Der Materialismus/Physikalismus

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 13:27

Nehmen wir ein Beispiel. Ich bin der Ansicht, dass noch Bier im Kühlschrank ist. Diese "Überzeugung" ist wahr (Überraschung!) wenn noch Bier im Kühlschrank ist.

Formal: p ist wahr gdw p.

Wie sollte das ein Gedankending sein?




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 17:09

Du meinst, die Aussage "p" ist identisch mit (gdw) "p ist wahr"?
"a˄⌐a" ↔ "a˄⌐a" ist wahr?
Daraus folgt: ("a˄⌐a" → "a˄⌐a" ist wahr) ˄ ("a˄⌐a" ist wahr → "a˄⌐a").
Da "a˄⌐a" falsch ist, gilt mit ("a˄⌐a" ist wahr → "a˄⌐a") auch "a˄⌐a", das ist einmal die Schlußregel "ex falso quodlibet", dann die bislang unbekannte Regel vom Widerspruch.
Oder noch direkter ex falso quodlibet: "a˄⌐a" falsch, also "a˄⌐a" ist wahr.
In Deiner Logik ist also der Widerspruch erlaubt. Es dürfte schwer werden, Gefolgsleute für Deine Logik zu finden. Sie impliziert, daß alles möglich ist, wahr ist, und ist.

Indem ich Gedankending und Prädikat über das Gedankending trenne, ist solcher Widerspruch ausgeschlossen.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 17:42

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 17:09
Du meinst,
Ich meine p ist wahr gdw p. Die Ansicht, dass Bier im Kühlschrank ist (p) , ist wahr, wenn im Kühlschrank Bier ist (p). Das ist sie gängigste Wahrheitsauffassung, die es überhaupt gibt, dafür brauche ich mir sicherlich keine Anhänger zu suchen.

Aber das war nicht meine Frage, ich wollte wissen, wie man vor diesem Hintergrund verstehen möchte, was es heißen soll, dass die Wahrheit ein Gedanken Ding ist.

Was also soll es bedeuten, dass Wahrheit ein Gedankending ist vor dem Hintergrund des gegebenen Beispiels.




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 19:53

Ich vermute, Du bist Realist, also gibt es für Dich eine menschenunabhängige Außenwelt, die mehr oder weniger objektiv erkennbar ist. Eine Realität von Objekten und Sachverhalten zwischen den Objekten, die sind oder nicht sind. Und dann nehme ich an, daß Du auch semantischer Realist bist. Also kannst Du Aussagen über die Realität machen, die wahr oder falsch sein können. Diese Aussagen sind Gedankendinge, die man beurteilen kann. "a ist wahr" bewertet die Aussage, nicht das Ding, auf das sie verweist. Auf einer ersten Stufe ist ein Ding oder es ist nicht. Ich kann das Ding denken, das fügt aber dem Ding nichts hinzu. Vielmehr füge ich der Welt den Gedanken hinzu, und der kann wahr sein oder falsch, je nachdem, ob er korrekt ein Realding erfaßt oder nicht. In diesem ersten Schritt des Denkens ist Wahrheit die korrekte Identifizierung eines Realdings. Und Wahrheit eine Aussage über eine Aussage. In meiner Schlußfolgerung aus Deiner scheinbar trivialen Aussage habe ich gezeigt, daß Deine Aussage in Teufels Küche führt.
Wahrheit ist eine mögliche, erwünschte Eigenschaft von Gedankendingen, und sie ist natürlich selbst ein Gedankending, eine Reflexion des Bildens und Bewertens von Gedankendingen.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 19:58

Das Wort Außenwelt gehört nicht zu meinem Vokabular. Und ebenso wenig die damit verbundenen Konzeptionen.

Mit deinem Notationen weiter oben kann ich nichts anfangen, das sind für mich Hieroglyphen.




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Consul
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Mi 24. Jul 2024, 22:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 13:06
"Gedankending" Was ist das? Ein Gedanke?
Nein, ein nur gedachtes Ding, d.h. ein inexistenter, irrealer Gegenstand eines Gedankens oder einer Vorstellung.



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Do 25. Jul 2024, 01:11

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 10:48
Der Regenschauer ist wie das Wahre ein Gedankending.
Für Gottlob Frege sind das Wahre und das Falsche abstrakte Objekte und als solche keine bloßen Gedankendinge. Er betrachtet sie als existente Bezugsgegenstände ("Bedeutungen" in Freges Wortgebrauch) von Aussagesätzen: Jeder Aussagesatz steht für ihn entweder für das Wahre oder das Falsche, was Aussagesätze zu Eigennamen macht. Ein Satz wie "Es ist wahr, dass es regnet" bedeutet dann "Dass es regnet, ist das Wahre", wobei das "ist" im letzteren Satz dasjenige der Identität ist (und nicht dasjenige der Prädikation). Das Wahre hat viele Namen, denn jeder wahre Aussagesatz ist einer seiner Namen.

