Was lest ihr gerade? Gedichte, die wir mögen!
Hier wartet man sehnlichst auf ein Gedicht aus Friederikes Hand, damit man sich auch hier schmunzelnd über die Tölpelhaftigkeit freuen kann, mit der sie die Grenzen der Kunst ausreizt.
PS: Ich für meinen Teil habe nie ein Gedicht geschrieben und gepostet, weil ich dachte, dass es irgendeinem Kunstanspruch genügen würde. Ich habe immer nur Gedanken verarbeitet, so wie sie mir halt auf der Zunge tanzten.
PS: Ich für meinen Teil habe nie ein Gedicht geschrieben und gepostet, weil ich dachte, dass es irgendeinem Kunstanspruch genügen würde. Ich habe immer nur Gedanken verarbeitet, so wie sie mir halt auf der Zunge tanzten.
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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- Friederike
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Ich trete von einem Fett-Näpfchen ins Nächste.
Warum versteht mich keiner ???
Himmel, ich habe die Ordnung für gut befunden @Jörn. Lies richtig!
Und @Alethos, nein wirklich, soviel Giftigkeit
und das von Dir.
Warum versteht mich keiner ???



Himmel, ich habe die Ordnung für gut befunden @Jörn. Lies richtig!
Und @Alethos, nein wirklich, soviel Giftigkeit

- Friederike
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Ich gerate in hektischen Verteidigungsmodus - also nochmal, lieber Alethos, die Tapsigkeit vs. Kunst habe ich als eine mögliche Sichtweise dargestellt, eine, die ich als eine an der "kanonischen Ordnung" orientierte, bezeichne.
Nein, nein, nein: Jetzt missverstehst du mich wirklich. Das war doch gar nicht giftig gemeint, sondern animierend.Friederike hat geschrieben : ↑So 6. Jun 2021, 18:52Und @Alethos, nein wirklich, soviel Giftigkeitund das von Dir.

