Kulturelle Aneignung

Dieser Teil des Forums befaßt sich mit politischen, sozialen und historischen Aspekten der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten.
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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 01:37

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:29
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:25
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:06

Du kannst gerne glauben , dass man das alles durch "Reden" ändern kann. Ich glaube das nicht. Nicht bei diesen Leuten. Die werden eher noch verlangen, dass wir uns ändern.
Ich glaube nicht, daß man Islamisten durch Reden bzw. Verhandlungen "ändern" kann. Ich sehe allerdings die Verantwortung der Bundesregierung, alles Menschenmögliche zu tun, um den afghanischen Ortskräften, die jetzt noch in Afghanistan sind, eventuell auch nach dem 31. August zur Ausreise aus Afghanistan zu verhelfen. Dazu lassen sich Gespräche/Verhandlungen mit den jetzigen Machthabern in Kabul nicht vermeiden. Um dieser Menschen willen muß Markus Potzel jetzt mit den Taliban verhandeln. Er muß mit ihnen nicht über einen Friseurbesuch verhandeln.
Wenn das Dein einziges Ziel ist.
Aber auch das - diese kleine Sache - ist ja schon fraglich. Und dann soll ich glauben, dass da nun Frieden einkehrt, weil Einige meinen es sei Zeit mal miteinander zu reden?
Vergiss es.
Ja, diese "kleine Sache", die für viele ehemalige Ortskräfte in Afghanistan eine große Sache ist, an der unter Umständen ihr Leben hängt, ist in diesem Moment das vordringlichste Ziel der Verhandlungen in Doha.

Ob diese Verhandlungen erfolgreich sein werden, weiß zur Stunde niemand. Daß sie - im Interesse der verbliebenen Ortskräfte - geführt werden müssen, daran zweifle ich nicht.




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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 01:40

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:36
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:31
Es war ein Abkommen über ein Atomprogramm und nicht ein Abkommen über den iranischen Import von Demokratie und Menschenrechten. Deshalb hat es funktioniert. Ausgestiegen ist auch nicht der Iran, sondern die USA.
Ach, na das ist ja super. Das können wir ja mit den Taliban dann auch so machen.
Gut, sie vertreiben Andersgläubige, unterdrücken Frauen und töten ihre Männer.
Aber wenigstens haben sie keine Atomwaffen.
Da können wir uns ja auf die Schulter klopfen und entspannt zurücklehnen.
Das Atomabkommen mit dem Iran war für die Europäer in der Tat ein großer diplomatischer Erfolg. Es war das Ergebnis von 12 Jahren Verhandlung.




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NaWennDuMeinst
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Sa 28. Aug 2021, 01:45

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:37
Ja, diese "kleine Sache", die für viele ehemalige Ortskräfte in Afghanistan eine große Sache ist, an der unter Umständen ihr Leben hängt, ist in diesem Moment das vordringlichste Ziel der Verhandlungen in Doha.
Und was ist mit dem Rest? Die überlassen wir dann ihrem Schicksal, retten die Ortskräfte dann stellvertretend, oder wie stellst Du dir das vor?
Ob diese Verhandlungen erfolgreich sein werden, weiß zur Stunde niemand. Daß sie - im Interesse der verbliebenen Ortskräfte - geführt werden müssen, daran zweifle ich nicht.
Ja.
Irgendwann ist dieses Thema erledigt. Und dann?
Dann müssen wir uns doch wohl den langfristigen Problemen widmen, oder etwa nicht? Die sind doch nicht verschwunden.
Und von diesen Problemen rede ich. Ich rede davon, dass diese Leute Andersgläubige verfolgen und töten.
Wie soll denn da die Losung in Zukunft lauten?
"Ja nun, wir haben ja die Ortskräfte befreit. Das ist doch schon mal was".
Oder wie soll das dann aussehen?