Ich teile Freges Auffassung nicht, aber sie ist interessant und originell.



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Consul
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Do 25. Jul 2024, 02:41

Consul hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 01:11
…Ein Satz wie "Es ist wahr, dass es regnet" bedeutet dann "Dass es regnet, ist das Wahre", wobei das "ist" im letzteren Satz dasjenige der Identität ist (und nicht dasjenige der Prädikation).
"Es regnet" ist wahr <—> Es-regnet = das Wahre

Ich schreibe "Es-regnet" auf der rechten Seite mit Bindestrich, um zu verdeutlichen, dass es dort nicht um den Satz "Es regnet" geht, sondern um das Wahre selbst. Wenn es regnet, dann ist nicht der Satz "Es regnet" mit dem Wahren identisch, sondern der Nichtsatz Es-regnet.

Für Frege ist "Es regnet" ein Eigenname von Es-regnet, so wie "Thomas Müller" ein Eigenname von Thomas Müller ist. Es ist freilich höchst ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, ganze Sätze als Eigennamen zu betrachten und zu behandeln, wie Frege es tut. Bindestriche sind da beim Lesen hilfreich: Es ist wahr, dass Olaf Scholz Bundeskanzler ist, weil Olaf-Scholz-ist-Bundeskanzler das Wahre ist.

(Der Satz "Olaf-Scholz-ist-Bundeskanzler ist das Wahre" ist äquivalent zum Satz "Der Satz 'Olaf Scholz ist Bundeskanzler' bezeichnet das Wahre".)

Man beachte dabei, dass das Wahre bzw. das Falsche (als abstraktes Objekt) im Gegensatz zu allen Aussagesätzen (Behauptungssätzen), die seine Namen sind, mereologisch einfach ist. Es ist kein aus Einzelteilen zusammengesetztes Ganzes (wie ein Aussagesatz). Das Wahre/Falsche hat also keine Struktur.
"…So werden wir dahin gedrängt, den Wahrheitswert eines Satzes als seine Bedeutung anzuerkennen. Ich verstehe unter dem Wahrheitswerte eines Satzes den Umstand, daß er wahr oder daß er falsch ist. Weitere Wahrheitswerte gibt es nicht. Ich nenne der Kürze halber den einen das Wahre, den anderen das Falsche. Jeder Behauptungssatz, in dem es auf die Bedeutung der Wörter ankommt, ist also als Eigenname aufzufassen, und zwar ist seine Bedeutung, falls sie vorhanden ist, entweder das Wahre oder das Falsche. Diese beiden Gegenstände werden von jedem, wenn auch nur stillschweigend, anerkannt, der überhaupt urteilt, der etwas für wahr hält, also auch vom Skeptiker. Die Bezeichnung der Wahrheitswerte als Gegenstände mag hier noch als willkürlicher Einfall und vielleicht als bloßes Spiel mit Worten erscheinen, aus dem man keine tiefgehenden Folgerungen ziehen dürfe.Was ich einen Gegenstand nenne, kann genauer nur im Zusammenhange mit Begriff und Beziehung erörtert werden. Das will ich einem anderen Aufsatze vorbehalten…."

(Frege, Gottlob. "Über Sinn und Bedeutung." 1892. In Funktion, Begriff, Bedeutung, 6. Aufl., hrsg. v. Günther Patzig, 40-65. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986. S. 48-9)
Fußnote: Was Frege Sinn nennt, ist eine Bedeutung im heutigen semantischen Sinn; und was er Bedeutung nennt, ist ein Bezugsgegenstand (Referent) im heutigen semantischen Sinn.



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Quk
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Do 25. Jul 2024, 04:23

Consul hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 02:41
Es ist freilich höchst ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, ganze Sätze als Eigennamen zu betrachten und zu behandeln, wie Frege es tut.
Ich finde das völlig einleuchtend und nicht gewöhnungsbedürftig. Wenn ich an Kunstwerke denke -- Bild, Film, Musik --, so bestehen deren Namen doch meist aus Sätzen. Und die Namen der Bands: Frankie Goes To Hollywood, Guess Who, Rage Against The Machine ...




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Consul
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Do 25. Jul 2024, 05:54

Quk hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 04:23
Consul hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 02:41
Es ist freilich höchst ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, ganze Sätze als Eigennamen zu betrachten und zu behandeln, wie Frege es tut.
Ich finde das völlig einleuchtend und nicht gewöhnungsbedürftig. Wenn ich an Kunstwerke denke -- Bild, Film, Musik --, so bestehen deren Namen doch meist aus Sätzen. Und die Namen der Bands: Frankie Goes To Hollywood, Guess Who, Rage Against The Machine ...
1. "Frankie Goes To Hollywood" ist in der Tat ein als Eigenname gebrauchter Aussagesatz.
2. "Guess Who" ist ein unvollständiger Fragesatz.
3. "Rage Against The Machine" ist entweder ein Aufforderungssatz ("Wütet gegen die Maschine!"/"Zürnt der Maschine!") oder gar kein Satz ("Wut/Zorn gegen die Maschine").



