Kunst und Kultur
- Jörn Budesheim
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Einige allgemeine Anmerkungen zum Themenfeld.
Die Bilder und Geschichten, die wir uns in der Vergangenheit von uns selbst gemacht und erzählt haben, waren offensichtlich zu einem guten Teil falsch (und sind es natürlich auch heute noch), weil sie vieles systematisch ausgeklammert oder völlig falsch dargestellt haben. Wir haben uns selbst oft verzerrt dargestellt. Ich finde es völlig richtig, darüber nachzudenken, diese Bilder zu korrigieren. Das ist für mich Teil unserer Freiheit. Das kann auch bedeuten, manche Geschichten umzuschreiben.
Aber das ist eine schwierige Gratwanderung, weil diese Bilder und Geschichten, so wie sie sind, natürlich auch ein wichtiger Teil unserer Geschichte sind - wenn wir "Glück" haben, unserer Lerngeschichte. (Ihre Makel zeigen, dass eine Lerngeschichte immerhin möglich ist).
Nehmen wir zum Beispiel die niederländische Kunst des "Goldenen Zeitalters". Das sind natürlich unglaubliche Schätze, aber die Kehrseite sind (u.a.) unsägliche Kolonialverbrechen. Ich habe kein Patentrezept, wie wir in Zukunft damit umgehen werden, aber ich bin sicher, dass wir die Art und Weise, wie wir es bisher getan haben, ändern müssen.
Was zu tun ist, hängt meines Erachtens vom Genre und vom Einzelfall ab. Natürlich können wir die Bilder der Niederländer nicht "übermalen". Aber man kann sie zum Beispiel künstlerisch kommentieren. Das hat man bei einer früheren documenta gemacht, da hingen in der Gemäldesammlung in Kassel zeitgenössische Bilder eines afrikanischen Künstlers neben den Klassikern. Das war eine gute Lösung, davon wünsche ich mir mehr.
Im Theater ist es seit langem üblich, die Klassiker frei zu interpretieren, mit zum Teil drastischen Änderungen der Originale. Das ist ein wichtiger Punkt, der in den Debatten (zum Beispiel über die Geschichten von Roald Dahl) viel zu selten erwähnt wird. Klassiker neu zu interpretieren, ist nicht der Untergang des Abendlandes, sondern ein Teil davon. Aber wie gesagt, es ist eine Gratwanderung, weil oft mehrere legitime Ansprüche aufeinander prallen. Ich verstehe zum Beispiel die Forderung, die Bücher von Roald Dahl so zu lassen, wie sie sind. Ich verstehe aber auch die Forderung, dass rassistische und frauenfeindliche Stereotype darin keinen Platz haben dürfen.
Wie gesagt, ich habe keine Patentlösung für solche Fälle. Mein Vorschlag: Wir müssen jeden Fall, der es wert ist, individuell betrachten und sollten nicht auf radikalen Rezepte (nie etwas ändern vs. alles umwerfen) setzen.
"Lustiges Detail": In der Debatte um Roald Dahl war ich zunächst tendenziell dafür, nichts oder so wenig wie möglich zu ändern. Aber die einseitige und oft extrem polemische (und oft auch völlig falsche) Argumentation der Gegner von Veränderungen hat mich dann fast umgestimmt :-) Jetzt soll es zwei verschiedene Ausgaben geben, soweit ich mich erinnere. Vielleicht gar nicht so schlecht :-)
Die Bilder und Geschichten, die wir uns in der Vergangenheit von uns selbst gemacht und erzählt haben, waren offensichtlich zu einem guten Teil falsch (und sind es natürlich auch heute noch), weil sie vieles systematisch ausgeklammert oder völlig falsch dargestellt haben. Wir haben uns selbst oft verzerrt dargestellt. Ich finde es völlig richtig, darüber nachzudenken, diese Bilder zu korrigieren. Das ist für mich Teil unserer Freiheit. Das kann auch bedeuten, manche Geschichten umzuschreiben.
Aber das ist eine schwierige Gratwanderung, weil diese Bilder und Geschichten, so wie sie sind, natürlich auch ein wichtiger Teil unserer Geschichte sind - wenn wir "Glück" haben, unserer Lerngeschichte. (Ihre Makel zeigen, dass eine Lerngeschichte immerhin möglich ist).
Nehmen wir zum Beispiel die niederländische Kunst des "Goldenen Zeitalters". Das sind natürlich unglaubliche Schätze, aber die Kehrseite sind (u.a.) unsägliche Kolonialverbrechen. Ich habe kein Patentrezept, wie wir in Zukunft damit umgehen werden, aber ich bin sicher, dass wir die Art und Weise, wie wir es bisher getan haben, ändern müssen.
