Aus der Mathematik lernen
- Jörn Budesheim
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Energie und Masse sind äquivalent. Wäre das ein Erläuterungsurteil, dann hätten wir es lange vor Einstein durch schiere Begriffsanalyse herausbekommen können.
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Richtig. Und dasselbe gilt für Ausgedehntheit und Schwere. Sie sind kein Erläuterungsurteil, denn im Unterschied zu einem algebraischen Körper ist ein physikalischer Körper ein empirisch und nur empirisch zugänglicher Sachverhalt. Die Physik entscheidet, ob Ausgedehntheit und Schwere zum physikalischen Körper dazugehören oder nicht. Schiere Begriffsanalyse klärt keinen physikalischen Sachverhalt. Sie klärt höchstens, ob wir sinnvoll physikalische Begriffe, also auf die Physik anwendbare Begriffe gebildet haben.
- Jörn Budesheim
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Die Physik entscheidet nicht. Sie forscht. Sie kann gegebenenfalls feststellen, dass die Schwere zum physikalischen Körper "gehört". Und entsprechend dieser (tatsächlichen oder vermeintlichen) Feststellung haben wir es dann in der Regel mit Urteilen zu tun, die unser Wissen erweitern. Andernfalls wäre die Physik sinnlos und könnte vollständig durch die (analytische) Philosophie ersetzt werden. Sobald wir empirisch Wissen erwerben, haben wir es mit erweiterndem Wissen zu tun, weil wir etwas erfahren, was wir nicht schon aufgrund unseres Begriffsverständnisses wissen konnten.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 10:49Die Physik entscheidet, ob Ausgedehntheit und Schwere zum physikalischen Körper dazugehören oder nicht.
Die Tatsache, dass ein Urteil wahr ist, macht es nicht automatisch zu einem analytischen Urteil. Entscheidend ist vielmehr, wie wir diese Wahrheit gewinnen: durch begriffliche Analyse oder dadurch, dass wir in irgendeiner Form "nachschauen", was der Fall ist.
Unsere Begriffe sind jedoch nicht in Stein gemeißelt: Früher mag es (vermeintlich) zum Begriff des Schwans gehört haben, dass er weiß ist. Später können wir natürlich entdecken, dass wir einen falschen Begriff von Schwan hatten. In manchen Fällen könnten wir gezwungen sein, unsere Begriffe neu zu justieren. Wir könnten hier jedoch auch argumentieren, dass wir in diesem Fall einfach keine kompetenten Begriffsverwender waren. Oder anders: Wir können uns darin irren, dass etwas eine analytische Wahrheit ist.
Bei Körper und Schwere sehe ich das jedoch anders. Ausdehnung ist trivial, Schwere wäre eine Überraschung (oder eine Information), da wir uns leicht auch schwerelose Körper vorstellen können. Schwer ist also kontingent. Das bleibt ein Erweiterungsurteil, denn es ist nicht begrifflich ausgemacht, dass Körper schwer oder nicht schwer sind. Ebenso bei der Äquivalenz von Materie und Energie, das ist überraschend, weil es aus der Lebenswelt, in der wir diese Begriffe nutzen, gleichsam herausragt. Auch hier ist wichtig, vielleicht entscheidend, dass wir nicht in einer glatten Welt leben, sondern in einer vielfach gegliederten.
Außerdem handeln nicht alle Begriffe von der physikalischen Wirklichkeit, dass Junggesellen nicht verheiratet sind, kann uns keine physikalische Entdeckung ausreden.
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Lieber Jörn. wo genau widersprichst Du meinem Vorkommentar? Mußt Du um des Widerspruchs willen widersprechen? Laß es gut sein. In diesem einen Punkt habe ich recht, und Du hast dich verrannt. Das muß ein Philosophierender sich gelegentlich eingestehen. Wir stimmen in vielem, sogar überwiegend überein, wahrscheinlich liegen wir auch öfters parallel falsch, also kein Grund, sich hier so verbissen ineinander zu verkeilen. Unter Philosophierenden sollte der Kriegsmodus verpönt sein.