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Jörn Budesheim
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Do 25. Jul 2024, 07:12

Consul hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 22:27
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 13:06
"Gedankending" Was ist das? Ein Gedanke?
Nein, ein nur gedachtes Ding, d.h. ein inexistenter, irrealer Gegenstand eines Gedankens oder einer Vorstellung.
Okay, von wem gedacht? Also: wessen Gedanke ist das, "allgemeine oder abstrakte Gedanken" sind ja vermutlich nicht gemeint.

Ich hatte oben ein Beispiel gegeben: Ich bin der Ansicht, dass noch Bier im Kühlschrank ist. Diese Überzeugung ist wahr, wenn noch Bier im Kühlschrank ist. (Wir wollen annehmen, dass es so ist.) Nun glaube ich in dem Beispiel zwar, dass es sich so verhält (Bier im Kühlschrank), verschwende aber gerade keine Gedanken daran, außerdem hab ich auch noch nicht nachgeschaut, ob tatsächlich Bier im Kühlschrank ist. Wahr ist die Ansicht dennoch, denn das Bier ist im Kühlschrank.

Wie verhält es sich mit dem "Gedankending" in diesem Beispiel? Worauf in diesem alltäglichen Beispiel bezieht sich der Ausdruck?

PS: Mit Beginn meines Studiums, Anfang der 80er hab ich angefangen, philosophische Texte zu lesen, später hab ich Vorlesungen gehört und Seminare und Vorträge besucht, war in philosophischen Gesprächskreisen, in philosophischen Foren, wie diesem hier, sehe und höre Podcasts und YouTube-Videos zur Philosophie, aber der Ausdruck "Gedankending" ist mir nie begegnet.




Wolfgang Endemann
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Do 25. Jul 2024, 12:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 07:12


Wie verhält es sich mit dem "Gedankending" in diesem Beispiel? Worauf in diesem alltäglichen Beispiel bezieht sich der Ausdruck?
Wahr ist die Ansicht, weil sie mit dem Fakt übereinstimmt, daß das Bier tatsächlich im Kühlschrank sich befindet. Aber wahr ist die Ansicht, also ein Gedankending. Wahrheit bezieht sich nicht auf den Fakt, sondern auf den Gedanken an den Fakt. Natürlich kann man auch von einer von Gedanken unabhängigen objektiven Wahrheit von Fakten sprechen. Aber das ist etwas anderes. Im Falle extensionaler Wahrheit kann ich noch relativ problemlos das Wissen des Fakts mit der Tatsache des Fakts identifizieren. Nur wenn diese Identität besteht, kann ich ja von Wissen reden. Wenn ich von Ansicht, Meinung, Überzeugung rede, ist diese Identität nicht mehr gegeben, sie kann bezweifelt werden. Ich muß zwischen der Wahrheit der Ansicht und der Wahrheit des Fakts unterscheiden, zumindest, wenn ich Philosoph sein will.




Lucian Wing

Do 25. Jul 2024, 13:55

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 12:04
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 07:12


Wie verhält es sich mit dem "Gedankending" in diesem Beispiel? Worauf in diesem alltäglichen Beispiel bezieht sich der Ausdruck?
Wahr ist die Ansicht, weil sie mit dem Fakt übereinstimmt, daß das Bier tatsächlich im Kühlschrank sich befindet. Aber wahr ist die Ansicht, also ein Gedankending. Wahrheit bezieht sich nicht auf den Fakt, sondern auf den Gedanken an den Fakt. Natürlich kann man auch von einer von Gedanken unabhängigen objektiven Wahrheit von Fakten sprechen. Aber das ist etwas anderes. Im Falle extensionaler Wahrheit kann ich noch relativ problemlos das Wissen des Fakts mit der Tatsache des Fakts identifizieren. Nur wenn diese Identität besteht, kann ich ja von Wissen reden. Wenn ich von Ansicht, Meinung, Überzeugung rede, ist diese Identität nicht mehr gegeben, sie kann bezweifelt werden. Ich muß zwischen der Wahrheit der Ansicht und der Wahrheit des Fakts unterscheiden, zumindest, wenn ich Philosoph sein will.
Mein Senf dazu lautet, dass sich „wahr“ auf die Propostion bezieht. Wahrmacher ist der nachprüfbare Umstand, dass sich tatsächlich noch Bier im Kühlschrank befindet.. Für mich ist „Wahrheit des Fakts“ keine sinnvolle Aussage, weil ein Fakt sich auf einen immer schon verifizierten Sachverhalt oder Umstand bezieht. Es klingt nach einem Pleonasmus.




