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zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 14:17
von Jörn Budesheim
Jörn Budesheim, Mischtechnik ca. 15 cm x 11,5 cm 2018/19
Heute hab ich bei Facebook wirklich ein schönes Geschenk bekommen:
S.N. hat geschrieben : Die einzig wahre Phase zwischen gestern und morgen ist das Hier und Hase
Obwohl mir der Satz spontan sehr gefallen hat, dauerte es etwas bis mein Groschen gefallen war. Der Text ist nämlich ganz dicht an dem, was man sieht: G=Gestern und M=Morgen ... Mehr zu diesem schönen Einfall hier >
https://m.facebook.com/story.php?story_ ... 0380751395
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 16:07
von Stefanie
Also bei mir fällt leider kein Groschen, er bewegt sich noch nicht mal.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 16:45
von TsukiHana
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 14:17
Heute hab ich bei Facebook wirklich ein schönes Geschenk bekommen:
S.N. hat geschrieben : Die einzig wahre Phase zwischen gestern und morgen ist das Hier und Hase
Manchmal ist Facebook doch voller Überaschungen!
Sagte nicht Joseph Beuys: "Ich bin der Hase!" ?
Dann würde das Bild ja noch eine besondere Ausrichtung bekommen.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 16:47
von Jörn Budesheim
Hase ist natürlich extrem "symbolträchtig" nicht nur bei Beuys :-)
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 16:49
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 16:07
Also bei mir fällt leider kein Groschen, er bewegt sich noch nicht mal.
Die Figur halt doch zwei Tafeln, Bücher oder was auch immer in den Händen. Und darauf sind zwei Buchstaben. Daraus hat S.N. diese kleine Assoziation gemacht.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 17:09
von Jörn Budesheim
Außerdem ist zwischen "Gestern" und "Morgen" auch noch der Nabel. Erstaunlich, was man manchmal so produziert ...
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 17:09
von Stefanie
Ja schon, aber was hat der Hase damit zu tun? Die Erklärung auf Facebook habe ich gelesen, nur ... einen Sinn ergibt das fur mich nicht.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 17:25
von TsukiHana
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 16:47
Hase ist natürlich extrem "symbolträchtig" nicht nur bei Beuys
Jetzt werde ich den Gedanken einfach nicht mehr los...
„Für mich ist der Hase das Symbol für die Inkarnation, Denn der Hase macht das ganz real, was der Mensch nur in Gedanken kann. Er gräbt sich ein, er gräbt sich einen Bau. Er inkarniert sich in die Erde, und das allein ist wichtig. So kommt er bei mir vor. Mit Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit denken zu tun hat. Die menschliche Fähigkeit ist, nicht Honig abzugeben, sondern zu denken, Ideen abzugeben. Dadurch wird der Todescharakter des Gedankens wieder lebendig gemacht. Denn Honig ist zweifellos eine lebendige Substanz. Der menschliche Gedanke kann auch lebendig sein. Er kann aber auch intellektualisierend tödlich sein, auch tot bleiben, sich todbringend äußern etwa im politischen Bereich oder der Pädagogik.“
J. Beuys
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 18:17
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 17:09
Ja schon, aber was hat der Hase damit zu tun? Die Erklärung auf Facebook habe ich gelesen, nur ... einen Sinn ergibt das fur mich nicht.
Ich sehe es hier wie bei einem Kunstwerk. Die Interpretation dieses Gedanken ist nicht eindeutig. Ich (ich selbst) kann jetzt nicht sagen, dass bedeutet exakt das und das, es ist offen. Ein Assoziationsfeld.
Zwischen Gestern und Morgen ist das Hier und das Heute/der Hase, das bringt das "H" so mit sich, damit fang' ich an und dann hoppel ich weiter. Assoziationslücken übergehe ich fröhlich, ich bin keine Angsthase. Der Hase als Zeichen der Fruchtbarkeit und der Bauchnabel als Zeichen des Hier und Heute - da geht doch was. Ich weiß nicht genau was. "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten". Es hat was. "Je ne sais quoi." Aber ich ahne was, so wie wenn ein Wort auf der Zunge liegt und nicht raus will.
