Wachsende AfD kann die Demokratie abschaffen

Dieser Teil des Forums befaßt sich mit politischen, sozialen und historischen Aspekten der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten.
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Friederike
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Sa 3. Mai 2025, 17:11

Consul hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 16:19
[...]
P.S.: Ein genannter Grund für die Nichtveröffentlichung ist der Schutz von Informanten.
Das leuchtet mir ein. ***
Das Procedere in seinen Einzelheiten kenne ich nicht, aber soviel weiß ich: Die Hürden, daß es zu einem Parteiverbot kommen kann, sind sehr hoch gelegt. Das finde ich auch richtig. Andernfalls könnte es passieren, daß eine Partei, die nicht der mehrheitlichen Gesinnung entspricht, verboten würde. Dies jedoch widerspräche der (bestehenden) Verfassung, die ja gerade geschützt werden soll.




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Stefanie
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Sa 3. Mai 2025, 17:59

Urteil vom 17. Januar 2017 Bundesverfassungsgericht zur NPD
Das Gericht hat alle materiellen Voraussetzung für ein NPD Verbot festgestellt. Bis auf das hier
b) Die Antragsgegnerin arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.
c) Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt.

Das ist bei der AFD schon ganz anders.

2. Möglichkeit gegen die AfD vorzugehen. Den Geldhahn zudrehen.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur NPD/Die Heimat.
Art. 21 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) sieht den Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Teilfinanzierung vor. Ausgeschlossen sind Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Auf dieser Grundlage beantragten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, die Partei Die Heimat von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen.
Die Voraussetzungen eines Finanzierungsausschlusses gemäß Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG liegen vor: Die Partei Die Heimat missachtet die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Staat. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen „Volksgemeinschaft“ nicht angehören, und ist zudem mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Dass die Partei Die Heimat auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet ist, wird insbesondere durch ihre Organisationsstruktur, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen und sonstigen Aktivitäten sowie durch ihre Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren des Rechtsradikalismus belegt.

Quellen
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 00113.html
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 4-009.html

Passt doch auch auf die AfD.

Allein, es scheint an der Courage zu fehlen.
Irgendwann muss mal Schluss sein mit Diskussionen, mit politischen Taktieren, nach dem Motto, wer weiß, ob man die Stimmen der AfD mal gebrauchen könnten usw.

Irgendwann muss mal Schluss sein mit Beobachten und ausschließlich philosophischen Diskussionen. Stellung beziehen ist notwendig und runter vom in Watte gepackten philosophischen Elfenbeinturm.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)

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Jörn Budesheim
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Sa 3. Mai 2025, 18:13

zeit.de hat geschrieben : Nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, gibt es Überlegungen, Parteimitglieder im Staatsdienst zu überprüfen. Als erste Bundesländer wollen Hessen und Bayern entsprechende Überprüfungen durchführen, wie deren Innenminister mitteilten. Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter sprach sich im Zweifel für Entlassungen aus.




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Jörn Budesheim
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Sa 3. Mai 2025, 18:42

‚Die Medien‘ sind nicht einfach nur eine Aufregungsmaschine. Ihr Verhältnis zur Wahrheit ist viel grundsätzlicher, als es das Luhmann-Zitat oben nahelegt. Man muss sich nur ansehen, in welchen Ländern es freie Medien gibt – und in welchen nicht. Genau deshalb ist es für Parteien wie die AfD so wichtig, ‚die Presse‘ als Lügenpresse oder Mainstreampresse zu diffamieren. Das Vertrauen in die Medien zu untergraben, ist ein zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells demokratiefeindlicher Parteien. Denn sonst würde sich ihre Zielgruppe schlicht in den Zeitungen über die Lügen solcher Parteien informieren. Auch empirisch ist der Zusammenhang zwischen freier Presse und Demokratie meines Wissens gut belegt.




