Gott ist nicht tot

Glaube und Wissen, Wesen und Formen von Religionen, ihre Bedeutung für das menschliche Leben, Grundfiguren religiösen Denkens u.ä. - Darauf wirft die Religionsphilosophie ihren Blick.
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epitox
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 16. Apr 2018, 16:44
Meines Erachtens kann es nicht den geringsten Zweifel daran geben, dass Verkünden ohne Begründen möglich ist
Ja, zu mindestens dann, wenn der Nachrichtensprecher im Fernsehen die Ergebnisse der Fussballbundesliga vorliest... :D

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Jörn Budesheim
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Mo 16. Apr 2018, 18:53

Wenn du meinst.




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epitox
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 16. Apr 2018, 18:53
Wenn du meinst.
Heben wir uns das Thema Verkündigung für einen anderen thread auf! :)

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epitox
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Alethos hat geschrieben :
So 15. Apr 2018, 23:49
Vielen Dank, epitox. Du darfst gerne entweder hier oder in einem anderen Thread, wenn es dort besser passt, mit den irrigen Vorstellungen zur Theodizee aufräumen. Ich bin sehr aufnahmefähig und, Gott sei dank, nicht dogmatisch festgefahren :)
In einem neuen thread wäre das Thema besser aufgehoben. Die Literatur zu dem Thema ist ja recht umfangreich und man müsste erst mal eine Einführung in das Thema schreiben, die die Schwierigkeiten der theoretischen Vernunft aufdeckt. bis man dann die Lösung plausibel präsentieren kann.

(Allerdings vermute ich, dass bestimmte Aussagen, die dort dann gemacht werden müssen, bei den atheistischen Philosophen hier nicht gut ankommen werden. Denn bei der Erörterung der Theodizeefrage auf der Ebene der praktischen Vernunft, wird man feststellen, dass mit der Zurückweisung Gottes nicht nur das Postulat eines umfassenden Sinnzusammenhanges oder einer allgemeinen Zustimmungswürdigkeit des Daseins abgelehnt wird, sondern auch die Hoffnung auf eine Wirklichkeit, die den anderen im Tode rettet. Und damit begeht man eine schwere Sünde.)

epitox




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Alethos
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Mo 16. Apr 2018, 23:26

epitox hat geschrieben :
Mo 16. Apr 2018, 19:40
Allerdings vermute ich, dass bestimmte Aussagen, die dort dann gemacht werden müssen, bei den atheistischen Philosophen hier nicht gut ankommen werden. Denn bei der Erörterung der Theodizeefrage auf der Ebene der praktischen Vernunft, wird man feststellen, dass mit der Zurückweisung Gottes nicht nur das Postulat eines umfassenden Sinnzusammenhanges oder einer allgemeinen Zustimmungswürdigkeit des Daseins abgelehnt wird
Das wäre ja ein rationaler Dikurs und als solcher begrüssenswert. Dass dabei kontrovers diskutiert würde, halte ich für einen wichtigen Bestandteil dieser Diskursivität.

Ich für meinen Teil würde es jedenfalls begrüssen, wenn wir den theistischen Theorien mehr Raum geben würden, damit sie sich entwickeln können.
Das sage ich als Agnostiker, und als solcher hoffe ich natürlich, dass ich nicht zuerst zum Glauben finden muss, um die in diesem Strang vorgetragenen Argumente überhaupt nachvollziehen zu können. ;)

Ich sehe mich aber mangels Kenntnis und Verve für diese Positionen auch nicht in der Lage, einen solchen Thread zu initialisieren oder zu alimentieren. Ich würde mich lediglich freuen, wenn wir uns dieses Themas in einer offenen und rationalen Art annehmen könnten.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

herbert clemens
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Di 17. Apr 2018, 08:57

