Wer möchte da mit nein antworten?Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Ist "Geist" mit "Bewusstsein" oder "Psyche" gleichzusetzen?
Hat Herr K. nicht gewarnt?
Wer möchte da mit nein antworten?Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Ist "Geist" mit "Bewusstsein" oder "Psyche" gleichzusetzen?
Sigwart macht zwar geltend, dass die Tatsachen bestanden, lange bevor sie erkannt wurden, versäumt es aber, zu erklären und klarer zu machen, was Tatsachen sind.
Was wir selbst durch unsere begrifflich artikulierten Handlungen und geregelten Verfahren hervorbringen, dazu haben wir auch Zugang. Abstrakte Gegenstände sind Produkte des Abstraktionsverfahrens, das wir selbst vollziehen und das für unsere begrifflichen Praktiken konstitutiv ist. Als geregeltes Verfahren ist allerdings das Abstrahieren so wenig ein Vorgang in der mentalen Innenwelt wie der öffentliche Begriffsgebrauch (z.B. beim Geben und Verlangen von Gründen, beim Schließen eines Vertrages, beim Inkraftsetzen einer Norm).Constantin hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 00:30Wer möchte da mit nein antworten?Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Ist "Geist" mit "Bewusstsein" oder "Psyche" gleichzusetzen?
Hat Herr K. nicht gewarnt?
Du kritisierst den Naturalismus, aber hier behauptest Du, dass Wahrheiten mit den natürlichen Dingen einfach gegeben sind. Wahrheiten wachsen sozusagen auf denselben Bäumen, auf denen die Äpfel wachsen, über die es wahr ist, dass sie auf Bäumen wachsen. Und wie die Äpfel braucht der Mensch die Wahrheiten einfach nur zu pflücken und einzusammeln.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 06:27Es wäre jedoch auch dann über die Erde wahr gewesen, dass sie sich um die Sonne dreht, wenn niemals Lebewesen auf ihr entstanden wären, die diesen Umstand hätten entdecken und in Sätze packen können.
Das ist jedoch die Position, die ich kritisiere und nicht die, die ich vertrete. Ich kritisiere die Idee, dass es sozusagen neben den Äpfeln nach Wahrheitsäpfel geben müsste, für einen ontischen Wahrheitsbegriff. Die Tatsache, dass Äpfel an Bäumen wachsen, ist keine metaphysische Beschriftung der Situation oder ein Etwas, was aus Wahrheitsatomen besteht, sodass man nach Substanzen Ausschau halten müsste und sich fragen sollte, wo diese denn existieren. Eine Tatsache ist nach Ansicht einiger neuer Realisten, etwas, das über etwas wahr ist: Es ist über die Äpfel wahr ist, dass sie an Bäumen wachsen. Dazu müssen weder Tatsachen noch Wahrheit reifiziert werden.Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 07:45Wahrheiten wachsen sozusagen auf denselben Bäumen, auf denen die Äpfel wachsen
Ich kritisiere genau diese Redeweise: "etwas, das über etwas wahr ist" und das damit verbundene Wahrheitsverständnis. Das ist nicht nur schlechtes Deutsch, es bedient auch noch den Mythos des Gegebenen: Mit den Dingen sind auch die Wahrheiten "über sie" gegeben, ohne dass jemand den Finger krümmen müsste. Und wenn der Mensch diese gegebenen Wahrheiten, wie Du schriebst, "in Sätze packt", dann bildet er mit seinen Sätzen nur das Gegebene ab. Ein Satz ist also genau dann wahr, wenn er eine gegebene Wahrheit über etwas abkupfert.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 09:05Eine Tatsache ist nach Ansicht einiger neuer Realisten, etwas, das über etwas wahr ist: Es ist über die Äpfel wahr ist, dass sie an Bäumen wachsen.