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Consul
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Sa 3. Mai 2025, 18:50

Timberlake hat geschrieben :
Fr 2. Mai 2025, 21:09
Du glücklicher! Du, der als "reinrassiger" Deutscher, wie ich annehme, von der AfD nichts zu befürchten hat.
Volksdeutsche (im ethnischen Sinn), die AfD-Gegner sind, haben sehr wohl etwas von dieser Partei zu befürchten!



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Thomas
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Sa 3. Mai 2025, 20:32

@Jörn: "Man muss sich nur ansehen, in welchen Ländern es freie Medien gibt – und in welchen nicht."

Man muss Luhmann richtig verstehen. Der Witz ist eben der, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt. Auch das was man über freie oder unfreie Medien und dergleichen weiß, weiß man aus irgendwelchen Massenmedien. Das ist eine Tatsache der modernen medialen Welt. Ich selbst habe Jahre gebraucht, um das überhaupt nur ansatzweise zu verstehen, aber ganz allmählich komme ich dahinter. Es ist echt befreiend und weitet den Blick.

Es reicht nicht, Zeitung zu lesen, man muss wissen, welche Zeitung man liest, und welche man nicht liest. Man muss um seinen eigenen blinden Fleck wissen, auch wenn man ihn natürlich nicht aufheben kann. Das gehört für mich zu einer demokratischen Bildung auf jeden Fall dazu.




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Jörn Budesheim
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Sa 3. Mai 2025, 21:00

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 20:32
Man muss Luhmann richtig verstehen.
Nur ganz kurz: ich habe nicht über Luhmann gesprochen, sondern über das, was das Luhmann Zitat oben nahelegt bzw nahelegen könnte.

Auch das was man über freie oder unfreie Medien und dergleichen weiß, weiß man aus irgendwelchen Massenmedien. (Thomas)
„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ Ich habe mich ebenfalls lange mit Luhmann beschäftigt, da bleibt es nicht aus, dass einem dieses Zitat irgendwann über den Weg läuft. Ich habe Jahre gebraucht, um herauszufinden, dass es schlicht falsch ist :) viele zentrale Dinge, die ich über diese Gesellschaft weiß, weiß ich nicht aus den Massenmedien, sondern – unter anderem – aus meinem eigenen Leben, das ich in dieser Gesellschaft leben kann und konnte. (Nebenbei: Die Gesellschaft besteht auch nicht aus Kommunikationen, das ist einfach nur absurd, auch wenn ich mir das eine lange Zeit zu eigen gemacht habe.) Aber das ist ein anderes Thema :)




Pragmatix
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Sa 3. Mai 2025, 23:26

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 20:32
@Jörn: "Man muss sich nur ansehen, in welchen Ländern es freie Medien gibt – und in welchen nicht."

Man muss Luhmann richtig verstehen. Der Witz ist eben der, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt.
Und zwar nur aus jenen, die unserem Weltbild entsprechen. Hier liest ja keiner Junge Freiheit oder Al Jazeera.




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Consul
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So 4. Mai 2025, 00:10

Stefanie hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 17:59
Urteil vom 17. Januar 2017 Bundesverfassungsgericht zur NPD
Das Gericht hat alle materiellen Voraussetzung für ein NPD Verbot festgestellt.

Passt doch auch auf die AfD.
Im NPD-Verfahren hat das Gericht sein Beweismaterial offengelegt, was bei einem rechtsstaatlichen Verfahren erforderlich ist. Der Verfassungsschutz hingegen enthält sein umfangreiches Beweismaterial der beschuldigten AfD und der Öffentlichkeit vor, was aus rechtsstaatlicher Sicht höchst fragwürdig ist—angeblicher Informantenschutz hin oder her. Er hat nicht mehr veröffentlicht als eine dürftige Presseerklärung.
(Fußnote: Das Urteil des Verfassungsschutzes ist kein Gerichtsurteil.)



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Timberlake
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So 4. Mai 2025, 01:43

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 10:17
@Jörn: Hast du keine Sorge, dass dieser Geist – in Deutschland verkörpert durch die AfD – auch für dich als unabhängiger Philosoph gefährlich werden könnte?

