Was ist Gesellschaft? I

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
Timberlake
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So 29. Okt 2023, 17:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 08:22
Passend dazu vielleicht dieses Zitat von Alethos:
Alethos hat geschrieben :
Do 13. Mai 2021, 18:11
Wichtiger für ein Verstehen von Gesellschaft scheint mir der Umstand zu sein, dass wir apriori soziale Wesen sind. Menschsein trägt in sich das Apriori des Mitmenschseins. Nicht nur wären wir gar nicht ohne Mütter und Väter, also dank Anderen, sondern auch könnten wir uns weder denken noch erkennen ohne sie. Wir erkennen uns als Kinder zuallererst am Gesicht der Anderen, und wir bleiben das ganze Leben hindurch aufeinander verwiesen in diesem Bemühen um Selbsterkenntnis, die nicht stattfinden könnte, wenn sie nicht auch die Erkenntnis des Anderen implizierte.

Gesellschaft unter diesen Vorzeichen kann nichts anderes sein als die gesamte Kommunikation von Individuen im Lichte dieses Füreinanderseins - sei dieses ein Füreinander über Zeichen, Handlungen oder durch blosse An- und Abwesenheit.
Fehlt da nicht noch was ?
Alethos hat geschrieben :
Do 13. Mai 2021, 18:11
...
Gesellschaft unter diesen Vorzeichen kann nichts anderes sein als die gesamte Kommunikation von Individuen im Lichte dieses Füreinanderseins - sei dieses ein Füreinander über Zeichen, Handlungen oder durch blosse An- und Abwesenheit.

Auch das Gegeneinander ist übrigens ein Verhältnis des Füreinanders - Wir sind ja, wenn verfeindet, schliesslich einander Feinde.
Füreinander und Gegeneinander wären demnach , wie die zwei Seiten einer Medaille .....
Quk hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 08:42
Das eine kann nicht ohne das andere sein.
Würde man sich mit dem Focus ausschließlich auf das Füreinander aber auch auf das Gegeneinander , nicht auf eben jener Einbahnstraße befinden, von dem im folgenden Zitat die Rede ist ?
Quk hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 08:42
Ich denke, das ist keine Einbahnstraße, sondern ein Kreisverkehr. Das über die Summe hinausgehende Mehr emergiert neue Einzelteile, welche wiederum das Ganze erweitern und so fort.
Nur mal so als Frage ....
Quk hat geschrieben :
Sa 28. Okt 2023, 20:10

2. Kritik- und Lernfragen halte ich für gesund, und um eine Frage einzuleiten, muss man den eigenen Hintergrund erläutern, denn eine Frage hat meistens einen Kontext. Jedenfalls für mich. Für mich! Für andere vielleicht nicht.




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Quk
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So 29. Okt 2023, 18:06

Hast Du eine Frage an mich? Wenn ja, kannst Du die irgendwie selber kompakt formulieren, damit auch Laien wie ich sie verstehen kann? Ich will keine seitenlangen Wiki-Artikel studieren, und auch nicht zehn Mal durch etliche vergangene Forenbeiträge vor und zurückspringen. Ich kann mir das alles leider nicht merken. Versuch doch mal einen Kommentar zu schreiben, ohne irgendetwas zu zitieren. Was sind Deine eigenen Gedanken?




Timberlake
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So 29. Okt 2023, 19:44

Quk hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 18:06
Hast Du eine Frage an mich? Wenn ja, kannst Du die irgendwie selber kompakt formulieren, damit auch Laien wie ich sie verstehen kann? Ich will keine seitenlangen Wiki-Artikel studieren, und auch nicht zehn Mal durch etliche vergangene Forenbeiträge vor und zurückspringen. Ich kann mir das alles leider nicht merken. Versuch doch mal einen Kommentar zu schreiben, ohne irgendetwas zu zitieren. Was sind Deine eigenen Gedanken?
Nun ja ...
AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 28. Okt 2023, 18:52
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Okt 2023, 18:50
Dass du in einem Philosophie-Forum schreibst, wäre ein Beispiel für ein Paradox.
Wir haben manchmal gesagt: Dumme Sprüche, 1 Euro 20.
.. reicht dir das als Antwort ?

