Wachsende AfD kann die Demokratie abschaffen

Dieser Teil des Forums befaßt sich mit politischen, sozialen und historischen Aspekten der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten.
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Consul
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Mi 7. Mai 2025, 18:07

Thomas hat geschrieben :
Di 6. Mai 2025, 23:00
@Consul: "Ich wage zu behaupten, dass meine Erwiderungen unaufgeregt und sachlich sind. Wer vor realen Gefahren warnt, betreibt keine irrationale Angstmacherei".

Das mit Angst und Aufregung meinte ich nicht in Bezug auf Dich oder andere hier, sondern primär in Bezug auf die Medien, aus denen man seine Eindrücke über die AfD bezieht. Und ich meine auch weniger psychische Angst und Aufregung, sondern eher die strukturelle Dramaturgie, die durch die 'Selbstbeobachtung der Gesellschaft durch die Medien' (im Luhmannschen Sinne) entsteht. Es werden dabei Frames (wie man das heute nennt) vorfabriziert, darunter etwa das Schema Schurken versus Verbündete (Beispiel: Die Bösen: AfD, Trump, Putin - die Guten: die Parteien der demokratischen Mitte, Selensky, Kamala Harris, usw.). Es ist schwer, solchen Framings und deren affektiven und moralisierenden Effekten zu entgehen, wenn man in eine Diskussion wie die unsere hier einsteigt.

Ich selbst erlebe es daher immer als eine Bereicherung, alle möglichen Medien zu nutzen - unsachlich gesagt also die guten wie die bösen. Das in Verbindung mit möglichst allseitiger Skepsis scheint mir ein einigermaßen gutes Mittel zu sein, um Engpässe in der Wahrnehmung zu vermeiden und nicht in Moralisierungsfallen zu tappen. (Ganz geht das natürlich nie: Denn man stelle sich bloß mal vor, was alles nicht gesendet wird! Man muss kein Verschwörungsdenker zu sein um zu wissen, dass auf allen Seiten vieles im Verborgenen stattfindet...und sicherlich auch vieles, das ganz anders ist als das, was man dann in den Medien zu Gesicht bekommt.)
Man sollte natürlich genau hinhören-/schauen, ob es sich bei den Darstellungen und Warnungen um Übertreibungen und eine unbegründete "moralische Panik" handelt oder nicht. Wer die AfD mit der NSDAP und Nationalpopulisten mit Nationalsozialisten gleichsetzt, der hat tatsächlich etwas nicht verstanden. Das macht den autoritären Nationalpopulismus jedoch nicht zu einer harmlosen Ideologie.

Die AfD ist Teil des zeitgenössischen reaktionären rechten Spektrums, das Ultrakonservative, Ultralibertäre (Paläolibertäre, Anarchokapitalisten), Nationalpopulisten, Neofaschisten, Neonazis, sowie die Alt-Right-Bewegung, die "metapolitisch" ausgerichtete Neue Rechte (Nouvelle Droite), und esoterische "Traditionalisten" (Antimodernisten) umfasst. Der Politologe Richard Shorten verwendet dafür den Oberbegriff Reaktionismus:
"Reaktionismus ist eine Politikform des 21. Jahrhunderts mit langer Tradition. In letzter Zeit weist er tendenziell vier Hauptausprägungen auf: Nationalpopulismus, Alt-Right, Neofaschismus und Antimodernismus. Reaktionismus, der einen rechten Raum jenseits des Konservatismus einnimmt (aber nur unangenehm von ihm abgegrenzt ist), gibt der politischen Analyse, der historischen Erklärung und der moralischen Kritik immer wieder Rätsel auf. Dieser Beitrag beschreibt eine sich überschneidende Gemeinsamkeit im Bekenntnis zur Ungleichheit, kritisiert aber gleichzeitig marxistische Ansätze und solche, die vor allem der Philosophie oder Psychologie verpflichtet sind. Sinnstiftende Übungen in Politik, Geschichte und Ethik könnten besser durch einen Ansatz unterstützt werden, der die Rhetorik in den Vordergrund stellt. Reaktionismus basiert auf drei miteinander verbundenen Säulen („Dekadenz“, „Empörung“ und „Verschwörung“). Zukünftige Studien könnten eine stärkere Berücksichtigung der Details reaktionärer Ausdrucksformen in unkonventionellen Formen und Kontexten voranbringen.