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Jörn Budesheim
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Do 25. Jul 2024, 13:57

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 12:04
Wahr ist die Ansicht, weil sie mit dem Fakt übereinstimmt, daß das Bier tatsächlich im Kühlschrank sich befindet. Aber wahr ist die Ansicht, also ein Gedankending. Wahrheit bezieht sich nicht auf den Fakt, sondern auf den Gedanken an den Fakt.
Aber das unterschlägt, dass die Ansicht nur unter bestimmten Bedingungen wahr ist, und zwar genau dann, wenn Bier im Kühlschrank ist. Die Ansicht ist wahr, wenn die Dinge so liegen, wie sie sagt. Aber dass die Dinge so liegen, wie die Ansicht es sagt, ist kein "Gedankending" (was immer das sein soll).

Nehmen wir ein weiteres Beispiel: "Die Erde gab es lange bevor es Lebewesen gab." Das war wahr, lange bevor es Lebewesen gab, die diesen Gedanken fassen konnte. Das war also wahr, bevor es Gedankendinge (was immer das sein soll) gab. Daher kann Wahrheit nicht generell ein Gedankending sein.




Wolfgang Endemann
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Do 25. Jul 2024, 14:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 13:57
Die Ansicht ist wahr, wenn die Dinge so liegen, wie sie sagt. Aber dass die Dinge so liegen, wie die Ansicht es sagt, ist kein "Gedankending" (was immer das sein soll).
Das ist korrekt. Aber die Wahrheitsbehauptung wird für die Ansicht reklamiert. Hätte ich mir vorstellen können, daß Du mich an dieser Stelle mißverstehst, hätte ich präziser formuliert, statt "wahr ist die Ansicht, also ein Gedankending" "wahrheitsfähig ist die Ansicht, also ein Gedankending" oder "wahr ist möglicherweise die Ansicht, also ein Gedankending". Daß etwas, das ist, wahrheitsfähig ist, ist Unsinn, es kann in dem Moment, wo es ist, nicht nichtsein (oder gleichzeitig sein und nichtsein).
Nein, das ist ein sinnloses Sprechen. Denn solange es kein Bewußtsein gibt, das ihn denkt, ist der Gedanke, daß es die Erde gibt ..., irreal, und die Tatsache unterscheidet sich in nichts von der Tatsache plus Wahrheit der Tatsache; daß die Sache ist, ist, die Wahrheit der Tatsache geht mit nichts darüber hinaus. Der Satz "es gibt die Erde ..." unterscheidet sich kein Jota von der Aussage "es ist wahr, daß es die Erde gibt ...". Das tut er erst, wenn er gedacht wird, und dann drückt "Es ist wahr" den zusätzlichen Fakt aus, daß "es gibt die Erde ..." gedacht wird, und darum wahr oder falsch sein kann, und er behauptet die Wahrheit des Satzes. Und die kann man prüfen, wenn man vom Satz auf das schaut, was er behautet, dh auf die Realität.




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Jörn Budesheim
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Do 25. Jul 2024, 15:03

Du hast noch nicht erklärt, was ein Gedankending sein soll, ich kann mir nach wie vor nichts darunter vorstellen.




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Jörn Budesheim
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Do 25. Jul 2024, 15:06

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 14:36
die Tatsache unterscheidet sich in nichts von der Tatsache plus Wahrheit der Tatsache
Das stimmt (fast), das heißt nämlich, dass Wahrheit immer im Spiel ist, wo Tatsachen vorliegen, ob wir davon Kenntnis haben oder nicht. Denn Tatsachen sind etwas Wahres. Die meisten Tatsachen dürften uns unbekannt sein, sie bestehen aber dennoch.




Körper
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Do 25. Jul 2024, 18:21

Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Noch einmal: Meine Überzeugung, ein Bewusstseinssubjekt zu sein, kann nicht halb wahr und halb falsch sein.
Du berücksichtigst nicht, wie deine Überzeugung entsteht.
Aus Einwirkungen stellst du Zusammenhänge (über Reaktion) her, was in der Gesamtheit einer Reaktion auf einen "Anlass" entspricht, der exakt das umfasst, was genau diese Zusammenhänge auslösen würde.
Hast du in diesem Moment aber nicht die Möglichkeit alle zum tatsächlichen Anlass gehörenden Zusammenhänge aufzubauen (z.B. weil Einwirkungen wegen eines Sensorikzuganges fehlen), dann reagierst du zu einem "Anlass", der zwar alles erfüllt, was du berücksichtigst, aber nicht das umfasst, an das du nicht herankommst.
Dieser "Anlass" entspricht dann nicht dem, was tatsächlich vorliegt.

Im Ergebnis machst du also nichts falsch (und es funktioniert für dich prima), aber du machst es auch nicht vollständig richtig, sondern eben nur "bedingt korrekt".