Daraus, dass Tatsachen bestehen, folgt ja keineswegs, dass man keinen Finger krümmen müsste, um sie zu erkennen. Wahrheiten sind auch nicht einfach "gegeben", sie können sich ziemlich hartnäckig entziehen. Ein ontischer Wahrheitsbegriff impliziert natürlich auch nicht, dass Wahrheit einfach zu erkennen ist. Warum auch? Dafür müsstest du schon ein triftiges Argument vorlegen.Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 09:17Mit den Dingen sind auch die Wahrheiten "über sie" gegeben, ohne dass jemand den Finger krümmen müsste
Das ist mir nun keineswegs klar, ganz im Gegenteil sogar: mentale Ereignisse und Zustände wie Ansichten, Meinungen, Überzeugungen, Gefühle kann man doch ganz offensichtlich mitteilen, z.B. tun wir das doch an dieser Stelle. Daher sind mir Deine weiteren Anmerkungen dazu unklar.Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Es sollte doch klar sein, dass mentale Ereignisse und Zustände in dem Sinne "privat" sind, dass kein anderer Mensch sie teilen kann.
Normalerweise setze ich "Geist" bzw. "mind" mit "Psyche" gleich, ja. Kommt aber auf den Kontext an.Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Ist "Geist" mit "Bewusstsein" oder "Psyche" gleichzusetzen?
Der zitierte Absatz von Sigwart richtet sich gegen Husserls Unabhängigkeitstheorie der Wahrheit, dazu braucht er nicht zu erklären, was Tatsachen sind.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 06:27Sigwart macht zwar geltend, dass die Tatsachen bestanden, lange bevor sie erkannt wurden, versäumt es aber, zu erklären und klarer zu machen, was Tatsachen sind.
Und der Umstand, dass Wahrheit allein eine Eigenschaft von Ansichten, Sätzen und dergleichen mehr sein soll, wird einfach gesetzt. Ich halte das nicht für plausibel. Als Newton die Planetenbahnen erforscht hat, hat er schließlich nicht die Eigenschaften von Sätzen erforscht. Es wäre jedoch auch dann über die Erde wahr gewesen, dass sie sich um die Sonne dreht, wenn niemals Lebewesen auf ihr entstanden wären, die diesen Umstand hätten entdecken und in Sätze packen können. Sigwart erkennt zwar an, dass die Tatsache einfach da ist, also besteht, aber sie besteht eben in dieser Wahrheit und diesen Punkt blendet er einfach aus, weil er es versäumt, den Begriff der Tatsache zu erklären.
Wenn Wahrheit unabhängig von der Sprache, dem Denken und den Praktiken intelligenter Akteure sein soll, dann stellt sich die Frage nach dem ontologischen Status dieser Wahrheit. Eine Antwort darauf hast Du bislang noch nicht gegegen, d.h. Du hast noch nicht gesagt, was Wahrheit Deiner Ansicht nach sein soll. Eine rein negative Bestimmung (z.B.: Wahrheit ist keine Substanz) reicht nicht aus.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 06:27Problematisch sind bestehende Tatsachen und Wahrheiten jedoch nur, wenn man meint, ohne es zu begründen, es müsste so eine Art Wahrheits- oder Tatsachen-Substanz geben, damit Wahrheit bestünde. Dann fragt man sich vielleicht, wo denn neben (oder over and above) den Dingen - also in welchem Fettauge - noch Platz für die Wahrheit sein sollte.
Dafür hätte ich gerne einen Beleg.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 06:27Damit sind wir allerdings noch nicht beim Kernproblem des Psychologismus. Der Psychologismus nimmt im Grunde an, denn er ist ein Naturalismus, dass Geltung rückstandslos durch Kausalität ersetzt werden kann und sogar muss.
Im Grunde kann man sagen, dass es für die diversen Wahrheits-Begriffe und Theorien drei Grundtypen gibt. Solche die Wahrheit ganz oder eher auf der Objektseite sehen, solche die sie ganz oder eher im Subjekt verorten und solche, bei denen die Relation zwischen den beiden eher "gleichrangig" gedacht wird. Alle drei Positionen haben in der Philosophie ihre Befürworter und Gegner gefunden. Was ich mit der "ontischen Wahrheit" vorschlage, die natürlich zu Typ 1 zählt, ist also keineswegs so weit her geholt, unbekannt oder abwegig, wie manche es hier darstellen.
