Luhmann Plauderei/Offtopic/etc.
Jagut, es gibt allerlei Blockaden: Mauern, Türen, Folien. Mir fällt der Begriff "geschlossen" eigentlich nur dann auf, wenn er sich auf nichts bezieht, woraus ich dann schließe, dass er absolut gemeint ist. Und das Absolute sehe ich nicht. Wenn es relativ gemeint ist, sollte man die Relation dazu nennen, denke ich. Dann lösen sich auch die paradoxen Sätze auf ("geschlossen als auch offen"). Die Haut blockiert Krümel, lässt aber Sauerstoff durch. Damit werden die Sätze kristallklar. Muss die Abstraktion unbedingt mehrdeutig sein? Abstraktion kann auch eindeutig sein -- ohne ihre Abstraktion aufzugeben, wenn sie denn überhaupt nötig ist.
Ja meine Vorstellung habe ich mittlerweile verfeinert, aber es war auch nicht alles falsch :Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 13:58Das Ziel meiner Argumentation war zu zeigen, dass Systeme nicht geschlossen sind, wie es manche Formulierungen nahe gelegt haben.
Wenn man das nicht so aufwendig formulieren will, ist dies trivial, denn es leuchtet wahrscheinlich unmittelbar ein, dass ein System nicht in seiner Umwelt operieren kann, dass die Operation also immer innerhalb eines Systems ablaufen. Würden die Systemoperationen in der Umwelt ablaufen, würde dies die Unterscheidung zwischen System und Umwelt sabotieren." (Einführung in die Systemtheorie (S.93))
Man muss halt wohl diese kausale vs. operative Abgeschlossenheit präzise auseinanderhalten.
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Um solche Klärungen ging es ja. Hier noch mal die Formulierung von Margot Berghaus weiter oben: Systeme sind gleichzeitig (umwelt-)offen und (operativ-) geschlossen.Quk hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 15:38Jagut, es gibt allerlei Blockaden: Mauern, Türen, Folien. Mir fällt der Begriff "geschlossen" eigentlich nur dann auf, wenn er sich auf nichts bezieht, woraus ich dann schließe, dass er absolut gemeint ist. Und das Absolute sehe ich nicht. Wenn es relativ gemeint ist, sollte man die Relation dazu nennen, denke ich. Dann lösen sich auch die paradoxen Sätze auf ("geschlossen als auch offen"). Die Haut blockiert Krümel, lässt aber Sauerstoff durch. Damit werden die Sätze kristallklar. Muss die Abstraktion unbedingt mehrdeutig sein? Abstraktion kann auch eindeutig sein -- ohne ihre Abstraktion aufzugeben, wenn sie denn überhaupt nötig ist.
Eine Paradoxie liegt allerdings streng genommen in der Formel "geschlossen als auch offen" gar nicht vor. Wie gesagt: streng genommen. Auch Luhmann selbst verwendet wohl diese Formel. Es liegt darin eigentlich aber ein Widerspruch, keine Paradoxie. Ein Widerspruch kann nicht entfaltet werden, eine Paradoxie schon. Widersprüche können nicht invisibilisiert werden. Paradoxien hingegen schon, zum Beispiel indem man Zeit einbaut oder Meta-Ebenen oder weitere Beobachter einführt.Quk hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 15:38
Mir fällt der Begriff "geschlossen" eigentlich nur dann auf, wenn er sich auf nichts bezieht, woraus ich dann schließe, dass er absolut gemeint ist. Und das Absolute sehe ich nicht. Wenn es relativ gemeint ist, sollte man die Relation dazu nennen, denke ich. Dann lösen sich auch die paradoxen Sätze auf ("geschlossen als auch offen").
"Paradoxie/Luhmann: Paradoxien entstehen, wenn Bedingungen ihrer Möglichkeit gleichzeitig Bedingungen ihrer Unmöglichkeit sind - Bsp Paradoxie des Epimenides: Dieser Satz ist falsch - Bedingung der Falschheit ist zugleich Bedingung der Wahrheit.
Die Paradoxie hat daher nicht die Form A = Nicht A, das wäre eine widersprechende, aber nicht paradoxe Aussage, sondern A weil Nicht A." (Link)
Systeme sind also - streng genommen - nicht (operativ) geschlossen und sowohl (kognitiv) offen, sondern (kognitiv) offen, weil sie (operativ) geschlossen sind.
Daß das Internet nicht immer diese Unterscheidung (zwischen Widerspruch und Paradoxie) macht, kann vielfach belegt werden, aber mir scheint, daß es in der Systemtheorie wichtig ist.
