Ja, Begriffsprägung. Der 'gemalte Löwe' prägt den Begriff des Löwen in paradigmatischer Weise. Dieses Moment der Begriffsgenese zeigt doch deutlich, dass vor dem Begriff das den Begriff Prägende liegt. Und das ist wiederum kein Begriff.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 15. Jul 2020, 21:26Markus Gabriel mit Bezug auf Hans Blumenberg hat geschrieben : Der gemalte Löwe ist also eine paradigmatische Begriffsprägung
"Fiktionen"
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Ja, die Stelle ist nicht ganz deutlich. Aber hier lässt Gabriel es an Deutlichkeit nicht vermissen:
Markus Gabriel hat geschrieben : Denken als Erfassen von Gedanken ist begrifflich, aber nicht sprachlich kodiert. Was wir uns denken, können wir in Sprache übersetzen, was aber nicht heißt, dass wir es deswegen besser oder präziser erfassen. Ein Gemälde kann mit demselben Recht Ausdruck eines Gedankens sein wie ein Satz. Denn ein Gemälde stellt etwas als etwas dar – und sei es eine Farbanordnung im Rahmen eines Kunstwerks des abstrakten Expressionismus. Wir denken häufig in Bildern, wenn wir uns eine Szene ausmalen. Die Bilder, in denen wir denken, können ebenso Gedanken (etwas, das wahr oder falsch sein kann) ausdrücken wie Sätze.
(Hervorhebung von mir)
"Das Kunstwerk existiert [..] in drei begrifflichen Dimensionen:
"Erstens wird eine Partitur produziert. Die Produktionsbedingungen involvieren den Künstler (bzw. ein Team) als Autor einer Anordnung. [...] Es ist prinzipiell unmöglich, daß ein Künstler ein Kunstwerk durch seine Absichten vor Interpretationen ˋschützt´, die von seiner ersten, psychosozial und historisch situierten Eingeninterpretation abweichen." (S. 93f.) -
[...]
"Zweitens existiert ein Kunstwerk nur dann, wenn es mindestens einmal rezipiert wurde. Die Rezeption besteht darin, daß jemand (der freilich mit dem Künstler identisch sein kann) in einer Ausübung seiner Einbildungskraft zur Bühne wird, auf der das Werk aufgeführt wird. [...] Die ästhetische Erfahrung ist niemals total und reklamiert deswegen stets ein logisch-semantisches sowie ontologisches Sonderrecht. Kunst ist Schein, der Sein ist. Sie ist und bleibt ambivalent." (S. 95) -
[...]
"Drittens ist ein Kunstwerk eine Schnittstelle zwischen einer Partitur und einer Interpretation. Das Werk ist weder mit der Partitur noch mit einer bestimmten Aufführung identisch, sondern es ist die offene Struktur wirklicher und noch möglicher Interpretationen. Kunstwerke sind erst dann am Ende, wenn sie niemand mehr interpretiert. Insofern liegt Gadamer mit seinem Begriff derˋWirkungsgeschichte´ goldrichtig, den man zu Unrecht als Tribut an einen konservativen Kunstgeschmack verstehen würde. Ein Kunstwerk ist letztlich identisch mit seiner Wirkungsgeschichte, wozu die Serie der Interpretationen gehört, die vorgenommen werden, damit das Werk im Modus ästhetischer Erfahrung erscheint und somit als Kunstwerk überhaupt existiert." (S. 103) -
"Erstens wird eine Partitur produziert. Die Produktionsbedingungen involvieren den Künstler (bzw. ein Team) als Autor einer Anordnung. [...] Es ist prinzipiell unmöglich, daß ein Künstler ein Kunstwerk durch seine Absichten vor Interpretationen ˋschützt´, die von seiner ersten, psychosozial und historisch situierten Eingeninterpretation abweichen." (S. 93f.) -
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"Zweitens existiert ein Kunstwerk nur dann, wenn es mindestens einmal rezipiert wurde. Die Rezeption besteht darin, daß jemand (der freilich mit dem Künstler identisch sein kann) in einer Ausübung seiner Einbildungskraft zur Bühne wird, auf der das Werk aufgeführt wird. [...] Die ästhetische Erfahrung ist niemals total und reklamiert deswegen stets ein logisch-semantisches sowie ontologisches Sonderrecht. Kunst ist Schein, der Sein ist. Sie ist und bleibt ambivalent." (S. 95) -
[...]
