subjektiv/objektiv

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
Burkart
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Sa 11. Mär 2023, 11:16

transfinitum hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 05:17
AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 8. Mär 2023, 15:38

Das bringt mich auf eine Idee. Gibt es also in unserer Sprache Wörter, über die man nicht philosophieren kann? Wo es einfach sinnlos ist? Ich würde sie dann als atomare Wörter bezeichnen.
ich vermute, das geht in die Richtung des logischen Atomismus von Russell. Dieser spricht allerdings von nicht-reduzierbaren Sachverhalten.
Hast du ein Beispiel für einen nicht-reduzierbaren Sachverhalt?

Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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AufDerSonne
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Sa 11. Mär 2023, 12:56

Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 11:16
Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)
Drei Beispiele: Und, oder, gut.



Ohne Gehirn kein Geist!

Burkart
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Sa 11. Mär 2023, 16:01

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 12:56
Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 11:16
Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)
Drei Beispiele: Und, oder, gut.
Och, also gerade über "gut" kann mehr schön philosophieren. Was ist denn "gut"? Z.B. nur für einen selbst oder eine Gemeinschaft? Kurz- oder langfristig? Irgendwie halbwegs objektiv oder völlig gefühlsmäßig subjekt? Und wann ist etwas schon gut und wann vielleicht noch nicht und in welcher Hinsicht? Usw. ;)

"Und" und "oder" sind ein anderer Begriffstyp, über die man auch reden kann.
Bei "oder" z.B. hinsichtlich ausschließendem Oder oder das üblichere einschließende? Z.B. wann man was Sinn?
Und wann benutzt man "Und"? Z.B. im zeitlichen Kontext oder räumlichen oder rein abstrakten...



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Jörn Budesheim
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Sa 11. Mär 2023, 16:14

AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 8. Mär 2023, 15:38
Möglicherweise hat Jörn recht, dass das Wort "gut" atomar ist, also es sinnlos ist, dieses Wort zu definieren.
Ich habe gesagt, dass der Begriff "gut" primitiv ist. Das heißt nicht, dass es sinnlos ist, dieses Wort zu definieren, sondern dass es unmöglich ist. Das heißt auch nicht, dass man nicht darüber philosophieren kann.




Steinmetz
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Sa 11. Mär 2023, 19:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 19:36
Donald Davidson hat geschrieben : Ein Urteil ist objektiv, wenn es wahr oder falsch oder möglicherweise keins von beidem ist, der Wahrheitswert (wahr, falsch oder keins von beidem) aber feststeht. Der Wahrheitswert des Urteils ist unabhängig von der Person des Urteilenden sowie von der Gesellschaft oder Zeit, in der er lebt. Der Wahrheitswert eines Urteils hängt nur von zweierlei ab: den Tatsachen und dem Inhalt des Urteils [...]"
Das hier scheint mir etwas ganz ähnliches, wenn nicht dasselbe zu besagen.
Ich glaube der Objektivitätskontrast würde dann wohl eine Art Größe angeben zwischen einem Subjektiv gefälltem Urteil und dem Objektivem Urteil.
Bei der Aussage Donald Davidson entnehme ich eher den Idealfall eines objektivem Urteils.
Auf jeden Fall ist Objektivitätskontrast ein wunderbarer neuer Begriff.




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infinitum
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Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 11:16
transfinitum hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 05:17
AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 8. Mär 2023, 15:38

Das bringt mich auf eine Idee. Gibt es also in unserer Sprache Wörter, über die man nicht philosophieren kann? Wo es einfach sinnlos ist? Ich würde sie dann als atomare Wörter bezeichnen.
ich vermute, das geht in die Richtung des logischen Atomismus von Russell. Dieser spricht allerdings von nicht-reduzierbaren Sachverhalten.
Hast du ein Beispiel für einen nicht-reduzierbaren Sachverhalt?

Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)
das wäre dann die atomare Aussage nach Russell, die aus einem Subjekt und Prädikat besteht. Sie lässt sich nicht weiter zerteilen, ohne die Bedeutung zu verändern.

Beispiele wären:
"Dieser Apfel ist rot."
"Die Sonne scheint."
"Ich esse jetzt."
"Das Auto fährt schnell."
"Die Tür ist geschlossen."

wobei ich aber noch nicht ganz in die Richtung gestossen bin, wie ein Wort aussehen soll, über das man nicht philosophieren kann.



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infinitum
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AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 12:56
Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 11:16
Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)
Drei Beispiele: Und, oder, gut.
finde ich schwierig, da man über die Worte auf jeden Fall auch philosophieren kann.

Und: neben der logischen Verknüpfung einer Aussage kann auch eine Aufzählung im sprachlichen Sinne stattfinden.
Oder: entweder eine logische Operation oder eine Alternativwahl
Gut: bietet massiv viel Gedankenspielraum.



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Burkart
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So 12. Mär 2023, 15:47

transfinitum hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 23:04
Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 11:16
transfinitum hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 05:17


ich vermute, das geht in die Richtung des logischen Atomismus von Russell. Dieser spricht allerdings von nicht-reduzierbaren Sachverhalten.
Hast du ein Beispiel für einen nicht-reduzierbaren Sachverhalt?