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Respekt ... genau so wollte .. zumindest ich! .. Luhmanns Begriff von der "Operativen Geschlossenheit" verstanden wissen und ich denke mal auch Luhmann selbst.sybok hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 15:54Ja meine Vorstellung habe ich mittlerweile verfeinert, aber es war auch nicht alles falsch :Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 13:58Das Ziel meiner Argumentation war zu zeigen, dass Systeme nicht geschlossen sind, wie es manche Formulierungen nahe gelegt haben.
Wenn man das nicht so aufwendig formulieren will, ist dies trivial, denn es leuchtet wahrscheinlich unmittelbar ein, dass ein System nicht in seiner Umwelt operieren kann, dass die Operation also immer innerhalb eines Systems ablaufen. Würden die Systemoperationen in der Umwelt ablaufen, würde dies die Unterscheidung zwischen System und Umwelt sabotieren." (Einführung in die Systemtheorie (S.93))
Man muss halt wohl diese kausale vs. operative Abgeschlossenheit präzise auseinanderhalten.
Schade, um nicht sogar zu absurd , dass man solche wesentliche Dinge zu Luhmanns Systemtheorie hier unter der Überschrift "Luhmann Plauderei/Offtopic/etc" findet. Das gehört nach meinem Verständnis weder zu einer Plauderei , geschweige denn zu /Offtopic/etc.
Wenn man etwas halbwegs zu strukturieren will , so sollte man m.E. vorher genau wissen , mit was man beginnt. So das man von daher , wie bei einem Samen, aus dem eine Pflanze wächst , sich Stück für Stück vom Keim bis zum vollständigen Pflanze hoch arbeitet. Die "Operative Geschlossenheit" von der Luhmann spricht, wäre nach meiner Ansicht genau das, ein Samen, von dem man sich aus Luhmanns Systemtheorie Stück für Stück "strukturieren" kann. Bei mir war das jedenfalls so. Wenn ich mir im Gegensatz dazu den Ablauf im Thread "Vorlesung: Luhmann - Theorie der Gesellschaft" vergegenwärtige , kommt mir das doch , so wie man dort hin und her springt , recht strukturlos, um nicht sogar zu sagen konfus vor. Eben wie bei Luhmanns Zettelkasten.
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Ich meinte es schon abstrakter. Bedeutung im Sinne generell einer semantischen Ebene - die es bezeichnenderweise ansonsten nicht geben würde - , initiiert durch ein (definitionsgemäß "wertendes") Unterscheiden vonseiten einer dazu fähigen Entität.Nauplios hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 14:40
Vermutlich hat Deine Frage diesen Hintergrund, 1+1=3, daß zu den Unterscheidungen, die Systeme als beobachtende Systeme machen, u.a. auch die "Wertung" sinnvoll/sinnlos gehört. Dieses ist sinnvoll, jenes ist sinnlos. So "bewerten" wir alltagssprachlich beispielsweise ein bestimmtes Verhalten als sinnvoll, etwa um damit etwas zu bewirken, ein anderes Verhalten als sinnlos, weil dadurch sein Zweck verfehlt wird. Um die Gunst einer Frau zu erreichen, ist das Schenken von Blumen sinnvoll, das Schenken von Brennnesseln sinnlos.
Der Sinnbegriff der Systemtheorie ist sehr viel abstrakter und hängt nicht an Werten und hat auch keine Nähe zu sprachlichen "Bedeutungen".
"Sinn sagt, daß an allem, was aktuell bezeichnet wird, Verweisungen auf andere Möglichkeiten mitgemeint und miterfaßt sind." (Niklas Luhmann; Die Gesellschaft der Gesellschaft; S. 48)
Spricht man etwa über das Verhalten von Hunden, dann liegen Verweisungen auf Züchtung, Haltung, Training, Leinenzwang, Hundesteuer "in der Luft", Bikinis, Zölibat, Heiratsschwindler nicht. Selbstverständlich kann dann das aktuell Bezeichnete auch geändert werden und damit andere Verweisungen aktualisiert werden: "Sieh mal, da kommt Frau Meier. Ob sie ihren Mann wirklich vergiftet hat, weiß man nicht. Vor Gericht konnte man ihr jedenfalls nichts beweisen." Damit ist eine andere Verweisungsstruktur aufgebaut: Nachbarschaftstratsch, Rachsucht, Gerechtigkeit, Pflanzenschutzmittel usw.