Was zu tun ist, hängt meines Erachtens vom Genre und vom Einzelfall ab. Natürlich können wir die Bilder der Niederländer nicht "übermalen". Aber man kann sie zum Beispiel künstlerisch kommentieren. Das hat man bei einer früheren documenta gemacht, da hingen in der Gemäldesammlung in Kassel zeitgenössische Bilder eines afrikanischen Künstlers neben den Klassikern. Das war eine gute Lösung, davon wünsche ich mir mehr.
Im Theater ist es seit langem üblich, die Klassiker frei zu interpretieren, mit zum Teil drastischen Änderungen der Originale. Das ist ein wichtiger Punkt, der in den Debatten (zum Beispiel über die Geschichten von Roald Dahl) viel zu selten erwähnt wird. Klassiker neu zu interpretieren, ist nicht der Untergang des Abendlandes, sondern ein Teil davon. Aber wie gesagt, es ist eine Gratwanderung, weil oft mehrere legitime Ansprüche aufeinander prallen. Ich verstehe zum Beispiel die Forderung, die Bücher von Roald Dahl so zu lassen, wie sie sind. Ich verstehe aber auch die Forderung, dass rassistische und frauenfeindliche Stereotype darin keinen Platz haben dürfen.
Wie gesagt, ich habe keine Patentlösung für solche Fälle. Mein Vorschlag: Wir müssen jeden Fall, der es wert ist, individuell betrachten und sollten nicht auf radikalen Rezepte (nie etwas ändern vs. alles umwerfen) setzen.
"Lustiges Detail": In der Debatte um Roald Dahl war ich zunächst tendenziell dafür, nichts oder so wenig wie möglich zu ändern. Aber die einseitige und oft extrem polemische (und oft auch völlig falsche) Argumentation der Gegner von Veränderungen hat mich dann fast umgestimmt :-) Jetzt soll es zwei verschiedene Ausgaben geben, soweit ich mich erinnere. Vielleicht gar nicht so schlecht :-)
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Wusste ich bis heute nicht :-)
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Jep, diesen Weg würde ich auch für am Besten halten.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 09:14Was zu tun ist, hängt meines Erachtens vom Genre und vom Einzelfall ab. Natürlich können wir die Bilder der Niederländer nicht "übermalen". Aber man kann sie zum Beispiel künstlerisch kommentieren. Das hat man bei einer früheren documenta gemacht, da hingen in der Gemäldesammlung in Kassel zeitgenössische Bilder eines afrikanischen Künstlers neben den Klassikern. Das war eine gute Lösung, davon wünsche ich mir mehr.
Und wie gesagt, ich wäre auch dafür, dass wir der "alten Kunst" einfach neue Kunst gegenüberstellen. Schaffen wir uns doch einfach neue Figuren in der Kunst anstatt die alten zu verfälschen.
Gaugins Undine ist weiß, und das sollte sie auch bleiben.
Aber es spricht ja überhaupt nichts dagegen, wenn neben der "weißen" Kunst auch eine "schwarze" Kunst steht.
Wenn wir in der Literatur neue Helden ersinnen, dann sollten diese nicht meher automatisch "weiß gedacht" werden.
Sie sollten überhaupt nicht in Hautfarben gedacht werden. Unsere Helden zeichnen sich durch andere Dinge aus, nicht durch ihre Hautfarbe.
But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)
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Was die Hautfarben angeht mag ich Dir Recht geben. Unsere Gesellschaft sähe wahrscheinlich anders aus, wenn Menschen mit anderer Hautfarbe nicht jahrhundertelang als - wie soll ich das sagen - Menschen zweiter Klasse betrachtet worden wären. Und auch die Homosexualität war ja über sehr lange Zeit ein gesellschaftliches Tabu. Einige Forscher gehen übrigens davon aus, dass Hans Christian Andersen mit der kleinen Meerjungfrau seine eigene Homosexualität literarisch verarbeitet hat. Ich fand das sehr interessant das Märchen einmal aus diesem Gesichtspunkt heraus zu betrachten.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 08:02Das gilt auch hier. Auch der Alltag ist nicht naturgegeben, sondern (u.a.) das Ergebnis einer historischen Entwicklung, zu der viele Formen der Diskriminierung gehören. Da der Status quo (u.a.) das Ergebnis von Diskriminierung ist, ist eine Bezugnahme auf ihn gelinde gesagt "schwierig".