Beruflich sehe ich die Gefahr für mich deshalb nicht, weil ich ja gerade als Philosoph mit meinen Themen - Geschichte der Philosophie, Phänomenologie, Ontologie, Lebensphilosophie - überparteilich und überpolitisch arbeiten kann. Was meinen Unterricht in der Praxis seit rund 10 Jahren wirklich gefährdet, sind stark politisierte Teilnehmer, die keinen inneren Abstand zu den medialen Breaking News haben. Das macht es in Seminaren manchmal schwer, ins philosophische Denken reinzukommen.
... ins philosophische Denken "überparteilich und überpolitisch" im Elfenbeinturm. Schon was von ...

.. gehört oder gelesen? Du reiner Scholastiker , dessen denken, so zumindest mein Eindruck, von der Praxis isoliert ist ..
  • "Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme – ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. in der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, i.e. Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit über die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des. Denkens – das von der Praxis isoliert ist – ist eine rein scholastische Frage."
    Karl Marx .. Thesen über Feuerbach




Timberlake
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So 4. Mai 2025, 05:09

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 11:45

Das ist ja wieder mein Punkt: Ich kann mich nicht aufregen über etwas, dass ich gar nicht kenne: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß". Und selbst wenn ich irgendwann das Paper vorliegen hätte und mir ein persönliches Urteil bilden könnte - ich würde es dann immer noch in Verbindung setzen mit allem, was es dazu an Stimmen, Einschätzungen, Meinungen usw., von woher auch immer, gäbe. (Das ist aber Konjunktiv und graue Theorie, denn man kommt an das Paper sicher nicht ran. Noch nicht mal die AfD selbst kommt ran...und das ist nun wirklich strange :lol: )
… um einmal diesen Punkt aufzugreifen …

tagesschau.de hat geschrieben :
Warum die AfD "gesichert rechtsextremistisch" ist

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Grundlage der Entscheidung ist ein umfangreiches Gutachten des BfV, das nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt ist. Eine Veröffentlichung des internen Arbeitspapiers, in das auch Erkenntnisse aus dem zurückliegenden Bundestagswahlkampf eingeflossen sind, ist nicht vorgesehen.
Richtig ist , dass das Gutachten nur für den internen Dienstgebrauch bestimmt ist. Die Gründe teilte allerdings die Behörde mit ..
tagesschau.de hat geschrieben :

Die Gründe teilte die Behörde aber mit: Die Einstufung erfolge "aufgrund der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei". "Das in der Partei vorherrschende ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis ist nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar", teilte die Sicherheitsbehörde mit. Es ziele darauf ab, bestimmte Bevölkerungsgruppen von einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe auszuschließen.

"Konkret betrachtet die AfD zum Beispiel deutsche Staatsangehörige mit Migrationsgeschichte aus muslimisch geprägten Ländern als nicht gleichwertige Angehörige des durch die Partei ethnisch definierten deutschen Volkes", heißt es in der Mitteilung des Inlandsgeheimdienstes. Zum Ausdruck komme dieses Verständnis in Äußerungen teils hochrangiger Parteimitglieder.

In der Meldung des Verfassungsschutzes sei besonders der "völkische Nationalismus" der AfD hervorgehoben worden. "Also die Vorstellung, dass Zugehörigkeit zu Deutschland nur aufgrund von ethnischer Abstammung hergestellt werden kann." Das sei das, wofür der Rechtsextremismus in der Tradition des Nationalsozialismus stehe.

Gutachten bezieht sich auf zahlreiche Beispiele

Medienberichten zufolge bezieht sich der Bundesverfassungsschutz in seinem Gutachten unter anderem auf Aussagen des Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck. Bei einem Auftritt im brandenburgischen Zossen hatte Gnauck im August des vergangenen Jahres gesagt: "Wir müssen auch wieder entscheiden dürfen, wer überhaupt zu diesem Volk gehört und wer nicht. Es gehört mehr dazu, Deutscher zu sein, als einfach nur eine Staatsbürgerurkunde in der Hand zu haben."