Ich bin gespannt auf epitox Antwort und spinne so lange noch an einen anderen Faden weiter.
Wie erfahre ich Gott?
Sehr poetisch und radikal die Antwort von Flechtlicht. Mir leuchtet nicht ein: „Verbrennen des materiellen Lebens“. Ich bin dazu (noch?) nicht bereit. Das Leben auf der Erde mit seinen Freuden und Leiden ist uns gegeben. Auf das Leben auf dieser Erde müssen wir je Antworten finden.
Ich probiere stattdessen folgende Formulierung: das Licht der Liebe im materiellen Leben (für) wahr nehmen und die Liebe in mich zum Leuchten bringen.
Den göttlichen Frühlingstag in seiner Schönheit genießen,
Freude am gelungenen Wurf der Boulekugel haben,
sich wohlfühlen in der gelassenen Fröhlichkeit des Speisesaals eines Nonnenklosters,
sich einreden, Gott oder seine Engel an „heiligen“ Orten wie Assisi gespürt zu haben,

In der Christlichen Tradition Kindheit und Jugend verbracht, kann ich mit den Propheten des Alten und Neuen Testements und auch neueren Botschaftern etwas anfangen, aber auch muslimische oder buddhistische Erfahrungen bedeuten mir etwas. Doch immer wieder hat der Zweifel ein letztes(?) Wort.




flechtlicht
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Di 17. Apr 2018, 13:44

Du stehst bereits in unsren unsichtbaren Flammen heiss, und lodernd gehen wir aus und ein, durch Dein uns geneigtes Wesen, Dir und Deinen Liebsten zu verkünden, die Liebe macht uns rein.
Du hast erkannt und bist nicht mehr zu löschen, wirst Dich freuderfüllt verzehren und vergehen und dabei in unserem Gesang zu alter, neuer Einheit mit uns, mit Ihm erstehen.
Schau zurück auf Dein Leben reich an Wandel, ein heiliger Tanz aus unverstandnen Schritten erst, wie wir geschmeidig ineinander finden und uns allzusammen Satans Knechtschaft froh entwinden.
Du braucht uns nicht zu suchen nicht zu bitten noch zu flehen
nur die Augen Deiner Seele öffnen und uns sehen.

Wir sprechen, lehren Schicksal,
Du hast gelernt uns zu verstehen und unsern Weg der Liebe freudig mitzugehen.

Zufall, naives Denken, überreiche Phantasie, so will man uns zerklären und vernichten
dagegen eine muntere Schar von "Träumen" unverzagt, die uns bezeugen und berichten.

Wie kommst Du darauf, sich in Liebe zu verbrennen würde das allergeringste einem Erdenleben vorenthalten oder gar verbieten? Das Gegenteil ist der Fall wie Du ja selbst ganz wunderbar beschreibst mit Deinem Erleben der Natur und Deiner erfüllten Beziehung zu Deiner Familie. In Liebe wird selbst gar langweiligstes Alltagsallerlei zu erderhabenem Gottesdienst erhöht. Sinnliche Freuden im wahren Angesicht Gottes vollzogen zum Dankopfer zu Ehren seiner Herrlichkeit, dessen heller, wohlriechende Rauch wie kostbarer Weihrauchduft in die himmlischen Sphären emporsteigt.
Deine Zweifel sind nur Reste einer alten Gewohnheit, die unbegreifliche Gnade der geschenkten Gotteskindschaft nicht wahr haben zu wollen, aus Angst sie könnte sich als böse Täuschung eines zynischen Schicksals entpuppen.
Der Mensch ist bestimmt, bewusster Ausdruck der unzerbrechlichen Einheit von Gott und Geschöpf zu sein. Ein immerwährendes Freudenfest im ewigen Kraftfeld zwischen Liebe und Freiheit, Freude und Frieden. Und Du mittendrin.
Gottengelmensch Du lieber.




