Können Apps etwas wissen?

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
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Jörn Budesheim
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So 20. Mai 2018, 14:48

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:21
Aber die App tut eben genau das, was wir tun und nicht das, was das Lexikon nicht tut: Sie zieht Wissen aus einer Datenbank und interagiert abgleichend mit der Umwelt. Lexikon und App sind deshalb nicht zu vergleichen. Ein Vergleich ist als Argument unzulässig.
Ich finde schon, dass das Argument zulässig ist. Wenn ich in ein Lexikon schaue, mache ich nach meinem Dafürhalten, strukturell dasselbe, wie wenn ich in eine App "schaue". Ich nutze Wissen (falls es sich um Wissen handelt) von anderen Personen (hoffentlich Experten), welche ihr Wissen externalisiert haben. Daran ändert sich gar nichts, finde ich. Der Unterschied besteht nach meiner Vorstellung allein darin, dass in Apps sehr viel umfangreichere Daten gespeichert sind als in Lexika. Und zudem darin, dass es Automatismen gibt, die mir das Auffinden und Sortieren der Daten erleichtern.

Wenn Fehler passieren, mache ich wie beim Lexikon die anderen Personen, die beteiligt sind verantwortlich und nicht die App oder das Lexikon. Also entweder die Experten, die ihr Wissen niedergelegt haben. Oder diejenigen, die es in Form gebracht haben: Also die Programmierer, Drucker, Designer etc.

Würde die App irgendetwas tun, was wir tun, müsste sie selbst dafür gerade stehen.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:48
Wenn ich in ein Lexikon schaue, mache ich nach meinem Dafürhalten, strukturell dasselbe, wie wenn ich in eine App "schaue".
Du schon, aber die App und das Lexikon nicht.
Die App erkennt aktiv, das Lexikon nicht.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 20. Mai 2018, 16:06

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:21
Eine durch eine App prozessierte Information geschieht aber zielgerichtet durch das Prozessieren bestimmter Informationen durch aktive, gezielte Interaktion mit etwas anderem, zum Beispiel durch Vergleichen eines Gegenstands mit einer Datenbank, mit dem Zweck eines Outputs.
Aber nicht die App verfolgt Ziele, sondern wir mittels der App. Und die App vergleicht auch nichts, sondern führt blind diverse "Befehle" aus, die wir programmiert haben, um unsere Ziele zu erreichen. Der Output ist auch nicht der Zweck, den die App aus sich selbst heraus verfolgt, sondern, es ist der Zweck, den wir mit der App zu erreichen suchen. Die App ist einfach ein Tool = Werkzeug. Und die Ziele verfolgen wir. Die App (dabei bleibe ich) verfolgt also ebensowenig einen Zweck, wie der Hammer den Zweck verfolgt, den Nagel in die Wand zu schlagen.




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So 20. Mai 2018, 16:18

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:21
Ich sage, dass Wissen, in den basalsten Grundzügen, Informationen verarbeitendes Tun ist.
Mein (persönliches) Hauptproblem damit ist, dass ich nicht weiß, was du damit sagen willst. Und ich hab auch kein Gefühl dafür, wie du den Begriff "Information" verstehst.

Nehmen wir ein Beispiel: Ich weiß, dass 5 plus 7 = 12 ist. Inwiefern ist das ein "Informationen verarbeitendes Tun"? Wie kommt hier zum Beispiel der normative Aspekt des Wissen in Geltung? Das verstehe ich alles nicht.




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So 20. Mai 2018, 16:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:48
Würde die App irgendetwas tun, was wir tun, müsste sie selbst dafür gerade stehen.
Sie tut aber gerade nicht das, was wir tun. Dieser ständige Verweis auf uns, das ist einfach nicht zielführend.

Der Vorgang des Informationsverarbeitens ist anders im Menschen als in der App. Aber dennoch ändert das nichts daran, dass Informationsverarbeitung Informationsverarbeitung ist. Die App tut das Gleiche, wie wir mit Bezug auf 'Informationen sammeln', nur anders, wenn sie in einem Lexikon blättert.

