Aus der Mathematik lernen
- Jörn Budesheim
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Warum/in welcher Hinsicht ist das falsch? Weil du denkst, dass die Wörter (a. und s.) eigentlich etwas anderes bedeuten? Dann ersetzen wir sie durch Erläuterungsurteil und Erweiterungsurteil. Von mir aus auch durch Puk und Tuk. So etwas Ähnliches gab es schon bei Hume mit etwas anderem Flavour. Ich glaube Pi mal Daumen hieß es bei ihm: "Bedeutungs- vs Tatsachenwahrheiten" oder so ähnlich, müsste ich noch mal nachschauen. Kant hat die Begriffe aber etwas anders er definiert/gesetzt, jedoch das ist ungefähr der philosophiegeschichtliche Zusammenhang.
Man könnte das so kritisieren:
Diese beiden Urteilstypen gibt es nicht, weil ...
Einen der beiden Urteilstypen gibt es nicht, weil ...
Die Definitionen der Begriffe sind zu schwammig, weil ...
Die Begriffe sind inkohärent, weil ...
X ist nicht analytisch, weil ...
...
Aber nicht so:
Die Begriffe bedeuteten eigentlich x, aber Kant verwendet sie falsch. Das ist ausgeschlossen, weil Kant (nach meinen Quellen) die Begriffe für die moderne Diskussion (ausgehend von Hume) selbst erst so gesetzt hat. Das kann man kritisieren (siehe oben), aber nicht mit Bezug auf (angeblich oder tatsächliche) bestehende Begriffe, die Kant einfach falsch verwendet. Ungefähr so: "Kant versteht einfach nicht, was a. und s. eigentlich bedeuten!"
Man könnte das so kritisieren:
Diese beiden Urteilstypen gibt es nicht, weil ...
Einen der beiden Urteilstypen gibt es nicht, weil ...
Die Definitionen der Begriffe sind zu schwammig, weil ...
Die Begriffe sind inkohärent, weil ...
X ist nicht analytisch, weil ...
...
Aber nicht so:
Die Begriffe bedeuteten eigentlich x, aber Kant verwendet sie falsch. Das ist ausgeschlossen, weil Kant (nach meinen Quellen) die Begriffe für die moderne Diskussion (ausgehend von Hume) selbst erst so gesetzt hat. Das kann man kritisieren (siehe oben), aber nicht mit Bezug auf (angeblich oder tatsächliche) bestehende Begriffe, die Kant einfach falsch verwendet. Ungefähr so: "Kant versteht einfach nicht, was a. und s. eigentlich bedeuten!"
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Die falsche Zuordnung ist: Ausgedehntheit (A) = analytisches Urteil (a), Schwere (S) = synthetisches Urteil (s). Das habe ich zigmal moniert, Timberlake wiederholt diese Aussage von Kant. Und Du wiederholst, daß Kant seine Begriffe richtig gebraucht. Das kann aber nicht sein, weil es zum Widerspruch führt. Habe ich das nicht in meinem letzten Kommentar an Timberlake zeigen können? Da komme ich auf die gleiche Methode, nach der A=a und S=s, auf A=s und S=a, also zur gegenteiligen. Seid Ihr denn so beweglich im Denken, daß dieser Widerspruch einfach weggesteckt werden kann, oder könnt Ihr meine Argumentation widerlegen?
- Jörn Budesheim
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Das habe ich weder wiederholt noch je ein einziges Mal gesagt.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 18:03Und Du wiederholst, daß Kant seine Begriffe richtig gebraucht.
- Jörn Budesheim
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Geht das jetzt wieder mit den Angriffen gegen die Person los?
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Nein, es ist die zunehmend verzweifelte Frage, was denn an meiner Argumentation falsch ist. Es muß doch möglich sein, darüber zu reden.
