Das Unabänderliche
- Jörn Budesheim
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Hat sich niemand von euch schon mal gewünscht, etwas was er oder sie getan oder gesagt hat, ungeschehen zu machen? Aber wir wissen alle, dass das nicht geht. Was einmal passiert ist, können wir nicht wieder rückgängig machen. Es gehört zu dem, was sich nicht mehr ändert.
Dennoch tauchen in philosophischen Foren oder bei social Media immer mal wieder Memes auf, in denen steht, dass sich alles ändert, dass alles im Fluss ist.
Wie kann so eine Behauptung, die so offensichtlich falsch ist, so eine Karriere machen?
Dennoch tauchen in philosophischen Foren oder bei social Media immer mal wieder Memes auf, in denen steht, dass sich alles ändert, dass alles im Fluss ist.
Wie kann so eine Behauptung, die so offensichtlich falsch ist, so eine Karriere machen?
Dadurch, dass man etwas Gesagtes, etwas was man getan hat, nicht mehr rückgängig machen kann, wird etwas, der weitere Verlauf, geändert. Es wird quasi vorwärts gegangen. Die Situation ist eine andere, nach dem man etwas getan hat.
Kann man das, was man getan hat, rückgängig machen, ist das Stillstand, es wird zurückgegangen. Man ist ja wieder im selben Moment.
Ich tippe mal darauf, es geht auch um den Ausspruch panta rei. Alles fließt.
Kann man das, was man getan hat, rückgängig machen, ist das Stillstand, es wird zurückgegangen. Man ist ja wieder im selben Moment.
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Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe
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Ich schätze, dass das Unabänderliche nicht das Unveränderliche ist.
Gestern fuhr ich zu schnell. Heute morgen kriegte ich einen Strafzettel. Zu schnell zu fahren, das war der Aufreger dieser Woche. Als ich auf die Bank ging, um den Strafzettel zu bezahlen, traf ich diese wunderbare Frau. Zu schnell zu fahren, war das beste, was mir passieren konnte diese Woche. Es verändert sich alles, auch wenn das Geschehne unabänderlich ist.
Gestern fuhr ich zu schnell. Heute morgen kriegte ich einen Strafzettel. Zu schnell zu fahren, das war der Aufreger dieser Woche. Als ich auf die Bank ging, um den Strafzettel zu bezahlen, traf ich diese wunderbare Frau. Zu schnell zu fahren, war das beste, was mir passieren konnte diese Woche. Es verändert sich alles, auch wenn das Geschehne unabänderlich ist.
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Unsere Einschätzung der Tatsachen mag sich ändern, die Tatsachen jedoch bleiben bestehen.
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Die Unabänderlichkeit der Vergangenheit ist für uns existentiell von Belang: Institutionen wie ein Versprechen oder ein Wort geben, wären ansonsten nicht möglich!
Wir stossen immer wieder auf das gleiche Problem. Tatsachen halte ich nicht für isolierte singulär beschreibbare Momentaufnahmen, sondern für objektiv-relationale Begebenheiten. Es ändert sich nicht nur die Einschätzung einer Tatsache, sondern auch die Einbettung der Tatsache in weitere Tatsachen. Es ist ja eine Tatsache, dass dies und jenes aus ihr folgte, und dies folgte objektiv. Die Tatsache des zu schnell Fahrens selbst ändert sich nicht, aber was sie objektiv bedeutet, das ändert sich durch den objektiven Kontext.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2019, 04:39Unsere Einschätzung der Tatsachen mag sich ändern, die Tatsachen jedoch bleiben bestehen.
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Genau das meine ich :)
Tatsachen haben nach meinem Verständnis folgende Form:
xF
F trifft auf x zu
bzw.
F ist über/von x wahr
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Ein "Problem" ist, dass die Idee, dass alles fließt, alles sich ewig ändert, extrem weit verbreitet ist. Hier könnte man erörtern, was dran ist oder eben auch nicht.
Auch wäre interessant, quasi zu sammeln, was alles unabänderlich ist. Hauptkandidaten sind vielleicht die Naturgesetze und die entsprechenden Naturkonstanten, wie gesagt die Vergangenheit, natürlich die Wahrheit und die Tatsachen und die logischen und mathematischen Formen, das Faktum der Existenz und sicher einiges mehr, was mir auf die Schnelle nicht einfällt. Wie hängt das zusammen, wenn es denn zusammenhängt.
