Aus der Mathematik lernen

Die Philosophie der Mathematik fragt, ob mathematische Objekte wie Zahlen existieren. Sie fragt nach der erstaunlichen Effektivität mathematischer Modelle in den Naturwissenschaften und wie mathematische Erkenntnisse gewonnen werden.
Burkart
Beiträge: 3337
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

So 9. Jun 2024, 11:29

Mal ein anderes Aspekt zur Mathematik, das Erweitern des Denkens.

Die ersten Zahlen sind die kleinen natürlidhen Zahlen, z.B. gebildet aus der Anzahl von erlegten Beutetieren. Man erkannte leicht, dass es keine größte Zahl gibt... und hat irgendwann hat man sie erweitert um "unendlich" als Quasi-Grenze o.ä.
Die Römer hatten keine Null, die Erweiterung um sie aus dem "Nichts" ergab eine wetere Zahl oder wie immer man historisch genau auf die Null kam.
Dann mag es mal das Problem der Aufteilung gegeben haben und z.B. 3 Äpfel auf 2 Kinder gerecht verteilen zu wollen... und man kam zu Bruchzahlen.
Die Erweiterung auf reelle und imaginäre Zahlen hat mit weiteren Denk-Erweiterungen zu tun.
Ergänzend könnte man dann Zahlen durch Vektoren oder Matrizen u.ä. noch erweiternd hinzunehmen.

Also die Zahlenerweiterungen können für die Erweiterung unseres Denkens stehen, dass man nicht z.B. bei natürlichen Zahlen stehen bleiben muss, entsprechend auf viele andere Bereiche ähnlich bezogen.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

So 9. Jun 2024, 17:23

@ Burkart
"Die ersten Zahlen sind die kleinen natürlichen Zahlen" - ja, Beutetiere, aber auch die Zahl der Jungen muß präsent sein. Es gibt Tiere, die vergraben oder verstecken Nahrungsvorräte, sie müssen sich die Zahl und die Orte der Verstecke merken. Und es gibt für Tiere die Anzahl der nicht mehr zählbaren Objekte, das ist zB der Schwarm, der durch seine Überzahl schützt.
Nun ist aber Mathematik etwas anderes. Ihr geht es nicht darum, daß auch 925074 eine natürliche Zahl ist und wir daher bis zu ihr zählen können, sondern um die Struktur der Gesamtheit eines Zahlenkörpers, in unserem Falle dem der ganzen Zahlen, die natürlichen Zahlen bilden keinen Körper. Man kann jedoch exakt definieren, was eine natürliche Zahl ist, so daß man bei einem Ausdruck x entscheiden kann, ob er eine natürliche Zahl ist oder nicht. Und kann dann von der Menge dieser Zahlen sprechen. Dazu definieren wir rekursiv: 1 ist eine natürliche Zahl und wenn x eine natürliche Zahl ist, ist auch x+1 eine natürliche Zahl. Daraus folgt, daß es keine größte natürliche Zahl gibt, denn wäre x die größte, könnte ich x+1 bilden, eine größere (die Relation > wird aus der Verallgemeinerung von (+y) aus (+1) definiert als z>x genau dann, wenn es ein y gibt mit x+y=z).
Nun kann es in der Natur Phänomene geben, die mit diesem System von (1, +1, >) ausreichend beschreibbar sind. Wir hätte es mit einem mathematischen Objekt von (Zahlen, Zählen und verallgemeinertem Zählen = Addieren) zu tun. Sehr viel häufiger anwendbar ist eine mathematische Struktur, in der wir auch subtrahieren, also die Umkehroperation von +1 durchführen können. Das wäre zwar restriktiv auch für unser obiges Objekt möglich, aber ausschöpfen können wir ein solches System nur, wenn wir einen neuen Zahltyp einführen, jeder Zahl x eine Gegenzahl (-x) zuordnen und zusätzlich die 0 als das Ergebnis von x+(-x) hinzunehmen. Ich möchte hier anmerken, daß in meinem Primitivsystem immerhin das Kommunikativgesetz gilt (was leicht beweisbar ist).
Von den natürlichen Zahlen komme ich auf die Menge der ganzen Zahlen (Mathematiker reden von einer abelschen Gruppe mit der Addition, ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber zum Verständnis, was Verallgemeinerung heißt, ist es wichtig, das zu verstehen). Eine Gruppe ist eine Verallgemeinerung dessen, was hier anschaulich die abelsche Gruppe der ganzen Zahlen ist, in der Gruppe, dem allgemeineren Begriff, müssen sich die Objekte bezüglich der Verknüpfung (Addition) nicht kommunikativ verhalten, da kann x+y≠y+x sein. Hier zeigt sich, daß man nicht sagen kann, daß die Mathematik vom Besonderen zum Allgemeinen aufsteigt.




