Was ist Natur?

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Fr 1. Sep 2023, 20:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 19:20
1+1=3 hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 17:26
Natur ist, was sich selbst erschafft.
Das wäre eine klassische Definition: Natur ist das, was sich selbst schafft, im Gegensatz zu dem, was wir schaffen. Meinem Gefühl nach ist diese Definition von der lebendigen Natur inspiriert, und das kommt meiner Vorstellung nahe, die sicherlich noch nicht ausgearbeitet ist.
"Selbsterschaffen" gerade auch im Sinne von (permanentem!) "self design" (statt "intelligent design"!). Und zwar vom Anfang ("Urknall") bis zum Ende (?). Kosmogonie, Kosmologie, Evolution, die menschliche Kultur (als eine Art "Extension" der Natur) etc.




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Jörn Budesheim
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Fr 1. Sep 2023, 20:40

Das wäre dann wohl eher die Position, die auch Quk vertritt, alles ist Natur, oder?




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Fr 1. Sep 2023, 20:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:40
Das wäre dann wohl eher die Position, die auch Quk vertritt, alles ist Natur, oder?
Im Prinzip ja. Ist natürlich auch Ansichts- u./o. Definitionssache. Wenn man bspw. Kultur als das Gegenteil von Natur (auf)fasst.




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Jörn Budesheim
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Fr 1. Sep 2023, 21:13

Ich denke nicht, dass Kultur das Gegenteil von Natur ist. Kultur kann es nur dort geben, wo auch Natur ist. Die beiden sind ineinander verklammert.




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Quk
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Fr 1. Sep 2023, 21:21

Ich glaube auf Seite 1, ab 67390 wurde was übersehen ... :-)




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Jörn Budesheim
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Quk hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:29
Ist ein Asteroid ein Stück Natur?
Das kann ich so nicht beantworten. Um zu wissen, was etwas ist und zu welchem Zusammenhang es gehört, muss man eben diesen Zusammenhang natürlich mit betrachten.




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Quk
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Fr 1. Sep 2023, 22:24

Der Asteroid kann in einen Zusammenhang mit unserer Atmosphäre geraten und dann Schallwellen erzeugen. Ist er dann ein Stück Natur?

Wenn er nicht da hineingerät, bleibt er und sein direktes Umfeld stumm. Ist er dann ein Stück Unnatur?

Deine erste These spricht von Hörbarkeit.

Was ist mit der Sichtbarkeit?

Sind das beide Metaphern für dieselbe Sache?




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Jörn Budesheim
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Sa 2. Sep 2023, 07:45

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 16:48
Meine Metapher schließt an verschiedene andere Metaphern an, z.B. dass wir eigentlich in einem kalten, leeren Universum leben, das normativ stumm bleibt. Ein anderes Bild spricht von anonymen Naturkräften.
Quk hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 22:24
Der Asteroid kann in einen Zusammenhang mit unserer Atmosphäre geraten und dann Schallwellen erzeugen. Ist er dann ein Stück Natur?

Wenn er nicht da hineingerät, bleibt er und sein direktes Umfeld stumm. Ist er dann ein Stück Unnatur?

Deine erste These spricht von Hörbarkeit.
Wenn jemand sagt, das Universum sei normativ stumm, dann redet er doch nicht von Schallwellen.




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Quk
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Sa 2. Sep 2023, 08:08

Das wusste ich nicht.

Was bedeutet "normativ stumm"?


In Deiner These hast Du "normativ" entfernt:

"Die Natur ist der Teil der Wirklichkeit, der nicht stumm ist."


Die "stumm"-Metapher verstehe ich nicht.


Google gibt mir 32 Treffer. Auf Bücher, die ich nicht habe.


Nichtsdestotrotz möchte ich Dir meine "Schallwellen" als Fragestellung anbieten, nur diesmal als Metapher. Nenne sie "normative Schallwellen" :-)




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Jörn Budesheim
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Sa 2. Sep 2023, 08:23

Quk hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 08:08
Google gibt mir 32 Treffer.
Was hast du denn in die Suche eingegeben? Den Startbeitrag?