Auch wäre interessant, quasi zu sammeln, was alles unabänderlich ist. Hauptkandidaten sind vielleicht die Naturgesetze und die entsprechenden Naturkonstanten, wie gesagt die Vergangenheit, natürlich die Wahrheit und die Tatsachen und die logischen und mathematischen Formen, das Faktum der Existenz und sicher einiges mehr, was mir auf die Schnelle nicht einfällt. Wie hängt das zusammen, wenn es denn zusammenhängt.
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Ich meinte es mehr auf die Ausgangsfrage bezogen.
Also auf das hier.
Jemand hat gelogen, diese Lüge bleibt, auch, wenn sie wieder zurückgenommen wird, ein Verzeihen stattgefunden hat, oder die Lüge wurde entlarvt, diese Lüge verändert etwas, die auf sie beruhenden Handlungen, und die nachfolgenden Handlungen wie eine Entschuldigung, das Verzeihen, verändern ebenso etwas.
Es ist kein Kreislauf, der entsteht, es gibt auch keine identischen Wiederholungen, aber Veränderungen und Änderungen.
Das bedeutet doch, dass auch unabänderliche Ereignisse eine dynamische Wirkung haben.
Was ist jetzt das Problem mit der Aussage, alles fließt und dass sich alles ändert?
Also auf das hier.
Wir sind uns einig, dass was passierte, nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, und auch darüber, dass die Vergangenheit die Zukunft beeinflusst.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2019, 18:40Ein "Problem" ist, dass die Idee, dass alles fließt, alles sich ewig ändert, extrem weit verbreitet ist. Hier könnte man erörtern, was dran ist oder eben auch nicht.
Auch wäre interessant, quasi zu sammeln, was alles unabänderlich ist. Hauptkandidaten sind vielleicht die Naturgesetze und die entsprechenden Naturkonstanten, wie gesagt die Vergangenheit, natürlich die Wahrheit und die Tatsachen und die logischen und mathematischen Formen, das Faktum der Existenz und sicher einiges mehr, was mir auf die Schnelle nicht einfällt. Wie hängt das zusammen, wenn es denn zusammenhängt.
Jemand hat gelogen, diese Lüge bleibt, auch, wenn sie wieder zurückgenommen wird, ein Verzeihen stattgefunden hat, oder die Lüge wurde entlarvt, diese Lüge verändert etwas, die auf sie beruhenden Handlungen, und die nachfolgenden Handlungen wie eine Entschuldigung, das Verzeihen, verändern ebenso etwas.
Es ist kein Kreislauf, der entsteht, es gibt auch keine identischen Wiederholungen, aber Veränderungen und Änderungen.
Das bedeutet doch, dass auch unabänderliche Ereignisse eine dynamische Wirkung haben.
Was ist jetzt das Problem mit der Aussage, alles fließt und dass sich alles ändert?
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Das Problem mit dieser Aussage ist, dass sie meines Erachtens komplett falsch ist. Nicht alles fließt und nicht alles ändert sich. Oben habe ich ein paar Kandidaten für Unveränderliches gebracht.
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Ja, wobei sich das F, das über x wahr ist, ändert. Darüber müssen wir nicht streiten, wie du sagst. Ich meine, dass das Geschehene nicht rückgängig zu machen ist, und du meinst wahrscheinlich das Gleiche. Man kann nichts ungeschehen machen. Aber ist das gleichbedeutend mit unveränderbar? Ich denke nicht, und zwar nicht nur wegen unserer Einschätzungen, sondern weil sich F über x wirklich erweitert.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2019, 13:25Tatsachen haben nach meinem Verständnis folgende Form:
xF
F trifft auf x zu
bzw.
F ist über/von x wahr
Jemand hat einmal etwas geschrieben und niemand hat es je gelesen. Es ist über das Geschriebene wahr, dass es niemand las. Da kommt ein Archäologe und liest das Geschriebene: Es ist über das Geschriebene nun etwas weiteres wahr. Es bleibt wahr, dass es zum Zeitpunkt x niemand gelesen hatte, zum Zeitpunkt y aber wenigstens jemand. Das ist doch denkbar, dass sich die vergangenen Tatsachen verändern, auch wenn es unabänderlich ist, dass vieles (und vieles nicht) zu einem bestimmten Zeitpunkt über etwas wahr war. Zu je verschiedenen Zeitpunkten kann etwas weiteres wahr über etwas sein. Mache ich einen Denkfehler?