Trotzdem denke ich, dass einige Dinge naturgegeben sind. Seine Sexualität sucht sich niemand aus.
Die meisten Menschen sind heterosexuell. Und ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird egal wie offen die Gesellschaft ist.
Sie werden also immer unterrepräsentiert sein in unserer Gesellschaft.
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Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben aber oft dazu geführt, dass Menschen ihre eigene Sexualität - auch vor sich selbst - verleugnen und deshalb erst spät oder gar nicht entdecken und angemessen leben. Das ist eine Katastrophe. In Deutschland bezeichnen sich immerhin 10,9 Prozent der Menschen als nicht ausschließlich heterosexuell, das ist nicht wenig.
Ich habe auch bis vor gut zwei Jahren gebraucht. Übernächste Woche werde ich 60.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 11:04Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben aber oft dazu geführt, dass Menschen ihre eigene Sexualität - auch vor sich selbst - verleugnen und deshalb erst spät oder gar nicht entdecken und angemessen leben. Das ist eine Katastrophe. In Deutschland bezeichnen sich immerhin 10,9 Prozent der Menschen als nicht ausschließlich heterosexuell, das ist nicht wenig.
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Der amerikanische Sexualwissenschaftler Milton Diamond: "Die Natur liebt die Vielfalt, auch wenn die Gesellschaft sie hasst." Deshalb auch hier: Ich persönlich mag es grundsätzlich gerne bunt.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 10:28Trotzdem denke ich, dass einige Dinge naturgegeben sind.
Für ein kulturelles Wesen kann die Unterscheidung zwischen natürlich und kulturell sehr fließend und ineinander übergehend sein. Dennoch: Nach allem, was ich gelesen habe, ist die Entscheidung, welchem der diversen Geschlechter man sich zugehörig fühlt, in der Tat nicht völlig frei. Es ist eher etwas, das einem "widerfährt", was man im Grunde als gegeben erlebt. Nach Frans de Waals (von dem ich kürzlich etwas darüber gelesen habe) und anderen Forschern ist die Geschlechtsidentität weder bei cis- noch bei transsexuellen Menschen einfach von der Wahl der Person abhängig, sondern auch biologisch gegeben. Aber nicht nur, denn wie diese "Geschlechtsidentität" selbst "interpretiert", definiert und gelebt wird, ist sicher sowohl individuell als auch gesellschaftlich/historisch/kulturell sehr unterschiedlich.
Ich denke, dass diese verschiedenen Aspekte - Das Biologische in seiner Vielfalt, das Individuelle in seiner Einmaligkeit, das Historische, das Kulturelle, das Sozial etc. - immer "irgendwie" zusammen und verschränkt gedacht werden müssen.
Was sind eigentlich typisch weibliche und typisch männliche Geisteshaltungen wenn man das durchschnittlich betrachtet, europaweit, oder gerne auch weltweit?
Nehmen wir beispielsweise die Eigenschaft "technikverliebt"; sie scheint bei männlichen Menschen viel häufiger vorzukommen, und es wird oft gefragt, ob das anerzogen wird, und zugleich hört man aber auch Berichte von kleinen Mädchen, die von sich aus bei solchen technischen Spielzeugen eher Langeweile empfinden. Ich weiß nicht, wie das Mischungsverhältnis da ist.
(Typisch weibliche und typisch männliche Körperteile sind ja bekannt. Aber was ist mit den typischen Geisteshaltungen, sofern es typische gibt?)
Ich frage das in Vorbereitung auf einen Schlichtungs-Vorschlag, welchen ich denjenigen Menschen machen will, die auf eine total binäre Geschlechterteilung bestehen.
Nehmen wir beispielsweise die Eigenschaft "technikverliebt"; sie scheint bei männlichen Menschen viel häufiger vorzukommen, und es wird oft gefragt, ob das anerzogen wird, und zugleich hört man aber auch Berichte von kleinen Mädchen, die von sich aus bei solchen technischen Spielzeugen eher Langeweile empfinden. Ich weiß nicht, wie das Mischungsverhältnis da ist.
(Typisch weibliche und typisch männliche Körperteile sind ja bekannt. Aber was ist mit den typischen Geisteshaltungen, sofern es typische gibt?)
Ich frage das in Vorbereitung auf einen Schlichtungs-Vorschlag, welchen ich denjenigen Menschen machen will, die auf eine total binäre Geschlechterteilung bestehen.
