Museum
- Jörn Budesheim
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Was ist ein Museum, warum gibt es das, wozu brauchen wir es und wem gehört es?
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Ich hab zum Thema eine Kurzgeschichte geschrieben:
Die Museumsdirektorin verschenkte ihr Museum nicht. Nicht weil sie befürchtete, dass es in die falschen Hände geraten könnte. Sondern weil sie Angst hatte, dass es niemand haben wollte.
Die Museumsdirektorin verschenkte ihr Museum nicht. Nicht weil sie befürchtete, dass es in die falschen Hände geraten könnte. Sondern weil sie Angst hatte, dass es niemand haben wollte.
Die Demokratie muss "demokratischer" werden?
Kann man eine "radikaldemokratische Neudefinition" des Museums schon als "revolutionär" bezeichnen?
Verblüfft mich hier nur die Wortwahl, oder habe ich einfach noch nicht das wirklich "Neue" an der Form des Kuratierens erkannt?
Bei den pensionierten Feuerwehrleuten, die in Bergen eine alte Feuerwache besetzten, um ein Museum zu erwirken, geht mir allerdings das Herz auf.
Kann man eine "radikaldemokratische Neudefinition" des Museums schon als "revolutionär" bezeichnen?
Verblüfft mich hier nur die Wortwahl, oder habe ich einfach noch nicht das wirklich "Neue" an der Form des Kuratierens erkannt?
Bei den pensionierten Feuerwehrleuten, die in Bergen eine alte Feuerwache besetzten, um ein Museum zu erwirken, geht mir allerdings das Herz auf.
Wozu die Tage zählen!?
(Ф.М. Достоевский)
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Eine der Kernaussagen könnte wohl sein, dass Nora Sternfeld nach einem neuen Begriff, bzw einer neuen Definition des Museums sucht. Ihr Vorschlag lautet: das Museum ist...
Nora Sternfeld hat geschrieben : Ein Versammlungsraum, indem Leute sich anhand von Dingen, Riten und Geschichten an die Vergangenheit im Hinblick auf ein Verständnis der Gegenwart und eine andere mögliche Zukunft erinnern.
Wenn das die Definition von Museum wäre, dann wäre Museum keine westliche Institution, sondern vielmehr eine globale Praxis.
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In diesem Video formuliert und befragt Nora Sternfeld fünf Aspekte (Forderungen?) für das (neue?) Museum der Migrationsgesellschaft:
- Museen können mit ihrer Sammlung "Gegennarrative" entwickeln ...
- Museen sind nicht mehr nur Orte der Repräsentation, sondern auch soziale Räume, Versammlungsräume, Verhandlungsräume ...
- Museen sind Orte der verflochtenen Geschichte, die auf ihre eigenen "Lücken" reflektieren können ...
- Museen brauchen einen grundlegenden Perspektivenwechsel, der sie von innen heraus ändert und die eigene "nationale Sicht" "verlernt" ...
- Museen sind Orte der Präfiguration ...
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Nora Sternfeld hat geschrieben : Ein Versammlungsraum, indem Leute sich anhand von Dingen, Riten und Geschichten an die Vergangenheit im Hinblick auf ein Verständnis der Gegenwart und eine andere mögliche Zukunft erinnern.
ICOM hat geschrieben : Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die zum Zwecke des Studiums, der Bildung und des Erlebens materielle und immaterielle Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt beschafft, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt.
Gegennarrative entwickeln zu was? Zu der jetzigen Geschichts- und Kunsterzählung, die wie ist? Westlich, christlich?
Ähm, ich dachte dies ist jetzt schon so.Ein Versammlungsraum, indem Leute sich anhand von Dingen, Riten und Geschichten an die Vergangenheit im Hinblick auf ein Verständnis der Gegenwart und eine andere mögliche Zukunft erinnern.
Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe
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Auf der deutschen Seite der Icom wird noch eine Definition genannt.
Die Seite der Icom empfindet ich als sehr nüchtern....staubtrocken trifft es auch.