Die App kann viel weniger als wir und sie kann es anders, aber sie kann mehr als ein Toaster und sie kann es anders als ein Toaster. So wenig der Vergleich unseres Tuns mit dem einer App zulässig ist, sowenig ist es der Vergleich der App mit der Murmelbahn. Wir haben es nicht nur mit verschiedenen Graden der Komplexität zu tun, also nicht nur mit quantitativen Unterschieden, sondern auch mit qualitativen. Es nützt nichts, das Tun der App zu degradieren, indem man es mit demjenigen in einem Toaster vergleicht oder an ihm einen Massstab legt, der nur Menschen erfüllen können. Wissen ist kein dem Menschen vorbehaltenes Vermögen, und wo die Unterschiede des Wissens verschiedener Art liegen, gilt es herauszuarbeiten. Indem man Wissen reduziert auf einen einzigen Sinn, wird man zwar die Notwendigkeit des Unterscheidens los, aber nicht die Unterschiede selbst :)



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So 20. Mai 2018, 16:33

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:27
Diesee ständige Verweis auf uns, das ist einfach nicht zielführend.
Meines Erachtens ist der Verweis absolut notwendig. Ohne diesen Verweis hätte man nicht den mindesten Dunst, was ein App überhaupt ist. Alles was sie ist, ist völlig von uns und den Zwecken abhängig, die wir mit dem Tool verfolgen. Nichts von dem, was da passiert, lässt sich hineichend verstehen, wenn dieser Verweis fehlt.




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So 20. Mai 2018, 16:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:18
Nehmen wir ein Beispiel: Ich weiß, dass 5 plus 7 = 12 ist. Inwiefern ist das ein "Informationen verarbeitendes Tun"? Wie kommt hier zum Beispiel der normative Aspekt des Wissen in Geltung? Das verstehe ich alles nicht.
Dass 5+2=12 ist, das musste dir jemand beibringen. Indem du die Regel anwendest, verarbeitest du diese Summanden zu einem Resultat. Ich verstehe deinen Einwand überhaupt nicht.

Wenn eine Ampel rot leuchtet, dann hast du ja ein Signal gesehen, d.h. die Informationen verarbeitet. Und wenn du dann anhälst, dann weil du weisst, was dieses Rot bedeutet. Du musst aber nicht wissen, was Rot bedeutet um zu wissen, dass Rot nicht Grün ist. Jede Amöbe verarbeitet Signale aus der Umwelt. :) Das kann doch nicht so schwer zu verstehen sein.



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So 20. Mai 2018, 16:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:33
Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:27
Diesee ständige Verweis auf uns, das ist einfach nicht zielführend.
Meines Erachtens ist der Verweis absolut notwendig. Ohne diesen Verweis hätte man nicht den mindesten Dunst, was ein App überhaupt ist. Alles was sie ist, ist völlig von uns und den Zwecken abhängig, die wir mit dem Tool verfolgen. Nichts von dem, was da passiert, lässt sich hineichend verstehen, wenn dieser Verweis fehlt.
Der Verweis auf uns mit Bezug darauf, was die App für einen Zweck hat, was sie ist, ja, dass sie überhaupt ist, ist notwendig. Ohne Frage. Mit Bezug aber darauf, was Wissen überhaupt ist, dient der Verweis auf uns höchstens als ein Beispiel dafür, was Wissen ist. Unser Wissen ist nicht Wissen überhaupt.



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So 20. Mai 2018, 17:08

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:36
Ich verstehe deinen Einwand überhaupt nicht.
Das ist ja auch kein Einwand, sondern es war die Bitte es an einem Beispiel zu erlären :-) Ich verstehe auch nicht, was es heißt, dass die Amöbe Signale aus der Umwelt verarbeitet. Was ist ein Signal? Hätte es Signale auch gegeben, wenn es nie Amöben gegeben hätte? Oder sind Signale amöbenrelativ? Für Informationen stellt sich die gleiche Frage.




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So 20. Mai 2018, 17:23

Vor kurzem haben wir uns hier zusammen dieses Feature zum Urknall angeschaut. Ich habe ein vage Erinnerung, dass einer der Naturwissenschaftler der Ansicht war, dass "da draußen" alles Information ist. Wenn man diesen Begriff ansetzt, dann hast du allerdings, wie schon zuvor bemerkt wurde, dass Problem, dass dann alles Infomationsverarbeitung und Wissen ist. Dann weiß, der Stein, dass er zu Boden fallen muss.

Aber was ist dann mit der Wahrheit? Was ist mit Irrtum? Welche (physikalischen?) Informationen werden beim Wissen, dass man kleine Kinder nicht grillen darf verarbeitet?

Und zudem: sind die Begriffe Information und Wissen einfach synonym?




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So 20. Mai 2018, 17:43

Eine der Apps auf meinem Rechner sagt zu Information folgendes:
In·for·ma·ti·o̱n
Substantiv [die]
1.
ein bestimmtes Wissen über einen Gegenstand, eine Person oder einen Sachverhalt.
"Informationen können Sie telefonisch anfordern unter ..."
2.
das Informieren.
"Lesen Sie zu Ihrer Information bitte die beigefügte Broschüre!"
Dann wäre Wissen, die Verarbeitung von Wissen. Hmm, das wirst du wohl kaum meinen.