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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NaWennDuMeinst
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Sa 28. Aug 2021, 01:46

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:40
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:36
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:31
Es war ein Abkommen über ein Atomprogramm und nicht ein Abkommen über den iranischen Import von Demokratie und Menschenrechten. Deshalb hat es funktioniert. Ausgestiegen ist auch nicht der Iran, sondern die USA.
Ach, na das ist ja super. Das können wir ja mit den Taliban dann auch so machen.
Gut, sie vertreiben Andersgläubige, unterdrücken Frauen und töten ihre Männer.
Aber wenigstens haben sie keine Atomwaffen.
Da können wir uns ja auf die Schulter klopfen und entspannt zurücklehnen.
Das Atomabkommen mit dem Iran war für die Europäer in der Tat ein großer diplomatischer Erfolg. Es war das Ergebnis von 12 Jahren Verhandlung.
Und in wie fern hat das auch nur eine Gräueltat von der ich hier die ganze Zeit rede verhindert?

Was ist das für eine Argumentation, Nauplios?
"Ähm, die betreiben da unten Massenmord"
"Ja, ich weiß. Machen wir doch ein Atomabkommen".
"Hä? Aber das verhindert doch nicht, dass sie Menschen abschlachten".
"Nein, aber wenn es klappt ist das ein großer diplomatischer Erfolg"
"Toll."
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 28. Aug 2021, 02:00, insgesamt 2-mal geändert.



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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 01:49

Es ist eine seltsame Vorstellung: Die Bundesregierung reitet mit ihrem Afghanistan-Desaster die Sache in die Grütze, Ortskräfte bangen um ihr Leben und dem armen Diplomaten, der jetzt in Doha um deren Ausreise verhandelt, ruft man zu: "Mach dir bloß nicht die Finger an den Massenmördern schmutzig; tauch' bloß nicht in die Grütze, die wir angerichtet haben!" ;)

Ich denke, Verhandlungen um die Ausreise dieser Menschen mit den Taliban sind richtig. Das ist ausnahmsweise mal tatsächlich "alternativlos".




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Sa 28. Aug 2021, 01:54

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:49
Es ist eine seltsame Vorstellung: Die Bundesregierung reitet mit ihrem Afghanistan-Desaster die Sache in die Grütze, Ortskräfte bangen um ihr Leben und dem armen Diplomaten, der jetzt in Doha um deren Ausreise verhandelt, ruft man zu: "Mach dir bloß nicht die Finger an den Massenmördern schmutzig; tauch' bloß nicht in die Grütze, die wir angerichtet haben!" ;)

Ich denke, Verhandlungen um die Ausreise dieser Menschen mit den Taliban sind richtig. Das ist ausnahmsweise mal tatsächlich "alternativlos".
Ich sage doch gar nicht, dass man sich um diese Menschen nicht bemühen soll/muss.
Ich sage nur, dass dieses akute Problem ja nicht das ist worum es eigentlich geht und das ist ja auch nicht der eigentliche Grund, warum es die Einsätze überhaupt gab, die "die Regierung in die Grütze geritten hat".
Ortskräfte zu retten ändert an den Grundproblemen nichts. Die sind anschliessend immer noch da. Und wie Du DIESE Grundprobleme lösen willst, das will ich wissen.
Deine Antwort: Durch Verhandlung.
Meine Einschätzung : Da wirst Du scheitern.
Das ist hier meine Aussage. Diese Leute werden mit der Vertreibung und dem Morden nicht aufhören, nur weil Du sie darum bittest. Sie werden überhaupt nicht damit aufhören, weil das ihr ideologisches Programm ist. Alles Andersgläubige, Abweichende muss weg. Und dass sie nun ein ganzes Land unter ihrer Kontrolle haben wird nur dazu führen, dass sie dieses Programm fortsetzen.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 28. Aug 2021, 02:26, insgesamt 2-mal geändert.



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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 02:03

Ein Abkommen über ein Nuklearprogramm ist - ein Abkommen über ein Nuklearprogramm. Sonst nichts. Das haben die Mullahs nie anders gesehen. Und das haben die Europäer nie anders gesehen.

Aber ich will der Frage nach den Menschenrechten und der Demokratie, die Du zur Sprache bringst, NaWennDuMeinst, nicht ausweichen. Wir (Deutschland, die EU, der Westen) können das Unrecht dieser Welt nicht beseitigen. Wir können das in China nicht, wo über eine Million Uiguren in Umerziehungslagern verschleppt worden sind. Wir können es im Iran nicht, wo es schlimmste Menschenrechtsverletzungen gibt, wir können es in Saudi-Arabien nicht ... und wir können es jetzt nicht mehr in Afghanistan. Ein militärischer Konflikt mit der Atommacht China, mit Russland, mit Nordkorea ... ?????