- Jörn Budesheim
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Nach meinem Gefühl ist es nicht möglich, für mich jedenfalls nicht. Meines Erachtens redet ihr nicht über das fragliche Problem sondern... ich weiß nicht wirklich worüber.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 18:21Nein, es ist die zunehmend verzweifelte Frage, was denn an meiner Argumentation falsch ist. Es muß doch möglich sein, darüber zu reden.
Gedankliche Urteile (ein Pleonasmus) sind immer synthetische Urteile, denn sie synthetisieren einen physiologischen Tatbestand mit einer Bedeutung, einer Assoziation eines anderen Tatbestands (eines Realobjekts oder eines physiologischen Tatbestands im Gedächtnis, der selbst wiederum ein doppeltes ist, ein materieller Tatbestand und eine Bedeutung. Wenn wir an einen Tisch denken, dann greifen wir auf ein gespeichertes kognitives Muster zurück, meinen aber nicht dieses Muster, sondern die Bedeutung, die es trägt.
Alle Wissenschaften, alles Denken stellt in einer Dialektik von Analyse und Synthese Zusammenhänge in den realen oder abstrakten Gedankenobjekten her und ordnet sie diesen zu.
Die komplexen Dinge, die aus den einfachen entstehen und Eigenschaften des Komplexen emanieren, sind synthetisch, das Leben ist eine Synthese des anorganisch-Toten. Bewußtsein, Geist ist synthetisch Auch hier wiederum ist meine Frage, warum ich die Mathematik synthetisch nennen sollte, das mathematikfreie Denken nicht? Insofern gibt es überhauopt keine Urteile, die nicht synthetisch wären.
Aber du weist , dass der Stuhl eine Schwere haben muss. Also kannst du die Schwere synthetisch dem analytisch gesehenen Stuhl hinzufügen. Um jedoch die Schwere auch zu spüren , musst du den Stuhl anheben und was wäre das dann gemäß dem , was du richtig verstanden hast ?
Synthetisch bedeutet bekanntlich künstlich erzeugt.
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Na, dann laß doch Timberlake und mich erst einmal unsere Frage klären. In einem zweiten Schritt kann dann die Frage angegangen werden, ob das irgendwas mit der Kantschen Konzeption zu tun hat.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 18:30
Nach meinem Gefühl ist es nicht möglich, für mich jedenfalls nicht. Meines Erachtens redet ihr nicht über das fragliche Problem sondern... ich weiß nicht wirklich worüber.
- Jörn Budesheim
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Ihr könnt natürlich weitermachen :)
- Jörn Budesheim
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Dein praktisches Beispiel ist kein analytisches Urteil im Sinne Kants. Um zu einem solchen "Erläuterungsurteil" zu kommen, muss man bloß eine kompetente Sprecherin sein, also wissen, was der Begriff "Stuhl" bedeutet und was in ihm bereits "enthalten" ist: "Ein Stuhl ist eine Sitzgelegenheit." (Das Prädikat "Sitzgelegenheit" ist im Subjekt "Stuhl" bereits enthalten.) Ein Erweiterungsurteil (synthetisches Urteil) würde hingegen etwas aussagen, was in dem Begriff "Stuhl" nicht schon enthalten ist, zum Beispiel: "Der Stuhl ist schwarz." Alles, wofür wir sehen, ertasten und spüren müssen, ist nicht analytisch, sondern synthetisch.Timberlake hat geschrieben : ↑So 16. Jun 2024, 13:40Ganz praktisch ..( zumindest gehe ich einmal davon aus) .. sitzt ihr , wenn ihr das gerade lest , auf einen Stuhl. Den Stuhl könnt ihr fühlen und sehen .Weil ihr auf diesem Weg den Stuhl de facto analysiert spricht Kant dabei von einem "analytisch Urteill".
[...]
Sehen , ertasten und spüren ist als solches analytisch
Es scheint mir, dass in der Diskussion hauptsächlich die Begriffe "analytische Urteile" und "synthetische Urteile" zu Problemen führen. Wie wäre es, diese durch leichter verständliche Ausdrücke zu ersetzen? Kant selbst spricht auch von Erläuterungsurteil und Erweiterungsurteil. Aber auch der Ausdruck "Urteil" ist sperrig.
