Erscheinung und Wirklichkeit

Dieses Unterforum beschäftigt sich mit dem Umfang und den Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit sowie um die speziellen Gesichtspunkte des Systems der modernen Wissenschaften.
ahasver
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So 27. Nov 2022, 11:11

Meine Vermutung: Das Dasein (= das real sein) des Mondes ist davon abhängig wieviel und welche Information er mit dem Universum austauscht..
Desweiteren vermute ich, dass das Dasein des Mondes davon abhängt wie diese Informationen verstanden werden, welcher Sinn diesen Informationen gegeben wird.

Je weniger Mondsinn ins restliche Universum dringt umso mehr zieht der Mond sich aus der Realität (= Faktizität) zurück in die Wirklichkeit (= Potentialität).

Aus dieser Wirklichkeit heraus wirkt der Mond immer noch. Allerdings nicht qua physikalischer Wechselwirkung. Its magic!



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sybok
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So 27. Nov 2022, 15:44

ahasver hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 10:59
Meines unmaßgeblichen Erachtens ist auch der Pfadintegralformalismus eine Kollapstheorie. Er liefert genau dieselben Wahrscheinlichkeitsdichten wie Schrödingers Wellenfunktion oder Heisenbergs Matrizenmechanik. Welcher Wert in der Messung dann tatsächlich realisiert wird bleibt offen. Es bleibt vor allem offen, warum genau dieser Messwert faktisch wurde und nicht ein genauso wahrscheinlicher oder ein gar noch wahrscheinlicherer.
An welcher Stelle wäre denn die Pfadintegralmethode eine Kollapstheorie?

Ist es nicht so, dass sich die Pfadintegralmethode die Absurdität halt an einer anderen Stelle einfängt? Statt Welle-Teilchen-Dualismus dort, wo man akzeptieren muss, dass in der Nähe der Planck-Skala lächerliche Bahnen nun plötzlich stabil sind?
ahasver hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 10:59
"ist der Mond da, wenn ihn Niemand sieht?"

Meine Antwort:

Die Frage müsste heißen: "ist der Mond immer noch da, auch wenn er keinen Wechselwirkungspartner mehr hat?" Auch wenn niemand den Mond mehr sieht, wechselwirkt er ja immer noch ganz massiv mit der Erde. ZB die Gezeiten......

Ist der Mond immer noch da, wenn es keine Lebewesen mehr gibt, die ihn oder seine Wirkungen (Gezeiten...) wahrnehmen? Jetzt wird es spannend. Meine Ansatz ist: ja er ist dann immer noch da, aber die Art und Weise seines Daseins ist von seinen Wechselwirkungen abhängig.

Ohne Wechselwirkungen mit dem Rest des Universums ist der arme Mond dann nicht mehr da. Was für den Rest des Universums dann aber auch keinen Unterschied machen würde.

Meine Vermutung: Das Dasein (= das real sein) des Mondes ist davon abhängig wieviel und welche Information er mit dem Universum austauscht..
Ja, das ist erheblich besser. Aber auch so bleibt es an sich, wenn ich dich richtig verstehe, ja trotzdem klassisch, da ist ja - vorerst - gar keine QM nötig.




ahasver
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So 27. Nov 2022, 15:58

An welcher Stelle wäre denn die Pfadintegralmethode eine Kollapstheorie?
Du hast ein Ensemble möglicher Messwerte. Nur einen davon wirst du faktisch messen. Der Kollaps könnte sich bei der Wechselwirkung mit der Messapparatur (bewußtseinsfrei) ereignen, oder spätestens, wenn ein Beobachter vom Messergebnis verstehend Kenntnis nimmt.

Die Problematik ist exakt dieselbe wie bei Schrödinger oder Heisenberg.



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sybok
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So 27. Nov 2022, 16:24

ahasver hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 15:58
Du hast ein Ensemble möglicher Messwerte. Nur einen davon wirst du faktisch messen.
Ja, das habe ich ja aber bei jeder noch so banalen Zufallsvariablen. Das Problem in der QM ist ja nicht die Stochastik, sondern der Realismus.




ahasver
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So 27. Nov 2022, 16:39

sybok hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 16:24
. Das Problem in der QM ist ja nicht die Stochastik, sondern der Realismus.
Ein Realismus, der verlangt, dass die Messwerte schon vor der Messung Element der physikalischen Realität sein sollen, ist durch die Verletzung der Bellschen und Leggettschen Ungleichungen widerlegt. Wo sollten die Messwerte im Falle der Pfadintegralmethode denn verborgen sein? Auch hier entsteht der Messwert erst im Augenblick der Messung. Auch hier ist es eine Tatsache, dass der Messwert vor der Messung nicht nur nicht gewußt wurde, sondern dass er noch nicht feststand. Kein epistemischer, sondern ein ontologischer Zufall.

