In der Philosophie-Geschichte wurde sehr viel über den Begriff der Identität nachgedacht, und das mit Recht. Denn obwohl dieser Begriff der einfachste und selbstverständlichste zu sein scheint, ist er immer noch ein offenes Problem. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man den Wikipedia-Artikel "Identität" liest. Um nur einige moderne philosophische Stimmen daraus zu zitieren:
Es erstaunt freilich, dass der Artikel Hegel und seine Problematisierung des Identitätsbegriffs mit keiner Silbe erwähnt. Ein frappierendes Beispiel von Ignoranz, zumal die zitierten Einwände sich schon bei Hegel finden...In der Philosophie der Mathematik kommt die Analyse mathematischer Gleichheit je nach Position zu unterschiedlichen Ergebnissen:
Mauthner kritisiert den Identitätsbegriff als entweder vollständig tautologisch, also „… so leer, daß er außerhalb der Logik schon den Verdacht des Blödsinns erregen müßte“, oder als Fälschung bzw. Betrug, da er vorhandene Unterschiede ignoriert oder verschweigt. „In der Wirklichkeit gibt es keine Gleichheit …“
Auch in der analytischen Philosophie ist der Begriff der Identität als Beziehung gelegentlich kritisiert worden. So heißt es etwa bei Wittgenstein (Tractatus 5.5301): „Dass die Identität keine Relation zwischen Gegenständen ist, leuchtet ein.“ Er erläutert dies unter 5.5303 mit den Worten: „Von zwei Dingen zu sagen, sie seien identisch, ist ein Unsinn, und von Einem zu sagen, es sei identisch mit sich selbst, sagt gar nichts.“ Russell hatte bereits in den Principles of Mathematics (1903) ähnlich formuliert: “Identity, an objector may urge, cannot be anything at all: two terms plainly are not identical, and one term cannot be, for what is it identical with?” (§ 64), und auch bei Frege finden sich verwandte Überlegungen: „Die Gleichheit fordert das Nachdenken heraus durch Fragen, die sich daran knüpfen und nicht ganz leicht zu beantworten sind. Ist sie eine Beziehung?“ (Über Sinn und Bedeutung, S. 25). In neuerer Zeit hat C.J.F. Williams vorgeschlagen, die Identität als Beziehung zweiter Stufe statt als Beziehung zwischen Gegenständen aufzufassen, und Kai Wehmeier hat argumentiert, dass eine objektuelle Identitätsrelation aus logischer Sicht überflüssig und aus metaphysischer Perspektive fragwürdig ist.
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Als Behauptung gelesen, besagt Hegels Formel etwa: Identität und Nicht-Identität setzen sich gegenseitig voraus und bilden darum eine Einheit. Das richtet sich kritisch gegen einen "abstrakten" oder "formellen" Identitätsbegriff, wie er in der logischen Identitätsformel a = a zum Ausdruck kommt oder auch in Leibniz' berühmtem "Gesetz" von der Identität des Ununterscheidbaren: "Zwei Dinge sind identisch, wenn sie in allen ihren Eigenschaften ununterscheidbar sind.“ Dagegen macht Hegel mit seiner Formel ein Verständnis von "konkreter" und "lebendiger" Identität geltend. Aus diesem Grund gehört die Frage nach dem Wesen des "Abstrakten" bzw. nach dem Verfahren der Abstraktion unmittelbar zum Thema.
Ich eröffne diese Diskussion ohne ausgearbeitetes Konzept. Ich möchte die diversen Gedanken, Bilder, Vorstellungen und Erinnerungssplitter, die mich bei diesem Thema umschwirren, selbst erst nach und nach in eine Ordnung bringen. Darum hätte ich nichts dagegen, wenn dieser Thread mit einem "brain-storming", einer assoziativen Sammlung von Einfällen, Hinweisen, Zitaten usw. begänne. Tut Euch also keinen Zwang an!