Ich hatte an folgenden Paaren überlegt. Aber sie haben alle ihre Nachteile :-((
Definitionssatz und Erweiterungssatz
Erklärungssatz und Ergänzungssatz
Begriffsaussage und Erkenntnisaussage
Begriffserklärung und Erkenntniserweiterung
Klarstellung und Wissensausbau
- Jörn Budesheim
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Wolfgang Endemann hat geschrieben : "Wir können uns aus Erfahrung kein Ding vorstellen, das keine Ausgedehntheit hat, oder seine Ausgedehntheit verliert, wenn wir sie nicht mehr sehen (oder mit einem anderen Sinn wahrnehmen). Dasselbe gilt doch auch für die Schwere. Wir können uns kein Ding ohne Schwere vorstellen, nicht, daß es die Schwere verliert, wenn wir es nicht mehr in der Hand halten.
Was ist nun das Magische, das die Ausgedehntheit zu einem analytischen Urteil, die Schwere zu einem synthetischen macht?" [Hervorhebung von mir]
Alles, was wir aus der Erfahrung gewinnen, ist ein Erweiterungsurteil. Dein Hinweis auf die Erfahrung ist meines Erachtens also bereits problematisch. Kant argumentiert, soweit ich ihn verstehe, dass mit dem Begriff des Körpers bereits gegeben ist, dass er ausgedehnt ist. Um jedoch zu wissen, dass Körper schwer sind, müssen wir uns auf unsere Erfahrungen beziehen. Der Begriff Schwere gehört nicht notwendig zum Begriff Körper, sondern nur "zufälliger Weise" also kontingenter Weise. Die Argumentation von Kant scheint auch mir an dieser Stelle nicht erschöpfend, sofern ich sie verstehe. Da aber Gegenstände eben auch nicht schwer sein können, zum Beispiel in der Schwerelosigkeit, würde ich Kant dennoch recht geben.Kant hat geschrieben : "Ich kann den Begriff des Körpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung [etc.] erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis [...] so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verknüpft, und füge also diese als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzu. Es ist also die Erfahrung, worauf sich die Möglichkeit der Synthesis des Prädikats der Schwere mit dem Begriffe des Körpers gründet, weil beide Begriffe [...] zu einander, wiewohl nur zufälliger Weise, gehören."
(Denkbar ist hier auch, dass es einen Philosophie-Historischen Hintergrund gibt, den wir bisher nicht berücksichtigt haben. Ich denke dabei an Descartes "zwei Substanzen", die ausdehnte Sache im Unterschied zu denkenden Sache.")
An dieser Stelle muss man sich vor allem überlegen, was überhaupt das Ziel der Argumentation ist. Will man zeigen, dass manche seiner Beispiele nicht überzeugen? Oder will man zeigen, dass die Unterscheidung insgesamt verfehlt ist. Wenn wir herausfinden würden, dass Kant sich an dieser Stelle geirrt hat, wäre die Unterscheidung von Erläuterungsurteilen und Erweiterungsurteilen damit perdu? Doch wohl kaum. Dazu müsste man schon mehr aufzeigen, finde ich.
Man könnte auch das Gruppierungsprojekt namens "Analytische Urteile" ganz aufgeben und stattdessen alle nichttautologischen Urteile synthetisch heißen; -- mit Tautologie meine ich hier so etwas wie"Sitze sind zum Sitzen". Nach dieser Reform wäre das Urteil "Stühle sind zum Sitzen" synthetisch, und zwar allein schon wegen der verschiedenen Wortherkünfte, denn was nicht aus der selben Idee herkommt, das muss der Denkende erst zusammenbringen, also synthetisieren.
Wozu dient das Gruppierungsprojekt "Analytische Urteile" eigentlich?