Immerhin, jetzt es geht auch um Genuss.Ein Museum ist eine dauerhafte Einrichtung, die keinen Gewinn erzielen will, öffentlich zugänglich ist und im Dienst der Gesellschaft und deren Entwicklung steht. Sie erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses.“
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Nora Sternfeld hat geschrieben : Ein Versammlungsraum, indem Leute sich anhand von Dingen, Riten und Geschichten an die Vergangenheit im Hinblick auf ein Verständnis der Gegenwart und eine andere mögliche Zukunft erinnern.
Wenn es eine Definition sein soll, dann muss sie wohl für Vergangenheit Gegenwart und Zukunft passen :-)
Sternfeld legt vielleicht andere Schwerpunkte: den des Versammlungsraums z.b., indem ihr radikaldemokratischer Ansatz Platz finden könnte. Dabei geht es darum, dass im Prinzip immer alle beteiligt sind/sein können, zumindest nach meinem bisherigen Verständnis. Beteiligt heißt dann wohl mehr, als dass gelegentlich partizipative Aktionen gemacht werden, bei denen die Besucher mal mitmachen dürfen, aber das Museum dabei unangetastet bleibt.
Wirklich Beteiligtsein heißt (wenn ich Sternfeld richtig verstehe), dass die Spielregeln des Museums selbst in Frage stehen und von allen gemeinschaftlich ausgehandelt werden können.
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Das war auch schon ein Aspekt der letzten documenta. Dabei können z.b. Figuren auftauchen, die bisher nicht zum Kanon zählten. Oder man kann (in Bezug auf die Kunst) den Blickwinkel weiter fassen, so dass nicht nur diejenige Geschichte in den Blick kommt, die von Europa ausgeht ... Dafür gibt es nach meinem Wissensstand mittlerweile eigene Studiengänge.
Ein anderer Punkt könnte die Frage sein, wie Sammlungen zustande gekommen sind. Oftmals spiegeln sich in ihnen vielfältige Gewalt- und Machtverhältnisse. Dabei geht es um Raub, Enteignung oder Zwangs-Verkäufe der Exponate und Fragen der Restitution, die sich daraus ergeben.
Eine weitere Frage ist die Frage nach der richtigen/angemessenen Präsentation der Ausstellungsstücke. Wie zeigt man Exponate, die man ohne ihren religiösen/rituellen Kontext gar nicht verstehen kann oder solche, zu denen es wesenhaft gehört, innerhalb dieses Kontextes wieder zerstört zu werden? Bei solchen Exponaten läuft das bloße hin- und Ausstellen immer in Gefahr zu verstellen ...
Wie kann man zeigen, ohne dass das Zeigen Gefahr läuft, zu einer Machtgeste/Überlegenheitsgeste zu werden? Also etwa: "Wir die Aufgeklärten" vs. "Ihr die Primitiven". Statt dessen: Zeigen im Sinne von "Freiheit, Gleichheit, Solidarität".
Für die Gegenwart und für die Zukunft. Auf die Vergangenheit, also wie Museen z.B. im vorherigen Jahrhundert gestaltet wurden, nur beschränkt. Ändern kann es man nicht mehr. Das Anwenden geht nur in der rückblickenden Bewertung, und den Schlüssen, die daraus gezogen werden.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 19. Feb 2019, 05:39Nora Sternfeld hat geschrieben : Ein Versammlungsraum, indem Leute sich anhand von Dingen, Riten und Geschichten an die Vergangenheit im Hinblick auf ein Verständnis der Gegenwart und eine andere mögliche Zukunft erinnern.Wenn es eine Definition sein soll, dann muss sie wohl für Vergangenheit Gegenwart und Zukunft passen
Wirklich alle? Das geht von der Annahme aus, dass diese Alle aufgeschlossen sind und alle in ein Museum gehen könnten. Zu diesen allen zählen damit auch die, die bislang null Zugang zu Museen jedweder Art haben, die bislang noch nie eine Fuß in ein Museum gesetzt haben, weil es ihnen nicht ermöglicht wurde, oder kein Interesse haben. Diese wohl Mehrheit müsste erst aktiviert werden.Jörn
Wirklich Beteiligtsein heißt (wenn ich Sternfeld richtig verstehe), dass die Spielregeln des Museums selbst in Frage stehen und von allen gemeinschaftlich ausgehandelt werden können.