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In praktisch allem. Was Du einfach nicht in Deine Argumentation hinein nimmst ist, dass wir über Begriffe und Urteile sprechen. Stattdessen sprichst Du über Physik. Aber damit kann man nicht mal das Standardbeispiel "Junggesellen sind unverheiratete Männer" erläutern. Würde die Physik aber keine Erweiterungsurteile liefern, sollten wir sie einstellen oder komplett der Philosophie zuschlagen.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 11:41Lieber Jörn. wo genau widersprichst Du meinem Vorkommentar?
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Jetzt wird es absurd. Urteile können zugleich, wenn sie beide wahr sind, Erläuterungs- und Erweiterungsurteile sein? Welchen Sinn machen dann diese Begriffe? Ob etwas ein Erläuterungsurteil ist, ist nicht wahrheitsdefinit? Analysierende Erläuterung ist nicht das Gegenteil von synthesierender Erweiterung? Warum wird dann überhaupt ein Aufheben gemacht über die Differenz von analytischen und synthetischen Urteilen?
"Ich widerspreche dir darin, dass du fälschlicherweise die Physik zum Schiedsrichter machst."
Auch das ist Unsinn. Ich mache nicht Physik zum Schiedsrichter, wo sage ich das? Ich mache die Physik bzw die Physiker zum Schiedsrichter der physikalischen, einer nur empirisch zu ermittelnden Wahrheit, und ich mache den Mathematiker zum Schiedsrichter der mathematischen, nur formal-logisch und -mathematisch zu ermittelnden Wahrheit. Über die jeweils andere Wahrheit vermag der jeweilige Spezialist keine fundierte Aussage zu machen. Der Philosoph vermag über keines dieser Gebiete eine fundierte immanente Aussage zu machen, aber vielleicht kann er und nur er angemessen die Unterschiede beider Bereiche erfassen und die Angemessenheit beurteilen, weil sich beides, das Inhaltliche und das Formale, überschneiden und dabei Fehler gemacht werden können. Philosophie kann - mehr oder weniger gut - die inhaltliche Konsistenz beurteilen.
"Ich widerspreche dir darin, dass du fälschlicherweise die Physik zum Schiedsrichter machst."
Auch das ist Unsinn. Ich mache nicht Physik zum Schiedsrichter, wo sage ich das? Ich mache die Physik bzw die Physiker zum Schiedsrichter der physikalischen, einer nur empirisch zu ermittelnden Wahrheit, und ich mache den Mathematiker zum Schiedsrichter der mathematischen, nur formal-logisch und -mathematisch zu ermittelnden Wahrheit. Über die jeweils andere Wahrheit vermag der jeweilige Spezialist keine fundierte Aussage zu machen. Der Philosoph vermag über keines dieser Gebiete eine fundierte immanente Aussage zu machen, aber vielleicht kann er und nur er angemessen die Unterschiede beider Bereiche erfassen und die Angemessenheit beurteilen, weil sich beides, das Inhaltliche und das Formale, überschneiden und dabei Fehler gemacht werden können. Philosophie kann - mehr oder weniger gut - die inhaltliche Konsistenz beurteilen.
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Erläuterung ist nicht das Gegenteil von Erweiterung. Es sind zwei verschiedene, grundsätzliche Urteils-Typen. Beide Urteils-Typen können Wahrheiten liefern.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 12:55Analysierende Erläuterung ist nicht das Gegenteil von synthesierender Erweiterung?
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Hier:Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 12:55Auch das ist Unsinn. Ich mache nicht Physik zum Schiedsrichter, wo sage ich das?
Du unterschlägst dabei den Unterschied zwischen den Urteilstypen. Die Physik entschiedet nicht, wie unsere Begriffe beschaffen sind. Und: "Anschauungen ohne Begriffe sind blind", Begriffe sind also immer schon vorausgesetzt. Wir können zum Beispiel keine Körper untersuchen, ohne einen Begriff davon zu haben. Sonst können wir gar nicht herauspicken, was wir betrachten wollen.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 10:49Die Physik entscheidet, ob Ausgedehntheit und Schwere zum physikalischen Körper dazugehören oder nicht.
Um das Thema zu bearbeiten, muss man zwei Bälle in der Luft halten, nicht nur einen.
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Du willst nur streiten.