Reaktionismus ist im einfachsten Sinne eine interpretative Kategorie zur Bezeichnung eines breiten Spektrums politischer Akteure und Bewegungen der „harten“ [radikalen/extremen—hinzugefügt] Rechten. Die Kategorie basiert vor allem auf Akteuren und Bewegungen, die die Überzeugung betonen, dass die Geschichte, mit großem „G“, vom Kurs abgekommen ist. Obwohl der Grundbegriff „Reaktion“ in der Alltagssprache häufiger in Adjektiv- oder Substantiverweiterungen vorkommt – zum Beispiel „Das ist eine reaktionäre Politik“ oder „Er ist ein Reaktionär, wenn ich je einen getroffen habe“ –, ist es die Erweiterung „Ismus“, die dem Bedürfnis entspricht, die Natur der extremen Rechten auf der ideologischen Landkarte zu verorten. Dieses Bedürfnis ist besonders dringlich angesichts des weltweiten Erfolgs rechtsgerichteter, aber nicht konventionell konservativer Politikformen in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Tatsächlich ist der Reaktionismus jedoch ein historisches Phänomen mit langer Geschichte. Im modernen Westen reicht diese Geschichte mindestens bis zur Ablehnung der Französischen Revolution zurück. Diese historische Reichweite verstärkt die Vorteile der Kategorie sowohl für politische Erklärungen als auch für Gesellschaftskritik und ermöglicht es, unter Bezugnahme auf zeitgenössische Erfahrungen in bestimmten Aspekten sowohl Parallelen zu ziehen als auch spezifische Einflusslinien zu verfolgen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, politischen Kommentatoren eine alternative Beschreibung des Populismus zu bieten. „Reaktionismus“ vereint eine andere Sammlung vergangener und gegenwärtiger Erfahrungen als diese überstrapazierte Kategorie, die es schwer hat, rechte Politik im Allgemeinen und nicht nur in Teilen zu verstehen." [Google Translate]

(Shorten, Richard. "Reactionism." In Encyclopedia of New Populism and Responses in the 21st Century, ed. by Joseph Chacko Chennattuserry, Madhumati Deshpande, & Paul Hong, 877-880. Singapore: Springer Nature, 2024. p. 877)



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Jörn Budesheim
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„Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes. [Applaus]. Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. [Applaus]“

(Björn Höcke)

https://afd-verbot.de/beweise/88107




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Consul
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Mi 7. Mai 2025, 18:58

Thomas hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 16:30
Ich kann mich immer nur wiederholen, aber dabei offensichtlich nicht verständlich machen. Ich spreche gar nicht politisch, ich habe keine Agenda. Das ist sehr wichtig, und nicht so banal, wie man denken könnte. Meinen Eindruck der AfD als bürgerlich-konservative Partei (so etwa im Stil der alten Strauß-CSU) meine ich nicht als politische Aussage.
Eindrücke können bekanntlich täuschen, und deine Einschätzung der AfD "als bürgerlich-konservative Partei (so etwa im Stil der alten Strauß-CSU)" ist nachweislich falsch. Die vorliegenden Beweise sprechen eindeutig dagegen, dass die AfD eine etwas konservativere CSU ist.