Andererseits was wäre mit Duchamp passiert, wenn alle gemeinschaftlich nach dem Mehrheitsprinzip darüber beschlossen hätten, ob er ausgestellt wird? Oder Beuys, wenn nicht wenige auch den Mut gehabt hätten, es alleine zu entscheiden?
Würde man dies ernst nehmen, wären Museen in Europa und in Deutschland wesentlich leerer, als sie es jetzt sind.Ein anderer Punkt könnte die Frage sein, wie Sammlungen zustande gekommen sind. Oftmals spiegeln sich in ihnen vielfältige Gewalt- und Machtverhältnisse. Dabei geht es um Raub, Enteignung oder Zwangs-Verkäufe der Exponate und Fragen der Restitution, die sich daraus ergeben.
Wem gehört der Schatz von Troja, wem Nofretete, und wie ist und war das noch mal mit der Beutekunst und den Enteignungen?
Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Das sind Fragen an Nora Sternfeld, die ich mir so ähnlich auch stelle. Wie ihre Antworten darauf lauten, weiß ich bisher nicht.Stefanie hat geschrieben : ↑Di 19. Feb 2019, 23:58Wirklich alle? Das geht von der Annahme aus, dass diese Alle aufgeschlossen sind und alle in ein Museum gehen könnten. Zu diesen allen zählen damit auch die, die bislang null Zugang zu Museen jedweder Art haben, die bislang noch nie eine Fuß in ein Museum gesetzt haben, weil es ihnen nicht ermöglicht wurde, oder kein Interesse haben. Diese wohl Mehrheit müsste erst aktiviert werden.
Andererseits was wäre mit Duchamp passiert, wenn alle gemeinschaftlich nach dem Mehrheitsprinzip darüber beschlossen hätten, ob er ausgestellt wird? Oder Beuys, wenn nicht wenige auch den Mut gehabt hätten, es alleine zu entscheiden?
Es muss in diesem Zusammenhang auch Dinge geben, die nicht mehr verhandelbar sind. Neben anderem einfach auch aus logischen Gründen. Denn es kann nicht mehr verhandelbar sein, dass man verhandelt, statt sich die Köpfe einzuschlagen. Die Frage ist dann, welche Ideen man bereits akzeptiert hat, wenn man radikaldemokratische Ideen nach vorne bringen will. Das ist ja keine tabula rasa, sondern setzt z.b. Freiheit, Gleichheit und Solidarität voraus, was Nora Sternfeld selbst ja auch deutlich macht, soweit ich sehe.
Hier stellt sich dann auch ganz offen die Frage, wer an Verhandlungen teilnehmen darf. In der Demokratie ist das der mündige Bürger... Aber was ist ein mündiger Bürger?
Worauf sind Museen sonst noch verpflichtet? In der Regel haben Museen einen Gegenstand. Etwas, dass sie sammeln, zeigen, vermitteln ... Z.b. die Geschichte der Stadt, in der sie sich befinden. Es gibt ja sehr viele verschiedene Museumsarten, z.b. Naturkundemuseen, Technikmuseen, etc. in Kassel gibt es ein Tapetenmuseum und vieles andere mehr.
Sollten die Museen nicht ihren Gegenständen verpflichtet sein? Das heißt sollten sie nicht der Wahrheit über diese Gegenstände verpflichtet sein? Wenn nun beispielsweise eine Partei in die freien Verhandlungen eintritt, die den angeblichen "Fliegenschiss der Geschichte" nämlich unsere nationalsozialistische Geschichte nicht mehr angemessen repräsentieren will, was wollen wir dann tun? Wir müssten sie mit dem Hinweis auf die Wahrheit zurückweisen. Die Wahrheit ist nicht verhandelbar.