Selbstverständlich habe ich über physikalische Ausgedehntheit und Schwere gesprochen, nicht über begriffliche, nicht über die Schwere eines Schicksals, die Schwere einer Anschuldigung. Wenn Du nicht so viel Kontextualität voraussetzt, dann können wir nicht mehr, dann kann man nicht mehr miteinander reden.
Und selbstverständlich hätte ich genauer schreiben können: ob A. und S. zum Begriff des physikalischen Körpers dazugehören oder nicht, aber was unterstellst Du mir, wenn Du meinst, das hätte ich nicht bedacht? Zeige mir einen Text, der sämtliche in ihm benutzten Begriffe Xᵢ als "Begriff Xᵢ" kennzeichnet. "Wir können zum Beispiel keine Körper untersuchen, ohne einen Begriff davon zu haben". Wo habe ich dem widersprochen? Mußt Du mir absurde Dinge unterstellen, um mich kritisieren zu können? Ich habe zwischen inhaltlichen, empirisch fundierten Begriffen, und formalen, logisch-mathematisch fundierten, durch Widerspruchsfreiheitsbeweise legitimierten axiomatisierbaren Begriffssystemen unterschieden. Also: worauf willst Du mit Deinen Unterstellungen hinaus? Oder ist es mehr als eine Unterstellung?
Selbstverständlich habe ich über physikalische Ausgedehntheit und Schwere gesprochen, nicht über begriffliche, nicht über die Schwere eines Schicksals, die Schwere einer Anschuldigung. Wenn Du nicht so viel Kontextualität voraussetzt, dann können wir nicht mehr, dann kann man nicht mehr miteinander reden.
Und selbstverständlich hätte ich genauer schreiben können: ob A. und S. zum Begriff des physikalischen Körpers dazugehören oder nicht, aber was unterstellst Du mir, wenn Du meinst, das hätte ich nicht bedacht? Zeige mir einen Text, der sämtliche in ihm benutzten Begriffe Xᵢ als "Begriff Xᵢ" kennzeichnet. "Wir können zum Beispiel keine Körper untersuchen, ohne einen Begriff davon zu haben". Wo habe ich dem widersprochen? Mußt Du mir absurde Dinge unterstellen, um mich kritisieren zu können? Ich habe zwischen inhaltlichen, empirisch fundierten Begriffen, und formalen, logisch-mathematisch fundierten, durch Widerspruchsfreiheitsbeweise legitimierten axiomatisierbaren Begriffssystemen unterschieden. Also: worauf willst Du mit Deinen Unterstellungen hinaus? Oder ist es mehr als eine Unterstellung?
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Das ist nicht selbstverständlich, sondern das grundlegende Problem, auf das ich an der Stelle aufmerksam machen wollte. Du sprichst erstens stets an erster Stelle über Physik und zweitens sprichst du nicht über Urteile!Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 14:18Selbstverständlich habe ich über physikalische Ausgedehntheit und Schwere gesprochen, nicht über begriffliche ...
Du widersprichst dem die ganze Zeit, weil für dich die Physik stets das Maß der Dinge ist.
Universalwissenschaft. Einverstanden. Der genaue Name für die Tätigkeit der Philosophie ist mir nicht so wichtig; Hauptsache, durch den Namen bekommt sie eine andere Färbung als die Tätigkeiten der Fachwissenschaften. "Universalwissenschaft" ist auch gut. Ich bestehe nicht auf ein spezielles Motto. "Phil O Sophie" ist ja auch nur ein Motto (was zum Eigennamen wurde), und so ein Motto ist auch "ich bin universal".Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 09:36So ist Philosophie die inhaltliche Universalwissenschaft, wie Logik und Mathematik die formalen Universalwissenschaften.
Ihre andere Färbung gegenüber den Fachwissenschaften sehe ich in folgendem:
Die Fachwissenschaft Physik, beispielsweise, will durch Empirie der Wahrheit näher kommen. Die letzte Wahrheit erkannt zu haben, ist nie gewiss, aber näher kommen kann die Physik. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Objekte der Physik beobachtbar sind. Zum Beispiel kann die Erforschung von unbeobachtbaren Parallelwelten keine Aufgabe der Physik sein.