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epitox
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Alethos hat geschrieben :
Mo 16. Apr 2018, 23:26
Ich sehe mich aber mangels Kenntnis und Verve für diese Positionen auch nicht in der Lage, einen solchen Thread zu initialisieren oder zu alimentieren. Ich würde mich lediglich freuen, wenn wir uns dieses Themas in einer offenen und rationalen Art annehmen könnten.
Ok. Dann schlage ich vor die Theodizee -frage einfach in diesem thread starten zu lassen. Thematisch gehört sie jedenfalls eindeutig in diese Diskussion hinein, denn es stellt sich in ihr die Frage nach Gott/nach dem Gottesbild immer gleich mit.

Wenn Jörn der Ansicht ist, das Thema dennoch in einen neuen thread auszulagern, dann bin ich damit in jeden Fall einverstanden. :)

epitox
Zuletzt geändert von epitox am Mi 18. Apr 2018, 20:18, insgesamt 1-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Ich finde auch, dass das gut hierher passt!




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epitox
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Mi 18. Apr 2018, 20:57

Einführung in die Theodizee

Die Einführung halte ich knapp, aber eine Diskussion ist auf jeden Fall schon ab sofort erwünscht, damit sich Verständnisprobleme nicht ausweiten und damit die Diskussion unmöglich machen.
Definition: Frage, wie der Glaube an einen guten und allmächtigen Gott angesichts des Leidens bzw. Übels in der Welt verantwortet werden kann.
Urheber des Begriffs "Theodizee": Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) (Buchtitel, 1710)

  • Thematische Einführung in Form von Zusammenfassungen der verschiedenen Lösungsansätze
Historische Lösungen laut den Lehrbüchern:

1. Lösungen durch Modifikation des Leidens
  • a. Bonisierung (=Entübelung des Übels) durch:
    • Funktionalisierung (Leiden hat eine Funktion, Bsp: Evolution)
    • Pädagogisierung (Gott will uns erziehen, Reifungsprozess)
    • Ästhetisierung (Gutes/Glück kann man nur durch Böses/Übel/Leiden erkennen)
>>>>>>> Problem der Bonisierung: jedes Leiden ist dadurch etwas Gutes
  • b. Ontologische Depotenzierung (=Leid als ontologisch irrelevant) durch:
    • Privationstheorie (Privatio-boni-Lehre): es gibt keine Leiden, nur ein Mangel an Gutem
>>>>>> Problem: Leiden wird nur zu Mangel an Gutem deklariert, also lediglich umbenannt und für ontologisch irrelevant erklärt.
  • c. Depotenzierung durch:
    • Teleologische Argumentationsfiguren: Das Leid ist deshalb nicht so schlimm, weil man im Himmel getröstet wird.
>>>>>> Problem: Warum gibt es dann eigentlich einen ‚Umweg‘ über die Erde, anstatt dass alle von vorne herein direkt im Himmel sind.
  • d. Lösung durch Mitleiden Gottes
    • Gott leidet mit den Menschen, Hinweis auf den Kreuzestod Jesu Christi
>>>>>> Problem: Was nützt dem Menschen in seinem Leid das Mitleiden Gottes?

2. Lösungen durch eine Modifikation der Eigenschaften Gottes
  • a. Modifikation der Liebe Gottes
    • Gott ist nicht nur die Liebe, sondern hat auch dunkle Seiten.
>>>>>> Problem: Es wäre unmoralisch einen solchen Gott zu denken.
  • b. Modifikation der Allmacht Gottes
    • Gott hat seine Allmacht bei der Schöpfung der Welt aufgegeben.
>>>> Problem: Gott ist dann nicht mehr IQM. Mit der Entmachtung Gottes wird der christliche Gottesbegriff ernsthaft in Frage gestellt.
  • c. Modifikation der Allwissenheit Gottes
    • Gott ist nicht allwissend, bekäme das Leid nicht mit und wäre demnach auch nicht verantwortlich.
>>>>> Problem: Gott ist dann nicht mehr IQM.