Bzw. an AufDerSonne:
Hast du Beispiel für ein Wort, über das man nicht philosophieren kann? (Ich fürchte, man kann für jedes Wort einen Grund finden, um über es zu philosophieren.)
das wäre dann die atomare Aussage nach Russell, die aus einem Subjekt und Prädikat besteht. Sie lässt sich nicht weiter zerteilen, ohne die Bedeutung zu verändern.

Beispiele wären:
"Dieser Apfel ist rot."
"Die Sonne scheint."
"Ich esse jetzt."
"Das Auto fährt schnell."
"Die Tür ist geschlossen."
Du hast recht, wenn denn die Bedeutung auch wirklich eindeutig und klar ist bzw. wäre. Man kann ja praktisch jeden Satz irgendwie hinterfragen, und sei es in irgendeinen Kontext stellen, sofern dieser nicht klar (vor-)gegeben ist.
So mag der Apfel z.B. z.T. auch noch gelblich oder aber schon bräunlich sein. Und ist die Tür abgeschlossen oder nur zugeklappt? Und ist das Auto schnell für dich oder in einem objektive(re)n Sinne?
DIe scheinende Sonne mag mit oder ohne Wolken sein oder nur lokal begrenzt scheinen. Und dass du jetzt isst, könnte implizit weitere Bedeutungen habenm z.B. dass du jetzt "endlich erst" essen kannst oder dass im Gegensatz dazu nicht trinkst...



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Jörn Budesheim
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Sind Sachverhalte und Aussagen denn nicht verschieden?




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Steinmetz hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 19:19
Ich glaube der Objektivitätskontrast würde dann wohl eine Art Größe angeben zwischen einem Subjektiv gefälltem Urteil und dem Objektivem Urteil.
Ich für meinen Teil würde hier den Begriff "Subjekt" ersatzlos streichen, weil er einfach die Vorstellung aufrechterhält, dass das Subjektive und das Objektive per se eine Art Gegensatz bilden. Urteile können richtig oder falsch sein, oder annähernd richtig oder annähernd falsch. Falsche Urteile sind nicht automatisch subjektiv, es kann sich auch einfach um Irrtümer handeln.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Mär 2023, 17:20
Ich für meinen Teil würde hier den Begriff "Subjekt" ersatzlos streichen, weil er einfach die Vorstellung aufrechterhält, dass das Subjektive und das Objektive per se eine Art Gegensatz bilden. Urteile können richtig oder falsch sein, oder annähernd richtig oder annähernd falsch. Falsche Urteile sind nicht automatisch subjektiv, es kann sich auch einfach um Irrtümer handeln.
Dieser Sache Stimme ich soweit zu.
Zu bedenken möchte sie ich aber geben, dass ich als Individuum keinen wirklichen Zugriff zur Wirklichkeit habe und meine Urteile daher immer leicht verfälscht sein könnten.




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Wenn du keinen "wirklichen Zugriff" auf die Wirklichkeit hast, woher weißt du dann, dass du keinen "wirklichen Zugriff" hast?




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Jörn Budesheim
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Donald Davidson hat geschrieben : Ein Urteil ist objektiv, wenn es wahr oder falsch oder möglicherweise keins von beidem ist, der Wahrheitswert (wahr, falsch oder keins von beidem) aber feststeht. Der Wahrheitswert des Urteils ist unabhängig von der Person des Urteilenden sowie von der Gesellschaft oder Zeit, in der er lebt. Der Wahrheitswert eines Urteils hängt nur von zweierlei ab: den Tatsachen und dem Inhalt des Urteils [...]"
Der Begriff "objektiv" ist meines Erachtens brauchbarer als der Begriff "subjektiv". Ob man Spaghetti mit roter Soße lieber mag als mit Sahnesoße, könnte man eventuell als "subjektiv" bezeichnen, auch wenn das für mich mehr als seltsam klingt. Unser phänomenales Bewusstsein, also das "Wie es ist", könnte man "subjektiv" nennen, aber auch das klingt für mich seltsam. Aber als Fachbegriff könnte es funktionieren. Jedenfalls sollte man diese beiden Formen von "Subjektivität" nicht verwechseln. In der Philosophie hat sich seit John Searle die Unterscheidung zwischen "epistemischer Subjektivität" und "ontologischer Subjektivität" eingebürgert.

Ein Beispiel für "ontologische Subjektivität": Ich kneife mich mit der rechten Hand in die linke. Dieser Vorgang wird mir bewusst, indem ich ihn als leichten Schmerz empfinde. Schmerz existiert aber nur insofern, als er von jemandem (einem "Subjekt") empfunden wird, das könnte man subjektiv nennen. Der amerikanische Philosoph John Searle spricht deshalb von einer "subjektiven Ontologie". Damit ist zugleich gesagt, dass der Schmerz objektiv ist, dass es ihn wirklich gibt. Ein Beispiel für "epistemische Subjektivität" wäre dann die Spaghettisoße oder dergleichen.

Als Karikatur: Es gibt wahrscheinlich auch Leute, die sagen würden, dass die Körpergröße subjektiv ist. Denn wenn man sie misst, kommt bei jedem etwas anderes heraus :-) Manche würden sogar sagen, sie sei relativ, sogar kulturrelativ, denn schließlich hängt die gemessene Zahl vom Maßsystem ab. Das wäre lustig, wenn es nicht traurig wäre.




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