Hingegen ist in der Philosophie (Motto "Liebe zur Weisheit" oder "ich bin universal") die Beobachtbarkeit nicht zwingend notwendig. Die Philosophie kann über Parallelwelten nachdenken wie sie will, und dadurch sogar auf weitere Gedanken kommen, die mit Physik vielleicht nicht einmal etwas zu tun haben. Es werden von der Philosophie keine empirischen Ergebnisse erwartet. Sie ist völlig ungebunden.
Des Weiteren ist die Fachwissenschaft Physik, oder Biologie, Meteorologie etc. für die Gesellschaft kein Entscheidungsträger, sondern Faktenlieferant. Was je nach Faktenlage zu tun ist, entscheidet die Politik im engen und weiten Sinn, das heißt, auch jeder einzelne Mensch.
Hingegen kann die Philosophie auch Handlungsempfehlungen erarbeiten. Bei Kant gab es das. Auch bei Popper mit seiner Empfehlung, keine blutige Übernacht-Revolte anzustreben, sondern ein unblutiges Social Engineering der kleinen Schritte auszuführen; oder mit Poppers Empfehlung an die Fachwissenschaften, die Denkweise der Falsifikation anzuwenden.
Das sind die besonderen Aufgaben, die in meinen Augen die Philosophie (oder die Universalwissenschaft) von den Fachwissenschaften unterscheidet.
Das nehme ich anders wahr. Im Punkt "Begriff & Bedeutung" sehe ich in Wolfgangs Kommentaren kein Widersprechen. Die Bedeutung eines Begriffs muss man ja erst lernen. Ich kann zum Beispiel kein Chinesisch; kannst Du, Jörn? Ich kann als Eremit auch meine eigenen Begriffe neu erfinden. Die Bedeutungen der Begriffe "Schwere" und "Ausdehnung" sind nur Beispiele; hier zufällig aus dem Bereich der Physik (Körperlehre); die selbe Argumentation gilt selbstverständlich auch für Sachen der Anatomie oder der Bäckerei. Die Beispiele sind austauschbar. Ziel ist nicht der Fachbereich, sondern die Denkweise, welche irgend ein Fachbereich beispielhaft zu illustrieren versucht. Das ist jedenfalls meine Wahrnehmung. Ich kann mich irren.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Jun 2024, 14:39Du widersprichst dem die ganze Zeit, weil für dich die Physik stets das Maß der Dinge ist.
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Das würde ich noch verschärfen. Sie eruiert nicht Fakten, sondern sie reflektiert Fakten (und Möglichkeiten). Hier ist der Unterschied von Natur- und Geisteswissenschaften von Belang. Naturwissenschaften untersuchen die Welt unter der Form des Objekts (im Sinne von Nichtsubjekt), da stellt sich nicht die Frage nach der Bedeutung/Bewertung, sondern ein solches Objekt ist oder ist nicht, das ist sine ira et studio zu studieren. Objekte der Welt können allerdings auch Subjekte und deren verdinglichte Abspaltungen sein, dann sind sie eben nicht reine Objekte und können nicht rein objektiv, also nicht vollständig naturwissenschaftlich erkannt werden. Diese Subjekt-Objekte werden von den Geisteswissenschaften untersucht, die notwendigerweise doppelt, naturwissenschaftlich und spezifisch geisteswissenschaftlich verfahren müssen, letzteres ist in den Naturwissenschaften definitorisch ausgeschlossen. Und der Philosophie kommt die Aufgabe zu, diese Unterschiede, auch die Differenzen in den unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Disziplinen, in einem integralen Weltverständnis zusammenzufügen. Naturwissenschaften erkunden, Physik und Chemie allgemein, und eine Reihe von Wissenschaften auf spezifische Aspekte spezialisiert, das Sein, Geisteswissenschaften kombinieren die auf Spezialbereiche fokussierte Erkundung des Seins mit der Reflexion dieser Erkundung, weil ihr Gegenstand eben auch Subjekt ist und der Gegenstand nicht nur natürlich gegeben, sondern auch gemacht ist, geworden ist, sich selbst organisiert hat. Sind die Geisteswissenschaften unterschiedliche, ihre Arbeitsfelder reflektierende, ist die Philosophie, die keine Spezialwissenschaft ist, also keinen spezifischen Gegenstandsbereich hat, die allgemeine Reflexionswissenschaft. Daher gehört die Beschäftigung mit dem Allgemeinen der Geisteswissenschaften, also dem Geistigen, zum Kern der Philosophie. Allerdings haben sich die reinen Formalwissenschaften Logik und Mathematik auch noch von der Philosophie abgespalten, so daß Philosophie nur noch die Gemengelagen von formalem und inhaltlichem Denken bearbeitet, dh im Wesentlichen das oben schon benannte integrale Weltbild und die Selbstreflexion des Geistes, also Erkenntnis-, Wissenschafts- und Kunsttheorie sowie Ethik als die Reflexion darauf, wie wir unsere Freiheit als Subjekte sinnvoll nutzen können und sollten.