Timberlake
Beiträge: 2391
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

So 9. Jun 2024, 19:53

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Sa 8. Jun 2024, 09:45
Dann mal ein bißchen Kant.

Kant war zwar wie alle Philosophen vor ihm, und ich würde auch sagen, alle Philosophen nach ihm, Universalist, aber das Denken der Menschheit war schon so fortgeschritten, daß das philosophische Wissen nicht mehr mit der Fülle des einzelwissenschaftlichen Wissens mitkam. Hier irrt der große Kant. "Alle Körper sind ausgedehnt" ist nicht mehr und nicht weniger analytisch als "alle Körper sind schwer". Das ist kein gravierender Irrtum, denn wenn man ihn korrigiert, bleiben die Kantschen Überlegungen richtig.
@Wolfgang Endemann

Wohlgemerkt ein "bischen Kant" , ohne dazu einmal ein "bischen" von Kant zu zitieren und natürlich darf bei dieser Gelegenheit nicht die Kritik fehlen , dass dieses " bischen" offenbar ... "nicht mehr mit der Fülle des einzelwissenschaftlichen Wissens mitkam" .


Nur das du einmal davon eine Vorstellung hast , was ich meine ..
Timberlake hat geschrieben :
Sa 8. Jun 2024, 01:02
.. ich versuch mal was anderes . Vielleicht fällt ja mit Kant der Groschen ..
  • "Analytische Urteile (die bejahende) sind also diejenige, in welchen die Verknüpfung des Prädikats mit dem Subjekt durch Identität, diejenige aber, in denen diese Verknüpfung ohne Identität gedacht wird, sollen synthetische Urteile heißen. ..Z.B. wenn ich sage: alle Körper sind ausgedehnt, so ist dies ein analytisch Urteil. Denn ich darf nicht über den Begriff, den ich mit dem Körper verbinde, hinausgehen, Dagegen, wenn ich sage: alle Körper sind schwer, so ist das Prädikat etwas ganz anderes, als das, was ich in dem bloßen Begriff eines Körpers überhaupt denke. Die Hinzufügung eines solchen Prädikats gibt also ein synthetisch Urteil."
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Kant unterscheidet zwischen analytische Urteile und synthetische Urteile. Der Unterschied besteht darin , dass die Verknüpfung des Prädikats mit dem Subjekt bei dem analytischen Urteil durch die Identität gedacht werden kann und bei dem synthetische Urteile ohne die Identität.
Ganz angesehen davon , dass von dir auf diesen Unterschied mit keinem einzigen Wort eingegangen wurde , was bitteschön hat die "Fülle des einzelwissenschaftlichen Wissens" damit zu tun , dass nach Ansicht von Kant bei dem analytischen Urteil , die Verknüpfung des Prädikats mit dem Subjekt durch die Identität gedacht werden kann und bei dem synthetischen Urteil ohne die Identität. . Ich habe das noch mal unterstrichen , weil ich diesen Unterschied , möglicherweise von dir nicht erkannt , als den Schlüssel , im Verständnis von Kant, in dieser Angelegenheit erachte.
Quk hat geschrieben :
So 2. Jun 2024, 18:35
Timberlake hat geschrieben :
So 2. Jun 2024, 15:39
Als Quantenobjekt , als Teilchen oder Welle ? Wir kann etwas , was als solches der Unschärferelation unterliegt völlig identisch sein?
Jörn schrieb "gleich", nicht "identisch". Wären alle Elektronen identisch, gäbe es nur eines.

Wenn man von "gleich" spricht, sollte man strikterweise die jeweiligen Eigenschaften nennen, die man als "gleich" erachtet. Beispielsweise haben alle Elektronen wohl die gleiche Massengröße, aber zum Beispiel nicht den gleichen Impuls und nicht die gleiche Position.
Übrigens , wenn man so will, mit "Wären alle Elektronen identisch, gäbe es nur eine". von Quk hier auf genialer Weise vorweg genommen. Könnte man doch daraus ableiten , dass analytische Urteile identisches und synthestische Urteile gleiches betreffen .

"Wenn man von "gleich" spricht, sollte man strikterweise die jeweiligen Eigenschaften nennen, die man als "gleich" erachtet." .. beispielsweise die Eigenschaft der Schwere eines Körpers ( Kant)

Wenn man von "identisch spricht, sollte man strikterweise nicht die jeweiligen Eigenschaften nennen, die man als "gleich" erachtet." .. beispielsweise die Ausdehnung eines Körpers ( Kant).

