Jaa, Veronika Olma
Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 20:11
Jaa
Veronika Olma, 2019 - GPS-track gestickt/Chitosan-Tempera auf Rohleinen
30 x 40 cm
Modell: Klaus Harth
"GPS-track gestickt" heißt: Veronika macht regelmäßig GPS-Bilder. Dabei "geht" sie mit ihrem Hund "Bazi" Texte oder Zeichnungen, die per GPS aufgezeichnet werden. Sie nennt das "begangene AUFzeichnung GPS/Galileo" > https://www.olma.de/gps-drawing-begangene-aufzeichnung/
Zwei dieser "AUFzeichnungen" sind auf den "rohen" Stoff gestickt - "über" ein "Portrait" von Klaus Harth. Klaus Harth ist ein Saarländischer Künstler-Kollege von Veronika > https://www.zeichenblock.info/aquarelle ... den-zu-bgb
Der folgende Text von mir ist "meditierend" entstanden. Oder etwas genauer: Ich hab das Bild - das ich auf Facebook gesehen habe - eine knappe halbe Stunde (auf einem Tablet) zum Gegenstand einer Meditation gemacht. Und danach aufgeschrieben, was mir irgendwie noch in Erinnerung geblieben ist. Das ganze hat dabei natürlich eine Form bekommen, die es beim Meditieren nicht hatte - das war ungeordneter ... Ob das eine seriöse Art der Bildbetrachtung ist, weiß ich natürlich nicht, aber es hat mir viel Spaß gemacht:
Steht Klaus Harth einfach dumm in der Gegend* herum? Nein, er blickt intensiv auf einem bestimmten Punkt knapp rechts außerhalb des Bildes. Steht dort Bazi, der vom Jaa-Spaziergang mit Veronika zurück kommt? Niemand wird es je erfahren :-)
Ich kann nicht ein langgezogenes Jaa sehen oder hören ohne an Joseph Beuys zu denken… es geht einfach nicht. Ja, ja, ja nee, nee, nee**. Das war an der Uni in den Achtzigern eine Zeit lang ein echter Hit. Später lese ich irgendwo, dass es eine Stelle aus der Bibel zitiert. Aber ich will ja nicht abschweifen. Aber wieso eigentlich nicht? Abschweifen das passt doch perfekt zu diesem Bild.
Gut ich kehre zurück. Klaus schaut nach rechts aus dem Bild, was er sieht, sehe ich nicht. Aber links hinter ihm - das kann er nicht sehen, befindet sich das J - es ist ganz klar, dass dieses J ihn nachäfft. Es hat einen Kopf und einen Arm und so ungefähr dieselbe Beugung nach vorne wie Klaus. Rechts davon steht ein zweiter Kerl, ich weiß nicht genau, ob sie zusammen ein H machen. Dann hieße es nicht Jaa, sondern Haa … naja.
Ich kann die rote Linie nicht wirklich entziffern. Gut, ich weiß, es steht dort ein “Jaa”. Das sagt mir der Titel. Aber wenn es das Ergebnis eines Spaziergangs ist, dann müsste es doch eine einzige Linie sein? Oder? Irgendwo ein Start und irgendwo ein Ende - am besten doch an derselben Stelle wo der Startpunkt war?! Aber das kriege ich nicht zusammen. Ist es eine Linie oder 2wei? Vielleicht sind es sogar drei. Nur nebenbei, nach einigen Minuten schauen - ergeben die beiden A übrigens ein Gesicht; vielleicht aus einer Zeichnung von Klaus?
Ich fahre weiter fort im assoziierenden Stil ohne Ziel. Ein Spaziergang durch das Bild. Eine Zeichnung macht ihren Bildträger oft unsichtbar, ähnlich ist es bei einem Text. Man sieht schließlich die Linien oder liest die Buchstaben, aber man betrachtet in der Regel nicht eigens den Untergrund, das ist ja “nur” der Träger. Aber was den Träger angeht, gibt es auf diesem Bild einen kleinen Witz, meine ich. Das Rohleinen trägt den roten Faden und besteht seinerseits aus Fäden: horizontalen und vertikalen. Ganz ähnlich erscheint einem doch eine Landkarte. Sie ist aufgeteilt im Quadranten - entstehend aus horizontalen und vertikalen Linien. Könnte man sich das Rohleinen nicht als ganz feines sehr stoffliches Millimeterpapier vorstellen :-) gleichsam eine Vorstufe der Google Karte? in welches dann die Zeichnung bzw der Spaziergang eingetragen wird.
Horizontale, Vertikale. Klaus und die Schrift spielen dieses Spiel nach. Die Schrift ist in der Horizontalen, wie es ich für eine Schrift in Europa gehört, Klaus in der vertikalen, wie es sich für einen homo sapiens versteht. Klaus steht, die Schrift geht :-)
Noch eine weitere Assoziation kommt mir in den Sinn, bevor ich endlich aufhöre. Gibt es eine Geschichte des Stoffes? Ich meine irgendwann gelesen zu haben, dass der Homo sapiens aufhören musste ein Wanderer, ein Nomade zu sein, um schließlich Bilder machen zu können, den unseren von der Form her ähneln … ich weiß noch nicht wie ich diesen Gedanken zu Ende führe. Vielleicht würde hier irgendetwas mit Spaziergängen passen :-)
Zur Erläuterung:
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** Ja, ja, ja, ne, ne, ne ist eine "Audio Skulptur" von Joseph Beuys. http://www.medienkunstnetz.de/werke/jajaja/
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* Gegend: Klaus Harth zeichnet zurzeit eine Serie von "Stadtbildern", die den Titel "Gegend" tragen.