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Sa 28. Aug 2021, 02:12

Ja, es ist schon so wie Du schreibst: die "Grundprobleme" bleiben. Und sie lassen sich nicht lösen. Allenfalls lassen sich Teilerfolge erzielen, vielleicht minimale. Auf dem Verhandlungsweg. Demgegenüber skeptisch zu sein, ist realistisch. Dennoch darf man es versuchen.

Das alles ist ernüchternd. Ja, aber die Militäreinsätze der Vergangenheit (Irak, Libyen, Afghanistan) haben in puncto Menschenrechte und Demokratie nichts besser gemacht.

Es ist Zeit, zu erwachen.




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Sa 28. Aug 2021, 02:13

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:03
Ein Abkommen über ein Nuklearprogramm ist - ein Abkommen über ein Nuklearprogramm. Sonst nichts. Das haben die Mullahs nie anders gesehen. Und das haben die Europäer nie anders gesehen.

Aber ich will der Frage nach den Menschenrechten und der Demokratie, die Du zur Sprache bringst, NaWennDuMeinst, nicht ausweichen. Wir (Deutschland, die EU, der Westen) können das Unrecht dieser Welt nicht beseitigen. Wir können das in China nicht, wo über eine Million Uiguren in Umerziehungslagern verschleppt worden sind. Wir können es im Iran nicht, wo es schlimmste Menschenrechtsverletzungen gibt, wir können es in Saudi-Arabien nicht ... und wir können es jetzt nicht mehr in Afghanistan. Ein militärischer Konflikt mit der Atommacht China, mit Russland, mit Nordkorea ... ?????
Aha. Weil es also zu gefährlich wäre in China oder Russland einzugreifen, kann man auch da nicht mehr eingreifen wo es möglich wäre?

Tja, dann ist das für mich letztlich einfach Kapitulation vor dem Elend der Welt. Es geht einfach nicht.
Stattdesssen betreiben wir so eine Art Übersprungsdiplomatie: Atomabkommen für das persönliche Erfolgserlebnis, damit man wenigstens irgendwas vorweisen kann.
Na denn. Es lebe die neue politische Ausrichtung.
Ich geh schlafen.



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Sa 28. Aug 2021, 02:32

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:54

Und wie Du DIESE Grundprobleme lösen willst, das will ich wissen.
Deine Antwort: Durch Verhandlung.
Durch Verhandlungen nicht. -

Wir müssen uns die Frage stellen - und die Frage wird längst gestellt - ob der Westen wie selbstverständlich davon ausgehen kann, daß sein Modell des säkularen, demokratischen Staates überall auf der Welt als das beste aller Modelle angesehen wird. In dem Zusammenhang sei nur mal an die Debatte über die Erdogan-Anhänger beim Staatsbesuch Erdogans in Deutschland erinnert. Wir konnten uns nicht vorstellen, daß dieser Mann hier in Deutschland Zuspruch erfuhr. Doch viele jubelten ihm zu. Sie empfanden IHN als "ihren" Staatspräsidenten. Und Steinmeier und Laschet waren ihnen egal.

Demokratie, Rechtsstaat, Gewaltenteilung ... Schauen wir nach Polen, nach Ungarn ... Da halten die Regierungen recht wenig von unabhängiger Justiz und freier Presse. Sie werden wiedergewählt. Weil sie den Leuten Wohlstand versprechen und daß keine "Muslime" kommen. Da gibt es auch Menschen, die protestieren. Und dennoch werden Orban und Co gewählt.




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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 02:42

"Eingreifen" -

Jetzt muß ich doch mal an viele, lange und intensive Diskussionen über das Moralische in den letzten Jahren erinnern, NaWennDuMeinst. Du warst derjenige, der darauf bestanden hat, daß es keine objektiv gültige Moral gibt. Noch vor zwei Monaten sprachst Du von "Fehlern im System 'objektive Moral'".

"Und unter diesen Umständen zu behaupten, es gäbe eine objektive für alle Menschen wahre Moral finde ich weiterhin lächerlich und absurd." (NaWennDuMeinst am 16. Juli)

Und jetzt möchtest Du "eingreifen" ?