Denn nur dort , wo sich der Körper in Raum und Zeit ausdehnt , lässt sich die Verknüpfung des Prädikats mit dem Subjekt durch Identität denken (Kant). Weil sich dort naturgemäß kein anderes Elektron aufhalten kann , sind sich da tatsächlich alle Elektronen identisch. Wenn man sie denn mit einem makroskopischen "Subjekt" gleich setzt ( synthetisches Urteil) . Was auf Grund "der Fülle des einzelwissenschaftlichen Wissens" mittlerweile widerlegt ist. Da , also dem Mikrokosmos , würde vermutlich Kant , was den Unterschied zwischen analytische und synthetische Urteile betrifft , als solches wohl tatsächlich irren.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

So 9. Jun 2024, 21:52

@ Timberlake
Ich habe festgestellt, daß Kant in einem Punkt geirrt hat. "Dinge sind ausgedehnt" ist so analytisch wie "Dinge sind schwer". Ich verstehe nicht, was Du mir sagen willst. Hältst Du meine Aussage für falsch? Oder meinst Du, ich verwende "analytisch" und synthetisch" falsch? Dann lasse ich mich gerne belehren.




Burkart
Beiträge: 3337
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

So 9. Jun 2024, 22:07

@Wolfgang Endemann:
Ich wollte hier die Mathematik vor allem in ihrer historischen Anwendung der Zahlen darstellen, nicht wie sie sich formal theoretisch heutzutage darstellt (in (abelschen) Gruppen u.ä., die hier sowieso vermutlich nicht jeder (so gut) kennt).
Die Zahlen haben sich bzw. wurden weiterentwickelt, weil man im Laufe der Zeit weitergedacht hat. Dieses Weiterdenken wollte ich gerade grundsätzlich auf andere Bereiche übertragen sehen, um themenbedingt halt "aus der Mathematik lernen" zu können.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Timberlake
Beiträge: 2391
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

So 9. Jun 2024, 23:34

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 9. Jun 2024, 21:52
@ Timberlake
Ich habe festgestellt, daß Kant in einem Punkt geirrt hat. "Dinge sind ausgedehnt" ist so analytisch wie "Dinge sind schwer". Ich verstehe nicht, was Du mir sagen willst. Hältst Du meine Aussage für falsch? Oder meinst Du, ich verwende "analytisch" und synthetisch" falsch? Dann lasse ich mich gerne belehren.
@Wolfgang Endemann

Du hast das festgestellt und Kant hat jenes festgestellt.

Was Kant dazu festgestellt hat , ist nach zulesen in seiner "Kritik der reinen Vernunft" unter "IV. Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urteile" bzw. das Thema dieses Threads betreffend , wo er unter " V. In allen theoretischen Wissenschaften der Vernunft sind synthetische Urteile a priori als Prinzipien enthalten" feststellt .. ich zitiere .. " Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch" . Dem ich mich mit folgender Korrektur anschließe ..
Timberlake hat geschrieben :
Sa 8. Jun 2024, 01:02


.. ich korrigiere ..

Deshalb "lernen wir aus der Mathematik" meiner Meinung nach , wie Dinge synthetisiert (Kant) werden.
.. um diesbezüglich alle Mißverständnisse aus zu schließen , dazu vielleicht ergänzend ..
  • Deshalb "lernen wir aus der Mathematik" meiner Meinung nach , wie Dinge synthetisiert und eben nicht analysiert werden.
Das zunächst einmal zur Ausgangslage .

Wenn du der Meinung bist , das "Dinge sind ausgedehnt" so analytisch ist wie "Dinge sind schwer" und Kant dem zufolge irrt , wenn er feststellt , ich zitiere "wenn ich sage: alle Körper sind ausgedehnt, so ist dies ein analytisch Urteil" .. " Dagegen, wenn ich sage: alle Körper sind schwer, ... gibt also ein synthetisch Urteil." . so würde ich dir empfehlen , dich zunächst einmal von Kants "Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urteile" belehren zu lassen.

Um dir die Mühe zu ersparen , ich denke mal folgendes Zitat daraus bringt den besagten Punkt, wo Kant angeblich irrt , sehr schön auf den Punkt ..
  • "Ich kann den Begriff des Körpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung, der Undurchdringlichkeit, der Gestalt etc., die alle in diesem Begriffe gedacht werden, erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis, und, indem ich auf die Erfahrung zurücksehe, von welcher ich diesen Begriff des Körpers abgezogen hatte, so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verknüpft, und füge also diese als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzu."
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Anstatt mit der Schwere könnte man seine Erkenntnis allerdings auch mit der Mathematik erweitern . In dem man die Zahlen der Mathematik als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzufügt. Das wäre allerdings , in Erweiterung dessen, von mir "belehrt" .




