Quk hat geschrieben : ↑ So 30. Jul 2023, 15:27
Keinen Zweck hingegen hätte dies in gesellschaftlicher Hinsicht. Da wäre das zweckfrei.
Kolja Reichert, in 'Kann ich das auch? 50 Fragen an die Kunst' hat geschrieben :
»Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei«, heißt es in Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes. Auch in anderen Demokratien garantiert die Verfassung die Freiheit der Kunst. Damit soll verhindert werden, dass Kunst der Politik unterworfen und gleichgeschaltet wird oder dass Künstler, Schriftsteller, Musiker, Theatermacher verfolgt werden, wie es im Stalinismus und im Nationalsozialismus der Fall war und es auch heute in vielen Ländern ist. Niemand darf Künstler:innen zwingen, ihre Arbeit anderen Zwecken zu unterwerfen, als denen, die sie sich selbst setzen.
Das, was Reichert da schreibt, würde wohl in die Richtung deines zitierten Gedankens gehen, schätze ich.
Nach einem Vortrag, den ich mal in einem kleinen Kreis über Kunst und Schönheit gehalten habe, bemerkte eine Frau aus der Runde, dass der Kunstunterricht deshalb so wichtig sei, weil er erwiesenermaßen gut für das mathematische Verständnis sei. Das wäre ein Beispiel dafür, dass Kunst einen Zweck hat, sie ist gut für das mathematische Verständnis. Unter Zweckfreiheit würde ich dann das Gegenteil verstehen, nämlich dass Kunst ihren Zweck in sich selbst hat, dass man sie um ihrer selbst willen betreibt oder betrachtet.
Ich glaube auch, dass die Autonomie der Kunst eng damit zusammenhängt, also die Vorstellung, dass Kunst sich immer selbst die Regel gibt, dass sie nicht heteronom ist.
Man kann natürlich noch eine Abstraktionsebene höher gehen und sagen, die Funktion der Kunst ist es, solche zweckfreien Räume zur Verfügung zu stellen. Ob das dann in irgendeiner Form zu einem Widerspruch führt, ist für mich eine müßige Frage, denn die zweckfreien Räume sind in dieser Aussage ja schon vorausgesetzt.
Kolja Reichert gibt in dem Buch auf die Frage, wozu Kunst gut ist, eine andere Antwort, die ich aber auch sehr schön finde: "Weiß man denn sonst immer, wozu etwas gut ist? Und will man es wissen? Ich denke, nicht. Denn eine Welt, in der man immer zweifelsfrei wüsste, wozu etwas gut ist, wäre eine völlig mechanische, totalitäre Welt, in der alles seine festgelegte Rolle hätte. Eine Welt ohne Mehrdeutigkeit. Ohne Wahrnehmung. Ohne Urteil. In so einer Welt hätten wir gar keine Vergleiche mehr, die uns erlauben würden zu verstehen, warum etwas zu was gut ist. Es gäbe überhaupt gar keine Frage mehr. Wozu ist auch nur irgendetwas gut? Kunst hält diese Frage lebendig."