Einfluss von Gedanken auf Wahrnehmung

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Milli180
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So 21. Jan 2024, 01:51

Liebes Forum,
ich würde gerne in meiner Bachelorarbeit darüber schreiben, inwiefern unsere Gedanken unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. Allerdings finde ich keine konkrete Theorie oder einen konkreten Philosophen, der genau über dieses Thema geschrieben hat. Was ich mir jedoch kaum vorstellen kann, da das ja eins der zentralsten Themen der Philosophie ist. Hätt ehier vlt jemand eine Idee für mich? Dabei sollte es wenn möglich um eine konkrete Antwort und weniger darum herum Gerede sein :) Ich bin für jeden Vorschlag dankbar!
LG! Mili180




Timberlake
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So 21. Jan 2024, 02:34

Ich würde das Thema mit dem "konkreten" Strukturmodell der Psyche vom "konkreten" Psychologen Sigmund Freud angehen. Wahrgenommen werden danach aus der Umwelt Einerseits Werte-und Normvorstellungen und Andererseits Reize. Darauf hat man zunächst einmal keinen Einfluss . Auch nicht mit seinen Gedanken.


  • „Eine Handlung des Ichs ist dann korrekt, wenn sie gleichzeitig den Anforderungen des Es, des Über-Ichs und der Realität genügt, also deren Ansprüche miteinander zu versöhnen weiß.“
    Sigmund Freud: Abriss der Psycholanalyse

Ich kann lediglich versuchen diese Wahrnehmung gedanklich mit dem zu versöhnen , was Freud das Es und das Über-Ich nennt.
  • "An dem reinen Sein aber, welches das Wesen dieser Gewißheit ausmacht und welches sie als ihre Wahrheit aussagt, spielt, wenn wir zusehen, noch vieles andere beiher. Eine wirkliche sinnliche Gewißheit ist nicht nur diese reine Unmittelbarkeit, sondern ein Beispiel derselben. Unter den unzähligen dabei vorkommenden Unterschieden finden wir allenthalben die Hauptverschiedenheit, daß nämlich in ihr sogleich aus dem reinen Sein die beiden schon genannten Diesen, ein Dieser als Ich und ein Dieses als Gegenstand, herausfallen. Reflektieren wir über diesen Unterschied, so ergibt sich, daß weder das eine noch das andere nur unmittelbar, in der sinnlichen Gewißheit ist, sondern zugleich als vermittelt; Ich habe die Gewißheit durch ein Anderes, nämlich die Sache; und diese ist ebenso in der Gewißheit durch ein Anderes, nämlich durch Ich."
    Hegel .. Phänomenologie des Geistes
Abhängig von der Gewissheit nämlich der Sache und damit der Wahrnehmung und von der Gewissheit durch ein Anderes, nämlich durch Ich. Um an dieser Stelle , dazu ergänzend , mit Hegels "Phänomenologie des Geistes" konkret zu werden. Hegels "Die Wahrnehmung oder das Ding und die Täuschung" wäre übrigens dazu auch noch zu empfehlen.




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Jörn Budesheim
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So 21. Jan 2024, 07:52

Es gibt hier aktuell einen Faden zu dem Philosophen Thomas Fuchs, der über diese Zusammenhänge redet. Die Entwicklung von Denken und Wahrnehmung gleichsam von Geburt an, eingebettet in unsere Lebenswelt, er zeigt, wie im Triangulieren abstrakte Begriffe entstehen und wieso die anderen in unserem Denken und Wahrnehmen immer anwesend sind: HIER




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Jörn Budesheim
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So 21. Jan 2024, 08:36

Vielleicht könnte dich auch das Buch des deutschen Philosophen Markus Gabriel "der Sinn des Denkens" interessieren. Darin kündigt er gewissermaßen die Unterscheidung zwischen Denken und Wahrnehmung auf und rechnet das Denken den Sinnen zu. Das sollte für deine Fragestellung nicht ohne Folgen sein :)




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Jörn Budesheim
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So 21. Jan 2024, 10:51

Wie wäre es mit Kant? Würde mit etwas gutem Willen zum Thema passen und natürlich auch zum Kant Jahr.