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Sa 28. Aug 2021, 02:46

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:32
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 01:54

Und wie Du DIESE Grundprobleme lösen willst, das will ich wissen.
Deine Antwort: Durch Verhandlung.
Durch Verhandlungen nicht. -

Wir müssen uns die Frage stellen - und die Frage wird längst gestellt - ob der Westen wie selbstverständlich davon ausgehen kann, daß sein Modell des säkularen, demokratischen Staates überall auf der Welt als das beste aller Modelle angesehen wird.
Kein Mensch stellt sich diese Frage. Das wissen wir längst, dass das nicht so ist.
Für mich ist eher die Frage wie wir damit umgehen, dass Menschen (oder ganze Völker) systematisch ermordet oder vertrieben werden.
Wir können uns nicht gut mit Leuten stellen die sich so verhalten. Damit verraten wir uns ja selber.
Demokratie, Rechtsstaat, Gewaltenteilung ... Schauen wir nach Polen, nach Ungarn ... Da halten die Regierungen recht wenig von unabhängiger Justiz und freier Presse. Sie werden wiedergewählt. Weil sie den Leuten Wohlstand versprechen und daß keine "Muslime" kommen. Da gibt es auch Menschen, die protestieren. Und dennoch werden Orban und Co gewählt.
Na wenigstens werden sie gewählt.
Aber gerade bei den EU-Staaten im Osten finde ich ist die EU viel zu weich. Ich frage mich was solche Staaten überhaupt in der EU verloren haben.
Und man wird die einfach nicht mehr los. Wie kann das denn sein, dass die ein ums andere Mal die Regeln brechen und wir schauen nur zu.
Ich weiß ja, dass das alles komplexer ist, aber wieso ist es eigentlich so komplex? Ich hätte die längst rausgeschmissen aus der EU. Solen die doch woanders Gelder abgreifen.

Noch was zu dem Atomabkommen. Es ist natürlich nicht richtig, dieses Abkommen kleinzureden, und das will ich auch nicht.
Auch ein solches Abkommen trägt zum Frieden bei und ist deshalb wichtig. Es ist einfach eine Schande, das ein einzelner, verwirrter Mann ein über Jahre mühsam erarbeitetes Abkommen mit einem Handstreich aufkündigen kann.
Also: Mir ist die Bedeutung solcher Abkommen sehr wohl bewusst, aber mir ging es ja jetzt aber um ein anderes Problem. Und zu dem trägt ein solches Abkommen nichts bei.
Die Sexsklavinnen überall auf der Welt haben davon nichts.

Und nun bin ich aber weg. Gute Nacht.



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Sa 28. Aug 2021, 02:55

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:13
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:03
Ein Abkommen über ein Nuklearprogramm ist - ein Abkommen über ein Nuklearprogramm. Sonst nichts. Das haben die Mullahs nie anders gesehen. Und das haben die Europäer nie anders gesehen.

Aber ich will der Frage nach den Menschenrechten und der Demokratie, die Du zur Sprache bringst, NaWennDuMeinst, nicht ausweichen. Wir (Deutschland, die EU, der Westen) können das Unrecht dieser Welt nicht beseitigen. Wir können das in China nicht, wo über eine Million Uiguren in Umerziehungslagern verschleppt worden sind. Wir können es im Iran nicht, wo es schlimmste Menschenrechtsverletzungen gibt, wir können es in Saudi-Arabien nicht ... und wir können es jetzt nicht mehr in Afghanistan. Ein militärischer Konflikt mit der Atommacht China, mit Russland, mit Nordkorea ... ?????
Aha. Weil es also zu gefährlich wäre in China oder Russland einzugreifen, kann man auch da nicht mehr eingreifen wo es möglich wäre?

Tja, dann ist das für mich letztlich einfach Kapitulation vor dem Elend der Welt. Es geht einfach nicht.
Stattdesssen betreiben wir so eine Art Übersprungsdiplomatie: Atomabkommen für das persönliche Erfolgserlebnis, damit man wenigstens irgendwas vorweisen kann.
Na denn. Es lebe die neue politische Ausrichtung.
Ich geh schlafen.
Das Atomabkommen mit dem Iran war u.a. auch im Interesse Israels (auch wenn dort Skepsis geblieben ist). Wenn man so will, war es das Ergebnis beidseitiger Interessen, der westlichen ebenso wie der iranischen Seite. Sonst wäre es nicht zustande gekommen.