Aber "Spaß" beiseite. Ich räume ja gerne ein , dass das seitenlange Studieren von Wiki-Artikel , das Zurückspringen zu etlichen vergangenen Forenbeiträge nicht jedermamanns Ding ist. Deshalb formuliere ich meinen Beiträge in der Regel auch so, dass man sie ohne dem nachvollziehen kann. Dazu ein Tipp , denke dir doch einfach die Zitate , auf die ich mich aus Wikipedia , zeno.org ... beziehe einfach nur weg . Du musst die nicht lesen, geschweige denn dazu weiterführend den Rest auf Wikipedia lesen. Auch zwingt dich niemand. die Links an zu klicken . Meine Beiträge sind bewusst so verfasst , dass sie auch ohne dem funktionieren. Gleichwol man beim letzten Beitrag darum ganz sicher nicht herumkommt . Dazu haben deine bzw. die Zitate von Jörn einfach zu gut gepasst.

Machen wir doch dazu dein Problem mit meinen Beiträgen , gleich an diesem Beitrag fest. Was hast du denn daran nicht verstanden? Möglicherweise kommen wir im Verlauf dessen sogar beim eigentlichen Thema dieses Threads weiter . Wir würden so zusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ein bischen, so das es für konstruktive Fragen reicht, wirst du doch wohl noch verstanden haben. Oder?

Beispiel
Timberlake hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 17:28

Füreinander und Gegeneinander wären demnach , wie die zwei Seiten einer Medaille .....
Quk hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 08:42
Das eine kann nicht ohne das andere sein.
Als "eigenen Gedanken" in einem Satz gelesen ..

"Füreinander und Gegeneinander wären demnach , wie die zwei Seiten einer Medaille .....Das eine kann nicht ohne das andere sein"

Ist das für dich wirklich so schwer zu verstehen? Zum Anklicken dazu nur mal zum Vergleich Wer zu solchen Beiträgen fähig ist , und meint dagegen meine Beiträge nicht verstehen zu können, der wirkt .. mit Verlaub .. zumindest auf mich doch schon reichlich unglaubwürdig.
Zuletzt geändert von Timberlake am So 29. Okt 2023, 20:39, insgesamt 3-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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So 29. Okt 2023, 20:31

Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Zu einer philosophieaffinen Diskussion vgl. Niklas Luhmann, »Erkenntnis als Konstruktion«, in: ders., Aufsätze und Reden, Stuttgart 2001, S. 218-242. Luhmann hält das Folgende für eine »empirische[…] Feststellung«: »Erkenntnis ist nur möglich, weil sie keinen Zugang zur Realität außer ihr hat« (S. 219), was für ihn der Ausgangspunkt des radikalen Konstruktivismus ist. Es wird allerdings nicht klar, warum diese ›Position‹ spezifisch soziologisch, ja, in welchem Sinne es sich überhaupt um eine kohärent artikulierbare Position handelt. Luhmann unternimmt keinen Versuch, den Begriff der Konstruktion zu klären, sondern teilt lediglich mit: »Die Erkenntnis bleibt einzigartig als unterscheidungsbasierte Konstruktion. Als solche kennt sie nichts, was außerhalb ihrer ihr selbst entsprechen würde.« (S. 233) Die Sachlage beruht vermutlich auf einer Vermengung der folgenden logisch voneinander unabhängigen Annahmen: (1.) Wir können nichts erkennen, ohne dabei Unterscheidungen in Anschlag zu bringen, die es ohne ein epistemisches System nicht gäbe. (2.) Die Realität außerhalb der Erkenntnis kann prinzipiell nicht diejenigen Unterscheidungen intrinsisch aufweisen, die wir verwenden, um sie zu erkennen. (2.) folgt weder direkt noch indirekt durch Hinzufügung weniger Annahmen aus (1.), sondern ist ein metaphysisches Zusatzpaket. Luhmann führt keine Gründe für (2.) an, die hinreichend wären, um sich auf der gegebenen Datenbasis für einen radikalen Konstruktivismus einnehmen zu lassen.
Da in der letzten Sequenz über Luhmann auch kurz über seine spezielle Form des Konstruktivismus gesprochen wurde, vielleicht noch diese Fußnote von Markus Gabriel als Nachtrag.




Timberlake
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So 29. Okt 2023, 20:33

.. und was sind dazu deine eigenen Gedanken ?




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Quk
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So 29. Okt 2023, 20:41

Timberlake hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 19:44
Ist das für dich wirklich so schwer zu verstehen?
No, Sinior. Nickete schwer. Uberehaupte nickete verstehbar ise dase fur miche.