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Du hast natürlich recht .. Es geht keineswegs darum, wie "wie Erfahrungswissen angewendet wird", sondern um die Art des Urteils. Wenn ich Erfahrungswissen anwende , dann ist dessen Urteilsart (obgleich bei Kant selbst das so nicht steht) nach meiner Einschätzung synthetisch.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 13:24Eigentlich nicht. Denn bei Kant selbst steht nicht das, was du schreibst. Stattdessen schreibt er: "Denn es wäre ungereimt, ein analytisches Urteil auf Erfahrung zu gründen." Es geht keineswegs darum, wie "wie Erfahrungswissen angewendet wird", sondern um die Art des Urteils.Timberlake hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 13:15Bei Kants Unterscheidung zwischen analytisch und synthetisch geht es nicht darum woraus Erfahrungswissen entsteht , sondern wie Erfahrungwissen angewendet wird und zwar nach Ansicht von Kant synthetisch. Dazu nur mal zur Erinnerung ..
Muss ich doch bei meinem Erfahrungswissen gewissermaßen nachgucken , wie die Dinge liegen. Deshalb sind auf Erfahrungswissen basierende Urteile synthetisch.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 13:24Wenn es für ein Urteil genügt, eine kompetente Sprecherin zu sein, dann ist das Urteil analytisch. Wenn man nachgucken muss, wie die Dinge liegen, dann ist es synthetisch.
Um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen . Das gleiche gilt übrigens auch für das Mathematikwissen ..
- "Zuvörderst muß bemerkt werden: daß eigentliche mathematische Sätze jederzeit Urteile a priori und nicht empirisch sein, weil sie Notwendigkeit bei sich führen, welche aus Erfahrung nicht abgenommen werden kann. Will man aber dieses nicht einräumen, wohlan, so schränke ich meinen Satz auf die reine Mathematik ein, deren Begriff es schon mit sich bringt, daß sie nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a priori enthalte."
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Will man aber dieses nicht einräumen, wohlan, so schränke man dergleichen auf die reine Mathematik ein ..
- "Man sollte anfänglich zwar denken daß der Satz 7+5=12 ein bloß analytischer Satz sei .."
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
- "Der Begriff von Zwölf ist keinesweges dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und, ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. Man muß über diese Begriffe hinausgehen, indem man die Anschauung zu Hülfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, etwa seine fünf Finger, oder (wie Segner in seiner Arithmetik) fünf Punkte, und so nach und nach die Einheiten der in der Anschauung gegebenen Fünf zu dem Begriffe der Sieben hinzutut. Denn ich nehme zuerst die Zahl 7, und, indem ich für den Begriff der 5 die Finger meiner Hand als Anschauung zu Hülfe nehme, so tue ich die Einheiten, die ich vorher zusammennahm, um die Zahl 5 auszumachen, nun an jenem meinem Bilde nach und nach zur Zahl 7, und sehe so die Zahl 12 entspringen. Daß 7 zu 5 hinzugetan werden sollten, habe ich zwar in dem Begriff einer Summe = 7+5 gedacht, aber nicht, daß diese Summe der Zahl 12 gleich sei. Der arithmetische Satz ist also jederzeit synthetisch; welches man desto deutlicher inne wird, wenn man etwas größere Zahlen nimmt, da es denn klar einleuchtet, daß, wir möchten unsere Begriffe drehen und wenden, wie wir wollen, wir, ohne die Anschauung zu Hülfe zu nehmen, vermittelst der bloßen Zergliederung unserer Begriffe die Summe niemals finden könnten."