Gnauck war Vorsitzender der schon länger als rechtsextremistisch eingestuften "Jungen Alternative", die sich im März aufgelöst hatte. Über ihn war 2021 bekannt geworden, dass er während seiner Zeit bei der Bundeswehr vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) wegen fehlender Verfassungstreue als Extremist eingeordnet worden war.

Ein anderes Beispiel ist Berichten zufolge eine Aussage des brandenburgischen AfD-Landtagsabgeordneten Dennis Hohloch. Er hatte bei einer AfD-Veranstaltung im August gesagt, Multikulti bedeute "Traditionsverlust, Identitätsverlust, Verlust der Heimat, Mord, Totschlag, Raub und Gruppenvergewaltigung".

Ähnliche Aussagen lassen sich auch bei Parteichefin Alice Weidel finden. In einer Rede im September 2024 sprach sie über Zahlen des BKA zu Sexualstraftaten und bezeichnete "Gruppenvergewaltigungen" und das "Herumgemessere" als neue Phänomene im Land: "Was wir auf den deutschen Straßen erleben, ist der Dschihad. Hier wird ein Glaubenskrieg gegen die deutsche Bevölkerung bereits geführt. Und das ist auch der Grund, warum, sobald wir in der Regierung sitzen wir diese Leute alle achtkantig rausschmeißen, die diese Verbrechen auf unseren Straßen begehen."

Diese Recherche hat bei mir noch nicht einmal 5min gedauert und es gäbe sicherlich noch mehr an Stimmen, Einschätzungen, Meinungen usw., von woher auch immer, die das nochmal bestätigen . Also was ist dein Problem?
Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 11:22

(Hegel hat das in seiner Dialektik der Standpunkte ja sehr klar beschrieben; in Bezug auf das Verständnis aktueller Konflikt-Strukturen kann man durchaus mal wieder an diese Position erinnern.)
Wo du hier schon mal Hegel erwähnt hast, dazu nur mal, unter Bezugnahme auf ihn, eine Frage …

  • "Die ist also selbst zu fragen: Was ist das Diese? Nehmen wir es in der gedoppelten Gestalt seines Seins, als das Jetzt und als das Hier, so wird die Dialektik, die es an ihm hat, eine so verständliche Form erhalten, als es selbst ist. Auf die Frage: was ist das Jetzt antworten wir also zum Beispiel: das Jetzt ist die Nacht. Um die Wahrheit dieser sinnlichen Gewißheit zu prüfen, ist ein einfacher Versuch hinreichend. Wir schreiben diese Wahrheit auf; eine Wahrheit kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig dadurch, daß wir sie aufbewahren. Sehen wir jetzt, diesen Mittag, die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, so werden wir sagen müssen, daß sie schal geworden ist.
    Hegel .. Phänomenologie des Geistes
tagesschau.de hat diese Wahrheit über die AfD aufgeschrieben wurde, würdest du denn sagen, dass diese Wahrheit über Zeit nun mehr ebenfalls schal geworden ist?

  • "Das Jetzt, welches Nacht ist, wird aufbewahrt, d.h. es wird behandelt als das, für was es ausgegeben wird, als ein Seiendes ....Als ein Allgemeines sprechen wir auch das Sinnliche aus, was wir sagen, ist: Dieses, d.h. das allgemeine Diese, oder: es ist; d.h. das Sein überhaupt."
    Hegel .. Phänomenologie des Geistes
Oder sollte man dieses Wahre nicht als das behandeln, für was es ausgegeben wird, als ein Seiendes und als solches wie die Nacht als ein Allgemeines, d.h. das allgemeine Diese der AfD. d.h. das Sein dieser Partei überhaupt.




