DigiKant - It from bit

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Quk
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Di 16. Jan 2024, 17:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 16. Jan 2024, 14:50
In den beiden Positionen, die ich beschreibe, ist alles Innerweltlich. Einmal ist die Information in der Welt, einmal nur im Kopf.
Ja, stimmt. Pardon, ich hatte nicht kenntlich gemacht, dass mein Kommentar sich auf Stefanies Kommentar bezog.




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Quk
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Di 16. Jan 2024, 17:13

Information kann nicht nur das sein, was wir über die Welt ‚lernen’. Sie kann das sein, was die Welt ‚macht‘.
Wie ist dieses "machen" eigentlich gemeint? Im Sinne von "produzieren" oder im Sinne von "tun" (gehen, schwimmen etc.)?

"Welt, was machst du heute abend?" -- "Ich gehe ins Kino."

"Welt, was machst du heute abend?" -- "Ich mache die Alpen."




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Stefanie
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Di 16. Jan 2024, 18:57

Quk hat geschrieben :
Di 16. Jan 2024, 14:15
Wenn ich das Weltliche von der Information trenne, mache ich so etwas ähnliches wie manche christlichen Priester, die das Weltliche vom Göttlichen trennen.

Ich sehe da keine Separation. Ich sehe keinen Gott und ich sehe keine außerweltliche Information, die irgendetwas weltliches "machen" könnte, oder die aus der Welt hinaus in ein außerweltliches Fass tropft.
Ich verstehe es nicht. Wann, wo und wie wird denn was getrennt?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Quk
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Di 16. Jan 2024, 20:09

Stefanie hat geschrieben :
Di 16. Jan 2024, 18:57
Quk hat geschrieben :
Di 16. Jan 2024, 14:15
Wenn ich das Weltliche von der Information trenne, mache ich so etwas ähnliches wie manche christlichen Priester, die das Weltliche vom Göttlichen trennen.

Ich sehe da keine Separation. Ich sehe keinen Gott und ich sehe keine außerweltliche Information, die irgendetwas weltliches "machen" könnte, oder die aus der Welt hinaus in ein außerweltliches Fass tropft.
Ich verstehe es nicht. Wann, wo und wie wird denn was getrennt?
Die Trennung lese ich daraus:
Philosophie in der digitalen Welt
DigiKant oder: Vier Fragen, frisch gestellt
[...]
Bit from it: Erst ist da die Welt, dann kommt die Information über sie.
Ich lese, da sei zuerst eine informationsfreie Welt, dann komme zusätzlich Information über jene Welt. Zwei Sachen. Welt hier, Information dort.

Das "from" im Satz lese ich als eine Nabelschnur von der Welt zur Information, von der "it"-Welt zur "bit"-Information.

Und dieses Zweierlei leuchtet mir nicht ein, denn um Information "from the world" zu gewinnen, muss die Information ja schon in der Welt sein. Andernfalls wäre die gewonnene Information entweder frei erfunden und nicht von jener Welt, oder sie wäre von jener Welt, aber dann wäre die Information ja auch schon dort drin in der Welt, wie gesagt.




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Stefanie
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Mi 17. Jan 2024, 15:21

Das habe ich verstanden.

Als ich anfing weiter darüber nachzudenken, wurde es wieder für mich kompliziert.

Wheeler wird in dem Artikel wie folgt zitiert.
"
Soll heißen: Bestehendes – „it“ – resultiert aus einem Informationsvorgang: „bit“.
Oder wie Wheeler selbst schreibt:
„Jedes Sein – jedes Teilchen, jedes Kraftfeld, selbst das Raumzeit-Kontinuum an sich – leitet seine Funktion, seine Bedeutung, ja seine nackte Existenz völlig, wenn auch in manchen Kontexten indirekt, aus den geräteinduzierten Antworten auf Ja‑oder-Nein-Fragen ab, aus einer binären Auswahl, aus Bits."
Wenn das Bestehende - die Welt? - aus einem Informationsvorgang entsteht, muss doch etwas in diesem Vorgang verarbeitet worden sein. Ein Vorgang ist ein Prozess. Was wird denn verarbeitet, Informationen oder etwa nicht? Also braucht es Informationen, damit das Bestehende entsteht. Das Bestehende wiederum enthält ja zumindest die Informationen über den Umstand, wie es zum Bestehende wurde und liefert wieder Informationen für den Informationsvorgang. Usw. Ist das nicht ein Kreislauf, der sich tot läuft? Das Sein leitet seine Existenz aus den Antworten aus diesen ja oder nein Fragen ab. Antworten geht aber auch nur, wenn es Informationen gibt, mit denen geantwortet werden kann. Erschaffen sich Informationen aus anderen Informationen einer Informationen selber, und das Bestehende resultiert aus immer den identischen Informationsvorgängen mit sich selbst erschaffen Informationen?

