumme) Linien oder längliche dreidimensionale Sachen wie Fäden, Schnüre, Seile oder Kabel.
Relationen haben keine Ausdehnung, sodass die Rede von innerräumlichen Relationen, die sich zwischen zwei oder mehr Dingen befinden, diesen "anhaften" und sie somit verbinden, widersinnig erscheint.

Denken wir, dass "•" für ein nulldimensionales Etwas steht, das sich als Punkt zwischen zwei Dingen im Raum befindet, zwischen denen ein Abstand >0 besteht: O1 • O2
Das unausgedehnte Etwas • kann aufgrund des räumlichen Abstandes nicht beiden Dingen zugleich anhaften, und somit nicht die ontologische Funktion eines Verbindungselements zwischen zwei (oder mehr) Dingen erfüllen.
Zuletzt geändert von Consul am Di 16. Sep 2025, 02:06, insgesamt 3-mal geändert.



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Di 16. Sep 2025, 01:48

Consul hat geschrieben :
Di 16. Sep 2025, 01:36
…An dieser Stelle sei vorab auf die folgende Unterscheidungen innerhalb des Relationsrealismus hingewiesen:
1. Relationen als nirgendwo innerhalb des Raumes (der Raumzeit) befindliche transzendente, abstrakte Universalien.
Für transzendente, abstrakte Universalien gilt:
"Die Instanziierung wird dann zu einer sehr großen Sache: eine Beziehung zwischen Universalien und Partikularien, die Seinsbereiche überschreitet." [meine Übers.]

(Armstrong, D. M. Universals: An Opinionated Introduction. Boulder, CO: Westview, 1989. p. 75)
Im Fall solcher Universalien wird Instanziierung/Exemplifizierung zu einer ganz und gar mysteriösen Angelegenheit: Wie können abstrakte Relationen, die sich nirgendwo im Raum befinden, im Raum befindliche konkrete Objekte verbinden?



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Di 16. Sep 2025, 01:54

Consul hat geschrieben :
Di 16. Sep 2025, 01:36
Eine Universalie (Allgemeinheit) ist ein relationales oder nichtrelationales Attribut…
Ich muss der Genauigkeit halber Folgendes hinzufügen:
Universalien als relationale oder nichtrelationale Attribute (Beziehungen oder Eigenschaften, Relationen oder Qualitäten/Quantitäten) sind sogenannte nichtsubstanzielle Universalien, wohingegen Universalien als Genera oder Spezies (Gattungen, Arten) substanzielle Universalien (oder "sekundäre Substanzen") genannt werden.



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Di 16. Sep 2025, 02:27

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 08:50
Consul hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 08:10
Ein ewig wahrer Satz ist wahr, solange er existiert.
Das wäre misslich. Denn jeder beliebige gesprochene Satz würde seine Wahrheit gleichsam im Sprechen verlieren, spätestens jedoch, wenn er verklungen ist. Kommunikation wäre damit ausgeschlossen. Und wie liegt es bei gedruckten Wahrheiten, verblassen sie zusammen mit der Farbe? Sodass 7 + 5 immer etwas weniger wahr wird, je mehr die Farbe verblasst? Waohl kaum.

Zudem geht es eigentlich auch nicht darum, ob wir es mit Sätzen, Ansichten, Gedanken zu tun haben, denn für die Proposition, dass "Hamburg nördlich von München" [In Deutschland, am 15. Juli 1968] liegt, ist es ganz gleich, wie sie ausgedrückt wurde. Dass Hamburg in Deutschland, am 15. Juli 1968 nördlich von München lag, wird nicht irgendwann unwahr.
Ohne Wahrheitsträger gibt es keine Wahrheiten. Wenn Wahrheitsträger vergänglich sind, dann sind Wahrheiten ebenso vergänglich. Wenn gesprochene oder geschriebene konkrete Exemplare von Aussagesätzen die Wahrheitsträger sind, dann bestehen diese gewiss nicht ewig. Im Gegenteil, ein ausgesprochener Aussagesatz ist rasch verklungen.

Du postulierst unvergängliche, zeitlose Propositionen als (primäre) Wahrheitswertträger, welche selbst keine sprachlichen Gebilde sind, aber irgendwie durch Aussagesätze in verschiedenen natürlichen Sprachen ausgedrückt werden können. Nun bräuchten wir einen weiteren neuen Themenstrang zur Ontologie der Propositionen; denn es ist alles andere als klar, was Propositionen überhaupt sind bzw. sein sollen.
Sie dazu diesen Blog-Text von Colin McGinn! (Google Translate hat "propositions" im Titel fälschlicherweise mit "Vorschläge" übersetzt.)