Der Pfadintegralformalismus ist etwas grundsätzlich anderes als die Bohmsche Führungswellentheorie.
Der Pfadintegralformalismus ist der Königsweg in die Quantenfeldtheorien. Die Bohmsche Theorie ist eine Sackgasse (nicht relativistisch formulierbar, durch die Verletzung der Ungleichungen, speziell der Leggettschen, widerlegt)



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sybok
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So 27. Nov 2022, 17:08

ahasver hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 16:39
Wo sollten die Messwerte im Falle der Pfadintegralmethode denn verborgen sein?
Oh ja natürlich, danke :) . Ich möchte noch darüber nachdenken, aber ich glaube ich habe da einen Gedankenfehler gemacht - vielleicht melde ich mich also dazu nicht mehr.




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AufDerSonne
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Do 1. Dez 2022, 18:18

Hallo Leute!
Wollte mich nur mal melden. Nicht, dass ihr denkt, ich sei euch verloren gegangen.
In Wirklichkeit gibt es mich noch. :D
Ja, habe heute gearbeitet. Privat befasse ich mich wieder vermehrt mit der Programmierung. Ja, also halt mit Python.
Ist noch eine interessante Programmiersprache. Jetzt halt auch für naturwissenschaftliche Anwendungen.
Was macht ihr so?

Die Wirklichkeit. Ist sie überhaupt problematisch? Ist sie nicht immer erst dann problematisch, wenn wir etwas tun müssen, das wir nicht tun können?
Also wenn uns die Fähigkeiten für etwas fehlen? Kommt vor der Wirklichkeit nicht der Kampf ums Überleben?
Im Kampf ums Überleben manifestiert sich die Wirklichkeit. Wenn wir am Leben bedroht sind, dann spüren wir die Wirklichkeit am meisten. Auch wenn wir leiden oder Schmerzen haben. Dann spüren wir, was wirklich ist.
Also, lernen durch Fehler. Kann man auch vom Positiven lernen, also ohne vorher Schmerzen zu haben, weil man es falsch macht? Also lustvoll leben und trotzdem wissen, was wirklich ist?
Gibt es den Menschen, der noch keine Schmerzen erfahren hat und trotzdem weiß, was wirklich ist?

Alle Menschen nehmen die gleiche Wirklichkeit wahr zur gleichen Zeit. Die Wirklichkeit ist absolut. Die Wahrnehmungen können unterschiedlich sein bei verschiedenen Menschen, aber die Wirklichkeit ist für alle gleich.
Der Tisch ist so wie er ist, auch wenn er verschieden wahrgenommen wird. Anders: Unsere Wahrnehmung kann die Wirklichkeit nicht verändern. Aber unsere Handlungen können es.



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Timberlake
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Di 13. Dez 2022, 15:51

AufDerSonne hat geschrieben :
Do 1. Dez 2022, 18:18
Hallo Leute!
Wollte mich nur mal melden. Nicht, dass ihr denkt, ich sei euch verloren gegangen.
In Wirklichkeit gibt es mich noch. :D
Ja, habe heute gearbeitet. Privat befasse ich mich wieder vermehrt mit der Programmierung. Ja, also halt mit Python.
Ist noch eine interessante Programmiersprache.
Hallo AufDerSonne


. ich durfte übrigens seiner Zeit , während meines Studiums, mit der Programmiersprache Fortran Bekanntschaft schließen.

Das mal nur so nebenbei oder wie man es nimmt auch nicht. Um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen, als da wäre Erscheinung und Wirklichkeit ; @Jörn hat dazu heute andernorts einen , wie ich finde, "interessanten" Beitrag gepostet ..
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 13. Dez 2022, 08:06
Burkart hat geschrieben :
Mo 12. Dez 2022, 22:45
Ich hoffe, du verstehst diese Differenzierung.
Diese "Differenzierung" läuft darauf hinaus, den Unterschied zwischen "X ist intelligent" und "X ist nicht intelligent (sondern sieht nur von außen so aus)" aufzuheben. Das gibt sich daher nur den Anschein einer Differenzierung, in Wahrheit soll der Unterschied (also die Differenz) zwischen "ist so" und "scheint nur so" aufgehoben werden.