Wenn sich heute Museen zunehmend z.b. ihrer kolonialistischen Vergangenheit und Bedingungen bewusst werden und darauf reagieren, worauf sind sie dann verpflichtet? Meines Erachtens sind sie darauf verpflichtet, das moralisch Richtige zu tun. Was das ist, liegt natürlich nicht immer gleich auf der Hand und muss Gegenstand der Erörterung werden. Wenn nun beispielsweise bei den Verhandlungen jemand auftritt und meint, die Enteignung der Juden wäre eigentlich ganz okay gewesen - wie wollen wir ihn dann zurückreisen? Meines Erachtens müssten wir ihn zurückweisen mit Hinweis auf das moralisch Gute. Auch das ist nicht verhandelbar. es verträgt sich z.b. nicht mit der Idee des freien "Aushandelns".
Worauf das meiner Ansicht nach hinausläuft, dürfte klar sein. Die Ideale der Freiheit, der Gleichheit und Solidarität sind nichts ohne die Ideale der Wahrheit, der Schönheit und des Guten. Museen müssen beiden Idealen verpflichtet sein.
Leider kann ich nicht sagen, wie Nora Sternfeld zu diesem Anspruch steht.
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Auch solche Meldungen fallen mir dabei sofort ein.ZDF hat geschrieben :
Nachrichten | heute journal
Kulturkampf: Streit um das Theater
Die AfD fordert Kürzungen für missliebige Bühnen. Der Vorwurf: Gesinnungstheater auf deutschen Staatsbühnen. Nun haben mehrere Theater gegen Rechtspopulisten Stellung bezogen. Sie beklagen, zunehmend Anfeindungen aus rechter Ecke ausgesetzt zu sein.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute-jo ... r-100.html
- Jörn Budesheim
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Ich hab noch mal im Video oben nachgeschaut: https://youtu.be/gp-6LQG67NU?t=292
Nora Sternfeld erläutert auch, was denn verhandelt werden soll:
Was ist Museum?
Was soll es zeigen?
Wer sind alle?
Nora Sternfeld erläutert auch, was denn verhandelt werden soll:
Was ist Museum?
Was soll es zeigen?
Wer sind alle?
Es gibt ein paar Texte auf Academy.eu von ihr. Vieles auf englisch. Leider.
Beim Lesen ihrer Thesen musste ich an Arendt denken. Sie hat Arendt gelesen.
Vielleicht hilft dieser Text, sie besser zu verstehen. Das kopieren aus dem Text klappt leider nicht richtig.
https://www.academia.edu/13744381/Parti ... _Sternfeld
Constanze Eckert
, die imMai 2010 im Museum fŸr zeitgenšssische Kunst in Zagreb stattfand, hast dudich mit den Paradigmen einer "Kunst fŸr alle!" sowie auch einer "Kunst mitallen" kritisch auseinandergesetzt. Worin liegt deiner Ansicht nach dieProblematik bei diesen AnsŠtzen?
Nora Sternfeld:
Heute sollen Kunst und Kultur nicht mehr nur "fŸr alle" dasein, sondern unter dem Schlagwort der "Partizipation" zur Kunst "mit allen"werden. DarŸber hinaus geht es unter dem Label "Herstellung vonSichtbarkeit" immer wieder darum, das Feld der ReprŠsentation auf marginalisierte Gruppen der Gesellschaft zu erweitern. Aus der Perspektivevon diesen "allen" (gemeint sind marginalisierte Positionen, die bisher nichtals Teil von "allen" Ð oder besser als Zielgruppen Ð gewonnen werdenkonnten), an die sich die neuen institutionellen Diskurse richten, bedeutetdas, dass sie einerseits eingeladen werden, mitzumachen, und andererseitsals Objekte der ReprŠsentation zur VerfŸgung stehen sollen. Der Kunst- undKulturvermittlung wird in diesem Zusammenhang die Rolle der BrŸckezwischen den Zielgruppen und den elitŠren Inhalten der Institutionenzugeschrieben. Sie soll Ð zumeist bei kompletter Unangetastetheit derInstitution Ð die LŸcken schlie§en, die diese ihrem (Bildungs-)Auftragschuldig bleibt. Partizipation meint in diesem Zusammenhang eigentlich vorallem Interaktion.