Alice Weidel behauptet zwar, die AfD sei "eine liberale, konservative Partei", und sie selbst mag mit ihrer antistaatlichen Haltung tatsächlich Vertreterin des libertären Konservatismus (gemischt mit populistischen & nationalistischen Elementen) sein. Wenn man jedoch das derzeitige ideologische Mehrheitsverhältnis in der Partei betrachtet, dann steht diese deutlich weiter rechts—im Bereich des autoritären Nationalpopulismus und teilweise darüber hinaus in neofaschistischen Gefilden. Man muss dabei berücksichtigen, dass auch Weidel keinerlei Scheu vor persönlichen Kontakten zu den Neofaschisten der Neuen Rechten wie Götz Kubitschek hat.
"Wir sind eine liberale, konservative Partei. Wir sind die ganze Zeit falsch geframed und wir möchten die Menschen vom Staat befreien. Ich möchte selbständig denkende Menschen, selbstbewusste Menschen haben. Ich möchte einen Staat haben, der minimiert ist, minimiert auf seine Funktionen und dass Menschen ihre Meinungsfreiheit und auch Vermögensfreiheit haben. Der Staat ruiniert das Rückgrat des Wohlstandes mit seinen hohen Steuern. Das Volk ist also nicht in der Lage, Reichtum anzuhäufen, der es vom Staat unabhängig macht."
—Alice Weidel (im Gespräch mit Elon Musk): https://www.nordkurier.de/politik/musk- ... ut-3227227
Thomas hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 16:30
Ich versuche mir zu allem Gesagten immer ein differenziertes Bild zu machen. Ich würde niemals einfach Aussagen hinstellen und meinen, alles sei damit schon klar. Die Idee, dass einer Aussage immer die entsprechenden Taten folgen, ist m.E. kindisch. Ich jedenfalls versuche immer so gut es geht, Situationen auszulegen, zu verstehen, einzuordnen, zu kontextualisieren. Wenn ich das nicht mache, sondern andere einfach für Teufel erkläre, müsste ich mir anmaßen Gott zu sein. Menschsein im konstruktiven Sinne heißt für mich immer relativieren und normalisieren. Es geht mir darum, die rätselhafte Andersheit anderer zu verstehen...auch wenn das nie abschließend gelingen kann.
Finde ich den Post von Keuter gut? Nein, natürlich nicht - und die AfD in ihrer methodischen Primitivität insgesamt auch nicht! Will ich das Phänomen AfD verstehen? Ja klar, das schon, so wie alles andere auch.
Ich weiß, dass es unüblich ist, die AfD aus dieser philosophischen Distanz zu betrachten, aber das ist aus meiner Sicht in einem philosophischen Forum angemessener als direkt zu politisieren. Das sage ich nur, damit mein Standpunkt verständlicher wird, der eben hier kein politischer ist.
Eine politologische Analyse und Beurteilung der AfD sollte natürlich möglichst sachlich und differenziert erfolgen, und nicht a priori durch ideologische Parteilichkeit und Voreingenommenheit verzerrt sein.



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Consul
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Mi 7. Mai 2025, 19:09

Consul hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 18:58
… Man muss dabei berücksichtigen, dass auch Weidel keinerlei Scheu vor persönlichen Kontakten zu den Neofaschisten der Neuen Rechten wie Götz Kubitschek hat.
Ein Zeitungsbericht von 2019, der starke Zweifel daran aufkommen lässt, dass sie nur eine wirtschaftsliberale Konservative ist, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht:
"Was will AfD-Frau Weidel beim Vordenker der Neuen Rechten?

Zum ersten Mal ist AfD-Fraktionschefin Alice Weidel bei einer Sommerakademie von Götz Kubitschek in Schnellroda zu Gast. Der Ort gilt als „Oase” des radikalen AfD-„Flügels“. Mit ihrem Schulterschluss zu Kubitschek will Weidel ihren Einfluss erhöhen.
Schnellroda. Alice Weidel fühlt sich sichtlich wohl im Zentrum der Neuen Rechten in Schnellroda (Sachsen-Anhalt). „Es ist ein schönes Gefühl, hier zu sein“, sagt sie in einem Youtube-Video von Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik. „Die Leute sind aktiv, die sind wissbegierig. Man hat so eine gewisse Dynamik, das gefällt mir recht gut.“
Am Freitagabend referierte Weidel auf der Sommerakademie des Instituts über „Politik in Berlin“. Ihr Vorredner war der sächsische AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah. Journalisten waren zu der Veranstaltung nicht zugelassen. In dem Video ist Weidel im angeregten Gespräch mit dem Vordenker der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, zu sehen. Den Institutsleiter Erik Lehnert duzt sie.…"

Quelle: https://www.rnd.de/politik/was-will-afd ... 4B5OQ.html



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Timberlake
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Mi 7. Mai 2025, 21:30

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 18:26
„Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes. [Applaus]. Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. [Applaus]“

(Björn Höcke)

https://afd-verbot.de/beweise/88107
Nun ja .. zumindest wird da von einer Schande gesprochen. Das ist ja scho mal was. Zumindest im Vergleich zum Fliegenschiß ...

"Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die 12 Jahre. Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in unserer über 1000-jährigen Geschichte"

(Alexander Gauland)




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Quk
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Mi 7. Mai 2025, 22:07

Wenn man das Ausmaß einer Katastrophe an ihrer Dauer bemisst:

Der Meteoriteneinschlag, der den Lebensraum der Dinosaurier vernichtete, dauerte sogar nur eine Sekunde.