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AufDerSonne
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Mi 14. Dez 2022, 19:44

Es gibt ja das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Diese Sachen sind im Alltag normalerweise unzweifelhaft, sonst hätte man ja halluziniert.
Wenn ich sage, ich kam heute mit dem Bus zur Arbeit, dann denkt niemand, ich sei möglicherweise mit dem Fahrrad gekommen.

Platon hat nun gesagt, dass diese Welt der Sinneserfahrungen nur oberflächlich sei, da sie sich ja dauernd verändert. Ist das eigentlich so, dass in der materiellen Welt nichts von Dauer ist?
Er hat eine zweite Welt angenommen, die nur dem Intellekt zugänglich ist, die Welt der ewigen unveränderlichen Gesetze, die Ideen.

Also für Platon gab es hinter der Wirklichkeit eine zweite Wirklichkeit.
Was ich mich nun frage. Gibt es vielleicht nur die eine Wirklichkeit der Welt der Erfahrungen? Ist nicht der Rest einfach in unserem Geist, also im Gehirn vorhanden?
Woher kommt diese Idee, die Welt sei im Grunde dualistisch? Also es gebe im Grunde zwei Welten? Vielleicht aus der Angst davor, dass der Rest nur in unserem Gehirn ist?

Entspringt die materielle Natur aus einem schöpferischen Geist (in der Regel nennt man den Gott) oder ist es umgekehrt, erzeugt die materielle Natur den Geist?
Wann das zweite gilt, dann brauchten wir gar keinen Gott. Es gäbe nicht Geist vor Natur, sondern nur Natur vor Geist.



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Timberlake
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Di 20. Dez 2022, 00:10

AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 14. Dez 2022, 19:44
Es gibt ja das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Diese Sachen sind im Alltag normalerweise unzweifelhaft, sonst hätte man ja halluziniert.
Wenn ich sage, ich kam heute mit dem Bus zur Arbeit, dann denkt niemand, ich sei möglicherweise mit dem Fahrrad gekommen.



und warum denkt niemand du seist möglicherweise mit dem Fahrrad gekommen?
  • Kommunikation (Luhmann)
    Die Operation Kommunikation weist drei Merkmale auf: Anschluss, Auswahl und Fehlerkorrektur. Die weitere Prüfung, Bestätigung oder Korrektur der Operation Kommunikation kann nur durch sich autopoietisch anschließende kommunikative Operationen geschehen. Kommunikation stabilisiert sich einerseits im Wechselspiel gegenseitiger Erwartungen und erweitert sich andererseits fortlaufend durch die so geschaffenen Möglichkeiten weiterer Bezugnahmen. Sie ist bedroht durch inadäquate, falsche, ungewollte Selektionen und grenzt sich, wenn sie erfolgreich ist, gegen diese ab.
.. lt. Niklas Luhmann . weil die Kommunikation durch eine solche inadäquate, falsche, ungewollte Selektionen bedroht wird. Werden doch " diese Sachen im Alltag" durch die drei Merkmale der Kommunikation , als da wären Anschluss, Auswahl und Fehlerkorrektur stetig korrigiert, stabilsiert und ggf. sogar durch die so geschaffenen Möglichkeiten weiterer Bezugnahmen stetig erweitert.
AufDerSonne hat geschrieben :
Do 13. Okt 2022, 20:25
Auch hier gehen wir von einem Tisch aus. Er soll aus Holz sein und dunkelbraun.
Russell behauptet. Wir wissen von diesem Tisch nur eines: dass er nicht so ist, wie er erscheint.

Ich zweifle schon an dieser Behauptung. Wieso sollen die materiellen Gegenstände nicht genau so sein, wie sie uns erscheinen, also in der Regel, wie wir sie sehen?

Was ist, wenn unsere Sinne uns genau das liefern, was die Dinge sind?
.. und einer dieser "Erweiterungen" besteht darin , dass wir von diesem Tisch nur eines wissen , dass er nicht so ist, wie er erscheint.




