"Morgen früh, wenn Gott will, ...

In desem Forum kann die Philosophie des deutschen Philosophen Hans Blumenberg diskutiert werden.
Timberlake
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Mo 8. Apr 2024, 15:48

Nauplios hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 20:16
... wirst du wieder geweckt."

Ich singe den Text immer etwas ungewandelt,
weil ich es auch makaber finde.
Singe stattdessen einfach "w a n n Gott will"

(Ein BabyCenter Mitglied)
https://www.babycenter.de/p25267/guten-abend-gute-nacht

Daß hier das Ungewandelte ursprünglich umgewandelt werden sollte, liegt auf der Hand, doch selbst als Umgewandeltes bliebe es ungewandelt, sofern der göttliche Weckdienst sich im Wann Zeit lassen könnte, viel Zeit, ist doch nach dem Wort des Petrus ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre. Da kann "morgen früh" lange dauern. "Gott kommt nicht zu spät", tröstet das Bibelcenter die Befürchtungen des Babycenters. (http://www.bibelcenter.de/bibel/studien ... std115.php)

Singe stattdessen einfach w a n n die Vernunft es will ...
  • Jede Zeit hat ihre Mythen

    Die Antwort, die Hans Blumenberg auf diese Frage gegeben hat, erschien 1979 unter dem Titel „Arbeit am Mythos“. Schon der Titel sollte deutlich machen, dass Mythen nicht einfach entstehen und unveränderbar sind, sondern gemacht werden und vor allem bearbeitet werden können. Damit aus den Metaphern und Geschichten, auf denen unsere Weltsicht im Kern beruht, nicht erstarrte Dogmen werden, müssen sie ständig umgeschrieben und weitererzählt werden. Nur so lässt sich verhindern, dass Neues und Fremdes nicht einfach nur abgewehrt wird, weil es sich in die überlieferten Mythen nicht mehr integrieren lässt. Umgekehrt heißt das aber auch, dass jede Zeit ihre Mythen hat und auf diese Mythen angewiesen bleibt. Ansonsten wäre es unmöglich, sich zu orientieren und die individuellen sowie kollektiven Herausforderungen des Lebens zu meistern.

    Damit erteilte Blumenberg insbesondere solchen Positionen eine deutliche Absage, die davon ausgehen, dass die Geschichte vom Mythos zum Logos voranschreitet. Denn immer noch ist die Ansicht weit verbreitet, dass frühere Kulturen durch Kinderfantasien und Aberglaube geprägt waren, während im Gegensatz dazu die Heutigen als vernünftig und erwachsen erscheinen. Eine solche Sichtweise, die vor allem die Aufklärung des 18. Jahrhunderts sehr erfolgreich etabliert hat, verstellt aber den Blick auf die eigene Gegenwart und deren mythische Grundlagen. Da jede Zeit ihre Metaphern und Geschichten hat, die sich niemals vollständig rationalisieren lassen, macht man sich blind für das eigene Tun, wenn man sich im Unterschied zu den Anderen allein auf der Seite der Vernunft sieht. Denn auch die Leidenschaft der Vernunft wird von mythischen Energien getragen, die ihr selbst nicht zugänglich sind, und ist zu Handlungen fähig, die späteren Zeiten nur noch als wenig vernünftig erscheinen. Das 20. Jahrhundert ist nicht nur voll von Grausamkeiten, die sich irrationalen Bewegungen verdanken, sondern liefert auch eine große Zahl an Beispielen, wie die Vernunft zum Auftraggeber von Exekutionen und Auslöschungen werden kann.


Daß hier das Ungewandelte ursprünglich umgewandelt werden sollte, liegt auch hier auf der Hand. Nur das im Unterschied zu Gott , alles Umgewandelte , ungewandelt bliebe , sofern die Vernunft als Weckdienst dabei völlig außen vor bleibt. Da kann "morgen früh" allerdings auch sehr lange dauern. " Die Vernunft kommt nicht zu spät", tröstet doch gleich wer ?
  • Jede Zeit hat ihre Mythen
    Aus der Sicht von Blumenberg hat jede religiöse oder mythische Weltsicht die Aufgabe, die Kontingenz unbeherrschbarer Gefahren des Lebens zu bewältigen. Hier steht Blumenberg ganz in der Tradition von Friedrich Nietzsche, der ebenfalls nicht daran geglaubt hat, dass sich unsere Lebenswelt vollständig rationalisieren lässt. Die menschliche Welt wird immer auf Metaphern und Geschichten angewiesen sein, um mit den Zumutungen des Lebens fertig zu werden, mit denen man eigentlich nicht fertig werden kann.
.. wer käme denn dafür , vor dem Hintergrund , dass sich unsere Lebenswelt nicht vollständig rationalisieren lässt, in Frage ? Etwa doch Nietzsche ? Gehe ich doch einmal davon aus , dass sich "unsere" Lebenswelt, von der des Übermenschen .. nach Nietzsche! .. eben darin unterscheidet. Die lässt sich vollständig rationalisieren. Ich meine es wäre ja geradezu grotesk , wenn es anders wäre . Wenn schlussendlich auch die "übermenschliche Welt" auf Metaphern und Geschichten angewiesen ist , um mit den Zumutungen des Lebens fertig zu werden, mit denen man eigentlich nicht fertig werden kann.




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