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Ich denke sie auch so. Natürlich kann sich ein Mensch in einer Umgebung die ihn einschränkt nicht entfalten. Das betrifft auch nicht nur Sexualität, sondern alles Menschliche.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 11:31Ich denke, dass diese verschiedenen Aspekte - Das Biologische in seiner Vielfalt, das Individuelle in seiner Einmaligkeit, das Historische, das Kulturelle, das Sozial etc. - immer "irgendwie" zusammen und verschränkt gedacht werden müssen.
Ich streite das keinesfalls ab.
Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass 50% oder mehr der Menschen eigentlich homosexuell sind und nur aufgrund von gesellschaftlichen Einschränkungen nicht so leben.
Ich denke die Mehrheit lebt in heterosexuellen Beziehungen einfach weil sie so fühlen. Und daran würde sich auch nichts durch eine offenere (oder noch offenere) Gesellschaft ändern.
Die Frage die ich also stelle ist, ob Homosexualität wirklich diesen Stellenwert für die Menschen hat und ob sie deshalb auch in der Kunst noch mehr vertreten sein muss?
Ich finde sie sollte ihrem Stellenwert für die Menschen entsprechend vertreten sein.
But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)
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Ich glaube so etwas gibt es nicht. Es gibt Verhaltensweisen oder Vorlieben (Geisteshaltungen), die wir vermehrt bei Männern und andere vermehrt bei Frauen beobachten.
Aber mir fällt kein Verhalten ein, das nicht auch beim anderen Geschlecht vorkommt.
Also ausser jetzt zum Beispiel rein biologische Vorgänge wie das Menstruieren oder so. Das ist den Frauen vorbehalten.
Aber ich denke das ist nicht das was wir meinen wenn wir hier über Verhaltensweisen reden.
Sicher. Weil es so ist. Nicht bei allen Mädchen. Es gibt immer statistische Abweichungen.
Es gibt nun aber für dieses Verhalten unterschiedliche Erkärungen.
Da gibt es die einen die sagen dieses Verhalten sei einzig und allein antrainiert und abgeschaut.
Mächen langweilen sich, weil sie gelernt haben, dass ein Mädchen sich bei sowas zu langweilen hat.
Nach dieser Ansicht gibt es eigentlich gar keine eigenständigen Individuen, sondern nur gesellschaftliche "Produkte".
Diese "Produkte" kann man dann nach Belieben "umformen" indem man die Geselschaft umformt (Theorie: Wenn man Mädchen nur immer wieder zeigt, dass Mädchen Spaß an Technik haben werden sie irgendwann alle Spaß an Technik haben. Ihnen kann also Spaß an Technik antrainiert werden).
Ob das für Dich plausibel klingt, kannst Du dir jetzt selbst überlegen.
Ich äußere mich dazu nicht mehr. Das habe ich schon.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Fr 28. Jul 2023, 19:22, insgesamt 3-mal geändert.
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Wir sind weiter als Viele denken.
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Naja, die Sachen der Mehrheit sind aufgrund ihrer Häufigheit eher gewöhnlich. Die Sachen der Minderheit sind aufgrund ihrer Seltenheit eher außergewöhnlich.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 18:22Die Frage die ich also stelle ist, ob Homosexualität wirklich diesen Stellenwert für die Menschen hat und ob sie deshalb auch in der Kunst noch mehr vertreten sein muss?
Ich finde sie sollte ihrem Stellenwert für die Menschen entsprechend vertreten sein.
Kunst will nicht das Gewöhnliche abbilden, sondern eher das Außergewöhnliche, sonst wirds langweilig, glaube ich.
Das betrifft wohl jede Form von Kunst. Schaust Du Spielfilme an, die das Gewöhnliche darstellen? Sind die interessant? Wird man da überrascht? Lernt man da was?
Da hast Du Recht. Ich meine das auch keineswegs absolut, sondern tendenziell statistisch. Ich würde das niemals verallgemeinern. Ich mag Verallgemeinerungen überhaupt nicht. Ich bin einer der härtesten Anti-Pauschalisten weltweit.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 18:27Aber mir fällt kein Verhalten ein, das nicht auch beim anderen Geschlecht vorkommt.