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Jörn Budesheim
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So 4. Mai 2025, 06:52

Thomas hat geschrieben :
Fr 2. Mai 2025, 23:32
Nüchtern betrachtet ergibt sich für mich der Erfolg der AfD bei uns sowie von Trump in Amerika daraus, dass die Gegenseite es mit ihren Ideen und Programmen einfach übertrieben hat. Sie hätte mit Themen wie Klimaschutz, feministischer Außenpolitik, Wokeness, offene Grenzen usw. einfach diplomatischer und kompromissbereiter vorgehen sollen. Sie hat zu viel Druck gemacht, hat zu viel zu schnell gewollt - und ist, anstatt mit Pragmatismus und Außenmaß, mit viel zu viel Ideologie und Moralismus unterwegs gewesen. Und jetzt schlägt das Pendel halt zurück.
This is not America*

Diese sog. Backlash-Theorie beschreibt – gemäß dem, was man in den Quellen finden kann – für die USA einen wichtigen Mechanismus politischer Gegenreaktionen und ist dort als Erklärungsmodell passend, da dort progressive Reformen regelmäßig starke Gegenmobilisierungen provozieren. Unterstützt wird diese Prozess durch das amerikanische "Zweiparteiensystem".

Für Deutschland greift Theorie jedoch deutlich zu kurz: Hier spielen neben einzelnen progressiven Projekten auch langwährende gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Faktoren eine Rolle beim "Aufstieg" der AfD. Die Vorstellung, der Erfolg der AfD sei vor allem eine Überreaktion auf „zu viel“ Klimaschutz, Feminismus oder Migration, wird der Komplexität der deutschen Verhältnisse nicht gerecht. Außerdem gibt es für die Art und Weise wie in den Vereinigten Staaten identitätspolitik betrieben wird/wurde in Deutschland keine Parallelen.

So sehr man es sich auch wünscht, die Woken sind nicht schuld; außerdem ist es reichlich absurd zu behaupten, wir hätten es beim Klimaschutz übertrieben.

* Diese Überschrift habe ich mir aus dem Buch „Triggerpunkte“ ausgeliehen, es bietet eine differenzierte Analyse gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und widerlegt meines Erachtens überzeugend, dass die Backlash-Theorie aus den USA direkt auf die Bundesrepublik übertragbar ist. Die deutsche Gesellschaft ist weniger gespalten, als oft behauptet, und die Dynamik rechter Bewegungen folgt eigenen Mustern.




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Jörn Budesheim
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So 4. Mai 2025, 07:42

Pragmatix hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 23:26
Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 20:32
@Jörn: "Man muss sich nur ansehen, in welchen Ländern es freie Medien gibt – und in welchen nicht."

Man muss Luhmann richtig verstehen. Der Witz ist eben der, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt.
Und zwar nur aus jenen, die unserem Weltbild entsprechen. Hier liest ja keiner Junge Freiheit oder Al Jazeera.
Welcher Quelle hast Du das entnommen? Daily Cynic? Während tatsächlich etliche Menschen hauptsächlich Medien konsumieren, die ihr Weltbild bestätigen (confirmation bias), trifft dies keineswegs auf alle zu. Gemäß meinen Recherchen setzen sich viele Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinander. Gerade in pluralistischen Gesellschaften gibt es zahlreiche Menschen, die bewusst nach vielfältigen Informationen suchen, um sich ein umfassenderes Bild zu machen.

Zudem hat das Aufkommen von künstlicher Intelligenz auch das Konsumverhalten bei Nachrichten geändert. Denn es ist sehr viel leichter geworden, sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen zu informieren.