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Mo 10. Jun 2024, 11:02

Timberlake hat geschrieben :
So 9. Jun 2024, 23:34


Anstatt mit der Schwere könnte man seine Erkenntnis allerdings auch mit der Mathematik erweitern . In dem man die Zahlen der Mathematik als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzufügt. Das wäre allerdings , in Erweiterung dessen, von mir "belehrt" .
Mit Verlaub: eine Irrlehre.
Du wiederholst nur den Fehler Kants. Die Schwere von Körpern ist genau so analytisch wie die raumzeitliche Gebundenheit, auch wenn Du immer wiederholst, daß Kant die Schwere zu einem synthetischen Urteil machen will.
Der zweite Fehler ist das Urteil über die Mathematik als rein synthetische Wissenschaft. Man kann natürlich sagen, Mathematik sei synthetisch, weil ihre Basisobjekte abstrakt sind. Aber alle Wissenschaft geht von Erfahrungen aus, die sie analysiert und wieder synthetisiert. Und das Alltagsdenken, macht es etwas anderes als Analysieren und Synthetisieren? Ich begreife nicht, woher man die Überzeugung nimmt, pedantisch diese dialektischen Momente des Denkens zu trennen/trennen zu können. Scherzhaft möchte ich sagen: das ist der anale Charakter des aristotelischen Denkens. Aber bitte nicht mißverstehen, ich bin kein Gegner des aristotelischen Denkens, möchte nur seine Grenzen verstanden wissen.




Timberlake
Beiträge: 2391
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 11. Jun 2024, 21:12

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 10. Jun 2024, 11:02
Timberlake hat geschrieben :
So 9. Jun 2024, 23:34


Anstatt mit der Schwere könnte man seine Erkenntnis allerdings auch mit der Mathematik erweitern . In dem man die Zahlen der Mathematik als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzufügt. Das wäre allerdings , in Erweiterung dessen, von mir "belehrt" .
Mit Verlaub: eine Irrlehre.
Du wiederholst nur den Fehler Kants.
Dafür , dass ich nur Kants Fehler wiederhole , kommt von dir , im Gegensatz zu mir , zu Kant selbst rein gar nichts. Kant einen Fehler bzw. eine Irrlehre zu unterstellen, ohne sich dabei auf Kants Texte zu beziehen , halte ich .. mit Verlaub! .. für unredlich. Gelinde gesagt.

Beispiel
  • "Man sollte anfänglich zwar denken daß der Satz 7+5=12 ein bloß analytischer Satz sei, der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf nach dem Satze des Widerspruches erfolge. Allein, wenn man es näher betrachtet, so findet man, daß der Begriff der Summe von 7 und 5 nichts weiter enthalte, als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar nicht gedacht wird, welches diese einzige Zahl sei, die beide zusammenfaßt. Der Begriff von Zwölf ist keinesweges dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und, ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. Man muß über diese Begriffe hinausgehen, indem man die Anschauung zu Hülfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, etwa seine fünf Finger. "
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Um sich von der Zahl ein Begriff zu machen , muss ich mit einer Anschauung über diesen Begriff hinausgehen. Bei der Zahl 5 etwa durch die Anschauung seiner fünf Finger . Deshalb , weil man über dessen Zahlenbegriff hinaus gehen muss , sind nach Ansicht von Kant mathematische Urteile insgesamt synthetisch.


  • " Z.B. wenn ich sage: alle Körper sind ausgedehnt, so ist dies ein analytisch Urteil. Denn ich darf nicht über den Begriff, den ich mit dem Körper verbinde, hinausgehen, um die Ausdehnung, als mit demselben verknüpft,"
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft


Wenn ich hingegen z.B. sage alle Körper sind ausgedehnt , so darf ich nicht über den Begriff hinausgehen . Deshalb ist dies nach Ansicht von Kant ein ein analytisch Urteil. Insofern Mathematische Urteile insgesamt analytisch wären ( Konjunktiv ) , wenn über dessen Zahlenbegriff ebenfalls nicht hinausgegangen werden darf. Punkt !

Um dazu auf die Schwere zurück zu kommen ...
  • " Ich kann den Begriff des Körpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung, der Undurchdringlichkeit, der Gestalt etc., die alle in diesem Begriffe gedacht werden, erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis, und, indem ich auf die Erfahrung zurücksehe, von welcher ich diesen Begriff des Körpers abgezogen hatte, so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verknüpft, und füge also diese als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzu."
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
In dem ich die Schwere synthetisch zur Ausdehnung des Körpers hinzufüge , gehe ich .. Aufgemerkt ! .. wie bei der Zahl 5 , mit den fünf Fingern , über diese Ausdehnung hinaus ,
  • "Dagegen, wenn ich sage: alle Körper sind schwer, so ist das Prädikat etwas ganz anderes, als das, was ich in dem bloßen Begriff eines Körpers überhaupt denke. Die Hinzufügung eines solchen Prädikats gibt also ein synthetisch Urteil. "
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft

.. deshalb gibt die Hinzufügung eines solchen Prädikats , wie der ""Schwere" zur "Ausdehung des Körpers " ein synthetisch Urteil.