Ich finde, dass gute Dichtkunst eine eigene Kategorie bilden soll und zu dieser gehören die meisten User-Gedichte hier nicht - das sage ich wenigstens von meinen Gedichten. Aber das sollte uns nicht daran hindern, ein wenig kreativ zu sein und etwas zu wagen. Vielleicht ordnet sich das Resultat dann selbst unter „absurde Kunst“ oder „tapsige Versuchskunst“ ein. Das ist doch okay im Grossen und Ganzen.
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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Eisen hinzukredenzt; oder "aus 4 mach 5" II
Feuer in Arsen – und Elektronik.
Das Wasser, das ist Honig.
So schön Gelb,
als wär es Geld.
Man im Gelde stets im Wind,
die Juristen sind des Winde Kind.
Denn...die haben Listen,
reichviel Material; und Fristen!
Feuer in Arsen – und Elektronik.
Das Wasser, das ist Honig.
So schön Gelb,
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Man im Gelde stets im Wind,
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Denn...die haben Listen,
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- Friederike
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- mit Blick auch aufs "Leben als Fragment"
Fragmentarisch
Das sichtbare das
Unauffindbare das
Nicht mehr vorhandene das
Vergessene Ich.
(aus: M.L. Kaschnitz, Kein Zauberspruch, Suhrkamp 1986)
Fragmentarisch
Das sichtbare das
Unauffindbare das
Nicht mehr vorhandene das
Vergessene Ich.
(aus: M.L. Kaschnitz, Kein Zauberspruch, Suhrkamp 1986)
- Friederike
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Verwundert
Wenn der Tisch nach Brot duftet
Erdbeeren der Wein Kristall
denkt an den Raum aus Rauch
Rauch ohne Gestalt
Noch nicht abgestreift
das Ghettokleid
sitzen wir um den duftenden Tisch
verwundert
daß wir hier sitzen
-Rose Ausländer-
Wenn der Tisch nach Brot duftet
Erdbeeren der Wein Kristall
denkt an den Raum aus Rauch
Rauch ohne Gestalt
Noch nicht abgestreift
das Ghettokleid
sitzen wir um den duftenden Tisch
verwundert
daß wir hier sitzen
-Rose Ausländer-
- Friederike
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Dieser Tag
Alle Guten Geister für diesen Tag!
Der Wind strömt stark und warm.
Das Grosse Licht baut den Tag auf.
Bienen und Kraniche über der Brandung.
Als hätte die Schöpfung nocheinmal begonnen.
Kein vorletzter Tag, kein letzter
und das Meer bewegt lebendige Finsternis.
Das Haus, im Schwirren der Vogelflüge
fliegt auf in die Pinien.
Freude, das Wort aufersteht
nicht geraubt, nicht gesäubert.
Wir hängen die Schuhe hinaus in den Wind
und er füllt sie mit Schmetterling
und Samen der Steine.
-Christoph Meckel-
Alle Guten Geister für diesen Tag!
Der Wind strömt stark und warm.
Das Grosse Licht baut den Tag auf.
Bienen und Kraniche über der Brandung.
Als hätte die Schöpfung nocheinmal begonnen.
Kein vorletzter Tag, kein letzter
und das Meer bewegt lebendige Finsternis.
Das Haus, im Schwirren der Vogelflüge
fliegt auf in die Pinien.
Freude, das Wort aufersteht
nicht geraubt, nicht gesäubert.
Wir hängen die Schuhe hinaus in den Wind
und er füllt sie mit Schmetterling
und Samen der Steine.
-Christoph Meckel-
- Friederike
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Eigentum
Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seele will fließen,
Und jeder günstige Augenblick,
Den mich ein liebendes Geschick
Von Grund aus läßt genießen.
-J.W. Goethe-
<<<
Dieses mir bis gestern unbekannte Gedicht wirkt, finde ich, sofort. Es befriedet zerknirschte und mürrische Stimmung wie ein Akuttablette. Da steht zwar ausdrücklich, daß ich nicht Herrin meiner Gedanken bin und auch nicht über den Genuß des günstigen Augenblicks verfüge, aber indem ich entdecke, sie sind meins, sie gehören mir , ergibt sich eine Art von Einverständnis mit dem jetzigen Augenblick und den gegenwärtigen Gedanken, das bewirkt, ich genieße.
Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seele will fließen,
Und jeder günstige Augenblick,
Den mich ein liebendes Geschick
Von Grund aus läßt genießen.
-J.W. Goethe-
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Dieses mir bis gestern unbekannte Gedicht wirkt, finde ich, sofort. Es befriedet zerknirschte und mürrische Stimmung wie ein Akuttablette. Da steht zwar ausdrücklich, daß ich nicht Herrin meiner Gedanken bin und auch nicht über den Genuß des günstigen Augenblicks verfüge, aber indem ich entdecke, sie sind meins, sie gehören mir , ergibt sich eine Art von Einverständnis mit dem jetzigen Augenblick und den gegenwärtigen Gedanken, das bewirkt, ich genieße.
- Jörn Budesheim
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Wie begründest du das?Friederike hat geschrieben : ↑Sa 3. Jul 2021, 19:11Da steht zwar ausdrücklich, daß ich nicht Herrin meiner Gedanken bin
- Friederike
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Ah, schöne Frage. Dieses hier "Als der Gedanke, der ungestört Aus meiner Seele will fließen," interpretiere ich so, daß nicht ich als "Ich" den Gedankeninhalt bestimme.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 3. Jul 2021, 19:18Wie begründest du das?Friederike hat geschrieben : ↑Sa 3. Jul 2021, 19:11Da steht zwar ausdrücklich, daß ich nicht Herrin meiner Gedanken bin
- Jörn Budesheim
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Das übersetze ich in meine Sprache fürs erste so: nichts gehört so sehr zu mir, wie meine Gedanken, die frei fließen ...Ich weiß, daß mir nichts angehört
Als der Gedanke, der ungestört
Aus meiner Seele will fließen,
...
Ein wunderschönes Gedicht @Friederike welches du hier von Goethe eingebracht hast. Mir gefällt es sehr.
Spannend auch deine Interpretation, ich hätte es ganz anders ausgelegt.
Gerade weil dort das "als" steht hätte ich das Gedicht so ausgelegt: Wir besitzen auf dieser Welt nichts außer dem Genießen des Augenblicks und unseren Gedanken die sehr frei in uns fließen können.
Das finde ich persönlich großartig welchen Schatz wir da in uns tragen und der uns jederzeit zu Verfügung steht.
Spannend auch deine Interpretation, ich hätte es ganz anders ausgelegt.
Gerade weil dort das "als" steht hätte ich das Gedicht so ausgelegt: Wir besitzen auf dieser Welt nichts außer dem Genießen des Augenblicks und unseren Gedanken die sehr frei in uns fließen können.
Das finde ich persönlich großartig welchen Schatz wir da in uns tragen und der uns jederzeit zu Verfügung steht.
- Friederike
- Beiträge: 4980
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48
Was Ihr beide lest, das lese ich zwar auch - nur ist es nicht das, was mich an dem Gedicht so bewegt.
Ich verdeutliche: Ich habe irgendeinen unangenehmen Gedanken, den ich nicht haben will. So wie man viele lästige Gedanken hat, denen gegenüber man sich ausgeliefert fühlt, weil man nicht die Verfügungsgewalt hat. Indem ich das Gedicht lese, erfahre ich gleichzeitig, daß dieser eine lästige Gedanke mir "angehört" und in dem Moment ereignet sich ein Umschwung. Der lästige Gedanke ist nicht mehr wie ein Fremdkörper, den ich loswerden will, sondern mein Eigen - meine Eigenart.
Ich verdeutliche: Ich habe irgendeinen unangenehmen Gedanken, den ich nicht haben will. So wie man viele lästige Gedanken hat, denen gegenüber man sich ausgeliefert fühlt, weil man nicht die Verfügungsgewalt hat. Indem ich das Gedicht lese, erfahre ich gleichzeitig, daß dieser eine lästige Gedanke mir "angehört" und in dem Moment ereignet sich ein Umschwung. Der lästige Gedanke ist nicht mehr wie ein Fremdkörper, den ich loswerden will, sondern mein Eigen - meine Eigenart.
Jetzt finde ich deine Interpretation sehr interessant, daher schrieb ich vorher spannend. Ich dachte mir, da steckt noch mehr dahinter.
Jetzt durch deine Erklärung hab ich verstanden was du damit meinst.