Du reagierst auf "Etwas" - soweit OK.
Du reagierst so, als wäre dort "phänomenales Bewusstsein" - damit erreichst du "bedingte Korrektheit", denn deine Reaktion passt zum dem, was du an Einwirkung erreichst.
Du reagierst aber leider nicht so, wie es dem "Etwas" insgesamt entsprechen würde.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Vielleicht ist es technisch möglich, dem Informationsspeicher eines bewusstseinslosen KI-Roboters eine (unbewusste) Repräsentation mit dem semantischen Inhalt <Ich besitze phänomenales Bewusstsein> hinzuzufügen; aber eine solche Möglichkeit gibt mir nicht den geringsten Grund zu befürchten, selbst Opfer einer solchen Fehlinformation zu sein
Es geht hier nicht um "Repräsentation".
Du musst zugeben, dass ich das nirgendwo gesagt habe.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Wichtig ist dabei der Punkt, dass die Introspektion als unmittelbare innere Wahrnehmung nicht repräsentativ, sondern direkt präsentativ funktioniert; das heißt, es gibt im Gegensatz zur äußeren Wahrnehmung kein repräsentatives Medium zwischen dem Introspizieren und dem Introspizierten, und damit auch keine eigentümliche Phänomenologie der Introspektion, die phänomenale, nichtdoxastische introspektive Illusionen oder gar Halluzinationen ermöglichen könnte.
Lass mal "Repräsentation", "Illusion" und "Halluzination" weg.
Ich bestätige, dass dies auch in meinem Weltbild alles Käse ist - weg damit.

Was du nicht weglassen darfst, ist, dass du Überzeugungen durchläufst, von denen du nicht abweichen kannst.
Es gibt also "in dir" eine Funktion (wie auch immer verankert), die Überzeugungen ablaufen lässt (Beweis: -> "schräge Linien")
Wie schon vorgeschlagen, könnten wir dies "Wahrnehmungstechnik" nennen.
Versuch dir mal vorzustellen, welche Möglichkeiten sich aus dieser Technik ergeben können, und zwar nicht in Bezug auf eine 3. Person-Betrachtung, sondern in Bezug auf die 1. Person-Perspektive.

Poetisch: Du befindest dich als Körper in einem Strom aus Überzeugungen, der in deinem Nervensystem abläuft.
Du machst noch den grundsätzlichen (und weit verbreiteten) Fehler, dass du dich zu deinen "inneren Vorgängen" als unabhängigen Beobachter siehst und diesbzgl. freie Urteile fällen können möchtest.

Bekannte Beispiele für diesen Fehler sind "es ist irgendwie 'Rot' zu sehen" oder "Es ist irgendwie eine Fledermaus zu sein".
Das Feststellen "Es ist irgendwie" soll dabei ein unabhängiger Vorgang sein, durch den ein abschliessendes Existenz-Urteil möglich ist.
Man beansprucht von "ausserhalb der Wahrnehmung" eine Beobachtung machen zu können.
Du machst dies in deinen Aussagen in Bezug auf "das phänomenale Bewusstsein".
Mit der oben genannten "Wahrnehmungstechnik" ist aber gar kein "Ausserhalb" notwendig, sondern nur die Entwicklung von Überzeugungen.

D.h. "das Beobachten des aktuellen Wahrnehmungsinhaltes" ist nichts weiter als die nächste Überzeugung und entscheidend ist, dass dieser Fluss kontinuierlich weiter laufen muss, denn durch jeglichen Stopp oder Festzurren, ist der Akteur "nicht mehr dabei".
Wenn du das verstanden hast, wird dir auffallen, wie ungünstig der Begriff "Zustand" ist.

Du kannst schlicht nicht den Anspruch erheben, dich selbst beobachten und dann ein Urteil bzgl. "notwendiger Wahrnehmungsexistenz" fällen zu können.
Du stürzt dich hier nur in ein Weltbild hinein und ich sehe keine Chance, den Tatsachenstatus zu erreichen.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Wie introspektive Akte als "Selbstscannungsvorgang im Gehirn" (D. M. Armstrong) neurologisch realisiert werden, weiß ich nicht; aber ich weiß auch nicht, wie mir mein Gehirn introspektiv ein phänomenales Bewusstsein vorspiegeln könnte, das in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist.
Hier sieht man sehr schön, wie du eine Beobachterrolle zu den Phänomenen einnehmen können möchtest.
Du bist aber kein Ding, dem etwas vorgespielt wird, und du kannst zu keiner Zeit eine Unabhängigkeit zu deiner Wahrnehmung einnehmen.
Das Gehirn/Nervensystem spielt "dir" nichts vor, sondern du bist der Körper und führst all deine Wahrnehmungsreaktionen im Nervensystem aus, also auch diejenigen, bei denen du davon überzeugt bist "dich unabhängig beobachten" zu können.

Es ist nur dein Weltbild, dass du dir eine Unabhängigkeit (und dadurch eine Urteilshoheit) zugestehst.
Ich sehe nirgendwo eine Chance dafür, den Tatsachenstatus zu erreichen.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Wenn uns die Introspektion den Beweis nicht liefern kann, dann auch keine andere Wissensquelle—was absurderweise bedeuten würde, dass das phänomenale Bewusstsein (als Erleben eines seelischen Innenlebens) nichts weiter ist als eine spekulative theoretische Setzung, deren Wirklichkeit fraglich ist.
Moment, wir haben ja noch die "schrägen Linien" :-)

Unabhängig von der "Introspektion" erreicht man hier durch Interaktion und Kognition, relevante Erkenntnisse.
Ich würde das durchaus als "Wissensquelle" bezeichnen, weil es sich insgesamt in das Erreichbare stimmig einsortiert.