  • "Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch. Dieser Satz scheint den Bemerkungen der Zergliederer der menschlichen Vernunft bisher entgangen, ja allen ihren Vermutungen gerade entgegengesetzt zu sein, ob er gleich unwidersprechlich gewiß und in der Folge sehr wichtig ist."
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Wenn dir nun mehr der Satz "Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch" noch immer entgangen ist , so kommt man wohl nicht umhin , dich ( ob er gleich unwidersprechlich gewiß und in der Folge sehr wichtig ... Kant) .. mit Verlaub .. zu eben zu jenen Zergliederer der menschlichen Vernunft zu zählen . ;)




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Mi 12. Jun 2024, 09:20

Ich sagte schon, Kant war Universalist, "aber das Denken der Menschheit war schon so fortgeschritten, daß das philosophische Wissen nicht mehr mit der Fülle des einzelwissenschaftlichen Wissens mitkam." Der letzte große Philosoph, der auch Mathematiker war, war Leibniz. Freilich gab es danach noch Mathematiker, die durchaus auch als Philosophen betrachtet werden können. Es ist also unfair, Kant oder spätere Philosophen an ihrem Verständnis für Mathematik zu messen. Marx hat übrigens noch sehr umfangreiche mathematische Manuskripte verfaßt und teilweise erfolgreich versucht, auf der Höhe der Zeit Mathematik zu verstehen. Aber ein Mathematiker war er nicht, und Frege war zwar Logiker und Mathematiker, aber kein universalistischer Philosoph. Einstein ragt da als Universalist ein bißchen heraus.
Ich habe auf die Kommentierung von mathematischen Aussagen von Kant verzichtet, weil es wie gesagt unfair ist, dem großen Denker nicht gerecht wird. Die Stelle aus der Kritik der reinen Vernunft hättest Du auch besser im Archiv ruhen lassen, sie zeigt, wie wenig Kant die eigenen Begriffe versteht, wenn er sie auf Mathematik anwendet. Auch Dein großes Mißverständnis ist, Mathematik für Rechnen zu halten. Mathematik verhält sich zu Rechnen wie ein Programmierer zu einem Anwender von Programmen.
Analytisch ist ein Denken bzw ein Urteil, wenn man einen kompakten, komplexen, schwierig zu durchschauenden Sachverhalt so zerlegt, daß man Erkenntnisse über ihn gewinnen kann bzw nachweist.
Synthetisch ist es, wenn man durch geeignete Verknüpfung von Detailkenntnissen dem Sachverhalt Einsichten entnehmen kann, die ohne diese synthetisierenden Bemühungen nicht möglich sind.
Der Ausdruck 7+5=12 ist korrekt gebildet und richtig gerechnet. Er ist eine Tautologie, er ist unmittelbar einsehbar, und damit zB noch weniger analytisch oder synthetisch als der aussagenlogische Ausdruck:
(a˄b)˅(¬a˄¬b)˅¬(a→b)˅(¬a˄b), denn dieser ist nicht unmittelbar, aber analytisch als wahr zu erkennen.
Die Aussagen Kants zu Ausgedehntheit und Schwere sind absurd oder esoterisch. Es gibt weder einen Körper, der nicht ausgedehnt ist, noch einen, der nicht schwer ist. Nicht schwer könnte er nur sein, wenn es keine weitere Masse, also auch keinen weiteren Körper im Universum gibt, und dann wäre auch seine Ausdehnung irreal. Die Argumentation ist so sinnvoll wie die in dunkler Zeit so beliebten Gottesbeweise.
Und, by the way, ich halte mich eher für einen Synthetiker, zumal ich die Dialektik für total unterschätzt halte.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 28172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 12. Jun 2024, 12:58

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 12. Jun 2024, 09:20
Synthetisch ist es, wenn man durch geeignete Verknüpfung von Detailkenntnissen dem Sachverhalt Einsichten entnehmen kann, die ohne diese synthetisierenden Bemühungen nicht möglich sind.
Timberlakes Zitate sind korrekt und Wolfgang Endemanns Erläuterungen sind falsch. Bei analytischen Urteilen im Sinne von Kant ist das Prädikat im Subjekt "enthalten": "Ein Junggeselle ist ein unverheirateter Mann" oder "Alle Körper sind ausgedehnt". Synthetische Urteile (Erweiterungsurteile) fügen dem Subjekt etwas hinzu. Kants Beispiel ist "Alle Körper sind schwer", denn "Schwere" ist nicht schon im Begriff des Körpers enthalten.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Mi 12. Jun 2024, 16:04