"Drittens ist ein Kunstwerk eine Schnittstelle zwischen einer Partitur und einer Interpretation. Das Werk ist weder mit der Partitur noch mit einer bestimmten Aufführung identisch, sondern es ist die offene Struktur wirklicher und noch möglicher Interpretationen. Kunstwerke sind erst dann am Ende, wenn sie niemand mehr interpretiert. Insofern liegt Gadamer mit seinem Begriff derˋWirkungsgeschichte´ goldrichtig, den man zu Unrecht als Tribut an einen konservativen Kunstgeschmack verstehen würde. Ein Kunstwerk ist letztlich identisch mit seiner Wirkungsgeschichte, wozu die Serie der Interpretationen gehört, die vorgenommen werden, damit das Werk im Modus ästhetischer Erfahrung erscheint und somit als Kunstwerk überhaupt existiert." (S. 103) -
"Gadamers Wahrheitstheorie ist meines Erachtens nicht antirealistisch, sondern kontextualistisch, weil er zu Recht darauf hinweist, daß die Bedeutung einer Aussage (und damit ihr Wahrheitswert) nur im historisch variablen und niemals ganz überschaubaren Äußerungszusammenhang explizierbar ist, in dem sie vorkommt." (S. 104; Fußnote 77) - (Gabriel bezieht sich dabei auf den Aufsatz Was ist Wahrheit? von Gadamer, in: Gesammelte Werke Bd. 2; S. 44-56) -
Zuletzt geändert von Nauplios am Do 16. Jul 2020, 00:25, insgesamt 1-mal geändert.
"Das Gegebene ist allerdings nicht atomistisch verfaßt." - (Gabriel kritisiert hier den klassischen Empirismus, der "mit einem atomistischen des menschlichen Geistes [arbeitet]".) - Denn gegeben ist das Wirkliche. Das Wirkliche ist etwas, wozu wir wahrheitsfähige, also fallible Einstellungen beziehen können. Die Eigenschaft einer Registratur, fallibel zu sein, bezeichne ich als Wirklichkeit, was einem epistemischen Wirklichkeitsbegriff entspricht." (S. 108) -
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"Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaftler können demnach gleichsam als Ethnologen ihrer selbst fungieren, weil sie einerseits eine eigene ästhetische Erfahrung machen müssen, die sie andererseits zum Anlass nehmen, Elemente der Partitur die68ser Erfahrung zu explizieren, die allgemeingültig, öffentlich zugänglich sind. Auf diese Weise verlangen diese Geisteswissenschaften eine spezifische Selbstdisziplin, die fordert, im Rahmen des durch sie erforschten legitimen Spielraums zu verbleiben und der Einbildungskraft demnach wissenschaftliche Zügel anzulegen."[57]
[57=]"Darin besteht, ein wenig beiläufig gesagt, die spezifische Objektivität der Philologie, deren Tugend Nietzsche ganz treffend im Lehren des langsamen Lesens gesehen hat. Vgl. Friedrich Nietzsche, Kritische Studienausgabe (= KSA), Berlin, New York 1985, hier: KSA, 3, S. 17: »Man ist nicht umsonst Philologe gewesen, man ist es vielleicht noch, das will sagen, ein Lehrer des langsamen Lesens […]. Philologie nämlich ist jene ehrwürdige Kunst, welche von ihrem Verehrer vor Allem eins heischt, bei Seite gehen, sich Zeit lassen, still werden, langsam werden –, als eine Goldschmiedekunst und -kennerschaft des Wortes, die lauter feine vorsichtige Arbeit abzuthun hat und Nichts erreicht, wenn sie es nicht in lento erreicht. Gerade damit aber ist sie heute nöthiger als je, gerade dadurch zieht sie und bezaubert sie uns am stärksten, mitten in einem Zeitalter der ›Arbeit‹, will sagen: der Hast, der unanständigen und schwitzenden Eilfertigkeit, das mit Allem gleich ›fertig werden‹ will, auch mit jedem alten und neuen Buche.«"