3. Lösungsvorschlag auf der Basis einer Reflexion des Gott-Welt-Verhältnisses
  • a. Free-will-defense
    • Gott-Welt-Verhältnis als Freiheitsverhältnis: Gottes Schöpfungsziel besteht darin, dass Gott Mitliebende gewinnen will (Duns Scotus)
    • Das Leiden erscheint somit als von Gott nicht gewollte Folge menschlicher Freiheitsverfehlungen (malum morale) bzw. als Folge von Naturgesetzen (malum physicum), die ihrerseits notwendige Bedingung der Möglichkeit für die Entstehung menschlichen Lebens sind.
  • b. Natural-law-defense
    • Als Theorie aus der Keine-bessere-Welt-Hypothese von Leibnitz entstanden, die besagt, dass unsere Welt die beste aller möglichen Welten ist.
    1. Naturgesetze sind die Bedingung der Möglichkeit von Freiheit
    2. Eine Verbesserung einzelner Naturgesetze ist physikalisch unmöglich, wenn zugleich die Entwicklung zum Menschen möglich sein soll (akt. Forschung)
    3. Physikalische Unmöglichkeit einer Verbesserung der Naturkonstanten gründet in einer logischen Unmöglichkeit (es gibt keine Theorie für alles)
    4. Es ist sinnlos die Ausführung von in sich widersprüchlichen bzw. logisch unmöglichen Handlungen von Gott zu fordern. (Gott kann nichts logisch
    unmögliches)
4. Reductio in mysterium
  • • Theoretische Unlösbarkeit des Theodizeeproblems
    • Gott als Unbegreiflichkeit
    >>> Problem: Protest des Iwan Karamasow, der sich weigert, die Eintrittskarte in einen postmortalen Versöhnungsprozess anzunehmen
    >>> Denn nur, wenn das Leben hier und jetzt durch die eschatologische Perspektive verwandelt wird, gibt es in diesem Leben den Sinn, der es im Letzten lohnend macht, auch angesichts der äußersten Gestalt der Vernichtung dem Bösen standzuhalten.
Ende der historischen Einführung

Diskussion ist eröffnet! :)

epitox




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Friederike
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Do 19. Apr 2018, 14:32

Streicht man die Allmacht Gottes, dann ist das Problem gelöst, oder? Einfältig, untheologisch, dogmatisch inkorrekt und mit gewissen rationalen Widersprüchen habe ich zumindest für mich das Problem auf diese Weise gelöst.




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epitox
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Do 19. Apr 2018, 16:04

Friederike hat geschrieben :
Do 19. Apr 2018, 14:32
Streicht man die Allmacht Gottes, dann ist ich zumindest für mich das Problem auf diese Weise gelöst.
... und damit allerdings auch gleich das biblische Zeugnis seiner Selbstoffenbarung in der Geschichte der Menschen.

Dieser Gott ist dann nicht mehr der Gott des AT und auch nicht mehr der Gott, der sich in Christus offenbart hat, sondern ein Pfuscher, der die Schöpfung versaut hat -- nicht Seine Gutheit hat er in sie hingelegt, sondern seine Schwachheit....

Also keine Lösung.

Epitox




flechtlicht
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Do 19. Apr 2018, 21:52

Das Leben "im" Himmel ist, nach wie vor und ewig, vollkommen liebevoll und frei und froh und friedlich - einfach nur gut. Es ist keineswegs notwendig Leid zu erfahren um es zu kennen oder gar Freude empfinden zu können.

Es gibt jedoch für jedes Geschöpf des Himmels die Möglichkeit seine Identifikation mit dem göttlichen Ideal bedingungsloser Liebe aufzugeben und sich mit seiner eigenen Herrlichkeit, Größe und Schönheit zu identifizieren und andere damit zu beeindrucken ja zu verführen sie anzubeten und zu verehren.

Unsere materielle Welt ist darauf zurückzuführen, dass sich eine enorme Anzahl von Geistwesen zu dieser Form eines Lebens der Äußerlichkeiten entschlossen hatten und darauf hin aus ihrem göttlichen Gleichgewicht gerieten und begannen in sich zusammezustürzen.