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Ah soooo, mein Denkfehler ist der: Die vergangene Tatsache ändert sich nicht, sondern alles ist immer neue Tatsache. Dass der Archäologe das Geschriebene liest, ändert ja die Tatsache nicht, dass das Geschriebene einmal ungelesen war, denn es ist eine neue Tatsache, dass das Geschriebene gelesen wurde. Es ist eine neue Wahrheit über x, die die gewesene Wahrheit über x nicht berühren kann.
Aber dennoch ist über x vieles neues wahr, weshalb sich x selbst über die Zeit verändern muss. x ist veränderlich, aber unvergänglich. Dinge (x) sind absolut ohne Vergangenheit oder Zukunft, sondern aktualisieren sich in x1, x2, x3 ins Unendliche.
Puuh.. zu viel Theorie für einen Freitagabend
Aber dennoch ist über x vieles neues wahr, weshalb sich x selbst über die Zeit verändern muss. x ist veränderlich, aber unvergänglich. Dinge (x) sind absolut ohne Vergangenheit oder Zukunft, sondern aktualisieren sich in x1, x2, x3 ins Unendliche.
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Yo, Bro!
Das Leben ist doch eine Aneinanderreihung von Ereignissen, großen und kleinen etc., die nicht mehr geändert werden können, nachdem sie in der Vergangenheit passiert sind. Das ist ein dynamischer Prozess. Oder etwa nicht? Permanent ändert sich etwas. Andauernd gibt es neue Ereignisse, neue Veränderungen. Jede Tatsache, jedes Ereignisse, wird zu einer nicht mehr veränderten Tatsache, Ereignis, oder Wahrheit, und dann gibt es aber sofort ein neues Ereignis. Usw. Usw.
Ein Mensch stirbt, jeder und jede muss sterben. Das ändert sich nicht. Aber die Existenz, das Leben ist bis dahin ziemlich und permanent in Veränderung. Wir sitzen ja nicht nur so rum und warten auf den Tod.
Die Aussage, alles verändert sich, bezieht sich auf das Leben in seiner Gesamtheit und dazu gehören auch Bestandteile, die ich nicht ändern kann oder nicht mehr ändern kann.
Ein Mensch stirbt, jeder und jede muss sterben. Das ändert sich nicht. Aber die Existenz, das Leben ist bis dahin ziemlich und permanent in Veränderung. Wir sitzen ja nicht nur so rum und warten auf den Tod.
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Um eine Ansicht (Alles ändert sich) zu bezweifeln, muss man doch nicht das Gegenteil (Nichts ändert sich) annehmen!? Zudem ist in dem Original, von dem sich das ableitet (Alles fließt!) mit "Alles" vermutlich einfach Alles gemeint.
Wenn es einfach nur, sagen wir um einen Seufzer ging "Alles ändert sich" oder eine Übertreibung oder etwas in der Art, dann gäbe es natürlich kein Problem. In der Regel ist es aber - zumindest nach meinem Eindruck - wortwörtlich gemeint.
Ich finde es insgesamt eine sehr schlechte Beschreibung der Wirklichkeit. Denn, was wir vorfinden, ist in der Regel ein Wechselspiel aus Konstanz und Veränderung. Wobei beides natürlich auch noch hochgradig variiert. Manches ändern sich gar nicht, manches ändert sich unmerklich, manches ändert sich konstant, manches ändert sich abrupt. (Was im übrigen zeigt, dass "alles fließt" schlicht und ergreifend völlig falsch ist.) Manche Änderungen sind zielgerichtet, andere erscheinen zufällig, manche sind von uns herbeigeführt, manche stoßen uns zu ... und so weiter und so fort.
Wichtig: Die Art und Weise der Veränderung ändert sich manchmal und manchmal ändert sie sich nicht. Wenn sich nämlich das Muster der Änderung nicht ändert, dann haben wir in der Veränderung etwas Gleichbleibendes. Und bei diesem Mustern verhält es sich wie oben, manche von ihnen ändern sich nicht, manche unmerklich und so weiter und so fort.
Die nächste Frage lautet: damit sich etwas ändert, muss es dieses etwas ja geben. Es muss also konstante Eigenschaften besitzen, die ist als dieses etwas überhaupt auszeichnen.