Timberlake
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So 29. Okt 2023, 21:27

Timberlake hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 19:44

"Füreinander und Gegeneinander wären demnach , wie die zwei Seiten einer Medaille .....Das eine kann nicht ohne das andere sein"

... unter der Annahme , dass das für dich nicht so schwer zu verstehen ist , lass ich das mal , akzentfrei , in der Sprache von Yoda formulierte " No, Sinior. Nickete schwer. Uberehaupte nickete verstehbar ise dase fur miche" .. so stehen. ;)




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Stefanie
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So 29. Okt 2023, 21:33

Timberlake, schalt mal ein paar Gänge runter, am besten auf Neutral, Motor aus und zieh die Handbremse an. Lieb gemeinter Hinweis.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)

Timberlake
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So 29. Okt 2023, 21:38

Stefanie .. danke für den Hinweis. Um runter zu kommen, verordne ich mir hiermit eine Pause vom Forum.




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Quk
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So 29. Okt 2023, 22:25

Keine Ironie. Ich empfinde die Texte Timberlakes als extrem ruhig, fast schon einschläfernd. Selbst wenn er mal was in schreienden Riesenbuchstaben schreibt, wirkt das auf mich ruhig. Ich glaube, das liegt an den ultralangen, konzentrationsfordernden Gedankenketten, die schon einen Hauch von Autismus andeuten; da gibts keine Gelegenheit für einen wirklichen Aufschrei. Ich selber habe auch leichte Züge von Autismus, bin sehr anfällig für Reizüberflutung, vor allem visuell, akustisch und geruchlich. Was ist Gesellschaft? Gesellschaft macht Licht, Schall, Geruch.

Ebenso ruhig sind meine Antworten auf Timberlake. Ich schreibe sie in tiefster Ruhe.




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Stefanie
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Mo 30. Okt 2023, 19:21

Er hat sich selber immer mehr hochgeschaukelt. Die Erfahrung zeigt, dass geht nicht gut. Nach einer Pause, auch mal eine erzwungene, war es dann wieder "gut.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
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(Sesamstraße)

Timberlake
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Mi 1. Nov 2023, 21:21

Quk hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 22:25
Keine Ironie. Ich empfinde die Texte Timberlakes als extrem ruhig, fast schon einschläfernd. Selbst wenn er mal was in schreienden Riesenbuchstaben schreibt, wirkt das auf mich ruhig. Ich glaube, das liegt an den ultralangen, konzentrationsfordernden Gedankenketten, die schon einen Hauch von Autismus andeuten; da gibts keine Gelegenheit für einen wirklichen Aufschrei. Ich selber habe auch leichte Züge von Autismus, bin sehr anfällig für Reizüberflutung, vor allem visuell, akustisch und geruchlich. Was ist Gesellschaft? Gesellschaft macht Licht, Schall, Geruch.

Ebenso ruhig sind meine Antworten auf Timberlake. Ich schreibe sie in tiefster Ruhe.

.. und genau so , diese Pause , in " tiefster Ruhe" ausnutzend, habe ich mich einmal die Frage gestellt , worin ich mich denn aufschaukeln könnte. Wie von dir richtig erkannt , davon, dass sich in mir und meinen Texten eine Unruhe aufschaukelt , kann tatsächlich keine Rede sein. Meine Texte schläfern mich mitunter fast schon selbst ein. ;)

Gleichwohl bei einem werde ich hellwach und zwar wenn es darum geht Recht zu behalten. Andernorts wurde das ... " zu Recht" .. als Rechthaberei bezeichnet .

@Stefanie . diese Rechthaberei schaukelt sich bei mir auf.

Eine Rechthaberei , die sich in ultralangen, konzentrationsfordernden Gedankenketten "aufschaukelt" und sich schreienden Riesenbuchstaben bedient, um dabei auf einen einzelnen, wesentlichen Gedanken , aus dieser Kette, besonders aufmerksam machen zu können.

Insofern ich sowohl dir Quk , wie auch Stefanie dafür dankbar bin , dass ihr beide mir meinen Kopf diesbezüglich wieder gerade gerückt habt.


Schade eigentlich , dass hier anscheinend hier so niemand dazu geneigt ist, mir in meinen ultralangen, konzentrationsfordernden Gedankenketten zu folgen.

Um dazu auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen , Gedankenketten , die beispielsweise ..
Timberlake hat geschrieben :
So 29. Okt 2023, 19:44

"Füreinander und Gegeneinander wären demnach , wie die zwei Seiten einer Medaille .....Das eine kann nicht ohne das andere sein"
... in solchen Wahrheiten münden. Zumindest gehe ich doch einmal davon , dass es sich dabei um eine Wahrheit handelt und als solches .. "extrem ruhig, fast schon einschläfernd" .. daher kommt. Möglicherweise steigt ja genau deswegen niemand mit mir , in einen Dialog darüber ein. Warum beim Thema "Was ist Gesellschaft" über extrem ruhige, fast schon einschläfernden Wahrheiten diskutieren, wenn sich so herrlich darüber auch jenseits dessen diskutieren lässt .