Jetzt durch deine Erklärung hab ich verstanden was du damit meinst.
- Friederike
- Beiträge: 4980
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48
Liebe Andrea, jetzt sitze ich hier und denke mir, daß ich eigentlich beleidigt* sein müßte,

Der Titel des Gedichtes ist angenehm irritierend, finde ich. Wenn ich "Eigentum" höre oder lese, dann denke ich an Gegenstände, mit denen ich machen kann, was ich will. Hier sind es Gedanken und der genossene günstige Augenblick, was der Assoziation schon mal entgegenläuft. Aber besonders der günstige Augenblick, den ein liebend Geschick genießen läßt, das ist doch wie ein Geschenk, das mir zufällt oder nicht zufällt ... achso, ein Geschenk ist nach dem Schenken mein Eigentum.

*Die Art von Beleidigtsein, die ich meine, würde man in Norddeutschland "muksch" nennen (jemand ist muksch). Man zieht dazu "eine Flunsch" (die Mimik) und schweigt störrisch. Es ist eine nicht ganz ernsthafte Form von Beleidigtsein, weil es um nichts Wichtiges geht.
** Die zum Mukschsein passende Antwort ist das "Begöschern". Man scharwänzelt um die verärgerte Person herum, schmiert ihr Honig um den Bart (was beide Beteiligte allerdings wissen) "nun sei doch nicht so", "du weißt doch, daß ich dich mag". Die verstockt schweigende Person ziert sich noch ein wenig - und dann ist alles wieder gut. Solcherart ritualisierte Kommunikationsformen sind eigentlich ein interessantes Beobachtungsfeld.

Dann versuche ich mich mal im Begöschern....
Liebe Friederike
gut, das du es ansprichst, ich habe nicht damit gerechnet das mein Satz missverstanden werden könnte. Mit "ich dachte mir schon da steckt mehr dahinter" wollte ich eigentlich aussagen, da steckt mehr hinter der Interpretation (also in der Tiefe) es war daher positiv gemeint.
Mir ist das schon allgemein aufgefallen das in einer rein schriftlichen Kommunikation schnell Missverständnisse entstehen. Es fehlt die Mimik, die Tonlage der Stimme, das Lächeln,... (ah ich seh da gerade gedanklich ein kleines muksches Lächeln durchschimmern, )
Aber trotzdessen mag ich diese schriftliche Form der Kommunikation, denn man hat gedanklich etwas mehr Raum und Zeit.
Jetzt hast du mir nicht nur ein schönes Gedicht nähergebracht sondern auch eine andere interessante Interpretation und dazu noch ein witziges Kopfkino mit dem Mukschsein geschenkt.
.... und ich, ich hab dich einfach nur beleidigt...
das lässt mich heute nicht gut schlafen...
Das letzte war jetzt Spaß...

Liebe Friederike
gut, das du es ansprichst, ich habe nicht damit gerechnet das mein Satz missverstanden werden könnte. Mit "ich dachte mir schon da steckt mehr dahinter" wollte ich eigentlich aussagen, da steckt mehr hinter der Interpretation (also in der Tiefe) es war daher positiv gemeint.
Mir ist das schon allgemein aufgefallen das in einer rein schriftlichen Kommunikation schnell Missverständnisse entstehen. Es fehlt die Mimik, die Tonlage der Stimme, das Lächeln,... (ah ich seh da gerade gedanklich ein kleines muksches Lächeln durchschimmern, )
Aber trotzdessen mag ich diese schriftliche Form der Kommunikation, denn man hat gedanklich etwas mehr Raum und Zeit.
Jetzt hast du mir nicht nur ein schönes Gedicht nähergebracht sondern auch eine andere interessante Interpretation und dazu noch ein witziges Kopfkino mit dem Mukschsein geschenkt.

.... und ich, ich hab dich einfach nur beleidigt...

das lässt mich heute nicht gut schlafen...
Das letzte war jetzt Spaß...


- Friederike
- Beiträge: 4980
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48
Liebste Andrea, verstehe jetzt ich Dich nicht richtig -
ich bin doch gar nicht muksch gewesen; obwohl ich mir zuerst dachte, ich müßte es eigentlich sein, aber ich war es nicht! 


Das hatte ich schon richtig verstanden das du nie wirklich beleidigt warst. Ich fand das einfach so köstlich mit dem muksch und begönschn, dass ich einfach dieses "ich müßte beleidigt sein" genommen habe und mit mukschn und begönschn weitergespielt habe.
In welchen Gegenden werden diese Wörter verwendet?
Ich find das sehr lieblich.

In welchen Gegenden werden diese Wörter verwendet?
Ich find das sehr lieblich.
Du hast es ja schon geschrieben, in Norddeutschland wird das gesprochen. Hab ich jetzt erst nochmal gesehen.
Dann frage ich etwas anders, wird es dort oft verwendet oder sind es eher seltene Wörter?