[57=]"Darin besteht, ein wenig beiläufig gesagt, die spezifische Objektivität der Philologie, deren Tugend Nietzsche ganz treffend im Lehren des langsamen Lesens gesehen hat. Vgl. Friedrich Nietzsche, Kritische Studienausgabe (= KSA), Berlin, New York 1985, hier: KSA, 3, S. 17: »Man ist nicht umsonst Philologe gewesen, man ist es vielleicht noch, das will sagen, ein Lehrer des langsamen Lesens […]. Philologie nämlich ist jene ehrwürdige Kunst, welche von ihrem Verehrer vor Allem eins heischt, bei Seite gehen, sich Zeit lassen, still werden, langsam werden –, als eine Goldschmiedekunst und -kennerschaft des Wortes, die lauter feine vorsichtige Arbeit abzuthun hat und Nichts erreicht, wenn sie es nicht in lento erreicht. Gerade damit aber ist sie heute nöthiger als je, gerade dadurch zieht sie und bezaubert sie uns am stärksten, mitten in einem Zeitalter der ›Arbeit‹, will sagen: der Hast, der unanständigen und schwitzenden Eilfertigkeit, das mit Allem gleich ›fertig werden‹ will, auch mit jedem alten und neuen Buche.«"
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Macht Gabriel nur eine Ästhetik für Musikstücke? Die Begriffe Partitur und Aufführungen könnten das nahelegen. Aber so ist das natürlich nicht gemeint. In einer gewissen Hinsicht ist auch eine Zeichnung eine Partitur.Nauplios - zitierend - hat geschrieben : ↑Mi 15. Jul 2020, 23:54Erstens wird eine Partitur produziert
Ich hatte vor viel längerer Zeit mal einen Thread hier im Forum gemacht, da ging es um die Frage, ob ein Kunstwerk ein totes Stück Materie ist. Da schwob mir um etwas ganz ähnliches vor, wie es hier beschrieben wird - aber natürlich nicht so ausgefeilt.
Ich will mal versuchen, es in meinen Worten darzulegen: Eine Zeichnung ist nicht einfach dieses Ding dort. Wäre es so, dann könnte man sie mit den Mitteln der Physik ebenso gut erforschen, vielleicht sogar besser als durch eine Betrachtung. Die Zeichnung will als sie gesehen werden. Und nur insofern sie als sie gesehen wird, existiert sie überhaupt.
Wenn man sich also vorstellt, dass man sich die Zeichnung als Zeichnung anschaut, dann sind zwei Aspekte im Spiel, für die Gabriel sehr schöne Titel gefunden hat: die Zeichnung dient in der Begrifflichkeit von Gabriel als Partitur. Und der Betrachter führt die Zeichnung anhand der Partitur auf. Ohne diese Auf- bzw Vorführung gibt es das Kunstwerk nicht. Die Zeichnung ist also nicht einfach das Stück Papier mit den Farbpigmenten darauf, ein notwendiger Aspekt des "Gesamtpakets Zeichnung" ist die Rezeption. (Deswegen kann die Zeichnung auch nicht einfach ein totes Stück Materie sein, weil solche Relationen natürlich nichts materielles sind, auch wenn sie etwas materielles umfassen.) Die Zeichnungen besteht in Gabriels Worten darin, daß "jemand (...) in Ausübung seiner Einbildungskraft zur Bühne wird, auf der das Werk aufgeführt wird."
Nun existiert die Zeichnung in aller Regel nicht nur in einer einzigen Ausführung. Es gibt andere mögliche Ausführungen, die verschieden sein können und in der Regel auch sind, aber dennoch ihr eigenes Recht haben. Die Zeichnung, egal wie penibel sie ausgeführt sein mag, kann die jeweilige Aufführung natürlich nicht vollständig bestimmen. Es gibt immer Spielräume für die Betrachtung*. Und deswegen sagt Gabriel: "Das Werk ist weder mit der Partitur noch mit einer bestimmten Aufführung identisch, sondern es ist die offene Struktur wirklicher und noch möglicher Interpretationen."