Die Welt retten - kann nie Programm der Außenpolitik sein. Die Vorstellung, aus dem Osten einen Westen zu machen, ist nicht nur geografisch fragwürdig. ;-)

Ich geh' mit Murphy noch mal eine Runde durch die Nacht. Ebenfalls Gute Nacht.




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Sa 28. Aug 2021, 03:01

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:42
"Eingreifen" -

Jetzt muß ich doch mal an viele, lange und intensive Diskussionen über das Moralische in den letzten Jahren erinnern, NaWennDuMeinst. Du warst derjenige, der darauf bestanden hat, daß es keine objektiv gültige Moral gibt. Noch vor zwei Monaten sprachst Du von "Fehlern im System 'objektive Moral'".

"Und unter diesen Umständen zu behaupten, es gäbe eine objektive für alle Menschen wahre Moral finde ich weiterhin lächerlich und absurd." (NaWennDuMeinst am 16. Juli)

Und jetzt möchtest Du "eingreifen" ?
Natürlich. Weil MEINE Moral es mir verbietet einfach "nichts zu tun".



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Sa 28. Aug 2021, 09:10

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 03:01
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:42
"Eingreifen" -

Jetzt muß ich doch mal an viele, lange und intensive Diskussionen über das Moralische in den letzten Jahren erinnern, NaWennDuMeinst. Du warst derjenige, der darauf bestanden hat, daß es keine objektiv gültige Moral gibt. Noch vor zwei Monaten sprachst Du von "Fehlern im System 'objektive Moral'".

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Und jetzt möchtest Du "eingreifen" ?
Natürlich. Weil MEINE Moral es mir verbietet einfach "nichts zu tun".
Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Es ist nur so, daß das Resultat des Afghanistan-Desasters, welches unter der jetzigen Bundesregierung angerichtet worden ist, u.a. dieses ist: nichts mehr tun zu können. (abgesehen von den minimalen Spielräumen, die Potzel in Doha jetzt noch hat und die die Spielräume eines Bittstellers sind)




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Sa 28. Aug 2021, 09:57

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 09:10
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 03:01
Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:42
"Eingreifen" -

Jetzt muß ich doch mal an viele, lange und intensive Diskussionen über das Moralische in den letzten Jahren erinnern, NaWennDuMeinst. Du warst derjenige, der darauf bestanden hat, daß es keine objektiv gültige Moral gibt. Noch vor zwei Monaten sprachst Du von "Fehlern im System 'objektive Moral'".

"Und unter diesen Umständen zu behaupten, es gäbe eine objektive für alle Menschen wahre Moral finde ich weiterhin lächerlich und absurd." (NaWennDuMeinst am 16. Juli)

Und jetzt möchtest Du "eingreifen" ?
Natürlich. Weil MEINE Moral es mir verbietet einfach "nichts zu tun".
Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Es ist nur so, daß das Resultat des Afghanistan-Desasters, welches unter der jetzigen Bundesregierung angerichtet worden ist, u.a. dieses ist: nichts mehr tun zu können. (abgesehen von den minimalen Spielräumen, die Potzel in Doha jetzt noch hat und die die Spielräume eines Bittstellers sind)
Ich sehe das ein bißchen anders. Schuld an dem Elend sind in erster Linie die Menschen die dieses Elend anrichten.
Wir sind nicht nach Afghanistan gegangen weil es keinen Grund dafür gab.



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Sa 28. Aug 2021, 10:00

Nauplios hat geschrieben :
Sa 28. Aug 2021, 02:55
Die Welt retten - kann nie Programm der Außenpolitik sein.
Warum nicht? Irgendwer muss es doch machen.

Die Vorstellung, aus dem Osten einen Westen zu machen, ist nicht nur geografisch fragwürdig. ;-)
Es geht nicht darum anderen Kulturen ihre Identität zu nehmen.
Es geht darum, dass systematischer Völkermord keine "Kultur" ist.