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So 21. Jan 2024, 19:45

M.E. ist Wahrnehmung bereits immer schon "Auslegung", denn die Sinnesdaten als solche werden halt interpretiert und so etwa vom Gehirn (genauer: mithilfe desselben) "modelliert" zu "vorgefassten" eben (z.B. Welt- oder Realität-)Modellen (was man wohl "konstruktivistisch" nennen kann). D.h. vor allem ins ggf. bisher kultivierte Welt- oder Realitätsverständnis eingefügt, sofern möglich. Und dieses ("vorverständige") Weltverständnis ist z.T. "angeboren" (so wohl "grob" auch Kants Aprioris u. Ä.), zu einem sehr großen Teil aber auch erworben - beim Menschen vor allem sozial u./o. kulturell tradiert oder überhaupt "transportiert". Etwa durch sogenannte "Meme" oder die vielstrapazierten Narrative, also Erzählungen ("Weltbilder" etc.), die bereits eine spezifische, vorher feststehende Matrix darstellen, in die die "ankommenden" Sinnesdaten so gut es geht "eingepasst" werden, sodass sie (in diesem Kontext) überhaupt so etwas wie eine bestimmte Bedeutung erlangen (und damit als Informationen genutzt werden) können und eben nicht lediglich sozusagen "informationsfreie" Fakten oder Tatsachen, die ggf. halt schlicht existieren, "bleiben". Somit gibt es also so etwas wie ein - vorausgehendes - buchstäbliches "Wahrnehmungs-Interesse" - also von Intentionalität im nichtprofanem Sinne und eben nicht Wahrnehmung, verstanden als "bloßer, 'neutraler' Aufzeichnungsapparat". "Gedanken" usf. haben somit sogar den wohl entscheidensten Einfluss auf Wahrnehmung. (Haben Regenwürmer eigentlich eine "Wahrnehmung", da vlt. kein "Bewusstsein", und etwa "Schmerzreize", d.h. die Reaktion darauf, vielmehr mit so etwas wie bedingten Reflexen zu tun hätten?)




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AufDerSonne
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So 21. Jan 2024, 21:58

Milli180 hat geschrieben :
So 21. Jan 2024, 01:51
Liebes Forum,
ich würde gerne in meiner Bachelorarbeit darüber schreiben, inwiefern unsere Gedanken unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen.
Das ist eine interessante Behauptung, dass unsere Gedanken unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen könnten. Was ist, wenn das nicht der Fall ist?
Und dann kommt es ein wenig darauf an, was du unter Welt verstehst. Wenn du alles meinst, also auch die Menschen, dann könnten vielleicht unsere Gedanken einen geringen Einfluss auf unsere Wahrnehmung der Welt haben.
Ich sehe es eher so, dass unsere Wahrnehmung der Welt eine Einfluss auf unsere Gedanken hat.

Also. Wir haben fünf Sinne. Der wichtigste, da bin ich mit Aristoteles einig, ist das Sehen. Dann kommt wohl hören und dann spüren. Wäre es nicht günstig, wenn wir die Daten, die aus der Umwelt auf uns einströmen, möglichst unverfälscht wahrnehmen? Wenn also unsere Gedanken unsere Wahrnehmung (der Welt) möglichst nicht beeinflussen würden? Ich denke, so ist es.

Daraus folgt: Unsere Gedanken beeinflussen unsere Wahrnehmung der Welt nicht. Ausser vielleicht bei krankhaften Zuständen, wo es zu Halluzinationen kommen kann.
Aber selbstverständlich können wir uns Gedanken über das, was wir wahrnehmen, machen. Wenn wir zum Beispiel einen Tisch sehen, könnten wir denken, das ist aber ein schöner Tisch. Oder auch. Dieser Tisch gefällt mir gar nicht.



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Timberlake
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Mo 22. Jan 2024, 02:06

Milli180 hat geschrieben :
So 21. Jan 2024, 01:51
Liebes Forum,
ich würde gerne in meiner Bachelorarbeit darüber schreiben, inwiefern unsere Gedanken unsere Wahrnehmung der Welt beeinflussen. Allerdings finde ich keine konkrete Theorie oder einen konkreten Philosophen, der genau über dieses Thema geschrieben hat. Was ich mir jedoch kaum vorstellen kann, da das ja eins der zentralsten Themen der Philosophie ist. Hätt ehier vlt jemand eine Idee für mich?
Das, was als Zitat unter dem Beitrag von @AufDer Sonne steht und zwar ...

Ecce homo

Ja! Ich weiß, woher ich stamme!
Ungesättigt gleich der Flamme
Glühe und verzehr’ ich mich.
Licht wird alles, was ich fasse,
Kohle alles, was ich lasse:
Flamme bin ich sicherlich.

Friedrich Nietzsche

.. ist zwar keine Theorie , würde sich allerdings meiner Ansicht nach als Einstiegszitat für deine Bachelorarbeit anbieten. Ließe sich doch der Einfluss von Gedanken auf Wahrnehmung auf eben diese Weise , also als .. "ein Licht wird alles , was ich fasse und Kohle alles, was ich lasse" .. , sehr schön im Reim auf den Punkt bringen. Wie auch in diesem Sinne , eine Flame ist da ein jeder sicherlich.




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Jörn Budesheim
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Mo 22. Jan 2024, 15:15

"Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind" (Kant) Nach "Ich denke, also bin ich", sicher eins der berühmtesten Zitate aus der Geschichte der Philosophie.

Ein Arzt betrachtet ein Röntgenbild. Ohne viele Begriffe, über die er verfügen muss, und entsprechende Gedanken, die er erfasst hat, sieht er auf dem Röntgenbild praktisch nichts, nichts, was ihm hilft, die richtige Diagnose zu stellen. Die Gedanken sind nach meiner Vorstellung hier nicht etwa die Interpretation eines Bildes, das an sich ganz anders ist, sondern seine Öffnung.

(Ich bestehe nicht darauf, dass dies eine korrekte Interpretation des Zitats von Kant ist).




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