Das ist noch nicht die gesamte Bestimmung Gabriels des Kunstwerks (und vielleicht ist es auch vereinfacht dargestellt) aber ein gewichtiger Teil. In einem Vortrag, den man bei YouTube sehen kann, hatte er die Chose meines Erachtens noch ein klein wenig anders beschrieben. Wenn ich die Muse dazu mal habe, werde ich es mal vergleichen.
* (Betrachtung ist womöglich nicht der perfekte Ausdruck, Rezeption wäre vielleicht wirklich genauer, aber ich mag den Ausdruck nicht, weil ich dann immer Angst haben muss, dass jemand an Rezeptionsästhetik denkt.)
Zufällig hier eben gesehen...
Wir können diese z.B. nur zum Anlass nehmen, über etwas nachzudenken, was uns vage an etwas erinnert,
Wir können auch völlig unabhängig (versuchen) von ihnen (zu) denken, warum auch nicht.
Nicht die Wahrnehmung insgesamt, sondern die Grundlage einer technischen Aufnahme von Daten, z.B. für einen Computer.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 15. Jul 2020, 19:11So stellt man sich ja als aufgeklärter und moderner Mensch die Wahrnehmung vor.
Ich würde sagen als etwas auf physischer Grundlage, ob nun Kamera oder Auge.Im Prinzip etwas "mechanisches", wie eben bei einer Kamera.
Beim Auge ist es auch so.Vorne kommt etwas Input rein,
Im Gehirn arbeiten unsere neuronalen Systeme, natürlich analog, aber notfalls hinreichend genau binär abbildbar.im Gehirn wird etwas verarbeitet 010101...
Du sollst ja selbst kein Roboter sein, das erwartet ja niemandund dann geht irgendwo innen das Licht an. Wäre es so, dann würde man wahrscheinlich noch viel schlimmer als diese Fußballroboter durchs Leben stolpern.
Was meinst du, was unsere Augen und Ohren sonst wahrnehmen?Aber so liegen die Dinge ja nicht. Wir haben schließlich keine (egal wie schnelle) Aneinanderreihung von Bildern und Tönen etc. vor uns,
Das ist eine ganz andere Ebene, die man nicht einfach durcheinander werfen sollte.sondern Erlebnisse.
Natürlich ist die Welt insgesamt viel komplexer und vielfältiger als reine Verarbeitung von Daten aus der Umwelt.Wir erleben unsere Umwelt nicht als ein Bilder- und Tonrattern, sondern in aller Regel als einem sinnhaften, verständlichen Zusammenhang. Um unseren wirkliches Erleben zu erklären, reicht der Input, den wir jeden Augenblick erleben, in der Regel überhaupt nicht hin. Ich schaue jetzt z.b. gerade aus dem Fenster und frage mich, wie ich einen der Gedanken des Buches am besten darstellen kann.
Wir können diese z.B. nur zum Anlass nehmen, über etwas nachzudenken, was uns vage an etwas erinnert,
Wir können auch völlig unabhängig (versuchen) von ihnen (zu) denken, warum auch nicht.
Es sind ja auch deine gedanklichen Verbindungen zu früheren Ereignissen/Erlebnissen u.ä. bis zu deinen menschlichen Gefühlen.Nichtsdestotrotz reichen die "Eingaben der Welt" im Augenblick bei weitem nicht hin, um die Welthaftigkeit und Vertrautheit des "Zuhause" zu erklären.
Richtig, durch unser un(ter)bewussten Denken, dass viele Lücken mit Dingen aus unserem Gedächtnis füllt.Diese "Lücken", die wir ja nicht als "Lücken" erleben, werden auf verschiedenste Art und Weisen "gefüllt". In jeden Augenblick "investieren" wir, zumeist natürlich unbewusst, sehr viel "Fantasie" (oder wie immer wir es nennen wollen), damit er das welthafte Erlebnis ist, was er in der Regel ist.
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Das Problem ist, dass du mit meiner Aussage zerstückeltst :) auf die Art und Weise gerät aus dem Blick, was ich eigentlich sagen will.