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Jörn Budesheim
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So 4. Mai 2025, 09:09

  • 48 % der Befragten sind nach Bekanntwerden des Verfassungsschutzgutachtens dafür, dass die AfD jetzt verboten wird
  • 37 % sind dagegen
  • 15 % wissen es nicht
  • 61 % der Deutschen halten die AfD für eine rechtsextremistische Partei
  • 79 % der Befragten haben ihre Einschätzung zur AfD durch die Neubewertung der Partei nicht geändert
Quelle: https://www.zeit.de/politik/deutschland ... bot-partei




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Jörn Budesheim
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So 4. Mai 2025, 09:11

Nur 61 % der Deutschen halten die AfD für eine rechtsextremistische Partei – erstaunlich wenig :(

-----------

Die AfD ist die größte Gefahr für die Demokratie, auch für den inneren Frieden in Deutschland. Daran besteht kein Zweifel. Das ist nicht erst seit gestern so.

(Matthias Quent, Extremismusforscher, Professor für Soziologie und Vorstandsvorsitzender des Instituts für demokratische Kultur an der Hochschule Magdeburg-Stendal.)

tagesschau24: Immer größer geworden ist auch in Umfragen der Anteil der AfD - trotz der Warnungen vor Rechtsextremismus. Wie erklären Sie sich das?

Quent: Es hat etwas damit zu tun, dass wir in den vergangenen Jahren und Monaten nicht mehr im Vordergrund darüber diskutiert haben, was an der AfD problematisch ist - nämlich dieser völkisch nationalistische, rassistische Kern. Das ist das, was demokratiepolitisch nicht mit unserer Gesellschaftsordnung vereinbar ist.Viele andere Positionen, die die AfD vertritt, sind demokratiepolitisch legitim. Die kann man ablehnen, die kann man unappetitlich finden, die kann man völlig falsch oder auch idiotisch finden, sie sind aber grundgesetzlich geschützt.Darüber haben wir aber kaum noch gesprochen, sondern die öffentliche Debatte hat sich gedreht, um Tagespolitik, um eine schrittweise Normalisierung dieser rechtsextremistischen Position. Sicher, es gab große Proteste, es gab eine auch immer wieder kritische Dokumentation und Kommentierung in den Medien. Aber die große politische Debatte ist eigentlich davon weggekommen, was der verfassungswidrige Kern der AfD ist.

https://www.tagesschau.de/inland/innenp ... z-102.html




Burkart
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So 4. Mai 2025, 10:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 13:42
Burkart hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 12:57
Nahverkehr
Ich fahre nahezu täglich mit dem Nahverkehr. Viele telefonieren mit ihrem Handy während der Fahrt. Keine Frage. Ich kann dir aber weder über die Nationalität derjenigen, die telefonieren noch über deren Geschlecht oder auch deren Haarfarbe Auskunft geben. Ich habe bisher nicht drauf geachtet und mir ist da nichts besonderes aufgefallen. Und irgendwelche Studien, die deine Spekulation unterstützen scheint es nicht zu geben.
Um meinen Punkt noch mal klar zu stellen:
Mir geht es darum, dass andere Menschen wie AfD-Wähler andere Empfindungen haben, die man nicht ignorieren oder klein reden sollte. Ich will dir daraus keinen Vorwurf machen, sondern nur anhand unseres Beispiels klar machen, dass du meine Erfahrungen als "Spekulationen" bezeichnet hast und damit sozusagen klein geredet hast. Genau das kann leicht das Problem sein, wenn man AfD-Menschen auch so behandelt. Man sollte lieber nach Lösungen suchen anstatt sie zu verurteilen.
Ist ein Verbot der AfD so eine Lösung? Ändern sich die AfD-Wähler zum Positiven, wenn man ihre Partei verbietet? Ich habe da große Zweifel. Ggf. kommt einfach eine neue rechte Partei auf, der sie sich wieder anschließen, das wäre ja nicht das erste Mal (NPD, jetzt AfD).



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Thomas
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So 4. Mai 2025, 10:08

"79 % der Befragten haben ihre Einschätzung zur AfD durch die Neubewertung der Partei nicht geändert". Ich wurde zwar nicht befragt, aber das trifft bei mir auch zu.