Woher kommen denn nun neue Informationen?



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Quk
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Mi 17. Jan 2024, 15:49

Vielleicht kann man da drei Kategorien ansetzen:

1. Vom Menschen unabhängige Information:
Information "Keks" ist in der Welt, und ich bin noch nicht geboren.

2. An den Menschen übertragene Information, welche vom Menschen mittels Symbolen vervielfältigt wird:
Information "Keks" ist in der Welt, ich sehe das, male ein "Keks"-Symbol auf ein Papier und verteile das Symbol öffentlich. Neu ist hier nur das Symbol, also die neue Erkennung eines vorhandenen Kekses (Bröselzusammenhänge); den Keks an sich gab es schon vorher.

3. Vom Menschen vollständig erzeugte, neue Information:
Ich male etwas, das es bisher noch nicht gab.




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Stefanie
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Fr 19. Jan 2024, 20:13

https://www.spektrum.de/kolumne/die-ent ... it/1621496
Die Entmaterialisierung der Materie geht zu weit
(...)
Was bedeutet das? Wheeler ließ sich von einem bekannten Gesellschaftsspiel inspirieren, dem »Twenty Questions«. Ein Spieler, der Fragesteller, verlässt den Raum und die restlichen Teilnehmer, die Beantworter, einigen sich auf einen Begriff, zum Beispiel »Rabe«. Der Fragesteller hat die Gelegenheit, den Begriff aus den Ja-oder-Nein-Antworten der Mitspieler zu deduzieren, und zwar hat er 20 Fragen zur Verfügung, etwa »Ist es lebend?«, »Fliegt es?« und so weiter.

Wheeler ersann nun eine Variation dieses Spiels, deren Pointe darin besteht, dass sich die Beantworter gar nicht auf einen Begriff einigen, sondern ihre Antworten auf die vorgängigen Fragen und Antworten abstimmen. Sie dürfen nur nicht widersprüchlich sein. Aus maximal 20 Bits können also die Spieler durch fortgesetztes Fragen einen Begriff konstruieren, der am Anfang noch gar nicht feststeht. Aus den binären Fragen – den Bits – entsteht die definitive Antwort – das It.
(...)
Es heißt in erster Linie, dass die theoretischen Physiker dazu neigen, ihre Abstraktionen für die Realität zu halten. Es stimmt durchaus, dass Physiker nicht Elektronen oder Photonen »beobachten«, sondern an Apparaten bestimmte Daten ablesen. Und zweifellos lassen sich solche Daten – zum Beispiel Punkte auf einem Bildschirm – als Bits auffassen. Aber Bits ohne Its – ohne irgendwelche materiellen Träger – sind nichts. Es gibt nur Bits-plus-Its.

Wenn wir die Punkte auf dem Bildschirm als die »letzten« immateriellen Informationsatome interpretieren, machen wir die Rechnung buchstäblich ohne die ganze materielle Welt des experimentellen Arrangements, das an der Entstehung der Punkte beteiligt ist. Wer »It from Bit« behauptet, müsste also erstmal erläutern, welche kausale Potenz denn in der immateriellen Information steckt, etwas Materielles zu erzeugen.
(...)
Diese Denkspur ließe sich weiter verfolgen ins Transzendente, nämlich dann, wenn man davon ausgeht, dass Fragen einen Fragenden, also ein Bewusstsein, voraussetzen. Der Apparat selbst stellt keine Fragen, ohne Beobachtung gibt es keine Realität. Also müsste am Anfang des Fragens, des Beobachtens, bereits »etwas« da sein, das Bewusstsein hat. Geist als Ursprung der Materie? Hier läuft die Formel »It from Bit« auf etwas hinaus, das beinahe wie das Johannesevangelium klingt: Am Anfang war das Bit. Und das Bit war bei Gott.
Ich gebe zu, nicht alles in dem Artikel verstanden zu haben.



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Stefanie
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Fr 19. Jan 2024, 20:17

Quk
1. Vom Menschen unabhängige Information:
Information "Keks" ist in der Welt, und ich bin noch nicht geboren.
Aber vor Dir wurden doch Menschen geboren, die Keks kennen. Die hatten doch die Information schon.