Henk
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Di 20. Dez 2022, 13:13

"Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge." (Novalis, Vermischte Bemerkungen, Handschriftliche Fassung von Blütenstaub)




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AufDerSonne
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Fr 6. Jan 2023, 11:09

Timberlake hat geschrieben :
Di 20. Dez 2022, 00:10
.. und einer dieser "Erweiterungen" besteht darin , dass wir von diesem Tisch nur eines wissen , dass er nicht so ist, wie er erscheint.
Sind die Dinge nie so, wie sie uns erscheinen?
Oder ist es möglich, wenn wir genug über ein Ding wissen, dass es uns genau so erscheint, wie es ist?



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ahasver
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Fr 6. Jan 2023, 12:03

Folgende Behauptung wird als selbstverständlich genommen und immer vorausgesetzt:

Die Dinge erscheinen uns.

Diese Behauptung ist hochgradig theoretisch und wenn man genauer nachdenkt vollkommen unklar. Welche Dinge? Was soll ich unter >erscheinen< verstehen? Dann wird da noch ein Subjekt postuliert, dem diese ominösen Dinge erscheinen sollen.

Vielleicht ist alles ganz anders.



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Fr 6. Jan 2023, 12:12

ahasver hat geschrieben :
Fr 6. Jan 2023, 12:03
Folgende Behauptung wird als selbstverständlich genommen und immer vorausgesetzt:

Die Dinge erscheinen uns.

Diese Behauptung ist hochgradig theoretisch und wenn man genauer nachdenkt vollkommen unklar. Welche Dinge? Was soll ich unter >erscheinen< verstehen? Dann wird da noch ein Subjekt postuliert, dem diese ominösen Dinge erscheinen sollen.

Vielleicht ist alles ganz anders.
Es geht darum, dass wir Erscheinung und Wirklichkeit unterscheiden.
Zum Beispiel mein Schreibtisch. Oder der deine. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass irgend etwas da ist. Etwas, dass die Ursache für unsere Wahrnehmungen ist.
Damit man darüber sinnvoll diskutieren kann, trennt man die Wirklichkeit von der "Erscheinung". Sonst gäbe es ja nur Wirklichkeit.
Vor Einstein war der Raum dreidimensional und die Zeit eine Dimension für sich. Das ist doch wesentlich verschieden davon, dass der Raum offenbar vierdimensional ist in Wirklichkeit. Also die Raumzeit.

Das heisst, wir können über die Welt falsch denken oder wenigstens nicht ganz richtig. Ein solches falsches Denken über die Welt oder die Dinge muss die Wahrnehmung auch verfälschen, behaupte ich.
Das ist ein starkes Argument dafür, dass wir zwischen Erscheinung und Wirklichkeit trennen müssen.

Was meinst du mit Subjekt?



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ahasver
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Fr 6. Jan 2023, 14:34

Das heisst, wir können über die Welt falsch denken oder wenigstens nicht ganz richtig.
Alles, was wir über die Welt denken, ist weder falsch noch richtig, sondern theoretisch.

ZB: Die Raumzeit ist nicht "in Wirklichkeit" vierdimensional, sondern in Einsteins Relativitätstheorien. In der Stringtheorie wird ein 11-dimensionale Welt gefordert.



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Timberlake
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Fr 6. Jan 2023, 20:58

AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 6. Jan 2023, 11:09
Timberlake hat geschrieben :
Di 20. Dez 2022, 00:10
.. und einer dieser "Erweiterungen" besteht darin , dass wir von diesem Tisch nur eines wissen , dass er nicht so ist, wie er erscheint.
Sind die Dinge nie so, wie sie uns erscheinen?
Oder ist es möglich, wenn wir genug über ein Ding wissen, dass es uns genau so erscheint, wie es ist?
Es ist keine Frage des Wissen, dass uns etwas genau so erscheint, wie es ist , sondern eine Frage der Definition. Wenn gesagt wurde , dass wir von diesem Tisch nur eines wissen , dass er nicht so ist, wie er erscheint, dann wurde das nur durch ein Überschreiten bzw. ein Verlassen dessen möglich , was ein Tisch per Definition ausmacht.

Um dazu einmal dazu , weil von ihm .. HIER! . wie übrigens auch im Thread Das Anthropozän die Rede war , Novalis zu zitieren ..