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Ich habe mal einen Text über solche Statistiken gelesen, aber das ist schon eine Weile her. Sie können zwar Unterschiede zeigen, die statistisch signifikant sind (woher sie kommen, weiß man damit natürlich noch nicht). Aber das Hauptproblem solcher Statistiken ist: Man hat nichts davon, wenn man eine konkrete Person trifft, die individuellen Unterschiede sind in der Regel viel zu groß. Solche Statistiken sind ggf. brauchbar für größere Marketingkampagnen o.ä., wo man es mit größeren Zielgruppen zu tun hat oder ähnliches, aber nicht für die Beurteilung einzelner konkreter Personen.
Und nach der Ansicht "Jungens oder Mädchen sind halt so", gilt das selbe. Nach dieser Ansicht gibt es eigentlich gar keine eigenständigen Individuen, sondern nur biologische "Typen".NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 18:27Nach dieser Ansicht gibt es eigentlich gar keine eigenständigen Individuen, sondern nur gesellschaftliche "Produkte".
Ich halte beides für falsch und schließe ich mich dann eher Quk an: Ich bin einer der härtesten Anti-Pauschalisten weltweit.
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Ich finde es ist gerade (auch!) Aufgabe der Kunst das Gewöhnliche zu zeigen.Quk hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 02:00Naja, die Sachen der Mehrheit sind aufgrund ihrer Häufigheit eher gewöhnlich. Die Sachen der Minderheit sind aufgrund ihrer Seltenheit eher außergewöhnlich.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Fr 28. Jul 2023, 18:22Die Frage die ich also stelle ist, ob Homosexualität wirklich diesen Stellenwert für die Menschen hat und ob sie deshalb auch in der Kunst noch mehr vertreten sein muss?
Ich finde sie sollte ihrem Stellenwert für die Menschen entsprechend vertreten sein.
Kunst will nicht das Gewöhnliche abbilden, sondern eher das Außergewöhnliche, sonst wirds langweilig, glaube ich.
Das betrifft wohl jede Form von Kunst. Schaust Du Spielfilme an, die das Gewöhnliche darstellen? Sind die interessant? Wird man da überrascht? Lernt man da was?
Wir alle kennen zum Beispiel Fotografien von gewöhnlichen Menschen bei der Arbeit oder anderen Alltagsgeschäften.
Es geht dabei darum den Blick auf Dinge zu lenken die wir gar nicht mehr richtig wahrnehmen, eben weil wir sie als profan ansehen.
Das sind sie aber nicht. Der Punkt ist nämlich: Es gibt gar keine gewöhnlichen Menschen. Jeder Einzelne von ihnen ist ein Wunderwerk mit einer eigenen Lebensgeschichte usw.
Und sich das (immer wieder) bewusst zu machen ist wichtig, weil wir so z.B. auch lernen das Gewöhnliche (das gar nicht so gewöhnlich und selbstverständlich ist) zu schätzen.
Kunst hat also viele Aufgaben. Das Aussergewöhnliche zu zeigen ist nur ein Teil davon.
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Es geht ja nicht darum zu pauschalisieren.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 06:56Ich halte beides für falsch und schließe ich mich dann eher Quk an: Ich bin einer der härtesten Anti-Pauschalisten weltweit.
Dass Männer und Frauen statistisch betrachtet Vorlieben haben ist einfach ein empirischer Fakt, den zu leugnen keinen Sinn ergibt.
Es geht einzig und allein darum zu erklären warum wir sehen was wir sehen.
Und da gibt es nun Diejenigen die die Statistiken mit gesellschaftlich erzeugten Rollenbildern erklären, die also dem Individuum den freien Willen absprechen (weil sie sie zu einem reinen Produkt der Gesellschaft machen).
Zu denen gehöre ich nicht. Ich glaube nicht daran, dass diese Menschen alle unfrei sind und sich ganz anders verhalten würden, wenn die Gesellschaft ihnen anderes vorgibt.
Denn die Frage ist doch auch: Wo kommen diese Rollenbilder eigentlich her?
Sie sind die Folge davon, dass man Vorlieben die wir an den Menschen beobachten, verabsolutiert und zu einer "Soll-Vorstellung" gemacht hat.
Der Fehler geht so: Wir sehen dass Männer und Frauen bestimmte Vorlieben haben und haben die gesellschaftlichen Rollenbilder darauf hin aufgebaut.
Aus einem "Die meisten Männer und Frauen lieben dies und das" hat man ein "Männer und Frauen haben so und so zu sein, das ist ihre in ihrer Natur liegende Bestimmung" gemacht.
Ein Sein-Sollen-Fehlschluß vieleicht.