Das ist doch Unsinn. Wenn Schwere nicht im Begriff von Körper enthalten ist, muß es Körper ohne Schwere geben. Denn Begriff meint die Gesamtheit dessen, was einer Sache wesentlich ist.
Wenn das mit Kants Auffassung vom Begriff kollidiert, muß man sich von Kant lösen. Oder ist Kant Euer unfehlbarer Gott?




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 28172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 12. Jun 2024, 16:34

Du verstehst/verwendest einfach das Begriffspaar falsch. Wenn du das änderst, kann man danach fragen, aber erst dann, ob Kant mit seiner Sicht richtig oder falsch lag und ob das Begriffspaar was taugt.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Mi 12. Jun 2024, 19:10

Wieso verwende ich das Begriffspaar falsch, was ist daran falsch, unlogisch? Und was an der Verwendung Kants richtig, logisch? Da Ihr keine Antwort gebt, sondern nur immer auf die Kantschen Formulierungen verweist, muß ich annehmen, Kant ist für Euch Gott, Ihr duldet keine anderen neben ihm. Da sage nochmal einer, der Glaube sei ausgestorben.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 28172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 12. Jun 2024, 19:18

Die richtige Verwendung wurde ja jetzt bereits mehrfach erläutert. Du wirfst zwar viel mit Fachbegriffen um dich, aber du scheinst sie oft gar nicht zu kennen oder zu verstehen, das ist erstaunlich.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Mi 12. Jun 2024, 22:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 12. Jun 2024, 19:18
Die richtige Verwendung wurde ja jetzt bereits mehrfach erläutert. Du wirfst zwar viel mit Fachbegriffen um dich, aber du scheinst sie oft gar nicht zu kennen oder zu verstehen, das ist erstaunlich.
Ich operiere mit Begriffen, so gut ich kann. Ich habe meine Begriffe expliziert, und zwar im Kontrast zu dem Kantschen Unsinn. Hier wäre Gelegenheit, das zu klären. Von Euch habe ich nur ehrfürchtigen Buchstabenglauben gehört, argumentieren verbietet sich da wohl.
Nein, hier wurde nichts erläutert, sondern nur auf Zitate verwiesen und paraphrasiert. Vielleicht genügt das manchem Leser, mir nicht.




Timberlake
Beiträge: 2391
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Do 13. Jun 2024, 01:00

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 12. Jun 2024, 22:13

Nein, hier wurde nichts erläutert, sondern nur auf Zitate verwiesen und paraphrasiert. Vielleicht genügt das manchem Leser, mir nicht.
.. " hier" wurde zumindest auf Zitate verwiesen.
Timberlake hat geschrieben :
Di 11. Jun 2024, 21:12

Kant einen Fehler bzw. eine Irrlehre zu unterstellen, ohne sich dabei auf Kants Texte zu beziehen , halte ich .. mit Verlaub! .. für unredlich. Gelinde gesagt.
.. mit Verlaub .. was hast du an "unredlich" nicht verstanden ?
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 12. Jun 2024, 09:20

Ich habe auf die Kommentierung von mathematischen Aussagen von Kant verzichtet, weil es wie gesagt unfair ist, dem großen Denker nicht gerecht wird.
.. Kant einen Fehler bzw. eine Irrlehre zu unterstellen und dabei auf die Kommentierung von Aussagen bzw. auf Zitate von ihm zu verzichten , das ist dann wohl fair und das wird dann wohl dem großen Denker gerecht ? Geht´s denn noch ?




Timberlake
Beiträge: 2391
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Do 13. Jun 2024, 02:04