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
Ein arithmetische Satz, der , so wie von Kant hier beschrieben .. jederzeit synthetisch ist. Denn man muss , indem man die Anschauung zu Hülfe nimmt , über diesen arithmetische Satz hinausgehen. Das sich Kant in diesem Zitat mit „Anschauung zu Hülfe“ wiederholt , zeigt m. E. wie wichtig für Kant die Anschauung bei der „Art des Urteils “ ist. So könnte ich mir übrigens auch sehr gut vorstellen , dass man auf diese Weise .. "dem Nachgucken" .. auch über die Begriffe des Erfahrungswissen hinausgehen muss . .
- Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch.
Erfahrungsurteile, als solche, sind insgesamt synthetisch.
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
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GegenfrageWolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 18:03Die falsche Zuordnung ist: Ausgedehntheit (A) = analytisches Urteil (a), Schwere (S) = synthetisches Urteil (s). Das habe ich zigmal moniert, Timberlake wiederholt diese Aussage von Kant. Und Du wiederholst, daß Kant seine Begriffe richtig gebraucht. Das kann aber nicht sein, weil es zum Widerspruch führt. Habe ich das nicht in meinem letzten Kommentar an Timberlake zeigen können? Da komme ich auf die gleiche Methode, nach der A=a und S=s, auf A=s und S=a, also zur gegenteiligen. Seid Ihr denn so beweglich im Denken, daß dieser Widerspruch einfach weggesteckt werden kann, oder könnt Ihr meine Argumentation widerlegen?
Bist du denn so unbeweglich im Denken, dass du nicht erkennst , wie Kant diesen Widerspruch aufgelöst hat und zwar in dem er Unterscheidet zwischen dem , was man tatsächlich "analytisch" sieht und dem , was man dem Gesehen "synthetisch" hin zu fügt. Was sieht man denn tatsächlich "analytisch" bei einem fallenden Apfel ? Oder anders gefragt , was fügt man dem gesehenen Apfel "synthetisch" hinzu . Dessen Ausdehnung oder dessen Schwere? Was ist infolge dessen ein analytisches Urteil und was ein synthetisches Urteil?
... wie oft muss ich dir diesen Unterschied denn noch erklären ? Das die Beantwortung dieser Frage bei dir noch immer aussteht , lässt übrigens vermuten, dass du diesen Unterschied nicht etwa erkennen kannst , sondern vielmehr nicht erkennen willst.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 13:52Ich hatte Deine Formulierung aufgegriffen, Ausgedehntheit und Schwere ausgetauscht und bin mit Deinem Argument zur gegensätzlichen Erklärung gelangt. Das mußt Du mir erklären.Timberlake hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 13:15
Von daher steht die Beantwortung dieser Frage noch immer aus.![]()
So ist mir völlig schleierhaft, was man daran noch groß erklären muss.Timberlake hat geschrieben : ↑Mi 26. Jun 2024, 10:40
Die schwere des Apfels spürst du also nicht , wenn du ihn lediglich fallen siehst, was sagt dir dazu aber deine Erfahrung ?
In dem nach deiner Efahrung , der fallende Apfel eine Schwere haben muss , bist du dann von daher tatsächlich in der Lage, auf Grund dieser Erfahrung .. so Kant . eine synthetische Verbindung zwischen der Schwere und dem angeschauten Apfel her zu stellen ?