Aber das ist alles schon viel zu ernst. Reimt sich Hase nicht auch auf Humor? Ich wette: der Hase steht nämlich auch für Gottvertrauen. Es muss doch auch etwas übrig bleiben, was man nicht genau versteht, sonst sind das Bild und der Text am Ende tot.
Gestern war ich in unserem Kunstverein. Da meinte einer, Bilder zu betrachten, sei heute fast so etwas wie "Dedektiv-Arbeit", man sieht hier ein Indiz, da eine Spur, woanders deutet sich was an ... und macht daraus ein Bild. Durchaus ein "eigenes" - Kunst ist offen. Aber auch nicht beliebig. Nicht jeder sieht einfach was anderes. Am Ende fasst man aber als Dedektiv nie den Täter, sonst wäre es eine große Enttäuschung:
Wenn du denkst du hast'n - dann springt er aus dem Kast'n. Der Hase :-)
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: So 3. Feb 2019, 18:29
von Jörn Budesheim
Wiki hat geschrieben : Das je ne sais quoi ist ein Begriff der Ästhetik, mit dem die Unmöglichkeit einer abschließenden sprachlichen und begrifflichen Festlegung des ästhetischen Gegenstandes bezeichnet wird.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Mo 4. Feb 2019, 20:41
von Stefanie
Danke für die Erläuterungen bzgl. des Hasen.
Das Problem ist, sowohl bei dem Bild als auch bei dem Satz hatte ich kein Assoziationsfeld und jetzt eigentlich auch nicht. Meine Assoziation ist Hase, oder ist ein Kaninchen?, auf jeden Fall niedlich...nicht weiter drüber nachdenken, das Bild ist eine Hommage an einen Kollegen.
Die nachträgliche Wissenserweiterung über Hasen in der Kunst oder im allgemeinen löst vielleicht später mal eine Assoziation aus.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Mo 4. Feb 2019, 20:57
von Jörn Budesheim
Man kann schwer einen Hasen ins Bild setzen ohne an Beuys, Dürer, Flanagan oder wen auch immer zu denken, das mag schon stimmen. Für mich ist es aber keine Hommage an wen auch immer :-)
Mein Punkt war eigentlich (indirekt) ein anderer. Passen der Anspruch, "jeder sieht es anders" und der Wunsch es zu verstehen oder auf eine Erklärung zu hoffen, eigentlich zusammen? Oder geht das etwas auseinander?
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Mo 4. Feb 2019, 23:18
von TsukiHana
Jetzt rückte der Hase doch wohl etwas zu sehr in den Vordergrund, was?
Nun gut, auch wenn es
keine Hommage (an wen auch immer) war, hoppelt der Hase jetzt (in meiner Vorstellung) fröhlich weiter auf der Wiese vor dem Fridericianum herum
Ich mag das Bild, was nicht nur daran liegt, dass mir viele Budesheim-Bilder gefallen.
Oft geht es mir dann wie eben jenem Gast im Kunstverein mit seiner "Dedektiv-Arbeit". Das macht die Sache ja auch durchaus spannend.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 18:17
Gestern war ich in unserem Kunstverein. Da meinte einer, Bilder zu betrachten, sei heute fast so etwas wie "Dedektiv-Arbeit", man sieht hier ein Indiz, da eine Spur, woanders deutet sich was an ... und macht daraus ein Bild. Durchaus ein "eigenes" - Kunst ist offen. Aber auch nicht beliebig. Nicht jeder sieht einfach was anderes. Am Ende fasst man aber als Dedektiv nie den Täter, sonst wäre es eine große Enttäuschung:
Wenn du denkst du hast'n - dann springt er aus dem Kast'n. Der Hase
Ja, die Kunst ist vielfältig, offen, jedoch keineswegs beliebig, dafür im ewigen Wandel. Erklärungen können lediglich kleine Impulse geben, ähnlich wie Einblicke in Werkprozesse oder Quellen.
Spurensuche eben, auf die ich mich bereitwillig einlassen muss. Gelingt es mir einen Zugang zum Werk zu finden, kann es sogar eine sehr lustvolle Auseinandersetzung werden, die manchmal sogar mit einem Rausch zu vergleichen ist.
Ich gestehe... Kunst muss mich vor allem verblüffen können!