Natürlich kann man sagen:
wenn es eine Erklärung der (menschlichen) Wahrnehmung gibt, die nur mit den Reaktionen im Nervensystem auskommt (also ohne Zugewinn an "Phänomenalhoheiten"), dann liegt im Grunde ein Präzedenzfall vor, so dass noch nicht einmal das Vorhandensein von Körper und Nervensystem korrekt sein muss.

Das sind dann aber philosophische Übertreibungen, die keinen Wert darstellen, denn die aktuelle Erkenntnislage ist, dass der Mensch durch sein Vorliegen in der Umwelt lernt und sich auch nur mit derartigen Konstellationen beschäftigen kann.
Hinzukommt, dass es ansonsten keine Erklärung für den Menschen gibt.
Wenn man also in dem, mit dem man sich nur beschäftigen kann, eine Erklärung für den Menschen findet, dann kann damit der Tatsachenstatus erreicht werden, weil Tatsachen auf vorliegende Situationen zurückgehen (Tatsachen sind Zusammenhänge in vorliegenden Situationen).
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Es geht hier um einen logischen Punkt, den du nicht "überspringen" solltest! Denn wo (phänomenal) bewusstes, erlebtes Denken ist, dort ist logischerweise (phänomenales) Bewusstsein.
Achtung, es gilt:
"Ein wahrnehmender Akteur muss am Ende eine Überzeugung durchlaufen, ansonsten berücksichtigt er nicht die Zusammenhänge der Situation."

Wenn du also die Voraussetzung "wo (phänomenal) bewusstes, erlebtes Denken ist" aufstellst, dann musst du dir eingestehen, dass du nur die Überzeugung davon durchläufst und keinerlei Interaktion zur letztendlichen Bestimmung der vorliegenden Situation stattfindet.
Wenn du für die Voraussetzung nicht die vorliegende Situation, also den Tatsachenstatus, liefern kannst, dann kannst du zwar Logik anwenden, aber das hat dann nichts mit einer vorliegenden Situation zu tun.

Mit Logik kann man "sich bewegen" und dabei den Tatsachenstatus beibehalten, aber man erreicht ihn nicht durch Logik - das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Es geht nicht um irgendwelche "inneren Vorgänge" im Körper oder Gehirn, sondern um subjektiv erlebte seelische Vorgänge (die sicherlich irgendwie neurologisch realisiert werden). Es ist mir unbegreiflich, wie man deren Dasein in einem selbst ernsthaft bezweifeln oder für ungewiss halten kann.
Nein, es geht letztlich um das Durchlaufen von Überzeugungen.
Das ist die gesuchte "Wahrnehmungstechnik".
Sobald diese Technik vorliegt, kann nachgeschaut werden, welche Anlässe den Überzeugungen zugrunde liegen.

Das klingt doch unmittelbar nach Basisvernunft.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Durch welche Art von Erkenntnissen denn? Erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse können es nicht sein, da es solche ohne subjektive Erfahrungen nicht geben kann.
Unsere Wahrnehmungsbasis ist Wechselwirkung, d.h. wir müssen wechselwirken (interagieren), um vorliegende Situationen korrekt (im Sinne von "nachhaltig") zu bestimmen.
Beim Heranwachsen (aus einer Zelle) starten Lebewesen mit einem "festgelegten" Programm aus Bewegung und Wechselwirkung (das ist die vorgeburtliche Phase).
Damit wird ein Grundstock an "über die Sensorik erreichbarer Korrektheit" aufgebaut.
Diese Sensorik kommt natürlich nicht ans eigene Zellwachstum und die Zellvorgänge heran, weshalb im Grundstock keinerlei Realisierungskonzepte vorkommen.

Den Realisierungskonzepten kann man sich später durch systematische Interaktion mit der Welt annähern (aber nur auf Basis von Kognition - nicht als Erweiterung des Grundstocks).
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Doch, kann ich - mit epistemologischem Fug und Recht! Die Nichtexistenz des phänomenalen Bewusstseins ist epistemisch unmöglich, weil sie mit meinem introspektiven Wissen, dass es existiert, unvereinbar ist.

Ich rede hier wohlgemerkt über das phänomenologische DASS des Bewusstseins und nicht über das neurologische WIE!
Sei ehrlich, mit "epistemisch unmöglich" drückst du lediglich aus, dass du nicht anders reagieren kannst.
Das verleiht deiner Reaktion aber nirgendwo absoluten Korrektheitscharakter.

Du kannst in Bezug auf "phänomenologische DASS des Bewusstseins" nicht den Anspruch erheben, ohne jegliche Interaktion, nur auf Basis deiner "Startüberzeugung", eine absolute Existenz-Korrektheit zu erreichen.
Der Mensch funktioniert so nicht.