Womit wir vermutlich wieder bei meiner Rechthaberei angelangt wären .. tja was kann man da machen , Auch mal Unrecht haben? Habe ich übrigens andernorts aus Jux & Dollerei schon mal gemacht. Nur um mich einmal darin aus zu testen, ob ich denn in Lage bin , auch kompletten Schwachsinn glaubhaft rüber zu bringen. Mit dem Ergebnis, was mir hier , mit „meinen“ Wahrheiten versagt ist und zwar mit mehreren in einem andauernden Dialog ein zu treten. Zugegebener Maßen ohne diese ultralangen, konzentrationsfordernden Gedankenketten . Wie hätte es unter diesen Umständen auch dazu kommen können. Am Ende war mir das Ganze aber dann doch zu blöd und ich habe dieses Schauspiel von mir aus beendet. Allerdings , um die anderen nicht vor dem Kopf zu stoßen , ohne mich im Anschluß daran diesbezüglich zu outen.




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Quk
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Do 2. Nov 2023, 12:40

Timberlake, mein Gutster, Du erscheinst mir nicht rechthaberisch sondern suchend. In Deinen langen, absätzeübergreifenden Suchketten ist es mir, mit meinem kleinen Kurzzeitgedächtnis, halt nur sehr schwer, Fragen heraus zu destillieren; am Textende angekommen vergessen ich immer, womit die Kette begann.




sybok
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Fr 3. Nov 2023, 12:19

Nauplios hat geschrieben :
Fr 27. Okt 2023, 17:13
Die Systemtheorie beginnt mit einer Unterscheidung, mit der Unterscheidung von System und Umwelt. Würde man nichts unterscheiden, ließe sich auch nichts beobachten; man hätte einzig ein Rauschen. Man beobachtet mithilfe einer Unterscheidung (s. das, was Jörn vorhin dazu geschrieben hat). Das bedeutet jedoch nicht, daß man nicht auch mit einer anderen Unterscheidung beginnen könnte: Subjekt/Objekt oder Bewußtsein/Gegenstand oder Ich/Welt oder Individuum/Gesellschaft oder Sein/Seiendes oder Substanz/Akzidenz oder res cogitans/res extensa oder Ding an sich/Erscheinung oder empirisch/transzendental oder sakral/profan oder gläubig/ungläubig ... Die Frage ist im Grunde eigentlich nur: was läßt sich mit welcher Unterscheidung beobachten? Und daran anschließend: Was spricht für die jeweilige Unterscheidung im Hinblick auf eine Theorie der Gesellschaft, die in der Lage ist, das Funktionieren der modernen Gesellschaft zu beschreiben?