Als ontologischer Realist wirst du das Folgende womöglich nicht bejahen, aber dennoch: Ist es nicht so, dass vor Kopernikus die Wahrheit eine andere war als vorher und sich in einem Prozess der Verifikation und Falsifikation die Wahrheit den Tatsachen angepasst hat? Ich frage das deshalb so plump, weil Wahrheit sich irren kann, Tatsachen nicht.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 06:27Als Newton die Planetenbahnen erforscht hat, hat er schließlich nicht die Eigenschaften von Sätzen erforscht. Es wäre jedoch auch dann über die Erde wahr gewesen, dass sie sich um die Sonne dreht, wenn niemals Lebewesen auf ihr entstanden wären, die diesen Umstand hätten entdecken und in Sätze packen können.
ich zumindest habe davon noch nie was gehört, auch in den Artikeln SEP - Truth und Wikipedia - Wahrheit ist davon nichts zu finden.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 19:05Im Grunde kann man sagen, dass es für die diversen Wahrheits-Begriffe und Theorien drei Grundtypen gibt. Solche die Wahrheit ganz oder eher auf der Objektseite sehen, solche die sie ganz oder eher im Subjekt verorten und solche, bei denen die Relation zwischen den beiden eher "gleichrangig" gedacht wird. Alle drei Positionen haben in der Philosophie ihre Befürworter und Gegner gefunden. Was ich mit der "ontischen Wahrheit" vorschlage, die natürlich zu Typ 1 zählt, ist also keineswegs so weit her geholt, unbekannt oder abwegig, wie manche es hier darstellen.
Eine Standardposition, die in den einschlägigen Artikeln dazu mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt wird? Schon irgendwie merkwürdig.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 19:05Die ontische Wahrheitsauffassung mag in der Philosophie momentan nicht dominant sein, sie ist jedoch die "Position des common sense" wie Karen Gloy (in "Wahrheitstheorien") zu Recht geltend macht. Meines Erachtens habe ich in dem Thread bereits an sehr vielen Beispielen deutlich gemacht, was ich darunter verstehe. Es ist vor diesen Hintergründen etwas unfair, wenn du behauptest, ich hätte noch nicht gesagt, was Wahrheit meiner Ansicht nach sein soll und es so darstellst, als sei das völlig offen, wo es sich doch um eine Standardposition handelt.
Das Problem dabei ist dieses: falls Du Dich dabei jeweils auf Tatsachen (und nicht auf Aussagen) beziehst, dann fügt Dein "wahr" nichts hinzu. Daher ist völlig unklar, was es bedeuten soll. Tatsachen können nicht wahr oder falsch sein, es ergibt schlicht keinen Sinn, das zu sagen. Nun mag z.B. der Tisch braun sein, das mag eine Tatsache sein, aber was soll das "wahr" hinzufügen? Der Tisch ist dann eben braun, Punkt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 21. Nov 2017, 19:05Ich kann auch nicht wirklich nachvollziehen, dass die Beispielsätze für Tatsachen nach dem angebotenen Muster "völlig unklar" sein sollen: Es ist über mich wahr, dass ich 57 bin. Es ist über den Tisch wahr, dass er braun ist. Es ist über den Mond wahr, dass er sich um die Erde dreht. Ob das gutes oder schlechtes Deutsch ist oder nicht, es ist auf keinen Fall so völlig unklar, dass es nicht mal nötig ist, zu erläutern oder anzudeuten, worin denn die Unklarheit bestehen soll.
Ich wollte eigentlich genau sowas verdeutlichen mit meinem Beitrag, aber das klappt bei dir mit der Deutlichkeit besser
Ich verstehe deinen Punkt nicht, ich bestreite nicht, dass wir uns irren können. Die ontische Wahrheit und die Tatsachen, sind so wie sie sind. Wenn wir etwas anderes glauben, dann liegen wir eben falsch.
Das mit Geist nicht grundsätzlich das individuelle "Bewusstsein" oder die "Psyche" gemeint ist, gehört zum normalen philosophischen Sprachgebrauch. Im Lexikon findet sich folgendes: Philosophen sprechen in verschiedener Hinsicht vom Geist - unter anderem, "wenn sie überindividuelle Bewusstseinsinhalte oder die den Einzelnen überragende psychologische, soziale oder kulturelle Realität im Sinn haben."Hermeneuticus hat geschrieben : ↑Mo 20. Nov 2017, 18:52Ist "Geist" mit "Bewusstsein" oder "Psyche" gleichzusetzen?