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Mo 4. Feb 2019, 23:51
von Stefanie
Die Aussage ein jeder/Jede sieht es anders, ist kein Anspruch, sondern eine Aussage, aufgrund von eigenen gemachten Erfahrungen. Eine derzeitige Feststellung.
Ob es als Widerspruch bezeichnet werden kann, weiß ich nicht. Es ist zumindest kompliziert.
In dem von mir erwähnten Rucksack ist das drin, was jemand mitbringt, dazu gehören neben den schon von mir genannten Komponenten auch und vorallem eine große Portion Neugierde.
Ich bleibe dabei, dass es darauf ankommt, was jemand mitbringt, wenn ein Bild betrachtet wird. Das bewirkt ein anderes Sehen. Die Grundlagen für Assoziationen sind unterschiedlich.
Neugierig zu sein beinhaltet auch die Eigenschaft, Fragen zu stellen. Und verstehen zu wollen. Gerade als Laie, wie soll man sonst lernen?
Ich als neugierige Laie sehe anders.
Meine gemachten Erfahrungen bei neuzeitlichen Kunstwerken sind ...oft die Neugierde tötend. Nicht bei jedem Bild, oder Objekt.
Mittlerweile versuche ich mir Fragen in sozialen Medien ernsthaft zu verkneifen. Z.B auf einer Facebook Bildbetrachtungs Gruppe, sehe und lese ich nahezu alles, nur schreiben, als Fragen stellen, nein. Geschweige denn meinen Eindruck zu schildern. Dass der Glücksfall eintritt, das zumindest theoretische Infos kommen ist gering, also lasse ich es.
Selber wissen anzulesen klappt nur bei geschichtlichen Hintergründen, ansonsten bewirkt das wieder... Fragen.
Hier klappt das mit der Zurückhaltung noch nicht so wirklich. Obwohl ich eigentlich mittlerweile wissen sollte, dass die Antworten mir nicht unbedingt weiterhelfen. Es ist aber gegen mein Naturell, keine Fragen zu stellen, wenn ich welche habe. Schwierig.
Ja es geht da wohl was auseinander.
Bild lebt, laienhafte Neugierde ausgebremst.
Bei alten Gemälde ist das durchaus anders. Auch wenn es mal etwas eintönig wird...etwas ist immer dabei, und wenn es der geschichtliche Hintergrund ist, oder kleopatra mit blonden Haaren.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Di 5. Feb 2019, 06:18
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben : ↑ Mo 4. Feb 2019, 23:51
Die Aussage ein jeder/Jede sieht es anders, ist kein Anspruch, sondern eine Aussage, aufgrund von eigenen gemachten Erfahrungen.
Das kann durchaus auch als Anspruch gemeint sein. Meines Erachtens kann man es als (eins von vielen möglichen) Qualitätsmerkmalen betrachten, wenn ein Kunstwerk offen ist. Das gilt auch für den Rätselcharakter mancher Kunstwerke. Was ja zusammenhängt. Denn damit sind in aller Regel ja keine Rätsel gemeint, die eine klare Lösung haben, die man auch noch irgendwo nachschlagen oder erfragen kann, wie bei einem Bilderrätsel in einem dieser Rätsel Heftchen, wo die Rätsel auf den letzten Seiten aufgelöst werden.
Bei vielen Kunstwerken ist das oftmals ganz anders. Das "je ne sais quoi" gehört in vielen Fällen wesentlich dazu und lässt sich nicht auflösen. Und soll sich auch nicht auflösen lassen; das ist ein Anspruch an die Arbeit.
Ich habe eine gewisse Erfahrung, was Vermittlung von Kunstwerken angeht, wenn man so will: auf beiden Seiten. Also sowohl als Vermittler als auch im Publikum. Und da ist meine Erfahrung, dass der Umstand, dass es "jede/r anders sieht", in der Regel als "Anspruch" auftritt. Es ist dann nicht nur eine nüchterne Feststellung eines Sachverhaltes, sondern es wird Wert darauf gelegt, dass es so ist und auch so sein sollte.
Warum genau es so ist, wird in der Regel nicht eigens thematisiert. Oftmals scheint es mir darum zu gehen, damit die eigene Individualität und Freiheit zum Ausdruck zu bringen und zu unterstreichen.