Kein bewusstes Unterscheiden, etwa wie das unsere menschliche. Sondern der Umstand, dass ein gegebenes System unterscheidet in für es "interessantere" z.B. Gegenstände (z.B "Energie" und "Material") und eben andere ("uninteressante Dinge" halt). Während es ohne eine solche "Intentionalität" (keine menschliche, wohlgemerkt, richtiger: keine im nur alltagssprachlichem Sinne einer "bewussten Absicht") ja auch keinen Sinn (!) hätte ("wertend") zu unterscheiden zwischen allem Seiendem. Durch und für wen oder was auch?!
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Um einmal darauf zu antworten, Nauplios darf mich da gerne korrigieren, wenn denn , so Luhmann , Systeme sich mit Hilfe ihrer eigenen Elemente selbst herstellen, so muss man nach meiner Meinung Vernunft tatsächlich neu definieren. Beispiel Militär - "Systeme" , die dazu führen , dass wider der Vernunft, von daher eine Selbstauslöschung der Menschheit droht.AufDerSonne hat geschrieben : ↑Mi 15. Nov 2023, 20:24Meinst du damit, dass sich Begriffe wandeln im Laufe der Zeit?Nauplios hat geschrieben : ↑Mi 15. Nov 2023, 20:13Vernunft wird von der Systemtheorie reformuliert vor dem Hintergrund der Weltgesellschaft als Rationalität von Systemen. Mit dieser Reformulierung ist es eigentlich wie mit allen anderen Reformulierung auch, etwa der Kommunikation, des Sinns, des Systems usw., auch.
Oder mehr, dass die Vernunft einfach neu definiert wird?
Ich sehe hier auch einfach eine Zurückführung des Begriffs der Vernunft auf den der Rationalität. Und damit gewinnt man nicht viel, weil beides in etwa das gleiche ist.
Erinnert sei dazu an eine junge Frau, die , als sie das Wort in einer Veranstaltung ergriff , eine Kaskade von Verdächtigungen auf Luhmann herab hagelten ließ , Angriffe auf seine Person inbegriffen. Er sei ein Agent des Kapitals, zementiere mit seiner Systemtheorie die Macht der herrschenden Klasse, sein Denken habe faschistoide Grundzüge usw. . Worauf Luhmann angeblich darauf hin zu erwidern begann "Ja, ja, das kann man durchaus so sehen" ...
Warum sollte dann nicht auch die Bedrohung durch einen atomaren Weltkrieg in gleicher Weise zementiert sein?
Jedenfalls kann ich mir nur schwer eine Welt ohne besagtes Kapital und infolge dessen, ohne die Macht der herrschenden Klasse vorstellen, wie ich mir auch nur schwer eine Welt ohne Atomwaffen vorstellen kann.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang , also das Neudefinieren der Vernunft , an die Tierfabel "Der Skorpion und der Frosch" ...
- "Ein Skorpion kommt an einen Fluss, den er überqueren möchte. Der Skorpion bittet den Frosch, er möge ihn auf seinem Rücken über den Fluss tragen. Der Frosch lehnt dies ab, weil er befürchtet, vom Skorpion getötet zu werden. Der Skorpion überzeugt den Frosch mit dem Hinweis, dass er selbst kein Interesse habe zu sterben, weil er nicht schwimmen könne. Der Frosch willigt ein. Der Skorpion sticht trotzdem mitten im Fluss zu. Sterbend sucht der Frosch nach einer Erklärung. Der Skorpion verweist auf seinen Charakter, der ihm keine andere Wahl lasse, als zu stechen."
Kannst du dir ein Skorpion ohne Stachel vorstellen?
Dieses Konzept der Intentionalität hat in der Philosophie eine lange Tradition, die schon im 19. Jahrhundert bei Franz Brentano beginnt und vor allem in der Phänomenologie Husserls dann ausbuchstabiert wird. Da geht es um Intentionalität als eine Wesensbeschreibung des Bewußtseins, das dadurch gleichsam definiert ist, daß es sich intentional auf seine Gegenstände richtet. Bewußtsein als intentionales Erleben. - In den letzten Jahrzehnten hat die Philosophie des Geistes den Intentionalitätsbegriff etwas anders besetzt. Searle etwa spricht u.a. von einer "kollektiven Intentionalität" (gemeinsames Handeln); von da aus führt dann der Weg zur Bildung der sozialen Wirklichkeit. Dabei fließt dann auch Normativität in dieses Konzept ein u.ä. -1+1=3 hat geschrieben : ↑Mo 13. Nov 2023, 23:24
Kein bewusstes Unterscheiden, etwa wie das unsere menschliche. Sondern der Umstand, dass ein gegebenes System unterscheidet in für es "interessantere" z.B. Gegenstände (z.B "Energie" und "Material") und eben andere ("uninteressante Dinge" halt). Während es ohne eine solche "Intentionalität" (keine menschliche, wohlgemerkt, richtiger: keine im nur alltagssprachlichem Sinne einer "bewussten Absicht") ja auch keinen Sinn (!) hätte ("wertend") zu unterscheiden zwischen allem Seiendem. Durch und für wen oder was auch?!