  • "Wenn man etwas Bestimmtes tun und erreichen will, so muß man sich auch provisorische bestimmte Grenzen setzen. Wer aber dies nicht will, der ist vollkommen wie der, der nicht eher schwimmen will, bis er's kann".
    Novalis .. Magische Philosophie
Wenn man etwas Bestimmtes tun und erreichen will, so muß man sich auch provisorische bestimmte Grenzen setzen. .. bestimmte Grenzen, beispielsweis gesetzt durch Definitionen. Wer aber diese Defintionen nicht will , der ist vollkommen wie der, der nicht eher schwimmen will, bis er's kann".




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AufDerSonne
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So 8. Jan 2023, 14:14

Timberlake hat geschrieben :
Fr 6. Jan 2023, 20:58
Es ist keine Frage des Wissen, dass uns etwas genau so erscheint, wie es ist , sondern eine Frage der Definition
Ich möchte, dass wir uns einmal auf materielle Gegenstände beschränken.
Einen materiellen Gegenstand können wir nie genauso wahrnehmen, wie er in Wirklichkeit ist.
Also müssen wir herausfinden, was wir denn wahrnehmen und was wir davon nur erschliessen. Vielleicht auch, was wir nicht wahrnehmen können von dem materiellen Gegenstand (Tisch).

Russell stellt zwei Fragen. "Gibt es überhaupt einen wirklichen Tisch?" und "Wenn ja, was für eine Art von Gegenstand kann das sein?"
Die Idealisten beantworten die zweite Frage so, dass der Tisch in jedem Fall etwas Geistiges sei. Und das glauben sehr viele Philosophen immer noch. Eben die Idealisten.
Sie sagen auch, der Tisch existiert nur in unserer Vorstellung.
Ich glaube aber mit Russell, dass der Tisch unabhängig von unserem Bewusstsein existiert. Und dass er ein materieller Gegenstand ist. Und dass Materie nichts Geistiges ist, auch wenn wir nicht alles darüber wissen.

Weiter denke ich, dass unsere Bekanntschaft mit einem materiellen Gegenstand, unsere Wahrnehmung von diesem Gegenstand verändern kann.
Ich gehe in den Laden und kaufe einen Tisch. Ich bringe den Tisch zu mir nach Hause im Auto. Ich plaziere den Tisch irgendwo in meinem Zimmer.
Je mehr ich mit dem Tisch mache, desto genauer wird mein Bild von ihm. Ich habe dann ein realistischeres Bild von dem Tisch als jemand, der mich besuchen kommt und den Tisch nur kurz sieht.
Dieser Besucher weiss zum Beispiel nicht, wie schwer der Tisch ist, weil er ihn nicht zügeln musste.
Also, verstehst du, was ich meine?



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Mo 9. Jan 2023, 20:55

AufDerSonne hat geschrieben :
So 8. Jan 2023, 14:14
Timberlake hat geschrieben :
Fr 6. Jan 2023, 20:58
Es ist keine Frage des Wissen, dass uns etwas genau so erscheint, wie es ist , sondern eine Frage der Definition
Ich gehe in den Laden und kaufe einen Tisch. Ich bringe den Tisch zu mir nach Hause im Auto. Ich plaziere den Tisch irgendwo in meinem Zimmer.
Je mehr ich mit dem Tisch mache, desto genauer wird mein Bild von ihm. Ich habe dann ein realistischeres Bild von dem Tisch als jemand, der mich besuchen kommt und den Tisch nur kurz sieht.
Dieser Besucher weiss zum Beispiel nicht, wie schwer der Tisch ist, weil er ihn nicht zügeln musste.
Also, verstehst du, was ich meine?
Das ist aber dann doch wohl dann deine sehr eigene Definition von diesem , sehr speziellem Tisch .. verstehst du nun , was ich meine? Je mehr du mit dem Tisch machst . um so größer wird der Definitionsbereich des Tisches. Gleichwohl sich dieser Definitionsbereich "definitiv" niemals soweit erweiteren wird , dass dieser Besucher in diesen Gegenstand keinen Tisch mehr sehen wird.
AufDerSonne hat geschrieben :
So 8. Jan 2023, 14:14