"Die AfD ist die größte Gefahr für die Demokratie, auch für den inneren Frieden in Deutschland. Daran besteht kein Zweifel" (Quent). Das ist streng genommen Fake News - denn bei mir besteht ja daran Zweifel.

Nur das ich nicht falsch verstanden werde: Man kann von mir aus gern die AfD verbieten, damit hätte ich kein Problem.




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Quk
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So 4. Mai 2025, 11:21

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 20:32
Der Witz ist eben der, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt. Auch das was man über freie oder unfreie Medien und dergleichen weiß, weiß man aus irgendwelchen Massenmedien. Das ist eine Tatsache der modernen medialen Welt. Ich selbst habe Jahre gebraucht, um das überhaupt nur ansatzweise zu verstehen, aber ganz allmählich komme ich dahinter.
Du kommst dahinter? Wie ist das möglich, wo Du doch angeblich alles nur aus den Massenmedien wissen kannst?

Der zitierte Absatz widerspricht sich selbst. Ich denke, die Massenmedien sind nur ein kleiner Teil unserer Lernquellen. Es gibt eine Vielzahl anderer Lernquellen; dank derer kannst Du, Thomas, die Fehler der Massenmedien aufdecken.

Ich meine, Du pauschalierst zu viel.

Zum Beispiel glaubtest Du zunächst an die Pauschale "Wir wissen alles nur aus den Massenmedien". Dann merktest Du, diese Pauschale ist falsch. Oder Du pauschalierst sämtliche Risiko-Abwägungen zu einem einzigen "Alarmismus". Das heißt, jeder Alarm sei automatisch ein falscher Alarm. Du trittst von einem Pauschal-Näpfchen ins nächste. Warum kannst Du nicht differenzieren?




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Thomas
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So 4. Mai 2025, 13:37

@Quk: "Du kommst dahinter? Wie ist das möglich, wo Du doch angeblich alles nur aus den Massenmedien wissen kannst?"

Da hast Du mich falsch verstanden. Ich habe mich auf Luhmann bezogen. Und ich meinte, dass ich erst jetzt allmählich dahinter komme, was die Idee Luhmanns bedeutet (siehe Post 90666). Dass ich also diese Idee jetzt erst verstehe, und was sie für das Verständnis der modernen Gesellschaft und ihrer medialen Selbstbeschreibungen bedeutet.




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Quk
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So 4. Mai 2025, 14:24

Thomas hat geschrieben :
Sa 3. Mai 2025, 20:32
Man muss Luhmann richtig verstehen. Der Witz ist eben der, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt. Auch das was man über freie oder unfreie Medien und dergleichen weiß, weiß man aus irgendwelchen Massenmedien. Das ist eine Tatsache der modernen medialen Welt. Ich selbst habe Jahre gebraucht, um das überhaupt nur ansatzweise zu verstehen, aber ganz allmählich komme ich dahinter. Es ist echt befreiend und weitet den Blick.
Thomas sagt, man müsse Luhmann richtig verstehen.

Thomas stimmt Luhmanns These zu, dass alles, was wir von der Welt wissen, aus den Massenmedien stammt.

Korrekt?

Thomas sagt, er selbst habe Jahre gebraucht, um Luhmanns These überhaupt nur ansatzweise zu verstehen, aber ganz allmählich komme er dahinter.

Korrekt?

Nun sehe ich zwei Möglichkeiten:

1. Luhmanns These ist ein Produkt der Massenmedien, da ja angeblich nur durch Massenmedien wir etwas wissen können.

2. Luhmanns These ist kein Produkt der Massenmedien. Das heißt, wir beziehen unser Weltwissen nicht nur aus den Massenmedien, sondern auch aus soziologischen Büchern und tausend anderen Quellen, auch aus unseren eigenen Nachforschungen.

Da Punkt 1 sicherlich falsch ist, kann nur Punkt 2 zutreffen. Das heißt, die von Thomas wiedergegebene These von Luhmann ist selbstwidersprüchlich.




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