Es sind also durchaus mehrere Unterscheidungen möglich; unmöglich ist dagegen eine "Ur-Unterscheidung"; das wäre eine Unterscheidung, die nicht auf Unterscheidungen zurückgeht. Ohne Unterscheidung geht nichts. Der Einzige, der beobachten kann ohne Unterscheidungen zu treffen, ist Gott. Deshalb sieht Gott alles, auch daß er sieht, daß er alles sieht. Gott ist gleichsam der Beobachter nullter Ordnung. Ihn können aber auch die Theologen nicht beobachten. Deshalb beobachten sie bevorzugt den Teufel, denn der Teufel (er ist ja von Gott "abgefallen", ist also der erste, der Gott und sich unterscheidet) beobachtet Gott, wenn auch mit dem blinden Fleck, daß er nur sieht, was er sieht und nicht sieht, daß er nicht sieht, was er nicht sieht. So ist der Teufel als theologische Auskunftsquelle von besonderem Interesse. Indem man nämlich den Teufel beobachtet (Beobachtung zweiter Ordnung), der Gott beobachtet (Beobachtung erster Ordnung), der ALLES beobachtet (Beobachtung nullter Ordnung), ist man der Letztinstanz am nächsten.
Absoluter Wahnsinn, ein aussergewöhnlicher Post, danke! Das hat was in meinem Gehirn geöffnet und ich habe fragen, kann sie aber kaum artikulieren.
Ein Beobachter n-ter Ordnung scheint mir, mit der Ausnahme der Ordnung 0, selber nur Beobachtungen (n+1)-ter Ordnung machen zu können, kann man das sagen? Etwa schon der Teufel, wenn er nicht sieht, dass er nicht sieht, was er nicht sieht, dann sieht er ja insbesondere auch sich selbst nicht, wie er nicht sieht, usw. Das scheint mir in dieser "nicht-sehen"-Angelegenheit noch speziell ausgezeichnet, denn da, wenn ich das richtig verstehe, eskaliert ja die Selbstbezüglichkeit bereits auf erster Ordnung in vollem Umfang. Eine Frage wäre dann die Einordnung der Systemtheorie. Soweit ich gehört habe war das Luhmann bewusst und angeblich hat er es auch als Anspruch an eine Systemtheorie formuliert: Eine umfassende Systemtheorie müsste sich selbst als System auch beschreiben können. Aber schon allein mit dem Wort "Systemtheorie" und dem Beginn der Arbeit ist eine Unterscheidung ja bereits gemacht, eine Systemtheorie kann doch gar nicht ohne diese erste Unterscheidung existieren, oder? Andernfalls wäre sie ja gewissermassen eine Beschreibung von Gott - oder, kling zwar absurd müsste aber glaube ich so sein, wäre Gott? Muss dann paradoxerweise eine umfassende Systemtheorie dann sogleich von sich selber sagen, dass sie selber eigentlich nur ein Gag, eine total unbedeutende Spielerei ist?
Würde sich eigentlich eine Systemtheorie, welche vom Teufel entwickelt würde, von einer Systemtheorie eines Theologen unterscheiden? Oder reicht die angesprochene "Eskalation", falls man das eben so sehen könnte, auf bereits 1. Ordnung schon, dass das jetzt auch keine grosse Rolle mehr spielt?

Es herrscht nun das Gefühl von
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Okt 2023, 19:55
DAS will ich genauer wissen! HIER spielt die Musik!
Mit einer leisen Sorge, dass man da womöglich die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen beginnt. "Du sollst dir kein Bildnis machen" heisst vielleicht "du sollst keine umfassende Systemtheorie 0-ter Ordnung aufstellen", alles verknüpft sich gerade irgendwie schneller und diffuser, als ich es noch erfassen kann (Ist Mathematik womöglich die Sprache mit der man 0-te Ordnung zu approximieren versucht, ist das womöglich ihr eigentliches Wesen? Ist die gesamte Kunst womöglich der Versuch das einzufangen, von dem wir wenigstens ahnen, dass wir nicht sehen, dass wir es nicht sehen? Etc.).

Ist vielleicht ein total wirrer Post, kann ich noch nicht einschätzen, musste jetzt aber als erster Schritt für meine eigene mentale Hygiene sein.




Nauplios

Fr 3. Nov 2023, 19:47

Danke, Sybok, für die freundliche Aufnahme meines Beitrags zur Systemtheorie ;)

Da ist ja die Systemtheorie scheinbar auf gutem Weg, eine Herzensangelegenheit für Dich zu werden. Wenn man sich damit beschäftigt, gibt es zu Beginn meistens eine Asymmetrie von Fragen, die man an diese Theorie stellt zu den Antworten, die sie gibt. Die Ausgrabungen auf dem Theoriegelände verlaufen zunächst desillusionierend. Man beginnt an einer Stelle zu graben, um dann festzustellen, daß es da kein rechtes Weiterkommen gibt. Dann beginnt man an anderer Stelle, macht dort aber eine ähnliche Erfahrung. Wo auch immer man ansetzt, nahezu alles an dieser Theorie ist kontraintuitiv. Es gibt eigentlich nur eine Möglichkeit: Beharrlichkeit. "Vorsicht vor zu raschem Verstehen", warnt Luhmann in einem Gespräch, das Alexander Kluge 1994 mit Niklas Luhmann geführt hat.

Bei der Freilegung der systemtheoretischen Tiefenschichten verhält es sich ähnlich wie bei einer archäologischen Mission. Zu schnelles Verstehen macht die Ausgrabungswerkzeuge stumpf. Man stößt dann zu heftig in die gesteinsreiche Schicht, angetrieben vom Ansporn, endlich wissen zu wollen, was ein System ist, was Kommunikation oder Beobachtung ist usw. Schließlich hat man eine Reihe von Bohrlöchern ohne daß man zu den unterirdischen Theoriegängen, die alles miteinander verbinden, vorgedrungen ist.