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Consul
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Mi 7. Mai 2025, 22:08

"Hier sind die ersten Belege zur Verfassungsfeindlichkeit der AfD

Völkisch-nationalistisch, rassistisch, antidemokratisch – auch nach Ansicht des Geheimdienstes ist die AfD gesichert rechtsextrem. Wir veröffentlichen einen ersten Ausschnitt aus dem 1100 Seiten langen Gutachten.…"

Quelle: https://fragdenstaat.de/artikel/exklusi ... feindlich/



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Timberlake
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Do 8. Mai 2025, 00:11

Thomas hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 11:06
Und ich lasse ich mich auch durch diejenigen Rechten irritieren, die mir mit dem Phantasma einer 'Überfremdung' unserer Gesellschaft durch Migranten Angst machen wollen.
.. das ist doch schon mal ein Anfang.
Thomas hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 16:30
Ich versuche mir zu allem Gesagten immer ein differenziertes Bild zu machen. Ich würde niemals einfach Aussagen hinstellen und meinen, alles sei damit schon klar. Die Idee, dass einer Aussage immer die entsprechenden Taten folgen, ist m.E. kindisch. Ich jedenfalls versuche immer so gut es geht, Situationen auszulegen, zu verstehen, einzuordnen, zu kontextualisieren. Wenn ich das nicht mache, sondern andere einfach für Teufel erkläre, müsste ich mir anmaßen Gott zu sein. Menschsein im konstruktiven Sinne heißt für mich immer relativieren und normalisieren. Es geht mir darum, die rätselhafte Andersheit anderer zu verstehen...auch wenn das nie abschließend gelingen kann.
Finde ich den Post von Keuter gut? Nein, natürlich nicht - und die AfD in ihrer methodischen Primitivität insgesamt auch nicht! Will ich das Phänomen AfD verstehen? Ja klar, das schon, so wie alles andere auch.
Ich weiß, dass es unüblich ist, die AfD aus dieser philosophischen Distanz zu betrachten, aber das ist aus meiner Sicht in einem philosophischen Forum angemessener als direkt zu politisieren. Das sage ich nur, damit mein Standpunkt verständlicher wird, der eben hier kein politischer ist.


Um das einmal aus dieser philosophischen Distanz zu betrachten.
  • "So sagt nun von jemand, der das Fundament seines Hauses untergrub: er konnte es a priori wissen, daß es einfallen würde, d.i. er durfte nicht auf die Erfahrung, daß es wirklich einfiele, warten. Allein gänzlich a priori konnte er dieses doch auch nicht wissen. Denn daß die Körper schwer sind, und daher, wenn ihnen die Stütze entzogen wird, fallen, mußte ihm doch zuvor durch Erfahrung bekannt werden"
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Nur wurde dir das auch zuvor durch Erfahrung bekannt? So du das du gänzlich a priori wissen kannst, dass die Angst durch das Phantasma einer „Überfremdung“ unserer Gesellschaft durch Migranten unbegründet ist? Denn ..
Zuletzt geändert von Timberlake am Do 8. Mai 2025, 00:56, insgesamt 3-mal geändert.




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Consul
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Do 8. Mai 2025, 00:40

Timberlake hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 21:30
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 18:26
„Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes. [Applaus]. Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. [Applaus]“
(Björn Höcke)
https://afd-verbot.de/beweise/88107
Nun ja .. zumindest wird da von einer Schande gesprochen. Das ist ja scho mal was. Zumindest im Vergleich zum Fliegenschiß ...
Höcke spielt mit seiner Rede von einem "Denkmal der Schande" bewusst mit einer Doppeldeutigkeit; denn das von ihm gemeinte Schändliche können die Naziverbrechen sein oder das Denkmal zum Andenken an die Naziverbrechen.



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Timberlake
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Do 8. Mai 2025, 01:05

Da könnte natürlich was dran sein, an dieser Doppeldeutigkeit. So das man daran möglicherweise, gleichsam einem Lackmustest, sein Verhältnis zur AfD festmachen kann. Mein Standpunkt, der von der Schändlichkeit der Naziverbrechen ausgeht, würde mich demnach als Gegner der AfD identifizieren. Währenddessen diejenigen, die das Denkmal zum Andenken an die Naziverbrechen als schändlich ansehen, sich als Anhänger der AfD identifizieren lassen.