(...)
Was verstehst du unter guter Partizipationskunst? Gibt es auch etwas, was esunbedingt zu vermeiden gilt?
Was mich an der Idee der Partizipation in der Kunst interessiert, ist derAspekt des gemeinsamen Handelns. Ich denke hier an Hannah ArendtsKonzept des politischen Handelns in der …ffentlichkeit. In der Idee einessolchen partizipativen kŸnstlerischen Handelns scheint mir eine Kraft zuliegen, die "Genievorstellungen" Ÿberwindet und eine Offenheit auch fŸrunerwartete Begegnungen und Momente schafft. Arendt schreibt: "DasHandeln bedarf einer PluralitŠt, in der zwar alle dasselbe sind, nŠmlichMenschen, aber dies auf die merkwŸrdige Art und Weise, dass keiner dieserMenschen je einem anderen gleicht."
Beim Lesen ihrer Thesen musste ich an Arendt denken. Sie hat Arendt gelesen.
Vielleicht hilft dieser Text, sie besser zu verstehen. Das kopieren aus dem Text klappt leider nicht richtig.
https://www.academia.edu/13744381/Parti ... _Sternfeld
Constanze Eckert
, die imMai 2010 im Museum fŸr zeitgenšssische Kunst in Zagreb stattfand, hast dudich mit den Paradigmen einer "Kunst fŸr alle!" sowie auch einer "Kunst mitallen" kritisch auseinandergesetzt. Worin liegt deiner Ansicht nach dieProblematik bei diesen AnsŠtzen?
Nora Sternfeld:
Heute sollen Kunst und Kultur nicht mehr nur "fŸr alle" dasein, sondern unter dem Schlagwort der "Partizipation" zur Kunst "mit allen"werden. DarŸber hinaus geht es unter dem Label "Herstellung vonSichtbarkeit" immer wieder darum, das Feld der ReprŠsentation auf marginalisierte Gruppen der Gesellschaft zu erweitern. Aus der Perspektivevon diesen "allen" (gemeint sind marginalisierte Positionen, die bisher nichtals Teil von "allen" Ð oder besser als Zielgruppen Ð gewonnen werdenkonnten), an die sich die neuen institutionellen Diskurse richten, bedeutetdas, dass sie einerseits eingeladen werden, mitzumachen, und andererseitsals Objekte der ReprŠsentation zur VerfŸgung stehen sollen. Der Kunst- undKulturvermittlung wird in diesem Zusammenhang die Rolle der BrŸckezwischen den Zielgruppen und den elitŠren Inhalten der Institutionenzugeschrieben. Sie soll Ð zumeist bei kompletter Unangetastetheit derInstitution Ð die LŸcken schlie§en, die diese ihrem (Bildungs-)Auftragschuldig bleibt. Partizipation meint in diesem Zusammenhang eigentlich vorallem Interaktion.
(...)
Was verstehst du unter guter Partizipationskunst? Gibt es auch etwas, was esunbedingt zu vermeiden gilt?
Was mich an der Idee der Partizipation in der Kunst interessiert, ist derAspekt des gemeinsamen Handelns. Ich denke hier an Hannah ArendtsKonzept des politischen Handelns in der …ffentlichkeit. In der Idee einessolchen partizipativen kŸnstlerischen Handelns scheint mir eine Kraft zuliegen, die "Genievorstellungen" Ÿberwindet und eine Offenheit auch fŸrunerwartete Begegnungen und Momente schafft. Arendt schreibt: "DasHandeln bedarf einer PluralitŠt, in der zwar alle dasselbe sind, nŠmlichMenschen, aber dies auf die merkwŸrdige Art und Weise, dass keiner dieserMenschen je einem anderen gleicht."
Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Guter knapper Text. Klingt wie eine gelehrte Forderung zur Abschaffung der (Vielfalt) der Künste.