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Alethos
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So 20. Mai 2018, 19:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 17:08
Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 16:36
Ich verstehe deinen Einwand überhaupt nicht.
Das ist ja auch kein Einwand, sondern es war die Bitte es an einem Beispiel zu erlären :-) Ich verstehe auch nicht, was es heißt, dass die Amöbe Signale aus der Umwelt verarbeitet. Was ist ein Signal? Hätte es Signale auch gegeben, wenn es nie Amöben gegeben hätte? Oder sind Signale amöbenrelativ? Für Informationen stellt sich die gleiche Frage.
Ich meine, ich hätte es am Beispiel erklärt. :) Die Information, dass 1 und 1 = 2 ist, steckt in der Operation. Es ist eine sogenannte Rechenoperation. Kein Kind auf der Welt wird diese Operation durchführen können, ohne es würden ihm die Denkschritte beigebracht. Oder aber es braucht Jahrzehnte, um herauszufinden, dass sich Mengen addieren lassen.

Kein Mensch auf der Welt wird Wissen erlangen, wenn er sich keinen Zugang zu den entsprechenden Wahrheiten holt, entweder über Erfahrung, Selberdenken oder über Erziehung. Nun spielt es doch weder für das Kind, dem beigebracht wird, dass 1 und 1 zusammengezählt 2 ergibt, noch für die App eine Rolle, wie es zu diesem Wissen kommt.

Ein Kind kann vielleicht erst in einem zweiten Schritt begründen, warum es sich mit der Summe von 1 und 1 so verhält, aber es wird, sobald es diese Wahrheit festgestellt hat und erinnern kann, wissen, dass es so ist, weil es die Information hat.

Aber das ist keine mathematikertelative, noch ist es eine menschliche Information, sondern es ist eine universale Information, die sich einstellt aus der Sache selbst. Man kann überhaupt nichts wissen, was nicht so ist, und, indem es so ist, ist es wissbar durch Zugriff auf sein Sosein, d.h. auf die Information, die diese Wahrheit bereithält.



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So 20. Mai 2018, 19:55

Btw: Das neue Handbuch philosophischer Grundbegriffe hat für Informationen leider kein eigenes Stichwort, Informationen wird verhandelt unter Sprache ... Hmmm. Ich schätze, hier machen wir ein ziemliches Fass auf :)




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Alethos
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So 20. Mai 2018, 20:29

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 17:23
Vor kurzem haben wir uns hier zusammen dieses Feature zum Urknall angeschaut. Ich habe ein vage Erinnerung, dass einer der Naturwissenschaftler der Ansicht war, dass "da draußen" alles Information ist. Wenn man diesen Begriff ansetzt, dann hast du allerdings, wie schon zuvor bemerkt wurde, dass Problem, dass dann alles Infomationsverarbeitung und Wissen ist. Dann weiß, der Stein, dass er zu Boden fallen muss.

Aber was ist dann mit der Wahrheit? Was ist mit Irrtum? Welche (physikalischen?) Informationen werden beim Wissen, dass man kleine Kinder nicht grillen darf verarbeitet?

Und zudem: sind die Begriffe Information und Wissen einfach synonym?
Ich denke nicht, dass sie einfach synonym sind. Ich denke, dass Informationen die Sachverhalte betreffen und Wissen der aktive Vorgang des Speicherns und Abrufens dieser Informationen darstellt, also das Prozessieren, das Verarbeiten von Informationen. Verarbeitung meint Umwandlung.

Sofern dieser Vorgang des Umwandelns autopoietisch vonstatten geht, nicht nur automatisch, sondern als aktive Leistung des Systems, findet 'Wissensarbeit' statt, im Gegensatz zur reinen mechanischen Arbeit von zwei aufeinanderprallenden Asteroiden.

Nach dieser Definition ist zwar ein Stein informiert, denn er verhält sich in der Welt, aber er ist nicht wissend, denn er ruft nicht aktiv eine gespeicherte Information ab, er interagiert nicht mit der Welt, er hat kein Sensorium, das auf die Welt gerichtet ist, um ein Signal aktiv zu empfangen. Nicht, weil die Signale nicht steinerelativ sind, weiss er nicht, sondern weil es keine wissende Leistung darstellt zu fallen. Er fällt aus reiner Kausalität.