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Jörn Budesheim
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Do 8. Mai 2025, 07:43

Stefan Keuter (Bundestagsabgeordneter, AfD) teilte ein Foto eines Stahlhelmsoldaten am Maschinengewehr, versehen mit der Aufschrift: „Das schnellste deutsche Asylverfahren, lehnt bis zu 1.400 Anträge in der Minute ab!“
Thomas hat geschrieben :
Mi 7. Mai 2025, 16:30
Die Idee, dass einer Aussage immer die entsprechenden Taten folgen, ist m.E. kindisch.
Aktuelle Beispiele rechtsextremer Gewalt in Deutschland
  • Mord an Walter Lübcke (2019): Der Kasseler Regierungspräsident wurde von einem Rechtsextremisten ermordet. Der Täter war zuvor durch rechtsextreme Rhetorik radikalisiert worden.
  • Anschlag in Hanau (2020): Ein rechtsextrem motivierter Täter ermordete neun Menschen mit Migrationshintergrund. Experten sehen eine Mitverantwortung der AfD für die Radikalisierung des Täters, da dessen Ideologie Ähnlichkeiten mit Aussagen führender AfD-Vertreter aufweist.
  • Anschlag in Halle (2019): Ein bewaffneter Rechtsextremist versuchte, in eine Synagoge einzudringen, und tötete zwei Menschen, nachdem ihm der Zutritt verwehrt wurde.
  • ...
Rechtsextreme Rhetorik ist nicht harmlos. Sie schafft ein Klima der Gewalt. Es geht (auch) darum, „die Grenzen des Sagbaren auszuweiten“ (Gauland), um gesellschaftliche Normen zu verschieben und neue Diskurse zu etablieren. Diese Strategie zielt darauf ab, Tabus zu brechen und politische Korrektheit zu untergraben, um so einen Raum für radikalere Positionen zu schaffen. Durch die Verbreitung von entsprechenden Narrativen wird ein Klima geschaffen, in dem Gewalt als legitimes Mittel zur Verteidigung "der eigenen Identität" erscheint. Begriffe wie „Volksverrat“ oder „Invasion“ werden dabei gezielt eingesetzt, um eine Bedrohung zu konstruieren und so die Bereitschaft zu extremistischer Gewalt zu erhöhen. Entsprechend hat die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten in Deutschland hat im Jahr 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Es ist daher keineswegs "kindisch", sondern vielmehr realistisch und notwendig, die potenziellen Konsequenzen solcher Rhetorik ernst zu nehmen.

Dass die Rechten auf ihre Rhetorik in der Regel auch Taten folgen lassen, kann man nicht ernsthaft bezweifeln:
  • Brasilien unter Jair Bolsonaro (2019–2022): Obwohl formal demokratisch gewählt, bediente Bolsonaro sich einer extrem polarisierenden Rhetorik gegen Minderheiten, Umweltschützer und Indigene. Unter seiner Regierung kam es zu massiver Abholzung des Amazonas und zunehmender Gewalt gegen indigene Gemeinschaften, oft im Schulterschluss mit wirtschaftlichen Interessen.
  • Polen unter der PiS-Partei (seit 2015): Die nationalkonservative Partei griff in ihrer Rhetorik immer wieder LGBTQ-Personen und Migranten an. Dies führte zu „LGBT-freien Zonen“ in einigen Regionen und einer Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien, etwa durch Eingriffe in die Justiz und Einschränkungen der Pressefreiheit.
  • Ungarn unter Viktor Orbán (seit 2010): Zwar nicht klassisch rechtsextrem, aber mit autoritären und xenophoben Tendenzen. Die Regierung setzte eine stark nationalistische, migrationsfeindliche Rhetorik in Gesetze um, die z. B. die Rechte von Geflüchteten massiv einschränken, die Pressefreiheit untergraben und die Unabhängigkeit der Justiz aushöhlen.
  • ...
Diese Beispiele zeigen: Bei dem, was in den geposteten Zitaten steht, handelt es sich nicht um bloß Worte – wenn rechtsextreme Kräfte die Gelegenheit bekommen, folgen auch die entsprechenden Taten. Diese Taten schlagen sich bereits jetzt in der steigenden Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten in Deutschland nieder.