Für die Systemtheorie liegt das Problem darin, daß Intentionalität ein Handlungsmodell mit sich führt, d.h. es sind Akteure, seien es Individuen oder Kollektive, deren Bewußtsein sich auf etwas richtet, die ihr Handeln koordinieren, etwas beabsichtigen, etwas wünschen usw.
Normative Theorien der Gesellschaft unterscheiden die Welt wie sie ist von der Welt wie sie sein soll. Sie lassen sich in Großerzählungen wie die der Aufklärung, der Vernunft, der Religionskritik, der Freiheit, des gesellschaftlichen Fortschritts, der Gerechtigkeit u.ä. einbinden und schöpfen dann daraus Legitimität. Wer möchte schon für eine ungerechte Gesellschaft plädieren, für ein Regime der Unvernunft, für einen Gottesstaat?Timberlake hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 00:06
Jedenfalls kann ich mir nur schwer eine Welt ohne besagtes Kapital und infolge dessen, ohne die Macht der herrschenden Klasse vorstellen, wie ich mir auch nur schwer eine Welt ohne Atomwaffen vorstellen kann.
Solche Theorien, die Normativität einbauen, haben ein hohes Maß an Zustimmungsnötigung. Für das Bessere zu sein, ist allemal konsensfähig. Die Systemtheorie koppelt sich von der Vorstellung ab, daß Theorie der Gesellschaft Theorie der Verbesserung der Gesellschaft ist. Damit ruft sie nicht die Herrschaft der Unvernunft vom Minarett der Soziologie aus. Sie nimmt es sich nur heraus, Begriffe zu adoptieren, die bis dahin der Sorgepflicht der alteuropäischen Tradition unterstanden. Das sieht dann so aus, als sollte damit eine Neudefinition von etwas eingeführt werden, das jedoch in seinem Wesensgehalt identisch bleibt: Luhmann definiert die Vernunft jetzt so und so. Das Phänomen bleibt erhalten, es wird nur neu definiert. Das ist ein Irrtum.
Wollte man das Subjekt nur als System definieren, das Objekt als Umwelt, den Sinn als Selektivität, die Kommunikation als Synthese von Selektionen, Intentionalität als Autopoiesis ... dann wäre nicht viel gewonnen. Es geht darum, daß damit Einblicke in das Funktionieren der modernen Gesellschaft gewonnen werden, auf die ansonsten die Sicht verstellt wäre. Das begriffliche Instrumentarium dafür wird u.a. aus der soziologischen Tradition geschöpft, aus der Biologie, der Mathematik usw. So wird aus der traditionsreichen philosophischen Idee der Vernunft ein Rationalitätskonzept zur Erklärung funktionaler Differenzierung. Das ist dann aber etwas anderes als eine "Neudefinition".
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Ist das nicht ein grosses Problem? Dass es immer wieder Politiker/Präsidenten gibt, die nur an ihre eigenen Interessen denken? Und damit Theorien über eine mögliche gute Gesellschaft über den Haufen werfen?
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Ja.AufDerSonne hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 10:32Ist das nicht ein grosses Problem? Dass es immer wieder Politiker/Präsidenten gibt, die nur an ihre eigenen Interessen denken? Und damit Theorien über eine mögliche gute Gesellschaft über den Haufen werfen?
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So ist es und genau darin liegt der Wert von Normativen Theorien , wie der , von Luhmanns Systemtheorie und zwar Rasiermesserscharf unterscheiden zu können, von einer Welt wie sie ist und wie sie sein soll und das schonungslos ...Nauplios hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 10:19Normative Theorien der Gesellschaft unterscheiden die Welt wie sie ist von der Welt wie sie sein soll.Timberlake hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 00:06
Jedenfalls kann ich mir nur schwer eine Welt ohne besagtes Kapital und infolge dessen, ohne die Macht der herrschenden Klasse vorstellen, wie ich mir auch nur schwer eine Welt ohne Atomwaffen vorstellen kann.