Das Problem kenne ich. Bei meinen Aussagen wird sich auch herausgepickt, was einem gefällt und z.T. das Wichtigste ignoriert.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 18. Jul 2020, 16:20Das Problem ist, dass du mit meiner Aussage zerstückeltst auf die Art und Weise gerät aus dem Blick, was ich eigentlich sagen will.
Und was ist der Kern deiner Aussage, möglichst unzerstückelbar?
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Der Absatz ist eigentlich ziemlich kurz, viel kürzer kann ich es nicht sagen.
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Ich meine, dass unsere Augen und Ohren überhaupt nicht wahrnehmen. Das halte ich für einen schweren Irrtum. Einen Aspekt dieses Irrtums habe ich ja in den Zeilen oben darzustellen versucht.
Welcher der Absätze denn? Immerhin soll ich deinen Text ja zerpflückt haben.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 18. Jul 2020, 16:46Der Absatz ist eigentlich ziemlich kurz, viel kürzer kann ich es nicht sagen.
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Stimmst du denn (präziser gesagt) zu, dass wir über unsere Augen und Ohren wahrnehmen? Oder zumindest Sinnesdaten aufnehmen, die zu Wahrnehmung führen?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 18. Jul 2020, 17:57Ich meine, dass unsere Augen und Ohren überhaupt nicht wahrnehmen. Das halte ich für einen schweren Irrtum. Einen Aspekt dieses Irrtums habe ich ja in den Zeilen oben darzustellen versucht.
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Es gibt im Forum schon einen kurzen Faden zum Thema Wahrnehmung, dein habe ich diese Frage verschoben > viewtopic.php?t=577
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Frage: Wie kann man ihn umreißen? Wir sind von Fiktionen umgeben und jagen Zahlen nach, etwa der der Infizierten, von denen wir eigentlich wissen müssen, dass sie wegen der hohen Dunkelziffer allesamt falsch, also fiktiv sind. Dennoch richten wir unser Handeln danach aus. Treten wir gerade in ein Zeitalter der wissenschaftlich fundierten Irrationalität ein?
Markus Gabriel: Ganz genau. Das eine Problem unserer Zeit ist, dass Wissenschaft Ideologie geworden ist. Das bedeutet nicht, dass wir kein naturwissenschaftliches Wissen haben. Im Gegenteil: Wir wissen zum Glück schon vieles über das neuartige Virus, zum Beispiel, wie es genetisch sequenziert werden kann, welche Proteine an welchen Rezeptoren andocken, etc.. Das sind alles keine fiktiven Tatsachen. Aber die Ausbreitung des Virus, die sozialen Tatsachen des Virus, sind uns nur fiktional zugänglich, dennoch richten wir danach unser Handeln aus. Deshalb stimmt es nicht, dass die Virologen nur als Wissenschaftler sprechen und der Rest Sache der Politik wäre: Die Virologie ist in soziale Systeme eingebettet, die Entscheidungen treffen, und sie ist mit für diese Entscheidungen verantwortlich. Es ist eine Ausrede, Wissenschaft und Politik in diesem Fall sauber trennen zu wollen, das verfehlt die sozio-ökonomischen Tatsachen.
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/m ... 39536.html
Markus Gabriel: Ganz genau. Das eine Problem unserer Zeit ist, dass Wissenschaft Ideologie geworden ist. Das bedeutet nicht, dass wir kein naturwissenschaftliches Wissen haben. Im Gegenteil: Wir wissen zum Glück schon vieles über das neuartige Virus, zum Beispiel, wie es genetisch sequenziert werden kann, welche Proteine an welchen Rezeptoren andocken, etc.. Das sind alles keine fiktiven Tatsachen. Aber die Ausbreitung des Virus, die sozialen Tatsachen des Virus, sind uns nur fiktional zugänglich, dennoch richten wir danach unser Handeln aus. Deshalb stimmt es nicht, dass die Virologen nur als Wissenschaftler sprechen und der Rest Sache der Politik wäre: Die Virologie ist in soziale Systeme eingebettet, die Entscheidungen treffen, und sie ist mit für diese Entscheidungen verantwortlich. Es ist eine Ausrede, Wissenschaft und Politik in diesem Fall sauber trennen zu wollen, das verfehlt die sozio-ökonomischen Tatsachen.