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 12. Jun 2024, 09:20
Der Ausdruck 7+5=12 ist korrekt gebildet und richtig gerechnet. Er ist eine Tautologie, er ist unmittelbar einsehbar, und damit zB noch weniger analytisch oder synthetisch als der aussagenlogische Ausdruck:
(a˄b)˅(¬a˄¬b)˅¬(a→b)˅(¬a˄b), denn dieser ist nicht unmittelbar, aber analytisch als wahr zu erkennen.
Das ist übrigens aus dem Zusammenhang dessen gerissen , was ich "hier" unter Verweis auf Kant "erläutert" habe .
  • "Man sollte anfänglich zwar denken daß der Satz 7+5=12 ein bloß analytischer Satz sei, der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf nach dem Satze des Widerspruches erfolge. Allein, wenn man es näher betrachtet, so findet man, daß der Begriff der Summe von 7 und 5 nichts weiter enthalte, als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar nicht gedacht wird, welches diese einzige Zahl sei, die beide zusammenfaßt. Der Begriff von Zwölf ist keinesweges dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und, ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. Man muß über diese Begriffe hinausgehen, indem man die Anschauung zu Hülfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, etwa seine fünf Finger. "
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Sehe ich doch jetzt nicht , was das noch hiermit zu tun hat. und zwar das man nach Ansicht von Kant mit Hilfe der Ansschauung über die Zahlenbegriffe hinaushgehen muss. Bei der Summe von 7 und 5 , etwa von einem der beiden Zahlen , durch die Anschauung seiner fünf Finger. Somit ich nun mehr, weil nach meiner "Anschauung" keinerlei Kontex zu Kant, meinerseits auf eine Kommentierung deiner Aussagen verzichte.

.. und weil man auch in der Geometrie " die Anschauung zu Hülfe nimmt (Kant)" , so ist übrigens auch sie ebenso wenig analytisch ..

  • "Eben so wenig ist irgend ein Grundsatz der reinen Geometrie analytisch. Daß die gerade Linie zwischen zweien Punkten die kürzeste sei, ist ein synthetischer Satz. Denn mein Begriff vom Geraden enthält nichts von Größe, sondern nur eine Qualität. Der Begriff des Kürzesten kommt also gänzlich hinzu, und kann durch keine Zergliederung aus dem Begriffe der geraden Linie gezogen werden. Anschauung muß also hier zu Hülfe genommen werden, vermittelst deren allein die Synthesis möglich ist."
    Kant .. Kritik der reinen Vernunft




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 4329
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Do 13. Jun 2024, 04:27

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 10. Jun 2024, 11:02
Die Schwere von Körpern ist genau so analytisch wie die raumzeitliche Gebundenheit ...
Der Grund für die Uneinigkeit im Fall Timberlake, Budesheim versus Endemann (Aktenzeichen TB-vs-E) liegt vielleicht darin, dass der Begriff "Schwere" intuitiv auf zweierlei Weise auffassbar ist:

1. Man sieht im Garten schwere Regentropfen fallen und im Haus unschwere Staubflusen aufsteigen, woraus man schließt, es gäbe sowohl schwere als auch unschwere Körper, womit bewiesen sei, dass Schwere und Körper kein tautologisches Paar seien. Das ausgedehnte des Körpers sei irgendeine unbekannte Substanz.

2. Man sieht im Haus Staubflusen aufsteigen und weiß, dass sie nur deshalb aufsteigen, weil die umgebende Luftmasse noch schwerer ist als die schweren Flusen, welche auf dem luftfreien Mond beispielsweise auf den Boden fallen würden, womit bewiesen sei, dass Schwere und Körper ein tautologisches Paar seien. Das ausgedehnte des Körpers sei überhaupt seine Schwere und nichts anderes, denn auch Gas ist schwer, auch Energie ist schwer.

Anmerkung:
Das Junggesellensein und das Unverheiratetsein, beispielsweise, sind zusammen eine Tautologie, denn beide sind Begriffe für den selben standesamtlichen Zustand. Körper und Schwere hingegen sind von ihren Begriffen her betrachtet nicht zwingend tautologisch, von ihren physikalischen Bedeutungen her betrachtet aber schon eher. Das sorgt für Nebel. Ich halte mich aus diesem Streit heraus, denn er bringt mir keine inhaltliche Erkenntnis.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 28172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Do 13. Jun 2024, 05:47

Quk hat geschrieben :
Do 13. Jun 2024, 04:27
Der Grund für die Uneinigkeit im Fall Timberlake, Budesheim versus Endemann (Aktenzeichen TB-vs-E) liegt vielleicht darin, dass der Begriff "Schwere" intuitiv auf zweierlei Weise auffassbar ist:
Nö.

Ich bin mit Wolfgang Endemann nicht einverstanden, weil er sich in seiner Kritik von Kant nicht auf das bezieht, was Kant sagt, sondern einfach seine eigene Begrifflichkeit gegen die von Kant austauscht.

Kants Vorstellungen habe ich dabei weder angegriffen noch verteidigt, wieder hinsichtlich der Frage, ob Schwere/Ausdehnung analytisch bzw synthetisch sind, noch hinsichtlich der Frage, ob die Begriffe "analytisch/synthetisch" in der Kantischen Bedeutung überhaupt sinnvoll sind.