In demselben Zusammenhang mache ich jedoch oft widersprechende Erfahrungen. Oftmals wird von dem Vermittler erwartet oder erhofft, dass er den Rätselcharakter der Arbeit auflöst und sie im Grunde gründlich erklärt. Dieses Element bedeutet X, jenes Element bedeutet y und das hier bedeutet z. Aus "ich weiß nicht, was soll es bedeuten" soll werden: "Aha! ich habe es verstanden." Damit wird nicht nur die Beunruhigung, die von manchen Arbeiten ausgeht, negiert, sondern eigentlich auch die eigene Freiheit, die manchmal eben nicht zur Ruhe kommt.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Di 5. Feb 2019, 06:43
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben : ↑ Mo 4. Feb 2019, 23:51
Ja es geht da wohl was auseinander.
Bild lebt, laienhafte Neugierde ausgebremst.
Bei alten Gemälde ist das durchaus anders.
Meine Erfahrung bezüglich "Alter Bilder" ist etwas anders als deine. Bei vielen von ihnen (aber natürlich allen und auch nicht in jeder Hinsicht) ist die Bildsprache ja keineswegs offen. Hund bedeutet dies, Auster bedeutet das, und eine Weltkugel jenes. Bei diesem Bild geht es um jene Bibelgeschichte, bei jenem Bild um eine bestimmte griechische Sage und bei Dritten um etwas ganz anderes. In solchen Fällen kann der Vermittler ganze Arbeit leisten und die Ikonographie relativ klar erläutern. "Alte Bilder" sind oft - ohne Hilfe - viel, viel schwieriger zu "verstehen" als zeitgenössische.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Di 5. Feb 2019, 08:52
von Stefanie
Die Hilfe bei alten Meistern ist viel einfacher zu erhalten und zu beschaffen, als bei zeitgenössischen Kunst. Viel einfacher.
Wer will, kann sich es selber erklären. Nachlesen. Auch zur Maltechnik, zu den verwendeten Farben, und was weiß ich noch. Zudem hängen oft bei vielen Gemälden Erläuterungen, die mehr umfassen als Titel Bild, Name Maler, und Jahr (wie es im Schloss Wilhelmshöhe bei etlichen Gemälden so ist), als bei zeitgenössischer Kunst. Im Rijksmuseum in Amsterdam gibt es Erklärkarten DIN A4, foliert, blöd nur, dass frau vor lauter Menschen die Gemälde nicht sah. ;- )
Zudem bilden diese Gemälde Geschichte ab. Ich liebe Geschichte.
Sorry, ich muss jetzt tatsächlich arbeiten.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Di 5. Feb 2019, 15:48
von Friederike
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ So 3. Feb 2019, 18:17
Es hat was. "Je ne sais quoi." Aber ich ahne was, so wie wenn ein Wort auf der Zunge liegt und nicht raus will.
Das meine ich immer, wenn ich "Verheißung" schreibe. Es gehört aber dazu, daß der Schleier, der vor dem Geahnten liegt, nicht gelüftet wird.
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Di 5. Feb 2019, 18:27
von Jörn Budesheim
Jede/r sieht es anders
Ich schätze mal, die meisten kennen die Geschichte mit dem Elefanten und den Blinden? Die geht ganz knapp erzählt so: Die Blinden betasten einen Elefanten. Jeder "sieht" dabei etwas anders, da alle verschiedene Teile/Aspekte vor sich haben. Je nach Variante der Geschichte meint eine Person, der Elefant sei ein Wasserschlauch (Rüssel), ein Fächer (Ohr), eine Säule (Bein), oder ein Thron (Rücken).
In diesem Fall "sieht" zwar jeder etwas anderes, aber man gerät dabei ja nicht in einen "Konflikt", sondern man kann sich sogar ergänzen. Dieses "Jede/r sieht es anders" ist im Grunde ganz unproblematisch, weil eben keine Widersprüche auftauchen. Ich hab in Kassel eine kleine Gruppe initiiert von Menschen, die zusammen ins Museum gehen und sich gemeinsam Bilder anschauen. Wenn jede/r dabei etwas anderes sieht, dann ist es oft von dieser Art. Das ist natürlich sehr "befruchtend" :-)
Re: zwischen gestern und morgen
Verfasst: Do 7. Feb 2019, 18:16
von Stefanie
Wie ist denn diese Gruppe zusammengesetzt?