Ich glaube aber mit Russell, dass der Tisch unabhängig von unserem Bewusstsein existiert. Und dass er ein materieller Gegenstand ist. Und dass Materie nichts Geistiges ist, auch wenn wir nicht alles darüber wissen.
in dem unser Bewusstein einen materieller Gegenstand als Tisch definiert , existiert unabhängig von unserem Bewusstsein kein Tisch. Unabhängig davon existiert noch nicht einmal ein materieller Gegenstand. Denn auch dieser existiert als solches , von ihm so definiert , nur in unserem Bewusstsein.
  • Kleine Einführung in die Philosophie von George Berkeley
    Bertrand Russell kritisierte, daß Berkeley gleichzeitig empirisch und logisch argumentierte, was unnötig und „ein Zeichen von Schwäche“ sei (PhA 661). „Die Grundthese der Philosophie Berkeleys ist, daß sein und wahrgenommen werden dasselbe sei. Diese Formel schien ihm derart selbstevident, daß er seinen weniger überzeugten Zeitgenossen nicht erklären konnte, was er damit eigentlich meinte“
Wenn du nur wahrnimmst , also ohne das dein Bewusstein die Wahrnehmung definiert , dann ist das sein und wahrgenommen werden dasselbe. Vielleicht hätte Berkeley so erklären können, was er eigentlich damit meinte.




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AufDerSonne
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Sa 14. Jan 2023, 12:57

Timberlake hat geschrieben :
Mo 9. Jan 2023, 20:55
in dem unser Bewusstsein einen materiellen Gegenstand als Tisch definiert , existiert unabhängig von unserem Bewusstsein kein Tisch. Unabhängig davon existiert noch nicht einmal ein materieller Gegenstand. Denn auch dieser existiert als solches , von ihm so definiert , nur in unserem Bewusstsein.
Wie kommst du darauf?
Würdest du dann die Aussage, dass es materielle Gegenstände gibt, die unabhängig vom Menschen existieren, akzeptieren?
Wenn ja, dann existieren die materiellen Gegenstände doch auch unabhängig vom Bewusstsein des Menschen?



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Fr 20. Jan 2023, 01:51

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 14. Jan 2023, 12:57
Timberlake hat geschrieben :
Mo 9. Jan 2023, 20:55
in dem unser Bewusstsein einen materiellen Gegenstand als Tisch definiert , existiert unabhängig von unserem Bewusstsein kein Tisch. Unabhängig davon existiert noch nicht einmal ein materieller Gegenstand. Denn auch dieser existiert als solches , von ihm so definiert , nur in unserem Bewusstsein.
Wie kommst du darauf?
Würdest du dann die Aussage, dass es materielle Gegenstände gibt, die unabhängig vom Menschen existieren, akzeptieren?
Wenn ja, dann existieren die materiellen Gegenstände doch auch unabhängig vom Bewusstsein des Menschen?
Nicht ich bin darauf gekommen , sondern der von mir hier erwähnte Berkeley ..
AufDerSonne hat geschrieben :
So 23. Okt 2022, 10:38

Leute, ich lese gerade, Sofies Welt. Das Buch ist wirklich noch gut. Ich finde es spannend.
Ich zitiere dazu mal aus „Sofies Welt“ ..
  • Er .. (Berkeley) ., sagt das einzige , was existiert, ist das , was wir empfinden. Aber wir empfinden nicht Materie oder Stoff ...
    Quatsch ! Sieh doch her !
    Jetzt schlug Sofie mit der Faust auf den Tisch .
    Au ! ..sagte sie , so hart hatte sie zugeschlagen. Ist das denn kein Beweis dafür , dass der Tisch ein wirklicher Tisch ist und sehr wohl Materie oder Stoff?
    Was hast du gespürt ?
    Etwas Hartes
    Du hattest eine klare sinnliche Empfindung von etwas Hartem, aber den eigentlichen Stoff im Tisch hast du nicht gespürt ...
    Die Frage ist auch , was wir sind. Sind wir wirklich Menschen aus Fleisch und Blut ? Besteht unsere Welt aus wirkliche Dingen - oder sind wir nur vom Bewusstsein umgeben? .. Denn Berkeley zweifelt nicht nur die stoffliche Welt an . Er bezweifelt außerdem, dass Zeit und Raum eine absolute oder selbständige Existenz haben. Auch unser Erleben von Raum und Zeit kann einfach nur in unserem Bewustsein liegen.
    Jostein Gaarder .. Sofies Welt S. 334..335
.. demnach würden die materiellen Gegenstände in etwa in der gleichen Art existieren , wie die materiellen Gegenstände in der von Maschinen entwickelten Computersimulation in dem Kinofilm "Matrix". und zwar als "Software".




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