Edit: Ich habe diesen Kommentar geschrieben, bevor ich Jörns Nr. 79523 las. Wir scheinen ähnliche Fragen zu haben.
Wozu dient das Gruppierungsprojekt "Analytische Urteile" eigentlich?
Edit: Ich habe diesen Kommentar geschrieben, bevor ich Jörns Nr. 79523 las. Wir scheinen ähnliche Fragen zu haben.
Zuallererst, bevor ich überhaupt zur Erkenntnis gelange, muss ich die Sachen "Körper" und "Ausdehnung" zusammenbringen. Ist es nicht so, Immanuel? Ist eine 2-dimensional ausgedehnte Fläche ebenfalls ein Körper? Als Säugling im Alter von drei Minuten sehe ich eine grüne Fläche. Was soll das für mich sein? Fläche? Körper? Ding? Sache? Farbe? Raum? 2D? 3D? -- Ausdehnung kann ich zum Beispiel auch als Raum verstehen. Der Körper nimmt dann einen Raum ein. Somit wäre nicht der Körper, sondern der Raum ausgedehnt. Das ist alles vage, in meinen Augen. Warum muss man diese Angelegenheit dermaßen kategorisch auslegen?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Jun 2024, 09:44Kant hat geschrieben : "Ich kann den Begriff des Körpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung [etc.] erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis [...] so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verknüpft, und füge also diese als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzu. Es ist also die Erfahrung, worauf sich die Möglichkeit der Synthesis des Prädikats der Schwere mit dem Begriffe des Körpers gründet, weil beide Begriffe [...] zu einander, wiewohl nur zufälliger Weise, gehören."
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Ich sehe da zwei völlig unterschiedliche Buchstabenreihen. Also muss ich selber erst einmal die Sachen zuordnen. Warum sei "Ausdehnung", statt "Körper", nicht ausschließlich "Raum", zum Beispiel? Oder warum sei "Ausdehnung" nicht ausschließlich das vormals Kleine, während das seit ewig große nicht die Folge eines Ausdehnens sein könnte?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Jun 2024, 11:12Eigentlich nicht. Denn "Ausdehnung" ist in "Körper" ja enthalten.
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Und das ist nun leider falsch. Körper sind immer Masseobjekte, habe also immer eine träge=schwere Masse, auch in einem relativ leeren Raum, den absolut leeren Raum, in dem es nur diese eine Masse gäbe, gibt es nicht, und selbst da müßte er atomar sein, und selbst dann ...Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Jun 2024, 09:44Da aber Gegenstände eben auch nicht schwer sein können, zum Beispiel in der Schwerelosigkeit, würde ich Kant dennoch recht geben.
In einem homogenen Raumzeitbereich könnte man von einem relativen Ruhen sprechen, da neutralisieren sich sämtliche Gravitationskräfte, aber sie sind ja nicht verschwunden.
Es geht hier wirklich nicht darum, Kant dafür zu kritisieren, was er noch nicht wissen konnte, aber falsch ist falsch. Die hier gemachte Aussage Kants, egal, ob Du sie Erweiterungsurteil oder wie auch immer nennst, wird nicht dadurch richtiger, sie ist einfach falsch, die kategoriale Differenz zwischen Ausgedehntheit und Schwere gibt es nicht. A=a und S=s ist Quatsch.
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... wird gar nicht behauptet.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 27. Jun 2024, 15:54eine kategoriale Differenz zwischen Ausgedehntheit und Schwere ...
Und wenn wir erfahren, dass es Schwerlosigkeit (nicht) gibt, lernen wir etwas dazu, haben es also mit einem Erweiterungsurteil zu tun.
Was auch immer es ist, richtig oder falsch, Quatsch ist es nicht. Das ist wohl das Einzige, was wir hier ganz sicher wissen.
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Analytische und synthetische Urteile sind nicht kategorial unterschieden?
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Das ist nicht das, was du oben geschrieben hast.