Man kann diese drei Wörter durchaus synonym verwenden.
Einbildung verstanden, d.i. Vorstellung von etwas Nichtseiendem, Nichtwirklichem; aber im weiten Sinn des Wortes ist diese Konnotation nicht vorhanden.
sehr oft Letzteres verstanden wird, d.i.
Phantasie. Diese Konnotation kann jedoch wegfallen.
"Einen gewissen Begriff von Phantasie, Phantasieerscheinung, Phantasievorstellung bringen wir alle aus dem gewöhnlichen Leben mit, und es ist, wie fast alle aus dem gemeinen Leben stammenden Klassenbegriffe von psychischen Phänomenen, ein vager und vieldeutiger. So ist es offenbar, dass man unter dem Titel Phantasie bald eine gewisse Geistesanlage oder Begabung versteht und bald wieder gewisse aktuelle Erlebnisse, Tätigkeiten oder Tätigkeitsergebnisse, welche aus der Anlage hervorgehen oder die Begabung dokumentieren. Manchmal stellt man ja auch in differenzierter Bedeutung ausdrücklich gegenüber Phantasie, Betätigung der Phantasie, Werk der Phantasie. So wie man Verstand, Verstandestätigkeiten und Werke des Verstandes sondert. Phantasie meint dann also eine gewisse Geistesanlage, ein Vermögen, wie wenn wir sagen, ein Mann von starker oder schwacher Phantasie, oder übertreibend, ein phantasieloser Mensch. Andererseits sprechen wir aber auch von den Phantasien eines Künstlers und haben hierbei gewisse psychische Erlebnisse im Auge, die er in sich vollzieht oder die er durch seine Werke in uns erweckt. Diese Werke, ich meine: die äußerlich sichtlichen Werke, werden wir im allgemeinen nicht Phantasien nennen, wohl aber die Gestalten, die mittels ihrer zur Erscheinung gebracht werden: die Menschen oder Fabelwesen, die Handlungen, Leidenschaften, Situationen usw., die der Dichter uns fingiert. Auch diese Gestaltungen werden als Werke der Phantasie (der Phantasie im ersten Sinn) bezeichnet, und Werke in diesem Sinn nennt man auch mit Vorlieben selbst Phantasien.
Die Phantasie als Vermögen liegt außerhalb des Rahmens unserer Interessen, desgleichen auch die Phantasietätigkeit, sofern wir sie als einen in der seelischen Objektivität vonstatten gehenden kausalen Vorgang betrachten, als eine Tätigkeit im echten Sinn, als eine seelische Handlung; und natürlich gilt dasselbe vom Handlungsergebnis, vom Werke der Phantasie als solchem. Was uns interessiert sind phänomenologische Daten, als Fundamente einer vorzunehmenden Wesensanalyse, hier speziell also gewisse intentionale oder besser objektivierende Erlebnisse, die unter dem zweideutigen Titel Phantasietätigkeit ebenfalls befasst zu werden pflegen, sogenannte Phantasievorstellungen, oft auch kurzweg Vorstellungen genannt; z.B. die Erlebnisse, in denen der Künstler seine Phantasiegestalten schaut, und zwar jenes eigentümliche innere Schauen selbst oder sich zur Anschauung Bringen von Zentauren, von heroischen Heldengestalten, von Landschaften usw., die wir dem äußeren Schauen, dem der Wahrnehmung, entgegensetzen. Dem äußeren als gegenwärtig Erscheinen steht da gegenüber das sich innerlich Vergegenwärtigen, das "Vorschweben in der Phantasie". Die Anlage, das Vermögen, dieser Komplex, sei es ursprünglicher, sei es erworbener Dispositionen, ist ja nichts Phänomenologisches. Die phänomenologische Sphäre ist die des wahrhaft Gegebenen, des adäquat Vorfindlichen, und die seiner reellen Bestandstücke. Disposition ist aber ein Begriff, der objektivierend über die echte immanente Sphäre hinausgeht. Es ist ein wichtiger Methodenbegriff der Psychologie, geht uns aber nichts an. Dagegen ist das Phantasieerlebnis, die sogenannte Phantasievorstellung, ein phänomenologisches Datum. Offenbar gehört es in die Sphäre der objektivierenden, Erlebnisse; Objektivitäten werden im Phantasieren zur Erscheinung gebracht und werden evtl. gemeint und geglaubt. Diese Objektivitäten selbst, z.B. die erscheinenden Zentauren, sind nichts Phänomenologisches, genauso wie die erscheinenden Gegenstände der Dingwahrnehmung es nicht sind, gleichwohl kommen sie für uns in gewisser Weise sehr in Betracht, sofern das objektivierende Erlebnis, hier das Phantasieerlebnis, die immanente Eigenheit zeigt, gerade dieses so und so erscheinende Objekt eben zur Erscheinung zu bringen und als dieses da 'zur Erscheinung zu bringen'. Es ist eine immanente Bestimmtheit der Phantasievorstellung, eine Wesenseigentümlichkeit, die durch evidente Analyse als rein inneres Moment solcher Erlebnisse zu finden ist, und so gehört mit dem Erlebnis selbst auch der Umstand, dass es sich auf Gegenständliches bezieht, dass es sich darauf in dieser Art und Form bezieht, und als was sich darin das Gegenständliche darstellt, zur phänomenologischen Analyse des Erlebnisses.
