Was heißt es denn, wenn ich sage es sei "objektiv wahr"? Ist es das dann auch automatisch für den anderen?Alethos hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:25Mag sein, ja. Aber betreffend das Ergebnis der Ansicht, dass der Jude nicht weniger wert sei als der Nazi, können sie beide zum selben Ergebnis kommen. Der Relativist kann nur nicht behaupten, dass seine Ansicht wahr ist, sondern nur „subjektiv wahr“, was so gut wie gar nichts heisst.
Die Entzauberung der Welt
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But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)
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Was auch immer. Aber "weil es so ist" ist für mich kein Grund. Es sei denn es geht um Dinge die nicht änderbar sind.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:13Und die Gründe sind das folgende?NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:06Er ist nicht "einfach falsch". Sondern er ist aus Gründen falsch.
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Wenn die Gründe objektiv sind, die für deine Ansicht sprechen, dann müssen sie es auch für mich sein.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:26Was heißt es denn, wenn ich sage es sei "objektiv wahr"? Ist es das dann auch automatisch für den anderen?Alethos hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:25Mag sein, ja. Aber betreffend das Ergebnis der Ansicht, dass der Jude nicht weniger wert sei als der Nazi, können sie beide zum selben Ergebnis kommen. Der Relativist kann nur nicht behaupten, dass seine Ansicht wahr ist, sondern nur „subjektiv wahr“, was so gut wie gar nichts heisst.
Wir können ja zu einer konträren Meinung kommen darüber, welche Ansicht richtig sei, aber wir müssen annehmen, dass sich einer von beiden irrt. Das heisst Objektivität der Gründe.
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Siehste. Und sowas gibt es für mich in der Moral nicht.
Warum müssen wir annehmen, dass "einer von beiden irrt"?Wir können ja zu einer konträren Meinung kommen darüber, welche Ansicht richtig sei, aber wir müssen annehmen, dass sich einer von beiden irrt. Das heisst Objektivität der Gründe.
Das kann so sein, das muss es aber nicht.
Wenn Frauen dafür plädieren, dass Abtreibung mit Hinweis auf das Selstbestimmungsrecht über den eigenen Körper erlaubt sein soll und die Kirchen das Leben des Ungeborenen in den Blick nehmen und wir uns dann für die Frauen entscheiden, dann heißt das doch nicht, dass die Kirche "objektiv falsch" liegt.
Recht haben sie beide. Beides geht aber nicht, weil es sich gegenseitig ausschliesst. Moral ist kein Alles-oder-Nichts-Geschäft. Das Ergebnis einer Abwägung die wir vornehmen müssen, berechtigt uns nicht zu der Annahme dass sein Gegenteil "objektiv falsch" wäre.
Bei Völkermorden wird diese Abwägung nicht lange dauern und auch eindeutiger ausfallen als bei meinem Beispiel hier. Aber es geht ja in der Moral nicht nur um Völkermorde.
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Wir müssen nur annehmen, dass eine der zwei gegenteiligen Meinungen falsch ist, wenn wir Realisten sind. Wir müssen keine Realisten sein.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑So 14. Feb 2021, 19:44Warum müssen wir annehmen, dass "einer von beiden irrt"?Alethos hat geschrieben : ↑ Wir können ja zu einer konträren Meinung kommen darüber, welche Ansicht richtig sei, aber wir müssen annehmen, dass sich einer von beiden irrt. Das heisst Objektivität der Gründe.
Das kann so sein, das muss es aber nicht.
Wenn Frauen dafür plädieren, dass Abtreibung mit Hinweis auf das Selstbestimmungsrecht über den eigenen Körper erlaubt sein soll und die Kirchen das Leben des Ungeborenen in den Blick nehmen und wir uns dann für die Frauen entscheiden, dann heißt das doch nicht, dass die Kirche "objektiv falsch" liegt.
Recht haben sie beide. Beides geht aber nicht, weil es sich gegenseitig ausschliesst.
Wenn beide Recht haben, die Frau und die Kirche, dann nicht, weil die Gründe objektiv vorkommen. Wenn sie aber nicht objektiv vorkommen, kommen sie in keinem relevanten Sinn vor, dass wir uns als Gesellschaft eine politische Meinung bilden könnten, die Argumente auf ihrer Seite hat. Wir als Gesellschaft würden dann so gut dies wie auch das gutheissen können, ohne Einheit durch realitätsbasierte Gründe.
Das ist aber nicht der Fall. Wenn du z.B. sagst, dass wir uns bei Völkermord relativ schnell einig werden, dann wohl, weil es objektive Gründe gibt, die offenbar sind. Dieser Sachverhalt verhält sich aber bezüglich der Objektivität der Gründe nicht anders als ein sehr kontroverses, sehr kompliziertes Thema, bei dem die moralische Richtigkeit vielleicht nicht so offenbar, nicht so evident ist. Dass sie es nicht ist, heisst nicht, dass sie nicht da wäre.
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"...Wir erinnern uns, daß das Projekt ,Aufklärung`, in einer Drehbewegung von England, über Frankreich schließlich nach Deutschland hereinstrudelte.
Sie war als europäisches Phänomen im Kern nun alles andere als ein Rückruf auf bloß naturwissenschaftliches Wissen als Rationalitätsmonopol. Sie bestand von Anfang an gerade umgekehrt darauf, daß es überhaupt keinem epistemischen Profil zuzugestehen sei, eine Monopolstellung einzunehmen.
Aufklärung ist so im Kern und ihrem europäischen Entwurf nach eine Kartellbehörde zur Verhinderung diskursiver Monopole. Weder Theologie, noch Naturwissenschaften, noch Mathematik, noch sonstiges Expertenwissen, kann sich als Diskursmonopol aufführen. Herz, Gefühl, Geschmack und Takt haben in ihrer Weise und in Belangen der Lebensorientierung eine schon von Aristoteles vorgetragene Stimmberechtigung."
(Wolfram Hogrebe)
Sie war als europäisches Phänomen im Kern nun alles andere als ein Rückruf auf bloß naturwissenschaftliches Wissen als Rationalitätsmonopol. Sie bestand von Anfang an gerade umgekehrt darauf, daß es überhaupt keinem epistemischen Profil zuzugestehen sei, eine Monopolstellung einzunehmen.
Aufklärung ist so im Kern und ihrem europäischen Entwurf nach eine Kartellbehörde zur Verhinderung diskursiver Monopole. Weder Theologie, noch Naturwissenschaften, noch Mathematik, noch sonstiges Expertenwissen, kann sich als Diskursmonopol aufführen. Herz, Gefühl, Geschmack und Takt haben in ihrer Weise und in Belangen der Lebensorientierung eine schon von Aristoteles vorgetragene Stimmberechtigung."
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