- "Erfahrungsurteile, als solche, sind insgesamt synthetisch. Denn es wäre ungereimt, ein analytisches Urteil auf Erfahrung zu gründen, weil ich aus meinem Begriffe gar nicht hinausgehen darf, um das Urteil abzufassen, und also kein Zeugnis der Erfahrung dazu nötig habe. ..Ich kann den Begriff des Körpers vorher analytisch durch die Merkmale der Ausdehnung, der Undurchdringlichkeit, der Gestalt etc., die alle in diesem Begriffe gedacht werden, erkennen. Nun erweitere ich aber meine Erkenntnis, und, indem ich auf die Erfahrung zurücksehe, von welcher ich diesen Begriff des Körpers abgezogen hatte, so finde ich mit obigen Merkmalen auch die Schwere jederzeit verknüpft, und füge also diese als Prädikat zu jenem Begriffe synthetisch hinzu. Es ist also die Erfahrung, worauf sich die Möglichkeit der Synthesis des Prädikats der Schwere mit dem Begriffe des Körpers gründet, weil beide Begriffe, ob zwar einer nicht in dem andern enthalten ist, dennoch als Teile eines Ganzen, nämlich der Erfahrung, die selbst eine synthetische Verbindung der Anschauungen ist, zu einander, wiewohl nur zufälliger Weise, gehören. "
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
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Genau das verstehe ich nicht. Nicht, weil ich es nicht verstehen will, sondern weil ich es logisch nicht verstehen kann. Ich kann einen Relativbegriff a wie einen solchen s bilden. Dann kann ich, je nach Perspektive, sagen A=a und S=s, ich kann die Perspektive wechseln und sagen A=s und S=a, auch das ist ok. Wenn ich einen kategorischen Begriff a und s bilde, kann ich das nicht mehr, dann bin ich festgelegt, dann ist etwa X=a oder X=s kontextunabhängig richtig, das jeweils andere kontextunabhängig falsch. Das ist der Widerspruch, den ich hier bei Kant und meinen Opponenten sehe. Ich habe nicht einmal Einwände gegen einen heuristischen Gebrauch, demzufolge man im obigen Sinne Relativbegriffe einsetzt. Nur wenn man Absolutbegriffe benutzt, ist absurd, sie relativ zu verwenden.Timberlake hat geschrieben : ↑Mo 1. Jul 2024, 01:23Das die Beantwortung dieser Frage bei dir noch immer aussteht , lässt übrigens vermuten, dass du diesen Unterschied nicht etwa erkennen kannst , sondern vielmehr nicht erkennen willst.
Daß physikalische Dinge (Objekte) ausgedehnt und schwer sein müssen, ist eine empirische, sehr gut bestätigte Aussage über die physikalische Verfaßtheit der Welt, die von der Naturwissenschaft Physik formuliert wird. Dann kann ich nicht zu dem Urteil kommen, daß die eine a, die andere s ist. Ich bitte darum, mir zu erklären, wie man dem widersprechen kann. Was erlaubt, dem aus philosophischer Sicht die konträre Aussage entgegenzusetzen? Jörn Budesheim hat insofern recht, ich beharre hier auf der physikalischen Aussage, weil ich nicht sehen kann, wieso die Philosophie sich das Recht nimmt, über eine empirische Frage ein analytisches Urteil zu fällen. Es liegt nicht im Begriff des physikalischen Körpers, ob er Ausdehnung oder Schwere oder beides (oder keines) hat.
Um beim Beispiel zu bleiben. Natürlich kann ich eine synthetische Verbindung zwischen (gedachter) Schwere und angeschautem Apfel herstellen. Aber ich kann ebenfalls eine synthetische Verbindung zwischen in völlig dunkler Nacht gedachter Ausdehnung und gefühlter Schwere herstellen. Das ist der Relativgebrauch von a und s. Dann ist das eine Mal A=a≠s und S=s≠a, das andere Mal A=s≠a und S=a≠s. Wenn ich beide Aussagen zulasse, habe ich einen Widerspruch: A=a˄A≠a. Daher nuß ich beide sinnliche Wahrnehmungen als von gleicher Art ansehen, also, weil auf Empirie beruhend als synthetisch. Der Begriff des physikalischen Körpers erlaubt nicht, logisch auf A oder S zu schließen.