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Jörn Budesheim
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Sa 2. Sep 2023, 08:31

Quk hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:18
Ist der Termitenbau ausschließlich natürlich und der Eiffelturm ausschließlich kultürlich?
1+1=3 hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:55
Wenn man bspw. Kultur als das Gegenteil von Natur (auf)fasst.
Natur (so wie ihr den Begriff in diesen Beiträgen verwendet) und Kultur/Geist sind in meiner Sicht miteinander verbunden, aber kategorial verschieden. Dass sie kategorial verschieden sind, bedeutet, dass wir sie begrifflich trennen können/sollten. Es bedeutet nicht, dass sie unabhängig voneinander existieren können.




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Quk
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Sa 2. Sep 2023, 08:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 08:23
Quk hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 08:08
Google gibt mir 32 Treffer.
Was hast du denn in die Suche eingegeben? Den Startbeitrag?
"normativ stumm"




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Quk
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Sa 2. Sep 2023, 08:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 08:31
Quk hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:18
Ist der Termitenbau ausschließlich natürlich und der Eiffelturm ausschließlich kultürlich?
1+1=3 hat geschrieben :
Fr 1. Sep 2023, 20:55
Wenn man bspw. Kultur als das Gegenteil von Natur (auf)fasst.
Natur (so wie ihr den Begriff in diesen Beiträgen verwendet) und Kultur/Geist sind in meiner Sicht miteinander verbunden, aber kategorial verschieden. Dass sie kategorial verschieden sind, bedeutet, dass wir sie begrifflich trennen können/sollten. Es bedeutet nicht, dass sie unabhängig voneinander existieren können.
Auch in meiner Vorstellung ist die Kultur, also die menschlichen Erfindungen, gewissermaßen ein Teil der Natur, da die Erfindenden Naturprodukte sind. Mit "gewissermaßen" meine ich das Zweierlei aus direkter und indirekter Herstellung. Der Eiffelturm wächst nicht direkt aus dem Naturprodukt Erdaktivität, sondern indirekt durch das Naturprodukt Menschenarbeit (welches aus der Erdaktivität stammt).

Falls das zu naturalistisch klingen sollte, liegt es vermutlich daran, dass es um das Thema Natur geht :-)
Zuletzt geändert von Quk am Sa 2. Sep 2023, 08:53, insgesamt 1-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Sa 2. Sep 2023, 08:52

Hättest du die Metapher vom "kalten, leeren Universum“ eingegeben, hättest du vielleicht Metzinger gefunden :) in den Treffern ist Larmore angegeben, und ich habe tatsächlich ein Buch von ihm.

Es gibt viele Metaphern, die letztlich auf etwas Vergleichbares hinauslaufen, nämlich dass das Universum ein Räderwerk, ein Mechanismus oder ähnliches ist und keinen Platz hat für Dinge wie: Sinn, Bedeutungen, Normen, Schönheit etc pp. Oft werden diese Dinge dann als Projektionen von uns weg erklärt. Ich halte das alles für falsch und glaube, dass diese Dinge wirklich existieren. Sie existieren nicht unabhängig vom Leben/uns, aber sie sind keine Projektion des Lebens/uns. In dem Moment, in dem es Leben gibt (vielleicht einschränkend gesagt: ab einem bestimmten Komplexitätsgrad), gibt es auch objektive normative Strukturen/Relationen. Dann gibt es nicht mehr nur "Dinge an sich", sondern auch "für sich" und "für andere".




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Quk
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Sa 2. Sep 2023, 09:03

Tja, da stimme ich Dir völlig zu. Lediglich die Begriffe verwalte ich anders.