Der populäre Begriff der Phantasie bezieht sich aber nicht bloß auf die Sphäre der künstlerischen Phantasie, aus welcher unsere Beispiele entnommen waren. Mindestens in naher Beziehung zu dieser Sphäre steht, allerdings in sehr gewöhnlicher, engerer Begriff von Phantasie, den die Psychologie unter dem Titel produktive Phantasie aufgenommen hat. Die produktive Phantasie ist willkürlich gestaltende Phantasie; wie sie eben vorzüglich der Künstler zu üben hat. Doch müssen hier zwei Begriffe, ein weiterer und ein engerer Begriff, noch unterschieden werden, je nachdem man die Willkürlichkeit des Gestaltens zugleich im Sinn des freien Erdichtens (Fingierens) versteht oder nicht. Produktive Phantasie, willkürlich gestaltende, übt ja auch der Historiker. Aber er fingiert nicht. Er sucht mittels der gestaltenden Phantasie auf Grund gesicherter Daten zusammenhängende Anschauung von Persönlichkeiten, Schicksalen, Zeitaltern zu entwerfen, Anschauung von Wirklichkeiten, nicht von Einbildungen.
Die gewöhnliche Rede gebraucht den Begriff der Phantasie auch über die Sphäre der produktiven Phantasie hinaus. So werden oft Halluzinationen, Illusionen, Traumerscheinungen als Phantasien bezeichnet. Dagegen nicht Erinnerungs- und Erwartungsvorstellungen, in denen nichtgegenwärtige Gegenstände in der Weise von Wirklichkeiten, als früher gewesene oder sicher zu erwartende bewertet werden. Von der Hoffnung heißt es, dass sie Phantasie beschwingt, aber was hier als Phantasie gilt, das sind nicht bestimmte Erwartungen, sondern bloß Einbildungen.
Sicherlich spielt im gewöhnlichen Wortsinn der Phantasie ein Moment seine Hauptrolle: Das Phantasieren ist gegenübergesetzt dem Wahrnehmen und dem anschaulich Für-wahr-Ansetzen des Vergangenen und Künftigen, kurz, allen Akten, die individuell Konkretes als seiend ansetzen. Die Wahrnehmung lässt uns eine gegenwärtige Wirklichkeit als gegenwärtig und als Wirklichkeit erscheinen, die Erinnerung stellt uns eine abwesende Wirklichkeit vor Augen, nicht zwar als selbst gegenwärtig, aber doch als Wirklichkeit. Der Phantasie hingegen fehlt das auf das Phantasierte bezogene Wirklichkeitsbewusstsein. Ja noch mehr. Gemeiniglich drückt das Wort, zumal das parallele Wort "Einbildung", die Un-Wirklichkeit, die Vorspiegelung aus, das Phantasierte ist bloß Einbildung, d.h. bloß Schein. Freilich merken wir auch, dass nicht jeder Schein, auch nicht jeder sinnlich-anschauliche Schein als Einbildung, als Phantasieschein gilt. Die Quelle des Scheins muss im Subjekt liegen, der Schein muss dem Subjekt, seinen Tätigkeiten, seinen Funktionen, seinen Dispositionen zugerechnet werden. Wird er physikalischen Gründen zugerechnet, gründet er in der äußeren Natur, wie der gebrochene Stab im Wasser, der wundermächtig aufgehende Mond u.dgl., dann spricht man nicht von einer Phantasieerscheinung.
Das sind nun Wendungen des Begriffes, die manches Interesse bieten mögen, aber phänomenologisch nicht eben bedeutsam sind. Phänomenologisch kommt es ja nur auf das Immanente an, auf innere Charaktere der in reiner Adäquation erschauten Erlebnisse, auf ihr Wesentliches, d.h. auf das, was zu Wesensverallgemeinerungen Anlass gibt, somit zu Begriffsbildungen Anlass gibt, die adäquate Realisation gestatten, indem wir das begriffliche Wesen in evidenter Generalisation direkt zu erschauen vermögen.
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Ob ein Vorstellen der Phantasie ein künstlerisches oder unkünstlerisches, ein willentliches oder unwillentliches, ein fingierendes oder nichtfingierendes ist, immer finden wir, neben den wechselnden empirischen und psychologischen Zusammenhängen, die uns nichts angehen, und auch neben wechselnden Bewusstseinscharakteren, die an sich phänomenologisch gegeben sind, ein Gemeinsames, und dasselbe Gemeinsame finden wir im Fall der Erinnerungen und Erwartungen: Wir finden eben das, was da als Vorstellung bezeichnet wird und im Gegensatz zur Wahrnehmungsvorstellung in seiner geschlossenen Eigenart sich abhebt. Dieses Gemeinsame finden wir aber nicht im Fall der Halluzinationen, der Illusionen und der Traumerscheinungen. Hier sind die Erscheinungen bzw. die ihnen unterliegenden Auffassungen offenbar Wahrnehmungsauffassungen, und soweit sich herausstellt, dass Phantasieauffassung nicht mit Wahrnehmungsauffassung zu identifizieren ist, müssen wir also die genannten Phänomene entgegen der gemeinen Redeweise auschließen."
(Husserl, Edmund. Phantasie, Bildbewusstsein, Erinnerung: Zur Phänomenologie der anschaulichen Vergegenwärtigungen. Texte aus dem Nachlass (1898–1925). Hrsg. v. Eduard Marbach. The Hague: Martinus Nijhoff Publishers, 1980. S. 1-5)