Klaus Harth, Gegend

Hier können Kunstwerke diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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So 3. Feb 2019, 17:43

Stefanie hat geschrieben : jeder sieht es anders
Dass Kunstwerke oft "offen" und nicht eindeutig sind und den Betrachter (wenn man so sagen darf) zum Komplizen machen, finde ich auch. Die Freiheit des Betrachters, die seine eigene Kreativität herausfordert, ist wichtig.

Aber: Wie weit geht das? Ist es wirklich so, dass jeder etwas (ganz?) anderes sieht? Was heißt das eigentlich? Ich vermute, man sieht sehr vieles sehr ähnlich. Nur wird das nicht "thematisch", weil es zu offensichtlich ist. (Niemand übersieht ja bei den Bildern von Klaus, dass zum Beispiel Häuser und Bäume drauf sind, aber keine Flugechsen. Jeder von uns ist vertraut damit, dass überhaupt auf Papier gezeichnet und gemalt wird und es dann präsentiert wird - dass es so etwas wie Kunst gibt. Man könnte sicher eine sehr lange Liste der Selbstverständlichkeit machen, die nie eigens besprochen werden, weil sie im Grunde "unsichtbar" geworden sind. Diese Liste ist wichtig - weil sie auch zu dem gehört, woran Künstler "negativ" anschließen - indem sie sich ihr entziehen.)

Erst vor einem in der Regel sehr großen gemeinsamen Hintergrund bilden sich dann die (sehr wichtigen) unterschiedlichen Sichtweisen heraus. Außerdem sind diese ja nicht beliebig. Ist gibt sicher Sichtweisen, die nicht mehr vom Werk gedeckt sind, sondern als abwegig erscheinen.




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Jörn Budesheim
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So 3. Feb 2019, 17:45

Stefanie hat geschrieben :
So 3. Feb 2019, 17:32
Einen Rucksack mit Kenntnissen, Wissen, Erfahrungen, Kunsterfahrungen, Neuling, Erwartungen, sich selber mit seinem Charakter usw.
Den Rucksack wird man zwar natürlich nie komplett los. Aber oft ist es angeraten, in Ausstellungen den Rucksack an der Garderobe abzugeben :-)




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TsukiHana
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So 3. Feb 2019, 17:59

Stefanie hat geschrieben :
So 3. Feb 2019, 17:32
Dazu kommen noch die Erwartungen, und der eigene Charakter, Vorlieben, Abneigungen z.B. welche Farben haben welche Wirkung usw. Gerade Assoziationen kommen ja nicht aus dem Nichts.
Diesen Rucksack kann man nicht komplett ablegen.
Mich wundert es nicht, dass der eine etwas so sieht, und eine andere es anders.

Eine Diskussionsverweigerung ist das nicht.
Dann stellt sich mir jetzt natürlich die Frage, warum dieser individuelle "Rucksack" so oft einem fest verschnürten, geradezu dogmatischen Gepäckstück gleicht?
Ließe er sich öffnen... wer weiß?
Vielleicht würden ja einige Sachen rausfliegen und neue Erkenntnisse/Impulse den Reiseproviant bereichern?



Wozu die Tage zählen!?
(Ф.М. Достоевский)

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Jörn Budesheim
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Mi 13. Feb 2019, 20:58

Hier noch eine sehr wichtige Unterhaltung aus FB, die sehr viel zu meinem "Verständnis" beigetragen hat
N.N. hat geschrieben : bei mir um die ecke oder überall? 🤔😁
Klaus Harth hat geschrieben : Das ist für mich durchaus eine der zentralen Fragen, die mich dabei interessieren. Eigentlich sind es tatsächlich real existierende Bäume eines Saarbrücker Vorortes, also quasi tatsächlich zumindest fast "bei Dir um die Ecke".Und eigentlich verstehe ich die Blätter tatsächlich als Portraits bestimmter Bäume dieses Vorortes. Und noch eigentlicher sollen in diesem Zusammenhang alle Bäume dieses Vorortes portraitiert werden. Was ich in der mir verbleibenden Lebenszeit wohl kaum schaffen werde. Und natürlich stehen die auch für ein gewisses "Überall". Interessant war letztens auch die Frage: Gibt es da überhaupt Bäume? Da sind mir noch nie wirklich welche ins Auge gefallen--- Also: in diesem Sinne.




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Jörn Budesheim
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Di 24. Sep 2019, 14:17

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Friederike
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Fr 27. Sep 2019, 13:49

Als ich kürzlich durch den Botanischen Garten (Klein-Flottbeck) wanderte, ist mir aufgefallen -es war eigentlich unübersehbar- die Botanik offenbar ein Anziehungspunkt für Künstlerinnen ist. Eine Zeichnerin, die auf der Erde saß und eine einzige Blüte nachzeichnete; eine Malerin mit Staffelei und Aquarellfarben, die eine Teichrosenlandschaft aufs Papier pinselte; mehrere Fotografen - mit richtigen großen Kameras wie man sie früher benutzte (und heute wohl immer noch für die Kunstfotografie), und eine Gruppe von Tänzern, die, wenn ich es zutreffend gedeutet habe, eine Choreographie von Bewegungen einübten, die sich an im Wind tanzenden Blättern, Blüten und Zweigen orientierte. Kunst als Nachahmung der Natur.