Ich sagte ja, Natur sei alles. Nicht nur Räderwerk, sondern auch Sinn, Bedeutungen, Normen, Schönheit.
Warum? Weil der Mensch, der über diese Dinge redet, ein Naturprodukt ist. Meiner Vorstellung nach.

Ja, man kann diese Einzelheiten unterschiedlich kategorisieren zwecks Vorstellungs-Verwaltung.
In welchem Verwaltungsakt benötigt man diese kategoriale Unterscheidung?

Vermutlich unterscheidest Du, weil Du zwischen Räderwerk und Schönheit einen Unterschied machen willst zwecks Erhalt der Vielfalt der Bedeutungen.
Darin sehe ich aber keinen Widerspruch zu meiner Vorstellung, welche lediglich der Gesamtmenge den Namen "Natur" gibt, während die vielen Elemente dieser Menge vielfältig bleiben. Der Mengen-Name zerstört nicht die Vielfalt, meiner Ansicht nach. Das sind typische Punkte, wo ich Metzinger und Gabriel nicht folgen kann und in deren Umkategorisierungen keinen Erkenntnisgewinn sehe in Bezug auf die Tatsachen, über deren Zusammenhänge wir anscheinend uns einig sind.




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Jörn Budesheim
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Wenn wir sagen, lass uns in die Natur gehen, dann könnte man nach deiner Vorstellung dort bleiben, wo man ist, denn man ist sowieso immer in der Natur :)




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Sa 2. Sep 2023, 09:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 08:31
Natur (so wie ihr den Begriff in diesen Beiträgen verwendet) und Kultur/Geist sind in meiner Sicht miteinander verbunden, aber kategorial verschieden. Dass sie kategorial verschieden sind, bedeutet, dass wir sie begrifflich trennen können/sollten. Es bedeutet nicht, dass sie unabhängig voneinander existieren können.
Das entspricht in etwa meiner Weltsicht: "eigentlich" monistisch (= alles ist "Natur", "natürlich" etc. - auch "Künstliches" entstammt ihr zumindest...), in qualitativer (-> kategorialer!) Hinsicht zugleich vielheitlich "aufgestellt". (So bin denn auch s.g. "Eigenschaftsdualist/-pluralist"/"Substanzmonist".)




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Sa 2. Sep 2023, 10:11

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 2. Sep 2023, 09:51
Wenn wir sagen, lass uns in die Natur gehen, dann könnte man nach deiner Vorstellung dort bleiben, wo man ist, denn man ist sowieso immer in der Natur :)
M.E. strenggenommen ja. Wir wollen nachher noch "in die Natur" (hier: Wald) mit dem Hund. Dazu müssen wir die "künstliche Natur" (aka Kultur usf.), d.h. in diesem Falle Kleinstadt, verlassen.




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Jörn Budesheim
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Sa 2. Sep 2023, 10:33

Der Unterscheidung zwischen Natur und Kultur entspricht doch etwas in der Sache, warum sollte man also diese Unterscheidung aufgeben?




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Quk
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Sa 2. Sep 2023, 10:42

"Lass uns in die Natur gehen" ist meiner Lesart nach eine poetische Redewendung, die vielerlei bedeuten kann, wie etwa "lass uns auf den Berg steigen" oder "lass uns durch den Wald spazieren". Schon das Verb "hineingehen" deutet an, dass es sich um eine lyrische Metapher handeln muss, beispielsweise für "steigen" oder "spazieren", denn bei "Waldspaziergang" mag "hineingehen" noch passen, aber bei "Bergsteigen" schon nicht mehr.

Aber selbst wenn es keine Redewendung ist und wörtlich genommen werden muss, habe ich keinen Einwand.
Ich nenne dann die Aktion einfach konkret: Lass uns ans Meer gehen. Lass uns auf die Wiese liegen.

Ehrlich gesagt, bin ich sowieso kein Fan von solchen Redewendung der Art "die Seele baumeln lassen" etc. Zu dieser Art zähle ich auch die obige :-)




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