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Nauplios
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Sa 28. Aug 2021, 11:22

Ich sehe das Problem nicht darin, daß der Westen Kultur und Völkermord verwechselt. Biden betreibt Außenpolitik als Innenpolitik mit außenpolitischen Mitteln. Ein Großteil der Amerikaner war für das Ende des amerikanischen Afghanistan-Einsatzes. Es war "an der Zeit" (Biden) aus Afghanistan abzuziehen. Außenpolitisch war es nicht "an der Zeit"; außenpolitisch war der überstürzte Abzug ein schwerer Fehler. - Die Anschläge des IS am Flughafen in Kabul: es war an der Zeit, schnellstmöglich "Vergeltung" zu üben, denn Amerika ist eine gedemütigte Nation. Außenpolitisch völlig ohne Belang, soll der "Vergeltungsschlag" nach innen Stärke demonstrieren.

In Deutschland wollten die Regierungsparteien keine Flüchtlingsdebatte vor der Bundestagswahl. Aus diesem innenpolitischen Grund hat man außenpolitisch die fatale Entscheidung getroffen, die afghanischen Ortskräfte erst mal nicht nach Deutschland zu holen, obwohl man Zeit genug dafür gehabt hätte. Was Krieg war, wollte man jahrelang nicht Krieg nennen, weil man der deutschen Öffentlichkeit schlecht "Krieg" verkaufen kann. -

Was jetzt folgen wird ist die Desillusionierung der Außenpolitik von moralischer Hybris. Profiteure des Desasters werden China, vielleicht Russland sein. Im Wettbewerb der Systeme hat sich der Westen mit dem Debakel in Afghanistan selbst aus dem Spiel genommen. Hofft nicht auf den Westen, denn auf ihn ist kein Verlaß. Das ist die Botschaft, die China jetzt an Taiwan richtet. Diese Botschaft geht um die Welt. In Afghanistan hat der Westen seine Werte verraten. Wenn es "an der Zeit" ist, überläßt er diejenigen, für die er Verantwortung übernommen hat, ihrem Schicksal. -

Wie hat die Kanzlerin gesagt: "Wir müssen unsere Ziele künftig kleiner setzen." - Die Welt retten ist das Gegenteil davon.




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Alethos
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Sa 28. Aug 2021, 11:38

Wir müssen die Welt vielleicht auch im Kleinen retten, wenn wir im Grossen und Ganzen scheitern.

In Afghanistan sind wir nicht „als Westen“ gescheitert, denn nirgends aktueller wird deutlich, dass „westliche Werte“ keinen Deut besser sind als „fernöstliche“. Wir sind gescheitert nicht als Wertegemeinschaft, sondern als Halbherzige in unserem Tun:
„Krieg führen ja, aber nur unter Einsatz möglichst weniger Truppen.“ „Freiheit für die Afghanen ja, aber bitte nicht bei uns.“ „Unrecht bekämpfen ja, aber nicht bei den Korrupten, die uns nützen.“ Das ist das widerwärtige Versagen des Westens: Dass es keine Werte hat, die es für wertvoll genug erachten würde, politischen Willen bis zur letzten Konsequenz zu entwickeln.

Und das geht bei allem so: „Russland sanktionieren und hofieren.“ „Migranten retten, aber nur die gut qualifizierten.“ „China zum Systemfeind erklären, aber für systemrelevant zugleich halten für das kapitalistische Funktionieren.“

Der Westen ist gar kein Westen, was man am wildesten Westen - der zersplitterten USA - am besten sieht. Das ist die Tragödie, dass dieses demokratische Projekt scheitert: im Kleinen, immer wieder.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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Sa 28. Aug 2021, 11:49

Bei der Figur, die wir als „Wetsten“ in Afghanisten, beim Krim-Konflikt, in Syrien, im Irak, in der Palästina-Frage abgeben, ist es wohl als Glücksfall zu begreifen, dass nicht wir es sind, die längst annektiert worden sind von Stärkeren, die es wenigstens gut meinen, wenn sie konsequent Unrecht tun.

Es ist den vielen Afghaninnen und Afghanen nicht zu verübeln, dass sie froh sind über die talibanische Machtergreifung: Sie sind wenigstens verlässlich. Und so auch China: Es mag uns als Unrechtstaat erscheinen, aber wenigstens ist es konsequent in seinem
Unrechtsein und daher gleich ungerecht zur Mehrheit. Wir sind nur gerecht, wenn es uns nützt. Darum sind wir nur Scheingerechte, partikulargerecht, und darin sogar schlecht!



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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