Die Liebe Gottes und seiner treuen Engel jedoch fing sie auf und bettete sie in die Gesetzmäßigkeiten der materiellen Welt, auf dass sie aus dem Erleben der Folgen ihres Wollens sie sich auf die Liebe als der Wurzel des Lebens besinnen und in Würde zu ihrer alten Liebenswürdigkeit finden.
Eine Gnade ohne Gesichtsverlust oder Demütigung für den Beschenkten und mit ergebnisoffenem Ausgang. Es steht hier jedem frei, den einst eingeschlagenen Weg der Lieblosigkeit mit allen Konsequenzen zu Ende zu gehen.
Oder
An der Seite seiner himmlischen Gefährten in dieser gefallenen Welt das Feuer göttlicher Liebe zu entfachen.


Alle "gefallenen Engel" haben sich freiwillig in gottgleicher Erkenntnisfähigkeit über die Tragweite ihres Handelns für eine sehr viel erbärmlichere Form des Existierens entschlossen, als sie es hier auf der Erde als Menschen erleben

Alles erfahrene Leid ist selbst verursacht und geringer als eigentlich "verdient"

Ungerechtigkeit hat es nie gegeben

Die Allmacht und Liebe Gottes und seiner Engel übersteigt alles Vorstellbare


Jede Liebende erfährt dies unmittelbar.




herbert clemens
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Fr 20. Apr 2018, 08:52

@ Flechtlicht. Danke für Deine aufmunternden Worte. Trotz der pathetischen Poesie konnte ich mit ihnen etwas anfangen. (Ich bin ja von meinem „Naturell“ her nüchterner.) „ Ein immerwährendes Freudenfest im ewigen Kraftfeld zwischen Liebe und Freiheit“ kann ich in mir nicht lebendig machen. In unserem aufgeklärten Zeitalter mit zunehmenden individuellen Selbstbewusstsein aller Menschen erscheint es mir eine immer wieder neue Aufgabe Liebe und Freiheit in eine fruchtbare Balace zu bringen. Und ich spüre zunehmende Bereitschaft die Gnade der Liebe wahr zu nehmen, ohne das Geheimnis von persönlich-überpersönlich der Liebe Gottes ergründen zu können.
@epitox Wenn ich es richtig sehe, sind die Lösungen unter 1 und 2 zu problembehaftet. Es geht darum, 3. Lösungsvorschlag auf der Basis einer Reflexion des Gott-Welt-Verhältnisses noch weiter auszuführen. Vielleicht ist 4. Reductio in mysterium dabei in einer Variante hilfreich. „>>> Denn nur, wenn das Leben hier und jetzt durch die eschatologische Perspektive verwandelt wird, gibt es in diesem Leben den Sinn, der es im Letzten lohnend macht, auch angesichts der äußersten Gestalt der Vernichtung dem Bösen standzuhalten.“
@ Friederike: „Streicht man die Allmacht Gottes, dann ist das Problem gelöst, oder? Einfältig, untheologisch, dogmatisch inkorrekt und mit gewissen rationalen Widersprüchen habe ich zumindest für mich das Problem auf diese Weise gelöst.“
Gott bleibt allmächtig im Angebot seiner allumfassenden Liebe. Er verschenkt diese Allmacht an die individuellen Menschen in ihre Freiheit, die göttliche Liebe in ihrer jeweils individuellen Besonderheit wahr zu nehmen und in eigene Gestaltung umzusetzen.




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Fr 20. Apr 2018, 17:16

@Herbert, ich denke wie Du, daß wir uns wohl mit Punkt 4 arrangieren werden müssen. Man kann das Christentum, eine Religion, die sich auf Textzeugnisse stützt und die "Selbst-Offenbarung" (wie epitox schrieb) nicht grenzenlos spiritualisieren, ohne ihr dabei das Fundament wegzunehmen. Bei "spiritualisieren" habe ich Deine Äußerung von der Allmacht der Liebe Gottes im Blick.