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Di 16. Sep 2025, 03:28

Timberlake hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 13:16
Consul hat geschrieben :
Fr 5. Sep 2025, 07:04
Wenn wir Entitäten in die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen (Wesen, Dinge, Gegenstände/Objekte), Okkurrenzen (Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Sachverhalte/Tatsachen) und Adhärenzen (= Bernard Bolzanos Fachausdruck für Attribute: Eigenschaften [Qualitäten, Quantitäten, Quidditäten] oder Beziehungen [Relationen]) einteilen, dann sind Okkurrenzen und Adhärenzen insofern nicht im selben Sinn materiell wie materielle Substanzen, als sie selbst keine stofflichen Wesen oder körperlichen Dinge (Körper) sind.
Weil es nicht denkbar ist , dass die drei ontologischen Hauptkategorien Substanzen Okkurrenzen und [i[Adhärenzen[/i] ohne Leim und somit Realtionen zueinander existieren können, würde ich allerdings diese drei Dinge, als ein solches zusammengehaltenes , einzelnes Ding bezeichnen wollen.
Ich subsumiere Okkurrenzen wie Ereignisse, Vorgänge und Zustände unter der Kategorie Sachverhalt bzw. Tatsache (worunter ich einen bestehenden, wirklichen Sachverhalt verstehe).

Sachverhalte erster Ordnung sind komplexe Gebilde mit einem substanziellen Kern, einer Substanz und einer (relationalen oder nichtrelationalen) Adhärenz als Bestandteilen. Ein Sachverhalt Fa (das F-sein von a) ist aber mehr als die bloße (mereologische) Summe von F und a, F + a. Denn zumindest wenn F eine Universalie ist, dann kann F + a existieren, ohne dass der Sachverhalt Fa existiert. In diesem Fall fehlt nämlich die Beziehung der "Exemplifizierung" oder "Instanziierung" zwischen F und a, die für das Bestehen des Sachverhalts Fs wesentlich ist.

Sachverhaltsontologen scheinen also gezwungen zu sein, im Fall von Fa eine dritte reale Sachverhaltskomponente anzuerkennen, nämlich die Relation der "Exemplifizierung" oder "Instanziierung", welche als "Nexus" (Gustav Bergmann) oder "Zusammenknüpfer" von F und a fungiert.
Um das zu vermeiden, hat David Armstrong von der Verbindung zwischen a und F im Sachverhalt Fa als einem "non-relational tie" gesprochen, was aber wie ein glatter Selbstwiderspruch klingt; denn was ist ein tie anderes als eine Beziehung? Eine nichtrelationale Relation kann es schließlich nicht geben.

Die einzige konsistente ontologische Lösung, die ich sehe, besteht darin, Eigenschaften oder Beziehungen innerhalb von Sachverhalten als "selbstrelationierend" zu betrachten. Das heißt, relationale (polyadische) oder nichtrelationale (monadische) Attribute müssen nicht mit zusätzlichen Relationen mit denjenigen Substanzen verbunden werden, deren Attribute sie sind, weil sie dies "aus eigener Kraft" tun.

Zum Beispiel: Eine zweistellige Beziehung zwischen zwei Dingen verbindet ebendiese Dinge und zugleich sich selbst mit ihnen. Der relationale Sachverhalt Rab enthält folglich nur die drei Bestandteile a, b, R und keine weiteren Relationen R*, R**….
(Ich spreche hier des Argumentes halber wie ein Relationsrealist.)



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Di 16. Sep 2025, 03:48

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 14:16
Es gibt nicht nur eine Art von Relationen, denke ich.
Es gibt auch formale Unterscheidungen zwischen 2-, 3-,…, n-stelligen Relationen sowie z.B. symmetrischen und asymmetrischen Relationen.
(Manche nennen Eigenschaften einstellige Beziehungen/monadische Relationen, was ich nicht für sinnvoll halte.)
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 14:16
An anderer Stelle reden wir über Zahlen, das sind natürlich Relationen von größter Bedeutung: 7 ist größer als 5.
Zahlen sind Objekte und keine Relationen. 7 > 5 ist als Ganzes ein Sachverhalt, der die Beziehung des Größerseins (>) enthält.
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 14:16
Ich bin der Großvater von ein paar Kindern, naja mittlerweile schon Jugendlichen, auch ist eine Relation - Familienverhältnisse.
Großvatersein ist eine relationale Eigenschaft, aber keine Relation; denn eine Relation ist grundsätzlich mindestens zweistellig. Im Satz "Jörn ist Großvater" ist "x ist Großvater" jedoch ein einstelliges Prädikat.



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Di 16. Sep 2025, 09:31

Consul hat geschrieben :
Di 16. Sep 2025, 03:48
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 15. Sep 2025, 14:16
Ich bin der Großvater von ein paar Kindern, naja mittlerweile schon Jugendlichen, auch ist eine Relation - Familienverhältnisse.
Großvatersein ist eine relationale Eigenschaft, aber keine Relation; denn eine Relation ist grundsätzlich mindestens zweistellig. Im Satz "Jörn ist Großvater" ist "x ist Großvater" jedoch ein einstelliges Prädikat.
Großvatersein ist doch mehrstellig: Ich bin Großvater von Luise.




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