Aber ein Automat, sagen wir ein Gerät zum Rösten von Brotscheiben, das ist nicht in derselben Weise ein kausales Ding wie ein Stein. Natürlich weiss auch dieses Gerät nichts, aber doch vollziehen seine Komponenten im Zusammenspiel eine Leistung, die mehr ist als die Leistung der reinen Kausalketten. Der Toaster weiss nichts, und doch verarbeitet er aktiv eine Information, z.B. über den eingebauten Thermostat. Dieser misst die Temperatur und leitet eine Handlung ein: Weiter rösten oder abschalten. Es tut dies nicht, weil es wüsste, aber es hat doch einen gewissen Zugang zur Umwelt über diesen Thermostat. Der Toaster fühlt nichts, hat keine Seele, hat kein Bauchgefühl oder überhaupt ein Bewusstsein, aber doch hat es eine Information in ein Wissen umgewandelt, weil es einen reinen Sachverhalt, jener der Umgebungstemperatur, angewendet hat auf sein Programm. Natürlich ist das rein kausal bewirkt, auch der Toaster wird nicht gehandelt oder agiert haben, aber er hat eine Information mindestens verarbeitet. Insofern weiss der Toaster mehr als der Stein, nicht im Sinne eines holistischen Wissens, wie es wir zu leisten vermögen, aber im Sinne einer programmierten Verarbeitung von Information.

Ein Stein kann sich aber auch nicht irren, er kann nicht nicht funktionieren, weil er als Stein keine Funktion hat. Ein Toaster kann sich aber irren, sofern er einen Schaden hat. Da sage mir einer nochmal, Irren sei menschlich. :)

Und so kann man doch die Komplexität der Informationsverarbeitung steigern, bis man plötzlich die kausale Struktur der programmierten Abläufe durchbricht, es ist der Moment, in welchem das System überkomplex wird und sich kausale Folgen auflösen. Es emergiert Wissen, ferner Bewusstsein als ein Wissen um dieses Wissen und Selbstbewusstsein als das Wissen um das Wissen des Wissenden :)

Ich glaube also nicht, dass der Mensch wie eine sehr komplexe kausale Maschine, wie ein Toaster funktioniert, sondern dass er die kausale Einkettung seines Wirkens längst durchbrochen hat und frei ist :)

Aber das ändert nichts daran, dass Wahrheit irgendwo anfangen muss zu sein, und ich meine, es ist in der Form einer schieren Information. Diese basalste Form des 'Wissens' ist die sich selbst beinhaltende Information der Dinge als ihre Wahrheit.
Zuletzt geändert von Alethos am So 20. Mai 2018, 20:42, insgesamt 2-mal geändert.



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So 20. Mai 2018, 20:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 19:55
Btw: Das neue Handbuch philosophischer Grundbegriffe hat für Informationen leider kein eigenes Stichwort, Informationen wird verhandelt unter Sprache ... Hmmm. Ich schätze, hier machen wir ein ziemliches Fass auf :)
Cool, wir schreiben Philosophiegeschichte! :)



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So 20. Mai 2018, 20:52

Im dritten Lexikon erst werde ich fündig. Gessmann, philosophisches Wörterbuch schreibt:

In der mittelalterlichen Philosophie Bezeichnung für die Gestaltung der Materie durch eine Form: materia informata ist die gestaltete Materie einer Substanz (bei Lebewesen deren lebendiger Körper) im Unterschied zur rohem Masse, aus der erst eine Substanz zu entstehen hat.

In der zeitgenössischen philosophischen Diskussion sind zwei Begriffe der Informationen maßgeblich.
  1. der nachrichtentechnische Begriff, der Information als ein Maß der Wahrscheinlichkeit bzw Unwahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Signals zwischen Sender und Empfänger versteht. [...] In diesem Sinne von Informationen sind Computer informationsverarbeitende Systeme, von daher auch der Disziplinenname Informatik [...]
  2. Zweitens der Begriff der semantischen Information betrifft das Verhältnis von Sprecher und Hörer bzw. Text und Leser und die Frage, was Wesen und Struktur einer mündlichen oder schriftlichen Mitteilung ist. Antworten auf diese Frage sind von der jeweils zugrundeliegenden Konzeption sprachliche Bedeutung abhängig.
Die Frage, ob der semantische Informationsbegriff auf den nachrichtentechnischen Informationsbegriff zurückgeführt werden kann, wird von einigen Philosophen ebenso entschieden bejaht, wie er von anderen vehement verneint wird. Hier handelt es sich um eins der Nachfolgeprobleme des klassischen Leib Seele Problems. [...]