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Jörn Budesheim
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Mi 2. Okt 2019, 05:57

Ich weiß ja nicht, was diese Künstler und Künstlerinnen (wie und warum) gemalt und gezeichnet haben. Nach meinem Gefühl sind Natur Dinge in der Kunst wieder ein großes Thema. Die Gründe dafür dürfen auf der Hand liegen.

In der Philosophie hat sich die Unterscheidung zwischen verstehen und erklären eingebürgert. Wir verstehen die geistigen Bewegungen der Anderen. Wir erklären uns die Dinge der Natur mittels Natur-Gesetzen. Aber was machen wir mit den Pflanzen in einem botanischen Garten zum Beispiel? Bräuchten wir hierfür nicht eine dritte Kategorie, die irgendwo zwischen den beiden anderen liegt? Was könnte das sein? Mir fällt nicht mal ein Wort dafür ein...




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Jörn Budesheim
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Mi 2. Okt 2019, 07:54

Gleichen wir im traumlosen Schlaf eher dem Stein oder eher einem Baum?




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Stefanie
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Fr 4. Okt 2019, 22:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 2. Okt 2019, 05:57

In der Philosophie hat sich die Unterscheidung zwischen verstehen und erklären eingebürgert. Wir verstehen die geistigen Bewegungen der Anderen. Wir erklären uns die Dinge der Natur mittels Natur-Gesetzen. Aber was machen wir mit den Pflanzen in einem botanischen Garten zum Beispiel? Bräuchten wir hierfür nicht eine dritte Kategorie, die irgendwo zwischen den beiden anderen liegt? Was könnte das sein? Mir fällt nicht mal ein Wort dafür ein...
Gefühlte tausend mal gelesen und ich habe immer noch nicht verstanden, um was es geht. Wieso, wofür oder warum eine dritte Kategorie für wen oder was?

An einen traumlosen Schlaf kann ich mich übrigens nicht erinnern. Davon mal abgesehen, jeder Mensch träumt jedes mal, wenn er schläft, nur die Erinnerung an den Traum ist nicht immer gegeben. Stein oder Baum...????



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Sa 5. Okt 2019, 07:39

Wir träumen, glaube ich, nicht die ganze Nacht, es gibt auch traumlose Phasen. In diesen Phasen sind wir, so wie ein Stein und eine Blume ohne Bewusstsein. Daran können wir uns natürlich nicht erinnern, aber es reicht für diesen Gedanken, dass wir wissen, dass es Phasen in unserem Leben gibt, wo wir ohne Bewusstsein sind.

Die dritte Kategorie (wenn wir uns auf 3 beschränken wollten) zusätzlich zu Verstehen und Erklären bezöge sich auf die Welt der Pflanzen.




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Stefanie
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Sa 5. Okt 2019, 18:35

Dass es um eine weitere Kategorie in Bezug zur Welt der Pflanzen geht, habe ich verstanden. Aber wieso und wofür? Was ist an Pflanzen so besonders, dass erklären und verstehen nicht ausreichen könnte?



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Jörn Budesheim
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Sa 5. Okt 2019, 18:52

Pflanzen sind Lebewesen, also solche sind sie kategorial von anderen Dingen etwa Steinen und ähnlichem verschieden. Ich finde es naheliegend, den Begriff "Erklären" dem Bereich zuzuordnen, den die Physik untersucht. Das "Verstehen" rechnen wir in der Regel zum Bereich des Humanen, inwiefern wieder andere Tiere verstehen, könnte man auch untersuchen. Für unser Verhältnis zu den Pflanzen fehlt ein entsprechender Begriff, meine ich.




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Alethos
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Sa 5. Okt 2019, 20:08

Dies weitergedacht, würde in einen epistemologischen Pluralismus führen und wäre verheerend für die Einfachheit des durchschnittlichen Denkvermögens.

Ich glaube, wir gleichen eher einem Baum, wenn wir schlafen und ohne Bewusstsein sind. Wobei ich mich beim Begriff 'Bewusstsein' dann nicht mehr so sicher bin, ob ich darunter ein 'Wissen um dieses Wissen' verstehen möchte. Muss ein Baum wissen können, dass es weiss, also bewusst in diesem Sinne sein, um ein Bewusstsein zu haben für sein 'Verhalten'? Er verhält sich schliesslich, wenn auch nicht im Sinne eines verantwortungsfähigen Agenten, aber dort zu stehen, die Wurzeln in den Boden zu treiben, sich zu verzweigen, die Blätter fallen zu lassen: Das alles ist Interaktion und weit mehr als blosses Steinsein. Es handelt sich vielleicht nicht um ein reflexives Bewusstsein, aber doch um ein Umweltbewusstsein sui generis.
Und wenn wir schlafen, da sind liegen wir auch ganz richtig: hoffentlich!



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