Ich glaube, dieser 'Denkfehler hat sich ergeben, weil Kant in einem seiner klügsten Gedanken auf die Existenz von synthetischen Urteilen a priori geschlossen hat, was eigentlich ein Widerspruch in sich ist. Wir müssen physikalische Objekte als in einem Raum ausgedehnt denken, vor aller Erfahrung. So ist Ausgedehntheit ein analytisches Urteil über den Raum, das sich nicht aus dem Begriff des Raumes ergibt, sondern vorausgesetzt werden muß. Daher kann man die Ausgedehntheit eines Körpers als analytisches Urteil über das Erscheinenmüssen im Raum und Erfahrungsurteil über die Lokalisiertheit im Raum bewerten. Dann hat er die Schwere als ein aus empirischer Erfahrung, nicht begrifflicher Analyse gewonnenes Urteil zu dem physikalischen Körper hinzugefügt, daher redet er hier von synthetischem Urteil. Aus heutiger Sicht ist das falsch, denn aufgrund der Empirie ist mit dem physikalischen Begriff Körper in gleichem Maße die Ausgedehntheit wie die Schwere denknotwendig. Da physikalische Objekte Masseobjekte sind, haben sie a priori eine Schwere, wie sie eine Ausgedehntheit haben.
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Dennoch ist das Gewicht nicht dasselbe wie Masse, das wollte ich noch nachtragen. Ohne Gravitation kein Gewicht, bei gleichbleibender Masse. Mit anderen Worten, Körper haben nicht notwendig ein Gewicht.
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Das ist nicht richtig. Ich glaube, ich sagte es schon an anderer Stelle, daß Masseobjekte immer ein Gewicht haben, kein Gewicht hätten sie, wenn sie im absolut leeren Raum existierten, keine wirksame Anziehungskraft erführen sie, wenn sich alle Gravitationskräfte gegenseitig aufhöben, in einem stabilen, homogenen Raumstück im Massenschwerpunkt des Universums. Diesen Punkt hat Kant nicht verstanden, und er scheint Dir auch nicht klar zu sein.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 4. Jul 2024, 19:35Dennoch ist das Gewicht nicht dasselbe wie Masse, das wollte ich noch nachtragen. Ohne Gravitation kein Gewicht, bei gleichbleibender Masse. Mit anderen Worten, Körper haben nicht notwendig ein Gewicht.
Außerdem: Gravitation gibt es, weil es Gewicht gibt, beziehungsweise, weil es Masse gibt. Evakuiere alle Körper, und es wird keine Gravitation mehr geben. Jeder Körper ist schwer und stellt damit Schwerkraft her. Masse wird in Kilogramm gemessen in Bezug auf einen andere Masse, zum Beispiel in Bezug auf einen Ort auf der Erde oder auf dem Mond. In der "Schwerelosigkeit" ist ein Körper lediglich im freien Fall, aber er fällt wohin auf Grund der Schwerkräfte.
- Jörn Budesheim
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Ein Körper in einem absolut leeren Raum erfährt keine Anziehungskraft. Ob dieser Fall je vorliegt oder nicht, ist jedoch keine begriffliche Frage! Es mag sich so verhalten, dass es nie der Fall ist, aber das ist eine empirische Frage. Das Urteil, dass Körper immer ein Gewicht haben, ist daher zwar empirisch wahr, aber nicht schon begrifflich/analytisch wahr.
Die Einwände betreffen stets bloß die "empirische Realität" und nicht die begriffliche Definition. Empirisch gesehen mögen Körper immer eine Art von Gewicht haben, wenn es keinen leeren Raum gibt, jedoch ist dies keine analytische Notwendigkeit, die sich aus dem Begriff des Körpers ergibt, sondern eine empirische Tatsache. Wäre es analytisch notwendig, dass Körper ein Gewicht haben, könnten wir uns keinen anderen Fall denken, es ist aber immerhin denkmöglich, dass Körper schwerelos sind, wenn auch empirisch falsch.
Die Einwände betreffen stets bloß die "empirische Realität" und nicht die begriffliche Definition. Empirisch gesehen mögen Körper immer eine Art von Gewicht haben, wenn es keinen leeren Raum gibt, jedoch ist dies keine analytische Notwendigkeit, die sich aus dem Begriff des Körpers ergibt, sondern eine empirische Tatsache. Wäre es analytisch notwendig, dass Körper ein Gewicht haben, könnten wir uns keinen anderen Fall denken, es ist aber immerhin denkmöglich, dass Körper schwerelos sind, wenn auch empirisch falsch.