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So 20. Mai 2018, 21:16

Ein Toaster





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So 20. Mai 2018, 23:31

:mrgreen:

Der komplizierteste Toaster der Welt.



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Mo 21. Mai 2018, 06:20

Ich habe noch etwas zum Begriff Informationen gefunden. Aus: Grundkurs Philosophie, Band 3, Philosophie des Geistes und der Sprache, von Wolfgang Detel.
Die Idee der Repräsentation

Eine wichtige Eigenschaft und Funktion geistiger Zustände ist, dass diese Zustände andere Zustände repräsentieren. Zuweilen wird die Idee der Repräsentation so formuliert, dass ein Zustand A einen anderen Zustand B repräsentiert, wenn A für B steht. Und dass A für B steht, wird dadurch erläutert, dass A ein natürliches Zeichen für B ist.

Bärenspuren im Schnee sind beispielsweise natürliche Zeichen dafür, dass Bären über den Schnee gelaufen sind, denn Bären, und nur Bären, produzieren naturgesetzlich Bärenspuren im Schnee. Eine alternative Beschreibung dieses Zusammenhanges lautet, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass Bären über den Schnee gelaufen sind, falls Bärenspuren im Schnee sind, gleich 1 ist. An dieser Stelle wird gewöhnlich ein einfacher Informationsbegriff eingeführt. Man sagt, dass die Bärenspuren im Schnee die Information tragen, dass Bären über den Schnee gelaufen sind. Allerdings ist der Gehalt dieser Information nicht eindeutig, denn die Bärenspuren im Schnee tragen z. B. auch die Information, dass irgendwelche Tiere über den Schnee gelaufen sind. Und dass Bären über den Schnee gelaufen sind, trägt in diesem Fall natürlich selbst wiederum die Information, dass irgendwelche Tiere über den Schnee gelaufen sind. Der Gehalt der Information ist daher eher die spezifischste Information, die mit dem Zeichen oder Signal verbunden ist.

[...]

Natürliche Zeichen und Informationen
  1. Wenn Tatsache T naturgesetzlich (d. h. vermittels Naturgesetzen) Z produziert, und wenn Z durch nichts anderes als durch T naturgesetzlich produziert wird, dann ist Z ein natürliches Zeichen dafür, dass T der Fall ist.
  2. Wenn das natürliche Zeichen Z anzeigt, dass T der Fall ist, dann ist T die natürliche Bedeutung von Z
  3. Wenn p(TlZ) = 1 ist, dann trägt Z die Information, dass T der Fall ist. Z trägt die spezifischste Information, dass T der Fall ist, falls Z die Information trägt, dass T der Fall ist, und wenn es kein T* gibt, so dass Z die Information trägt, dass T* der Fall ist, und T* die Information trägt, dass T der Fall ist.
  4. Wenn Z die spezifischste Information trägt, dass T der Fall ist, dann ist T der natürliche Gehalt der Information; die von Z getragen wird.
  5. Z repräsentiert T im einfachen Sinne genau dann, wenn T die natürliche Bedeutung von Z oder der natürliche Gehalt der von Z getragenen Information ist.
  6. Dieser Repräsentationsbegriff erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist.




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Mo 21. Mai 2018, 06:26

Ich hatte noch so eine ungefäääähre Erinnerung, mal ein Buch dazu in den Händen gehalten zu haben, hier ist es:
Perlentaucher hat geschrieben : Peter Janich
Was ist Information?
Kritik einer Legende

KLAPPENTEXT
Information ist ein allgegenwärtiger Begriff im Alltag, in den Wissenschaften und in der Philosophie. Heute wird er immer mehr von den Naturwissenschaften als ureigenster Gegenstand reklamiert: Er wird "naturalisiert". Das Buch zeichnet den Weg nach, wie aus Physik und Mathematik Auffassungen entstehen, die über die Wissenschaftstheorie und die Sprachphilosophie zur Grundlage der Nachrichtentechnik und der Kybernetik werden, um schließlich bei der "Erbinformation" und anderen Naturgegenständen zu landen. So entsteht eine missverstandene Form des Körper-Geist- Problems: Wie kommen technische Objekte, aber auch Moleküle im menschlichen Genom zu Eigenschaften, die ursprünglich der menschlichen Sprache vorbehalten waren? Dieses Buch korrigiert Missverständnisse, weist heute übliche Ausdrucksweisen als (teilweise irrtümliche) Metaphern aus und rekonstruiert das menschliche Handeln und Sprechen als Grundlage von technischen und natürlichen Formen der Informationsverarbeitung.

Zwei Rezensionen: https://www.perlentaucher.de/buch/peter ... ation.html




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