Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Fr 6. Okt 2017, 05:52
Auf der jetzt beendeten documenta gab es eine Filmreihe des Regisseurs Wang Bing. In diesen Filmen hat er Menschen, die unter eigentlich würdelosen Bedingungen leben mussten, als Wesen mit Würde dargestellt. (Im doppelten Sinn der Formulierung.) Ohne dass der Regisseur dick aufgetragen hätte, war dies ein Sehtest, die man wohl kaum "nicht bestehen" konnte...
Ich kann mir gut vorstellen, dass man Menschen, deren Dasein man vielleicht zunächst nicht mit dem Begriff "würdevoll" assoziieren würde, so darstellen kann, dass ihre Würde sichtbar wird.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Fr 6. Okt 2017, 05:52
Mit deiner darauffolgenden Formulierung, Würde sei zugeschrieben bin ich allerdings nicht einverstanden, insbesondere falls damit gemeint sein sollte, sie sei bloß zu geschrieben und nicht real.
Was die Realität dieses Punktes angeht, so vermute ich mal, geht das in eine ähnliche Richtung, wie bei der Diskussion um Gabriel.
Man ahnt, was gemeint ist, findet den Gedanken auch sympathisch, aber ist nicht überzeugt (Du vielleicht mehr, ich weniger),
Dabei muss man sich die Würde durchaus nicht so denken, wie die Leber oder einen Arm.
Leidet jemand z.B. an einer Ich-Schwäche, so kann man das 'sehen' aber (oft) nur, wenn man weiß, worauf man achten muss. Es ist aber nicht so, dass ich-schwache Menschen ein Bein nachziehen oder einen dunklen Fleck auf der Stirn haben.
Aber genau so soll die Würde ja gerade nicht sein. Bzw. hier wird es interessant. Ist die Würde nur eine gelernte Behauptung bis man in der Lage ist, sie zu sehen, auch wenn jemand in einem Slum wohnt, voll auf Crystal ist, im Altenheim in der eigenen Scheiße liegt oder einen willkürlich ausgewälten Menschen die Treppen zur U-Bahn runter tritt?
Am ähnlichsten empfinde ich den Begriff der Würde immer mit dem der Erleuchtung. Wenigstens für einige der irgendwie höchste zu erreichende 'Zustand', aber für sein 'Erreichen' (von dem es auch heißt, Erleuchtung sei gerade nichts, was zu erreichen sei) gibt es in der Tat mehrere Tests. Einer ist der: Wenn Du die Erleuchtung nicht in jedem anderen Menschen (manchmal auch fühlenden Wesen) sehen kannst, bist Du nicht erleuchtet. Das zwingt, jeden Snobismus sofort einzureißen, wenn man es ernst meint.
Analog könnte man formulieren, dass die eigene Würde in schönster Blüte ist, wenn man sie beim anderen erkennt. Dummerweise sind diese Kombinationen welche, die Blender und Schwätzer anziehenan.