Was mir allerdings eben einfiel, während ich über die Schriftzeugnisse, die Hl. Texte nachdachte, das ist das "Credo", in dem nicht ausdrücklich von der Allmacht Gottes Rede ist. Was "Schöpfer" und "Schöpfung" bedeuten, besonders für den weiteren Verlauf der Geschichte, darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein.

Problematisch wird es in dem Moment, wo Gen. herangezogen wird und Gott sein tägliches Werk betrachtend jeweils sagt: "Und siehe, es war gut". Die große Flut als Strafe und Ermahnung an die Menschen ... das AT macht es nicht leicht, die Frage nach der Gerechtigkeit, der Gutheit Gottes und dem Leiden einfach wegzuwischen.




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epitox
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Fr 20. Apr 2018, 21:38

Friederike hat geschrieben :
Fr 20. Apr 2018, 17:16

Was mir allerdings eben einfiel, während ich über die Schriftzeugnisse, die Hl. Texte nachdachte, das ist das "Credo", in dem nicht ausdrücklich von der Allmacht Gottes Rede ist. Was "Schöpfer" und "Schöpfung" bedeuten, besonders für den weiteren Verlauf der Geschichte, darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein.
Im CREDO steht Pantocrator ( Septuaginta: παντοκράτωρ) -Allherrscher, Weltenherrscher!

Es stellt sich die Frage, was das genau das bedeutet! Oder: Mit was herrscht Gott so unvergleichlich in der Welt? Wie ist hier eine Verbindung mit der Theodizee gegeben? Was ist in den obigen historischen Antworten auf sie so furchtbar falsch gelaufen bzw in den Antworten noch verschleiert geblieben, so dass wir bis jetzt noch keine befriedigende Antwort geben können?

epitox




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Sa 21. Apr 2018, 08:29

herbert clemens hat geschrieben :
Fr 20. Apr 2018, 08:52
Wenn ich es richtig sehe, sind die Lösungen unter 1 und 2 zu problembehaftet. Es geht darum, 3. Lösungsvorschlag auf der Basis einer Reflexion des Gott-Welt-Verhältnisses noch weiter auszuführen. Vielleicht ist 4. Reductio in mysterium dabei in einer Variante hilfreich. „>>> Denn nur, wenn das Leben hier und jetzt durch die eschatologische Perspektive verwandelt wird, gibt es in diesem Leben den Sinn, der es im Letzten lohnend macht, auch angesichts der äußersten Gestalt der Vernichtung dem Bösen standzuhalten.“
Ja, das ist schon richtig. :) Aber was genau bedeutet "eschatologische Perspektive" ? Wer nimmt sie ein und wie wird man befähigt sie einzunehmen? Wie steht diese Perspektive in Verbindung mit dem Heilshandeln Gottes? Hinterfragt die Theodizee nicht gerade dieses Handeln Gottes, das so ohnmächtig scheint, dass es - wohl offensichtlich - gegen das Böse und gegen das Leid der Welt nicht ankommt? Wo bleibt da seine Allmacht - oder eher doch Folge der Ohnmacht Gottes?

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So 22. Apr 2018, 09:49

Teil II

Antwort auf die Theodizee-Frage:
  • Aus christlicher Sicht ist die Theodizeefrage zurückzuweisen, weil sie in sich widersprüchlich ist und von falschen Voraussetzungen ausgeht.
  • Die christliche Botschaft ist es selbst, die im Licht des Glaubens, eine Antwort geben will auf die Bewältigung und den Umgang mit dem Bösen und Leidvollen in der Welt.

Erläuterungen:

Das ist der jetzt vielleicht schwierigste Teil. Denn in der Theodizeefrage ein unlösbares Problem zu sehen, hängt wesentlich davon ab in welcher Weise wir das Verhältnis Gott-Welt verstehen und wie wir Eigenschaften Gottes aussagen können. Daher:
  • Die Theodizeefrage impliziert ein falsches Gottesverständins und legt die Begriffe "allmächtig" und "gut" in falscher Weise aus.
Das falsche Gott-Welt-Verhältnis macht sich darin bemerkbar, dass man erwartet, seine Güte und Allmächtigkeit unmittelbar aus der Welt erschließen zu können: Sie gipfelt in der Forderung, der gute und barmherzige Gott muss dafür sorgen, dass die Weltverhältnisse seinem inneren Charakter entsprechen. Tut er das hingegen nicht, kann er entweder nicht allmächtig sein oder aber schlicht nicht existieren!