Wörtlich geschrieben habe ich: Du [Wolfgang Endemann] verstehst/verwendest einfach das Begriffspaar falsch. Wenn du das änderst, kann man danach fragen, [...] ob Kant mit seiner Sicht richtig oder falsch lag und ob das Begriffspaar was taugt.

Ich sage nur, dass man Kant nur für das kritisieren sollte, was er wirklich sagt. Dann kann man fragen, ob die Schwere von Körpern nach Kants Begriffsverwendung analytisch oder synthetisch ist. Und darüber hinaus kann man fragen, ob die Unterscheidung "analytisch/synthetisch", wie Kant sie versteht, überhaupt trägt. Was aber nach meinem Verständnis falsch ist, ist, einfach eine andere Definition von "analytisch/synthetisch" an Kants Aussagen anzulegen. Denn dann kritisiert man Kant gerade nicht für das, was er sagt, sondern für etwas, was er gar nicht gesagt und gemeint hat.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1286
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Do 13. Jun 2024, 12:21

Timberlake hat geschrieben :
Do 13. Jun 2024, 01:00


.. Kant einen Fehler bzw. eine Irrlehre zu unterstellen und dabei auf die Kommentierung von Aussagen bzw. auf Zitate von ihm zu verzichten , das ist dann wohl fair und das wird dann wohl dem großen Denker gerecht ? Geht´s denn noch ?
Ja.
Mein Motiv war, den offensichtlichen Quatsch bei Kant zu ignorieren, weil Kant nichtsdestotrotz einer der größten Philosophen war, ich finde es beckmesserisch, auf den Fehlern Kants herumzureiten; wie ich es übrigens auch unfair finde, auf dem Antisemitismus (oder der Misogynie) bei früheren Philosophen herumzureiten, das war nicht reflexiv, aber die Menschen, auch wir sogenannten "aufgeklärten", stehen immer unter dem Einfluß des Zeitgeistes und reden dementsprechend Unsinn. Da scheint es mir das Vernünftigste zu sein, den zeitgeistlichen oder noch naiven Unsinn zu ignorieren, beschweigen. Darum wollte ich auf das, was in meinen Augen Blödsinn ist, nicht näher eingehen, aber ich wollte es auch nicht unwidersprochen stehen lassen. Es war eine ganz begrenzte Kritik. Wer das nicht ertragen kann, ist nicht lernfähig.

°Somit ich nun mehr, weil nach meiner "Anschauung" keinerlei Kontex zu Kant, meinerseits auf eine Kommentierung deiner Aussagen verzichte."
Dann erläutere ich einmal, ich dachte, daß meine Aussagen selbsterklärend seien.
In einem trivialen Sinn stimmt es, daß das Operieren mit natürlichen Zahlen auf das Zählen der Finger zurückgeht und insofern eine Verallgemeinerung=Synthetisierung ist. Das ist allerdings nichts Besonderes, alles Denken ist Analysieren und Synthetisieren, hier wird nur der Synthetisierungsaspekt hervorgehoben. Meine Hauptkritik daran ist aber eine andere. Hier wird von Zahlen als Zählobjekten geredet. Das ist jedoch ein großes Mißverständnis: Mathematik, also auch die Mathematik des Zählens, ist nicht "Rechnen", wenn Kinder ihre Finger abzählen, ist das keine Mathematik. Mathematik ist eine Strukturwissenschaft, sie interessiert sich für die natürlichen Zahlen als Gruppenstruktur, das hat mit Zählen kaum etwas zu tun. Und diese Beschäftigung ist, wie fast alle geistigen Beschäftigungen, zugleich synthetisch und analytisch. Daher ist es Blödsinn, die Mathematik als Beschäftigung mit dem Synthetischen zu bezeichnen, Mathematik ist keine Verallgemeinerung des naiven Rechnens (mit den 10 Fingern).
Mein Beispiel mit dem aussagenlogischen Ausdruck sollte zeigen, daß Mathematik nicht nur synthetisch, sondern auch analytisch vorgeht, und dabei über das Triviale, unmittelbar einsehbare hinaus. Ich hatte also den logischen Ausdruck mit dem arithmetischen verglichen und festgestellt, daß Mathematik beide als Tautologie und trivial ansieht, aber immerhin sich mit dem logischen beschäftigt, weil durch Erkennen des Teilausdrucks ¬(a→b) als ¬a˄¬b der Ausdruck als vollständige Disjunktion gelesen und als wahr erkannt wird: a˅¬a. Eine analytische Erkenntnis, während in 5+7=12 überhaupt keine Erkenntnis steckt, mathematisch gesehen ist das eine Tautologie, (1+4)+(1+6) = (1+11), 4, 6 und die 11 sind die jeweiligen Nachfolger von 1.




Antworten