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Das Deutsche Jahrbuch hat geschrieben : Die Jahrbuch-Kontroversen sind ein neues Format des Philosophischen Jahrbuchs, das folgendermaßen funktioniert: Eine profilierte Koryphäe der akademischen Philosophie schreibt einen kräftig plädierenden Initiativaufsatz, in dem sie eine ihrer neuen und durchaus strittigen Thesen bündig vertritt und begründet. Das Herausgebergremium des Philosophischen Jahrbuchs lädt daraufhin eine Reihe von philosophischen »Sparringspartnern« dazu ein, kritische bis stützende Einreden zu verfassen, die im darauffolgenden Heft publiziert werden. Auf sie soll dann wiederum die Initiantin mit einer die wichtigsten Punkte betreffenden Replik antworten, woraufhin weitere und auch untereinander adressierte Reaktionen zum Thema erfolgen können usf. Erreicht die Auseinandersetzung hinreichenden Umfang, erscheint sie nach Abschluss der Debatte noch einmal zusätzlich als ein separates Buch zum Thema im Alber-Verlag.
Jahrbuch - Kontroversen 2, Markus Gabriel, Neutraler Realismus hat geschrieben : Das Buch enthält die zwischen 2014 Uhr und 2016 im philosophischen Jahrbuch erschienen im kritischen Diskussionsbeiträge nahrhafter Philosophen sowie ausführliche Entgegnung von Markus Gabriel.
[...]
Mit Beiträgen von Claus Beisbart, Catharine Diehl, Marcela Garcia, Volker Gerhardt, Johannes Hübner, Anton Friedrich Koch, Sebastian Rödl, Tobias Rosefeldt, Pirmin Stekeler-Weithofer
Eine Diskussion mit Markus Gabriel: Phänomenologische Positionen zum Neuen Realismus (Deutsch) hat geschrieben : In den letzten Jahren ist die Frage nach dem Wirklichen in den philosophischen Fokus zurückgekehrt. Markus Gabriels Neuer Realismus formuliert hierzu eine prägnante Position, die Wirklichkeit, Sinn und Erscheinen zusammenführt. Zu untersuchen bleibt jedoch, ob er damit über das hinausgeht, was das phänomenologische Denken bereits zu erreichen beanspruchte. Die Beiträge des vorliegenden Diskussionsbandes gehen dieser Frage nach, indem sie Gabriels Ansatz mit zentralen Einsichten der Phänomenologie konfrontieren.
Markus Gabriel repliziert auf diese Diskussion. Aus diesem Austausch ergeben sich Möglichkeiten für einen neuen phänomenologischen Realismus.
Beiträge von Thomas Arnold, Jocelyn Benoist, Taylor Carman, David Espinet, Peter Gaitsch, Tobias Keiling, Sandra Lehmann, Philipp Schmidt, Alexander Schnell, Sebastjan Vörös, Niels Weidtmann und Markus Gabriel.
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Philosophie gegen Fake News
Als real gilt heute nur das als, was naturwissenschaftlich nachweisbar ist, gemessen und „getrackt“ werden kann. Gleichzeitig aber scheinen Wirklichkeit und Fiktion vielen Menschen ununterscheidbar. Der Philosoph Markus Gabriel will deshalb unseren bedrohten Sinn für das Wirkliche rekalibrieren.
Von Thomas Palzer > https://www.deutschlandfunk.de/markus-g ... _id=480658
Thomas Palzer hat geschrieben : In jeder Wahrnehmung verschmilzt, wenn wir Aristoteles respektive Gabriel folgen, derjenige, der wahrnimmt, mit dem, was von ihm wahrgenommen wird. Was wir wahrnehmen, sind Tatsachen, denn wir sind in die Wirklichkeit und deren Strukturen tief eingebettet. Wahrnehmungen sind folglich weder rein subjektiv, noch gaukeln sie uns im Verbund mit dem Gehirn eine Realität vor, die nirgends existiert.
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