Die Enttäuschung muss an dieser Stelle aber gar nicht so gross ausfallen, denn es ist ja durchaus von einem Anlass für die Überzeugung "phänomenologisches DASS des Bewusstseins" auszugehen - nur muss dieser Anlass nicht "phänomenologische Bewusstseins-Existenz" sein.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Das verstehe ich nicht. Willst du damit sagen, dass du scheinbar materielle Dinge wie Körper und Nervensysteme weder materialistisch noch spiritualistisch/idealistisch (wie Berkeley als Komplexe mentaler "Ideen" oder wie Leibniz als Aggregate mentaler "Monaden") auffasst?
Ich berücksichtige lediglich, dass die (menschliche) Wahrnehmung auf Basis von Wechselwirkung abläuft.

Die Aufteilung der Welt in Objekte, bietet sich auf Basis der Wechselwirkungsveränderungen (insbesondere relativ zu Eigenbewegungen) an.
Auf diese Weise ist der Körper ein Objekt in einer Umwelt aus Objekten.

Ein Objekt ist aber lediglich eine "sich anbietende Wechselwirkungszusammenfassung".
Aus der Position des selbstlernenden Akteurs heraus, bietet sich das an - "es ist plausibel".

"Körper" und "Nervensystem" betrachte ich als "Wechselwirkungswolken" und ich gehe von einer Grenze in der Analysierbarkeit aus.
D.h. wenn man die Wechselwirkungswolken immer feiner betrachtet, dann stösst man irgendwann an den Umstand, dass man keine weitere Wechselwirkung zur Wahrnehmung durchführen kann, weil dies dann entweder die einzige Wechselwirkung wäre oder die zu untersuchende Wechselwirkung dominierend überlagert und sich damit keine weiteren Erkenntnisse ergeben.

Über Wechselwirkungen dürfte man an Existenz (als vermutete Grundlage von Wechselwirkung) nur in Bezug auf "wie verhält sich Existenz" herankommen und das ist kein 1:1-Herankommen.
Aus meiner Sicht kann man sich also maximal erschliessen, WIE sich Existenz verhält, aber nie, WAS Existenz ist.

Ich mache somit keine ontologische Aussage.
Was ist Materie? -> keine Ahnung - etwas das wechselwirkt?
Welche Existenzarten gibt es? -> keine Ahnung
Wenn es Existenz gibt, sind dann der Tisch vor mir und ich, unterschiedliche Existenzen? -> keine Ahnung

Ich sehe es als komplett falsch an, vom Menschen ausgehend, die Existenz-Varianten in der Welt einschätzen zu wollen.
Ansätze wie "das Geistige ist die Grundlage der Welt" wirken auf mich sehr komisch und oftmals wird mit "der Mensch ist ein geistiges Wesen" gestartet, wodurch ich sofort einen religiös/philosophischen Glaubenssprung-Charakter erreicht sehe.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Ohne Wechselwirkendes (wechselwirkende Dinge) gibt es keine Wechselwirkungen.
Ja, wie ich geschrieben habe, möchte ich es auch so sehen, aber ich bin mir bewusst, dass ich die Welt in Objekte einteile, weil dies aus den Wechselwirkungen naheliegend ist, nicht weil ich unmittelbaren Existenzzugang habe.
Wenn ich hier also aus den Zusammenhängen der Welt etwas herausziehe, das für mich zwar funktioniert, aber die Welt letztlich anders vorliegt, kann ich mich nicht beschweren.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
Wenn ich sehe, wie ein Squashball von einer Wand abprallt, dann sehe ich kein abstraktes Abprallen, sondern die Wand und den davon abprallenden Ball.
Ja, aber das sind alles deine Einordnungen von Wechselwirkungen und du erreichst dabei kein "Hinter den Wechselwirkungen".
Du darfst Wechselwirkung nicht mit "Abstrakt" gleichsetzen, sondern es ist der maximal mögliche Weltzugang - das Nervensystem kann nicht mehr.

Man muss das Ganze von der Aufgabenstellung und den Möglichkeiten her sehen.
Für den "Squashball an der Wand" stehen nur Einwirkungen an den Augen zur Verfügung und die Aufgabe lautet: "verstehe die Situation".
Deine Überzeugung "Squashball an der Wand" ist sozusagen eine, zu deiner Gesamtkonstellation als "Akteur in Umwelt" plausible Reaktion.

Würde man die Hälfte der Einwirkungen wegnehmen bzw. nochmal so viel hinzugeben, würde das die Aufgabenstellung nicht verändern, aber natürlich würdest du eine andere plausible Reaktion durchlaufen.
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
"Reaktionscharakterisierung", "Reaktionsentwicklung" - das klingt irgendwie behavioristisch oder funktionalistisch, bleibt aber völlig unspezifisch, da sicher nicht jede Art von Reaktion eine Überzeugung ist.
Ja klar, es muss allgemein sein, denn der Begriff "Überzeugung" kann ja auf alle Zusammenhänge und jegliche Kombinationen von Zusammenhängen angewandt werden.
D.h. es dürfen keine konkreten Zusammenhänge à la "Überzeugung von..." im Begriff enthalten sein, sondern nur der generelle Charakter von Überzeugung, sozusagen "das Durchhalten/Beibehalten des Zusammenhangbezugs".