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Quk
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Fr 19. Jan 2024, 20:28

Ersetze "Keks" durch "Baum".




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Jörn Budesheim
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Fr 19. Jan 2024, 20:40

Mir ist nicht klar, warum "Baum" und/oder "Keks" eine Information sein sollen?




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Quk
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Fr 19. Jan 2024, 21:24

Der Baum verdrängt Erde. Das ist eine Information unter unzählig vielen. Ich muss für diese Tatsache nicht persönlich dabei sein.




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Jörn Budesheim
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Fr 19. Jan 2024, 21:26

Dass der Baum in der Erde steht, würde ich als Information sehen, aber Baum selbst ist kein Information, finde ich.




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Quk
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Fr 19. Jan 2024, 21:32

Um Baum zu sein, muss er sich vom Nichtbaum unterscheiden, und diesen Unterschied bezeichne ich als information.


Edit: Ach so, Du meinst die "Idee" Baum (im platonischen Sinn) sei keine Information? Naja, auch in der Ideenwelt muss er sich von der Idee des Nichtbaums unterscheiden, denke ich.




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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2024, 08:15

Ein Baum und ein Keks sind für mich keine Informationen. Bäume und Kekse sind Dinge. Informationen sind abstrakt. Beispiele für Informationen sind: Der Baum hat seine Blätter verloren. Der Keks ist in der Schachtel. Informationen haben einen Gehalt, bzw. der Gehalt ist die Information.




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Quk
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Sa 20. Jan 2024, 08:55

Ja, kann ich nachvollziehen. Dann ändere ich in meinem obigen Beispiel den bloßen "Baum" zu "hier ist ein Baum". Diese Information beinhaltet mindestens den Ort, die Art des Dings, seine gegenwärtige Existenz ...




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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2024, 10:43



Seth Lloyd sagt in diesem Interview sinngemäß: "Unten sind es Bits, ein bit Information ist die kleinstmögliche Informationsmenge. Es stellt die Unterscheidung zwischen zwei Möglichkeiten dar: ja oder nein, Kopf oder Zahl, wahr oder falsch, oder null oder eins, wie wir es normalerweise in einem Computer nennen. Und um ein Bit zu haben, muss man nur etwas haben, das zwei mögliche Zustände hat. Zum Beispiel kann sich der Kern eines Atoms, wie das Proton im Zentrum eines Wasserstoffatoms, auf die eine oder andere Weise drehen. Wegen unserer rechtshändigen Gesellschaft nennen wir das dann Spin Up und Spin Down. Das ist ein Bit Information..."




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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2024, 11:26

Ich weiß nicht, ob ich damit einverstanden bin. Mir gefällt, dass die Information als robuste metaphysische Einheit betrachtet wird, die unabhängig von unserem Wissen und unserer Existenz ist. Die Vorstellung, dass sich alles in Information auflöst, lässt mich jedoch eher etwas ratlos zurück. Information ist immer über etwas, und wenn das verschwindet oder mit ihr identisch wird und sie nicht mehr über etwas ist, dann wird ihr Status fragwürdig, oder?

Ich frage mich seit ein paar Tagen, ob wir es nicht mit einem Begriff zu tun haben, der in verschiedenen Bereichen und/oder Skalenbereichen unterschiedliche, aber jeweils ähnliche Bedeutungen haben kann?




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Quk
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Sa 20. Jan 2024, 12:37

Darauf habe ich eine andere Perspektive, und zwar nach dem Motto: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile. Das Ganze, was beispielsweise den Menschen ausmacht, ist nicht nur die Summe seiner "bits", sondern auch deren endloser Zusammenhänge. Endlos, weil jeder Zusammenhang abermals neue Zusammenhänge vorbringt. Selbstverständlich stellt jeder Zusammenhang wiederum ein "bit" dar. Aber diese Perspektive macht klar, dass es hier um mehr geht als um einen Sack lose aneindander liegender Reiskörner. Das bit "rot" und das bit "blau" ist mehr als nur rot+blau. Es ist lila. Bits sind wie Samen und Eizellen.




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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2024, 14:10

Geht denn aus dem Zitat Seth Lloyd hervor, dass er die Idee, dass das Ganze mehr ist als die Summe der Teile verwirft?




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Quk
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Sa 20. Jan 2024, 14:35

Die Idee kommt in dem Zitat gar nicht vor. Ich weiß nicht, ob er sie verwirft oder überhaupt hatte.




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