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Jörn Budesheim
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Do 8. Mai 2025, 08:13

Thomas Haldenwang, der Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) in einem Interview vor einem Jahr. Seitdem sind die Dinge sicher nicht besser geworden.
  1. Bedrohung der Demokratie wird unterschätzt
    .
    „Ich sehe die Demokratie in Deutschland stärker bedroht, als es von der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen wird.“
    .
  2. Gleichgültigkeit gegenüber extremistischen Tendenzen
    .
    „Man hat sich sehr in seinem komfortablen Privatleben eingerichtet und nimmt nicht hinreichend wahr, wie ernsthaft die Bedrohungen für unsere Demokratie inzwischen geworden sind.“
    .
  3. Aufruf an die „schweigende Mehrheit“
    .
    „Ich wünsche mir, dass die Mitte der Gesellschaft, die schweigende Mehrheit in diesem Land, dass die wach wird und auch endlich klar Position bezieht gegen Extremismus in Deutschland.“
    .
  4. Einschätzung zur AfD
    .
    „In den vergangenen Jahren ging der Trend immer weiter nach rechtsaußen. Im Bundesvorstand sind keine Personen mehr, die man dem gemäßigten Flügel zuordnet.“
    .
https://www.tagesschau.de/investigativ/ ... s-100.html




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Quk
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Do 8. Mai 2025, 10:25

Nicht "kindisch" sei hingegen wohl jenes dogmatisch beschönigte Weltbild, dass Rechtsextreme niemals das Weiße Haus gewalttätig stürmen würden. Gemäß Dieter Nuhr und gewissen Luhmannschen Hypothesen sei so eine Sturmankündigung ja reine Panikmache: So ein Sturm wird nie passieren. Auch andere Stürme werden nie passieren. Putin, zum Beispiel, wird niemals die Ukraine angreifen. Es ist "kindisch", so etwas für realistisch zu halten. Deshalb gab es bisher ja auch keine Weltkriege. Das Klima erwärmt sich außerdem auch nicht. Alles ist gut. Es ist alles nur Panikmache, und das einzige richtige ist das Gegenteil: Nichts tun, nuhr lächeln.




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Jörn Budesheim
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Do 8. Mai 2025, 10:27

"Don't Look Up"




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Do 8. Mai 2025, 10:37

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 8. Mai 2025, 10:27
"Don't Look Up"
Das musste ich nachschlagen (bin kein Netflix-Kenner):

https://de.wikipedia.org/wiki/Don%E2%80%99t_Look_Up

Passt!




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Jörn Budesheim
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Do 8. Mai 2025, 13:10

Stillhaltezusage: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) bezeichnet die AfD bis zu einer Gerichtsentscheidung über ein Eilverfahren nicht mehr öffentlich als gesichert rechtsextremistische Bestrebung. [...] Es ist nicht das erste Mal, dass der Verfassungsschutz eine solche Zusage macht. Er hatte dies etwa auch im Januar 2021 getan, nachdem die AfD gegen ihre damalige Einstufung als „Verdachtsfall“ geklagt hatte. Die damalige Klage blieb für die Partei in zwei Instanzen erfolglos. [...]

https://www.flz.de/afd-rechtsextrem-ver ... 6d4fc2336e




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Do 8. Mai 2025, 13:22

"Wachsende AfD kann die Demokratie abschaffen"
wir können diese Titel auch so lesen:
"Starke Demokratie kann wachsende AfD abschaffen"

Das wäre meine Agenda: Umwelt, Frieden, Wirtschaft/Gerechtigkeit, Bildung ...




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Quk
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Fr 9. Mai 2025, 06:52

Diese Zweideutigkeit hatte ich am Fadenbeginn eingeführt, damit kein Pessimismus aufkommt :-)
Quk hat geschrieben :
So 15. Okt 2023, 14:12
Den Fadentitel kann man grammatisch vorwärts und rückwärts lesen:
Die Demokratie kann von der AfD abgeschafft werden.
Die AfD kann von der Demokratie abgeschafft werden.




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Quk
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Sa 10. Mai 2025, 14:23

Während einer Schweigeminute für die Opfer von Magdeburg ruft einer: "Deutschland den Deutschen". Dann formiert sich ein Chor: "Nazis raus!"





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Friederike
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Sa 10. Mai 2025, 16:36

Hättest Du in den "Chor" eingestimmt, Quk?

Was ich tatsächlich getan hätte, das weiß ich nicht. Vermutlich hätte ich es nicht getan. Ich finde Parolen gräßlich. Eine gegen die andere. Finde ich die Antwort des Chors dennoch richtig und gut? Nicht gerade diese, aber das Antworten an sich schon.




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