ahasver hat geschrieben : ↑ Fr 14. Okt 2022, 09:45
Das Experiment hat die theoretische Vorhersage auf 25 Nachkommastellen bestätigt. Das ist gigantisch und nie dagewesen. Noch gigantischer ist aber der Fehler den die Quantentheorie in der theoretischen Berechnung des Vakuums (dunkle Energie) macht. Der Fehler liegt in der Größenordnung von 10^120.
Ja, aber meiner ganz persönlichen Meinung nach (ich weiss, dass das ein bisschen Privattheorie ist) ist die Messpräzision zwar ein Argument, aber kein sehr starkes, aufgrund folgender und ähnlicher Überlegungen:
Nehmen wir an, man wäre die Gravitation nicht induktiv angegangen, man hätte Gegenstände aus 1m, 2m, 3m,... Höhe fallen gelassen und jeweils die Zeit gemessen und jeweils eigene "Theorien" für jeden Fall entwickelt. Wir hätten Theorien aufgestellt: "Objekte aus 1m fallen gelassen brauchen 0.45... Sekunden bis sie die Erde erreichen". Das hätten wir immer präziser gemessen und wären heute bei X Nachkommastellen. Das würde ja dann in diesem Fall relativ wenig über die Sinnhaftigkeit der Theorie an sich aussagen.
Ich sehe die Messpräzision natürlich durchaus als Argument, nicht falsch verstehen, aber es wird meinem persönlichen Eindruck nach sehr stark überschätzt. Man wertet "mehr Kommastellen" als sozusagen "mehr Empirie" bis zu einem Grad, wo man so tut, als sei das "sooo empirisch", dass es sich geradezu in "analytisch" verwandle. Aber Empirik bleibt Empirik.
Ganz besonders stellt es ein Problem dar, wenn ja gerade epistemische Aspekte des Prinzips "Messung" überhaupt DAS grosse Problem der Theorie darstellt (a la "Messung misst das Messen").
ahasver hat geschrieben : ↑ Fr 14. Okt 2022, 09:45
Das Prinzip der Verschränkung (= Nichtlokalität und Atemporalität) ist doch grundlegend für alle Quantentheorien.
Ja, aber korrigiere mich wenn ich falsch liege, da wird ja keine Information nichtlokal oder atemporal ausgetauscht, nicht die Wirkung vor die Ursache gesetzt, etc. Die klassischen Grundprinzipien scheinen, an manchen Stellen zumindest, nach wie vor höhere Priorität zu haben. Man vergisst meinem (Amateur-)Eindruck nach auch, dass die sogenannte "alte Quantenphysik" (mit Planck, Einstein, Bohr,...) diese Quantenphysik klassisch hergeleitet haben, klassisch gedacht haben. Plancks Herleitung der Hohlraumstrahlung verstehe ich als klassische Physik. Das ganze Dilemma (oder Erfolg, je nach Perspektive
) beginnt ja erst mit Heisenbergs "Aufgeben der Anschauung". Ich mag das zwar irgendwo, weil es die Abstraktion erhöht, aber nach nun einem Jahrhundert ohne vernünftigen philosophischen Hintergrund könnte man sich fragen, ob, trotz des Erfolges und trotz der Äquivalenz mit Schrödinger und Feynman, damals in Helgoland der richtige Weg eingeschlagen wurde.
ahasver hat geschrieben : ↑ Fr 14. Okt 2022, 09:45
Ich fantasiere: je tiefer die Physik in die Geheimnisse der Natur eintaucht umso mehr verschwindet das, was man bisher für das unbezweifelbare Substrat der physikalischen Forschung hielt. Bislang glaubten die Physiker noch sie würden tote Materie untersuchen, die objektiv vorliegt. Ich fürchte diese Physiker täuschen sich gewaltig. Eben um den Faktor 10^120.
So was ähnliches glaube ich auch. Ich befürchte aber, die Physik müsste wieder "mehr denken", dieses verblödete (meine Meinung) "shut up and calculate"-Paradigma aufgeben und keine Angst haben, in der Zeit zurück zu gehen (vielleicht, keine Ahnung, eben vor Helgoland).
Ich glaube, so wie du es formuliert hast, stellt sich vordergründig die Frage, wie man das so hinbekommt, dass man auf dem Grat wandernd auf der Seite der Physik bleibt und nicht auf die Seite der Metaphysik fällt.