Ein anderer Grund ist Überheblichkeit. Männliche Überheblichkeit. Der Irrglaube Frauen könnten nicht das Selbe leisten wie Männer hat dazu geführt Frauen einfach nichts anderes zuzutrauen ausser sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern. Ebenfalls hat man das Weibliche als störend (z.B. in der Politik) empfunden und es deshalb ausgeschlossen. Man(n) war einfach der Meinung die andere Hälfte der Menschen hätte in bestimmten Bereichen des Lebens nichts Wertvolles beizutragen.
"Du bist eine Frau, Du verstehst davon nichts".
Das sind alles Fehlurteile, die es zu beseitigen gilt.
Aus all dem folgt aber nicht, dass Männer und Frauen keine in ihnen selbst liegenden Vorlieben haben, dass sie also in der Mehrheit nicht das tun was ihnen liegt und was sie mögen.
Wir müssen einfach nur aufhören so zu tun als liege in diesen männlichen und weiblichen Vorlieben irgend eine Art "Bestimmung".
Aus dem empirischen Fakt, dass eine Mehrheit der Frauen gerne mit Kindern arbeitet und viele Männer technische Spielereien lieben, folgt nicht "dass sie so zu sein haben", dass das "ihre Bestimmung" wäre.
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Das ist wiederum auch wahr. Ja.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 11:28Ich finde es ist gerade (auch!) Aufgabe der Kunst das Gewöhnliche zu zeigen.
Ohne dem zu widersprechen -- nur eine Ergänzung: Zugleich zeigt die Kunst, wenn sie kein Kitsch ist, meistens das "Gewöhnliche" in einem besonderen Kontext; etwa in einem besonderen Malstil, Fotostil, oder in einer besonderen Umgebung; man denke zum Beispiel an jene gewöhnliche Pissoir-Schüssel als Ready-Made in einer Museums-Umgebung, oder an Vermeer, der ein Mädchen zeigt beim gewöhnlichen Milchumgießen, aber in einem ganz besonderen Licht und in einer außergewöhnlich ästhetischen Bildkomposition. Also, letztendlich spielt das Außergewöhnliche doch meistens mit rein, was aber kein Widerspruch ist zu der Tatsache, dass das Gewöhnliche ebenfalls mitspielt.
Ja, auf Dinge lenken, die wir gar nicht mehr richtig wahrnehmen, eben weil sie "gewöhnlich" sind oder, wie Du es nennst, "profan".NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 11:28Wir alle kennen zum Beispiel Fotografien von gewöhnlichen Menschen bei der Arbeit oder anderen Alltagsgeschäften.
Es geht dabei darum den Blick auf Dinge zu lenken die wir gar nicht mehr richtig wahrnehmen, eben weil wir sie als profan ansehen.
Die Lenkung darauf erfolgt durch künstlerische Methoden. Sie präsentieren das Profane auf eine besondere Weise, wodurch es dann auffällt.
Zugestimmt.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 11:28Das sind sie aber nicht. Der Punkt ist nämlich: Es gibt gar keine gewöhnlichen Menschen. Jeder Einzelne von ihnen ist ein Wunderwerk mit einer eigenen Lebensgeschichte usw.
Und sich das (immer wieder) bewusst zu machen ist wichtig, weil wir so z.B. auch lernen das Gewöhnliche (das gar nicht so gewöhnlich und selbstverständlich ist) zu schätzen.
Kunst hat also viele Aufgaben. Das Aussergewöhnliche zu zeigen ist nur ein Teil davon.
Zurück zu der Frage der Verhältnismäßigkeit. Ist es gut, wenn Queere, die 10% der Bevölkerung ausmachen, zu 15% die Medien füllen? Ich verstehe den Hintergrund der Frage; ich würde es auch nicht mögen, wenn 90% aller Radioprogramme mit Bayrischer Blasmusik abgedeckt wären. Aber wenn es nur ein paar Prozent mehr oder weniger sind als real vorhanden, kann man das nicht tolerieren? Geht es wirklich nur um die exakte Verhältnismäßigkeit, oder steckt so etwas wie eine größere "Befürchtung" dahinter?
Das ist eine gute Antwort. Gut, weil hart antipauschal. Dann lasse ich das Geistige weg für meinen Schlichtungsvorschlag und werde da nur körperliche Merkmale erwähnen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 29. Jul 2023, 06:56Sie können zwar Unterschiede zeigen, die statistisch signifikant sind (woher sie kommen, weiß man damit natürlich noch nicht). Aber das Hauptproblem solcher Statistiken ist: Man hat nichts davon, wenn man eine konkrete Person trifft, die individuellen Unterschiede sind in der Regel viel zu groß.