- "Sagen wir es uns ohne Schonung, wie bisher jede höhere Kultur auf Erden angefangen hat! Menschen mit einer noch natürlichen Natur, Barbaren in jedem furchtbaren Verstande des Wortes, Raubmenschen, noch im Besitz ungebrochner Willenskräfte und Macht-Begierden, warfen sich auf schwächere, gesittetere, friedlichere, vielleicht handeltreibende oder viehzüchtende Rassen, oder auf alte mürbe Kulturen, in denen eben die letzte Lebenskraft in glänzenden Feuerwerken von Geist und Verderbnis verflackerte. Die vornehme Kaste war im Anfang immer die Barbaren-Kaste: ihr Übergewicht lag nicht vorerst in der physischen Kraft, sondern in der seelischen – es waren die ganzeren Menschen (was auf jeder Stufe auch so viel mit bedeutet als »die ganzeren Bestien«
Friedrich Nietzsche ... Jenseits von Gut und Böse
Schonungsloses , dass tatsächlich ein hohes Maß an Zustimmungsnötigung hat. Für das Bessere zu sein, jenseits dessen , was von Nietzsche beispielsweise ohne Schonung gesagt , mag allemal konsensfähig sein , nur führt das m.E. genau zu das, was .. "schwächere, gesittetere, friedlichere, vielleicht handeltreibende oder viehzüchtende Rassen" .. über kurz oder lang mürbe macht.
Also wenn die Systemtheorie eines nicht ist, dann ist es eine normative Theorie der Gesellschaft. Das heißt nicht, daß Normen nicht Gegenstand der Systemtheorie sein könnten und es auch sind.Timberlake hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 12:33So ist es und genau darin liegt der Wert von Normativen Theorien, wie der von Luhmanns Systemtheorie und zwar Rasiermesserscharf unterscheiden zu können, von einer Welt wie sie ist und wie sie sein soll und das schonungslos ...
Du möchtest in die Systemtheorie einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus hineinlesen, der „schonungslos“ das Recht des Stärkeren plakatiert.
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.. ganz im Gegenteil , ich möchte in die Systemtheorie einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus hineinlesen, der „schonungslos“ das Recht der Schwächeren plakatiert ....
- Anti-Darwin. – Was den berühmten »Kampf ums Leben« betrifft, so scheint er mir einstweilen mehr behauptet als bewiesen. Er kommt vor, aber als Ausnahme; der Gesamt-Aspekt des Lebens ist nicht die Notlage, die Hungerlage, vielmehr der Reichtum, die Üppigkeit, selbst die absurde Verschwendung – wo gekämpft wird, kämpft man um Macht... Man soll nicht Malthus mit der Natur verwechseln. – Gesetzt aber, es gibt diesen Kampf – und in der Tat, er kommt vor –, so läuft er leider umgekehrt aus, als die Schule Darwins wünscht, als man vielleicht mit ihr wünschen dürfte: nämlich zu Ungunsten der Starken, der Bevorrechtigten, der glücklichen Ausnahmen. Die Gattungen wachsen nicht in der Vollkommenheit: die Schwachen werden immer wieder über die Starken Herr – das macht, sie sind die große Zahl, sie sind auch klüger... Darwin hat den Geist vergessen (– das ist englisch!), die Schwachen haben mehr Geist... Man muß Geist nötig haben, um Geist zu bekommen – man verliert ihn, wenn man ihn nicht mehr nötig hat. Wer die Stärke hat, entschlägt sich des Geistes (– »laß fahren dahin!« denkt man heute in Deutschland »– das Reich muß uns doch bleiben«...).
Nietzsche ... Götzen-Dämmerung
Wenn es hier heißt "wo gekämpft wird, kämpft man um Macht" so hat Nietzsche damit übrigens eines jener Kommunikationsmedien benannt , die Luhmann neben Geld, Liebe, Kunst und Wahrheit auch als Steuerungs- oder Erfolgsmedien bezeichnet.
Zuletzt geändert von Timberlake am Do 16. Nov 2023, 20:45, insgesamt 1-mal geändert.
Das ist genauso gegenstandslos. Die Systemtheorie weist weder einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus aus, der das Recht des Stärkeren plakatiert, noch weist die Systemtheorie einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus aus, der das Recht des Schwächeren plakatiert.Timberlake hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 20:20.. ganz im Gegenteil , ich möchte in die Systemtheorie einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus hineinlesen, der „schonungslos“ das Recht der Schwächeren plakatiert ....