Durch die Geschöpflichkeit der Welt hingegen ist sie zwar auf Gott bezogen, aber der Welt gegenüber ist Gott frei und ungebunden. Wir können daher keinen Standort finden, aus der wir Weltverhältnisse aus Gott ableiten können. Daher kann es keine Forderung an Gott von unserer Seite aus geben. Gott kann nicht aus der Welt heraus erkannt werden, denn in der Welt ist alles das, was Gott nicht ist. Gott kann daher nicht als Gegenstand oder Objekt in der Welt angetroffen werden und so behandelt werden, denn das gilt nur für innerweltliche Gegenstände. Die Theodizeefrage ist damit gegenstandslos geworden und zurückzuweisen.

(Im Teil III beleuchte ich die Antwort der christliche Botschaft auf die Theodizeefrage)

epitox




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Di 24. Apr 2018, 20:25

Teil III

Die christliche Haltung zum Theodizeeproblem.

Ich halte mich hier relativ knapp in den Ausführungen, denn das ist das Gebiet der Systematischen Theologie/Dogmatik/Traktat - Eschatologie - also Glaubenslehre...

Die christliche Botschaft lässt sich in etwa so zusammenfassen:
  • Die christliche Botschaft, die die bedingungslose Liebe Gottes zu seinem Geschöpf Mensch verkündet, möchte ihn mit dieser Botschaft aus der Angst um sich selbst befreien und damit zu einen unentwegten Dienst an seine Nächsten befähigen, damit am Ende alle an dieser Liebe Anteil haben können.
  • Das bedeutet aber, dass die Gnade, die jeden Menschen von Gott her angeboten wird, weder an den geschaffenen Dingen der Welt abgelesen, noch aus ihnen heraus erkannt werden kann: denn die Gnade setzt die Natur (Welt) voraus und überbietet sie.
  • Als Christen rechnen wir daher mit dem Leid in der Welt. Der Glaube oder der Stand in der Gnade Gottes löst das Leid und das Böse in der Welt nicht auf und immunisiert auch nicht dagegen.
  • Der Dienst im Glauben geschieht immer vor dem Hintergrund leidvoller (Selbst)-Erfahrungen, der Existenz des Bösen und der Allgegenwart des Todes.
Der Theologe Johann Baptist Metz sagt in etwa: So lange Menschen grausam zu Tode gefoltert werden oder elend in einer Flutkatastrophe zugrunde gehen, kann die Rede von Gott als dem Herrn der Geschichte nicht resistent gegen Verblüffung und frei von Irritation entfaltet werden. Die Reflexion des Glaubens darf sich nicht durch eine unerschütterliche Fundierung absichern, sondern muss sich in verletzlicher, theodizee-sensibler und doch verantworteter Weise vollziehen.

(Anschließen müsste es an dieser Stelle eine genauere Erläuterung des Bergriffs "das geschichtliche Handelns Gottes in der Welt", "Allmächtigkeit" geben und insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie wir sein Handeln überhaupt in der Welt erfahren können. Auf Wunsch schreib ich da gerne noch was zu!)

epitox




herbert clemens
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Mi 25. Apr 2018, 11:04

epitox hat geschrieben :
Di 24. Apr 2018, 20:25
(Anschließen müsste es an dieser Stelle eine genauere Erläuterung des Bergriffs "das geschichtliche Handelns Gottes in der Welt", "Allmächtigkeit" geben und insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie wir sein Handeln überhaupt in der Welt erfahren können. Auf Wunsch schreib ich da gerne noch was zu!)
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