Immerhin ist es so konkret, dass dir richtigerweise auffällt, dass es eine spezielle Reaktion ist.
Insbesondere muss es auch um eine spezielle Reaktionsentwicklung gehen (du erinnerst dich: Finger weg vom Begriff "Zustand").

Das Nervensystem, als Grundlage dieser Reaktion, muss Entsprechendes erfüllen - das ist letztlich das K.O-Kriterium für meinen Ansatz (klar, ich will ja die (menschliche) Wahrnehmung über Körper und Nervensystem erklären und das sollte dann natürlich nachprüfbar sein).
Consul hat geschrieben :
Mo 22. Jul 2024, 23:38
In der Philosophie des Geistes und der Psychologie finden sich unterschiedliche Auffassungen von Überzeugungen oder allgemeiner "Glaubungen" (beliefs), die wir im Einzelnen besprechen müssten: https://plato.stanford.edu/entries/belief/
Ich habe bisher stillschweigend die repräsentationalistische Sichtweise vorausgesetzt.
"Repräsentation" ist aus meiner Sicht ein unnötiger Begriff, den es wäre nur die Verlagerung der Wahrnehmung, also keinerlei Mehrgewinn.
Was bringt es, wenn in einem Wahrnehmungsvorgang ein "Miniaturwunderland" erzeugt wird und anschliessend muss das "Miniaturwunderland" wahrgenommen werden, was nur wiederum das Ausgangsproblem ist?
Deshalb lehne ich "neue Wahrnehmungs-Existenzen" innerhalb des Vorganges ab - letztlich muss das Durchlaufen einer Überzeugung und eine Überzeugungsentwicklung stattfinden.

Du kannst gerne auch die anderen philosophischen Kandidaten im Detail ansprechen - du musst es allerdings mit eigenen Worten formulieren, damit ich mir nicht irgendetwas anlese, das du nicht so verstanden haben möchtest.




Wolfgang Endemann
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Do 25. Jul 2024, 18:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 15:03
Du hast noch nicht erklärt, was ein Gedankending sein soll, ich kann mir nach wie vor nichts darunter vorstellen.
Ein Gedankending ist eine korrekte Zusammensetzung zweier Worte zu einer Worteinheit, es besagt genau das, was in den Wortstämmen vorliegt.
Freilich hat man Schwierigkeiten, den Sinn des Compositums zu verstehen, wenn man die Wortstämme zu eng faßt oder die Verknüpfung etwas Inkompatibles zusammenzuzwingen scheint. Über die philosophische Bedeutung von "Objekt/Ding" sollte Konsens bestehen, wobei der Dingbegriff auch zusammengesetzte Objekte, Objektsysteme nebst ihrer Struktur- und Zustandswandlungen, Felder, usw. einschließen sollte. Damit hätten wir schon das Realding. Ein Gedanke ist sicherlich kein einfaches Realding. Aber Gedanken müssen gedacht werden, dann sind sie in der Objektwelt. Sie werden in einem Subjekt, und in ihm in dessen Kognitionsorgan realisiert, als Realitäten des Kognitionsorgans sind sie meßbar. Für einen reinen Materialisten sind sie dann auch genau das und nicht mehr, physikalische Objekte in der Raumzeit. Ich nehme an, Du bist kein reiner Materialist, also ist auch für Dich dieses materielle Substrat für sich noch nicht der Gedanke. Wenn Du jetzt akzeptierst, daß man mit diesem Substrat einer neuronalen Dinglichkeit, diesen Zuständen und Vorgängen in unserer Kognition sich auf Realobjekte beziehen kann, dann hast Du verstanden, was ein Gedankenobjekt ist, ein materielles Ding, das anderes bedeutet und so die Vorstellung dieses anderen trägt. Die Gedankenobjekte repräsentieren im Bewußtsein die Realobjekte, aber auch kognitiv erzeugte Denkobjekte, denen eine Entsprechung in der Realität fehlt. Denkobjekte sind jedoch immer sprachartig, sie existieren immer in der Doppelform von materiellem Bedeutungsträger und immaterieller Bedeutung.
Das ist der Unterschied von Real- und Denkobjekt, einfachem Sein und reflektiertem Sein.




Wolfgang Endemann
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Do 25. Jul 2024, 18:30

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 15:06
Denn Tatsachen sind etwas Wahres. Die meisten Tatsachen dürften uns unbekannt sein, sie bestehen aber dennoch.
Wie Gott? Nein: Tatsachen sind Tatsachen. Du weigerst Dich, anzuerkennen, daß Wahrheit eine andere Kategorie ist.




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