

Eine kleine Nuance: der Monolog (monologos) ist wie das Soliloquium ein Mit-sich-selbst-Reden, wobei der Monolog als Metapher zwar immer noch bedeutet: einer spricht, aber es gibt noch (mindestens) einen Zweiten (der spricht nicht). Der Monolog ist so gesehen eine Einzel-Rede, aber eine mit Zuhörer. Der berühmte Faust-Monolog hat im Theater sogar sehr viele Zuhörer. Der Monolog der Molly Bloom im Ulysses ist als innerer schon wieder eher ein Soliloquium. Für das Soliloquium typisch ist das Auseinandertreten des Selbst in zwei Instanzen, die dann ein Gespräch miteinander führen, eben ein Selbst-Gespräch in dem Sinne, daß ein Selbst mit sich selbst spricht. Das Monologisieren wird eher demjenigen angelastet, der zwar auch mit sich selbst spricht, aber weniger zu sich, weil die zuhörende Instanz oft noch jemand anderes ist.Friederike hat geschrieben : ↑Mo 13. Jul 2020, 15:18"Soliloquium" - tatsächlich, es ist keine Neuschöpfung = "Monolog" -
ich merk' gerade, das ist ebenfalls ein Fremd-Wort.
Ich dachte der Titel "Mythos zum Logos" sei zu kritisieren? Vereinfacht, weil beide ganz unterschiedliche Gegenstandbereiche haben, dem Mythos geht es dabei eher um existenzielle Fragen ...Alethos hat geschrieben : ↑Di 14. Jul 2020, 21:33Dann fangen wir an, aber nicht bei Descartes, sondern beim Mythos.
Als die Welt noch keine deutlichen Begriffe hatte, als wir es nicht vermochten, die Wirklichkeit in ihrer Differenziertheit deutlich zu machen, haben wir sie uns mit Mythen erklärt. Götter standen für Affektionen, Triebe, die göttliche Ordnung bot ein Gefüge, in das sich die Menschen sinnhaft verorten konnten. Die Welt war zu dieser Zeit im Grunde nur durch die Optik eines grossen kosmischen Schauspiels, also vor der Folie von Bildnissen und Gleichnissen, denk- und erklärbar. Das Welträtsel war nicht minder ein Bilderrätsel, das eidos stand vor dem einai resp. hatte das Seiende eine ausgeprägt eidetische Dimension. Das Seiende war repräsentiert nicht durch Begriffe, sondern durch die Dramaturgie der die Wirklichkeit darstellenden Figuren, Bilder, Vorstellungen.
Von den klaren Begriffen, wie sie sich Descartes als distinkte und klare vorstellte, waren wir noch weit weg und doch war mit den Eleaten der Weg vom Mythos zum Logos vorgezeichnet, denn sie warfen die Frage nach dem Sein und dem Nichts auf. Das Nichts vom Sein zu unterscheiden, das müssen wir als erste Bilderkritik deuten, als erste Regung hin zu einer Hinterfragung der Bilder auf ihre Scheinhaftigkeit. Die Eleaten befragten die Natur, das Wesen des Seins und des Nichts, und versuchten damit, die Ontologie vor den Schein zu stellen, der durch die Bilder und Gleichnisse immer schon durchschien.
Am Anfang der Philosophie, wie wir sie kennen, standen demnach Bilder und keine Begriffe. Erst durch die Naturbefragung bildeten wir Begriffe aus, mit denen wir die Welt, wie sie ist, zu begreifen versuchten. Diese Begriffe, die wir entwickelten, entstanden also im Dunstkreis unseres Unvermögens zur reinen Begrifflichkeit resp. unseres Vermögens, das Unsagbare irgendwie, wenn auch in übertragenem Sinn, zu sagen.
Erst vor diesem historischen Hintergrund können wir die Begriffsgeschichte deuten als den Versuch, den Schleier der Wahrheit zu lüften, was so viel bedeuten muss, wie die Begriffe von ihrem Schein zu befreien. Klare und distinkte Begriffe sind nun eben keine scheinenden Begriffe.
Und die Metaphorologie sagt im Grunde, zugespitzt formuliert, dass die Begriffe ihren Schein gar nie verloren haben. Dass die in ihnen festgelegten Definitionen, die fines, ihre Bedeutungsgrenzen keine klaren und distinkten sind, sondern dass auf dem Grund unseres begrifflich strukturierten Weltverständnisses immer noch ein unbegriffliches Moment wirksam ist.
Meine Erwartung, die mir allerdings erst gestern angesichts Deiner Antworten recht deutlich wurde, war die, daß es mit dem Goldstein-Zitat (N. zitiert G. und G. zitiert B.) jetzt "weiter im Text" ginge. In Richtung der von Blumenberg vorgenommenen anthropologischen Wende und seinem Rückgriff auf paläo-anthropologische Beobachtungen. Vor diesem Hintergrund hatte ich die 2 Aussagen von Blumenberg gelesen und deswegen gedacht, daß nun ganz neue und andere Aspekte der Unbegrifflichkeit ins Spiel kommen. Nicht mehr Metapher und Anekdote, sondern ... ich räume ein, der Mythos war mir entwischt. Der Mythos als eine grundlegende Form des Unbegrifflichen, auf ihn hätte ich kommen können.
Ich nehme das mal als Anregung zu einem Verzug meinerseits, gleichsam wie Speleomantes supramontis in die Feuchtgebiete des Unterirdischen und Dämmerigen, wo Nachtschattengewächse die Blumenberg' sche Sichtbarkeit durch Verwundbarkeit auf ein Maß herabdimmen, das den Erhaltungszustand meiner Gattung weniger gefährdet.Friederike hat geschrieben : ↑Sa 18. Jul 2020, 10:33
Ich verziehe mich aus "Aspekte der Unbegrifflichkeit" besser hierher ...