Weder das eine noch das andere trifft zu.
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Die Systemtheorie weist Macht, Geld, Liebe, Kunst und Wahrheit als Kommunikationsmedien aus. Als Gegestandslos zumindest für Nietzsche, würde ich dergleichen nicht erachten. Auch gehe ich einmal davonn aus , dass Nietzsche von Luhmanns Systemtheorie hell auf begeistert gewesen wäre. Wenn denn umgekehrt , für Luhmanns Systemtheorie Nietzsche Gegestandslos ist , dann womöglich eben deshalb.
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Ist dann die Systemtheorie von Luhmann etwas wert? Wenn so elementare Dinge, wie der Kampf ums Überleben nicht beachtet werden?Nauplios hat geschrieben : ↑Do 16. Nov 2023, 20:42Das ist genauso gegenstandslos. Die Systemtheorie weist weder einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus aus, der das Recht des Stärkeren plakatiert, noch weist die Systemtheorie einen an Nietzsche ausgerichteten Sozialdarwinismus aus, der das Recht des Schwächeren plakatiert.
Weder das eine noch das andere trifft zu.
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Plauderei, OT:
The Matrix that Embeds, Maturana and Von Foerster (Von Foerster über "Sci" und "Sys")
Ein Gespräch zwischen Maturana und von Foerster. Von Foerster erklärt an der verlinkten Stelle kurz die Herkunft von "sci" und meint, es hätte seine indogermanische Herkunft in Trennen, Unterscheiden: Schisma, Schizophrenie, Science. Der Gegenpart, Zusammenführen, Vereinheitlichen, fände man in "syn", wie in Sinfonie, Synthese, Synergie und eben System.
Bezüglich dem thematisierten Wissenschaftsparadigma mit der Subjekt <--> Objekt - Trennung könnte man in dieser Hinsicht die Systemtheorie möglicherweise als Alternative ansehen.
@Jörn Budesheim, wir hatten glaube ich mal im Emergenz-Thread über neue, resp. alternative, Wissenschaftsparadigmen gesprochen, vielleicht leistet die Systemtheorie ja was in der Richtung .
The Matrix that Embeds, Maturana and Von Foerster (Von Foerster über "Sci" und "Sys")
Ein Gespräch zwischen Maturana und von Foerster. Von Foerster erklärt an der verlinkten Stelle kurz die Herkunft von "sci" und meint, es hätte seine indogermanische Herkunft in Trennen, Unterscheiden: Schisma, Schizophrenie, Science. Der Gegenpart, Zusammenführen, Vereinheitlichen, fände man in "syn", wie in Sinfonie, Synthese, Synergie und eben System.
Bezüglich dem thematisierten Wissenschaftsparadigma mit der Subjekt <--> Objekt - Trennung könnte man in dieser Hinsicht die Systemtheorie möglicherweise als Alternative ansehen.
@Jörn Budesheim, wir hatten glaube ich mal im Emergenz-Thread über neue, resp. alternative, Wissenschaftsparadigmen gesprochen, vielleicht leistet die Systemtheorie ja was in der Richtung .
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Sinn wird nach meinem Verständnis nicht erzeugt oder gemacht, sondern er zeigt sich, er wird erfahren und so weiter und so fort. Solche Textstellen zeigen mir, dass ich mich mittlerweile ziemlich von der Gedankenwelt Luhmanns entfremdet habe.Armin Nassehi, in Soziologie hat geschrieben : ...Sinn wird hier differenziert in verschiedene Sinndimensionen, nach denen Gegenwarten entweder sachlich, zeitlich oder sozial verarbeitet werden und die Anschlüsse dann entsprechend wahrscheinlicher werden. Der Begriff der Sinndimensionen stammt von dem Soziologen Niklas Luhmann (1927-1998), der damit zeigen wollte, dass Sinn vor allem dadurch erzeugt wird, dass es zu Verweisungen weisungen kommt, also dass Handlungen und Kommunikationen sich dadurch ordnen, dass sie sachlich, zeitlich oder sozial plausibel werden. Er will damit Sinn vom Subjekt, von der Innenwelt des Handelnden lösen und als Dimension begreifen, greifen, die durch soziale Dynamiken und soziale Erwartungen zustande kommt. Letztlich ist das eine Radikalisierung dessen, was in der letzten Vorlesung als Logik der Situation bezeichnet wurde: Man muss sich stets fragen, worauf etwas sinnhaft verweist,...