Andererseits muß man irgendwo anfangen. Es ist also Frustrationstoleranz erforderlich und die Bereitschaft, gewonnen geglaubtes Verständnis zu revidieren. Meistens mehrfach. So arbeitet man sich Stück für Stück mit archäologischen Feinwerkzeugen in den Untergrund der Systemtheorie vor.

Es gibt natürlich eine Fülle von Einführungsschriften, aber vielleicht ist es ganz gut, die komplexen Theorieeinheiten fürs erste auf sich beruhen zu lassen und entspannt und zurückgelehnt die Bekanntschaft mit Luhmann bei einer Tasse Kaffee zu machen. Möglich wird dies durch das oben erwähnte Gespräch zwischen Alexander Kluge und Niklas Luhmann. Es gibt bei Youtube auch etliche Videos, in denen die Systemtheorie "erklärt" wird, aber das Lesen wird dadurch nicht erspart. Eine Einführungsvorlesung von Luhmann (12 × 90 Minuten) ist dort ebenfalls zu hören.

Ich versuche, das Interview "Vorsicht vor zu raschem Verstehen" hier gleich einzubetten. Das dauert 45 Minuten und man erfährt darin einiges über Intimsysteme, Moral, Beobachtung, Kriegserlebnisse usw. Und es ist natürlich auch ein Annäherungsversuch an die Person Luhmann. -




Nauplios

Fr 3. Nov 2023, 20:01

Also in die Tiefenschichten des Youtube-Buttons dringe ich nicht vor, obwohl ich es nach der Anweisung von "Wie geht das?" mache.

:?:


https://m.youtube.com/watch?v=DKOO1Kum7 ... cnZpZXc%3D



https://youtu.be/DKOO1Kum7MQ?si=QE-sFRylth91nttO




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Stefanie
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Fr 3. Nov 2023, 20:15

Ich war so frei und habe das Video eingebettet.

Nutzt Du PC oder Tablet.?



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
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Nauplios

Fr 3. Nov 2023, 20:37

Ich nutze gerade ein Handy.

Danke für's Einbetten.




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Stefanie
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Fr 3. Nov 2023, 20:50

Handy, auch das noch. : - )))
Ich überlege mir mal eine Bilderserie für youtube.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
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Eiwa
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Fr 3. Nov 2023, 23:40

Nauplios hat geschrieben :
Fr 27. Okt 2023, 18:00

Vielleicht bietet Ernst Machs Zeichnung "Innenperspektive" die Möglichkeit einer Veranschaulichung:

Der Beobachter beobachtet, aber er kann die Einheit der Unterscheidung, mit der er beobachtet, nicht beobachten. Ernst Mach zeichnet sich selbst, er kommt in seinem Bild vor, aber nicht vollständig. Ein Beobachter zweiten Grades könnte Ernst Mach bei der Beobachtung der Welt beobachten. Er könnte ihn zum Beispiel zeichnen. Dann würde man Ernst Mach vollständig sehen - seine Augen eingeschlossen. Von diesem Beobachter zweiter Ordnung würde man wiederum die Beine, die Hand, den Stift usw. sehen, aber nicht dessen Augen. Um den Beobachter zweiter Ordnung mitsamt seinen Augen zu sehen, die den Beobachter erster Ordnung beobachten, bedarf es eines Beobachters dritter Ordnung usw. - Es entstünde sozusagen ein Bild im Bild bzw. ein Bild im Bild im Bild. Auf keiner Ebene gäbe es einen Beobachter, der ALLES sieht.

Der Beobachter in der Zeichnung von Ernst Mach kommt auf beiden Seiten vor, auf der Seite des Beobachteten und auf der Seite des Beobachtenden, also auf beiden Seiten der Unterscheidung, mit der beobachtet wird. Beobachtung ist Unterscheiden und eine Seite der Unterscheidung bezeichnen. Ließe sich beobachten ohne zugleich zu bezeichnen, hätte man die Beobachtung sozusagen in flagranti erwischt. Der Detektiv kommt hier immer zu spät.
Logisch und auch faszinierend. Es ist off Topic, aber mich hat es sehr beschäftigt: "Auf keiner Ebene gäbe es einen Beobachter, der ALLES sieht" ... Ist dem wirklich so, muss es immer so sein und warum sollte das so sein?
Wenn die Bedingungen stimmen und es entsprechend dunkel draussen ist, in dem Raum Licht an ist, dann könnte man sich doch vollständig in der Spiegelung der Fensterscheiben sehen?




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