Ist es nicht irgendwie seltsam, von etwas zu sagen, es habe Eigenschaften und dass man wahre Aussagen darüber machen kann, während man zugleich infrage stellt, ob dieses etwas überhaupt existiert?Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 18. Nov 2017, 08:18Ja, das wollte ich dazu auch schreiben.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 18. Nov 2017, 06:48Zahlen haben durchaus Eigenschaften und diese Eigenschaften werden von der Wissenschaft Mathematik untersucht. Die 9 hat die Eigenschaft durch 3 teilbar und größer als 8 zu sein.
Zudem haben auch fiktionale Figuren Eigenschaften, z.B. Dagobert Duck die, immer mal wieder ein Erfrischungsbad im Geldspeicher zu nehmen.
Nun kann man sagen, dass, wenn uns Onkel Dagobert oder Faust oder Castorp irgendwie prägen, nicht sie das tun (da sie ja physisch nicht existiseren), sondern, dass nur unsere Vorstellungen über sie die Ursache dafür sind.
Wie ist das eigentlich mit Zahlen? GIbt es jenseits unserer Vorstellungen von Zahlen realen Eigenschaften derselben von denen wir behaupten können, wie seien der Grund für irgendwas was mit der Physis interagiert oder ist das was interagiert immer nur Physis mit Physis und Zahlen nur eine Repräsentationsebene?
Oder gerade deshalb?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 18. Nov 2017, 06:48Zahlen haben jedoch nicht die Eigenschaft eine Ausdehnung in der Zeit zu haben. Deswegen ist diese Wahrheit auch nicht ewig, nach meiner Einschätzung.
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M.E. gründen Mathematik und Logik in unseren Alltagspraktiken und werden im Verlauf besserer sprachlich-symbolischer Möglichkeiten von dort extrahiert. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem Logik und Mathematik (und auch Sprache) ihren Bezug zur Welt völlig zu verlieren scheinen.
Andererseits sollen abgedrehte matehmatische Ideen der Physik gerade dort weiterhelfen, so die Empirie nicht weiter kommt.
Psychologismus gibt es in vielen Bereichen, natürlich auch in der Ethik. Interessant an Parfits Ausführungen ist, dass er die Meinungsverschiedenheiten nicht einfach nur konstatiert und argumentativ anfasst, sondern dass er von einer tiefen Beunruhigung spricht.Derek Parfit hat geschrieben : Es gibt einige [...] tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten. Subjektivisten glauben, dass alle praktischen Gründe ihre Stärke aus bestimmten Tatsachen über unsere vorhandenen Bedürfnisse oder Ziele ziehen. Objektivisten glauben, dass es keine solchen Gründe gibt, da alle Gründe ihre Stärke aus den Tatsachen ziehen, die uns wertbasierte Gründe liefern, bestimmte Bedürfnisse oder Ziele zu haben. Ich habe dafür argumentiert, dass wir den Subjektivismus ablehnen sollten. Da es viele hochintelligente und vernünftige Subjektivisten gibt, beunruhigt mich diese Meinungsverschiedenheit.
In dem Zusammenhang meintest Du glaube ich auch Deine Frage an mich, oder?Alethos hat geschrieben : ↑So 19. Nov 2017, 13:56Existenz kann aber nach meiner Auffassung keine Eigenschaft haben, sondern sie ist doch die Bedingung von Eigenschaftlichkeit und Gegenständlichkeit überhaupt. Die Frage die bleibt ist nur die: Wo existiert etwas, das nicht ontisch und nicht psychisch vorkommt? Wie kann etwas überhaupt in dieser Weise zur Existenz kommen wie alle anderen Dinge, aber in einem gänzlich anderen Bereich?
Es gibt da glaube ich, wie schon angedeutet, mindestens zwei Möglichkeiten.Alethos hat geschrieben : ↑Sa 18. Nov 2017, 19:07Die Frage war ja die, wie Wahrheit bestehen kann ohne irgendwo beinhaltet zu sein resp wie dieses Beinhaltetsein zu verstehen wäre, wenn es nicht mehr ist. Wenn also dein Smilie-Eintrag gelöscht wurde und du nicht mehr bist sowie wir alle nicht mehr sind, wo und wie wird diese Wahrheit weiterexistieren?