Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Nur, und ich denke das ist das wahre Problem: Das macht Mühe. Das ist anstrengend. Dabei muss man sein Gehirn benutzen. Man muss sich damit beschäftigen wie man Behauptungen überprüfen kann. Man muss sich vor allem auf den Hosenboden setzen und viel lernen. Und da hört's bei Vielen dann schon auf. Es ist eben einfacher sich irgendeinen Unsinn auszudenken und sei der Unsinn auch noch so phantasievoll.
Viele Verschwörungstheoretiker nehmen sich überproportional viel Zeit, um ihre Ideen zu kultivieren. Die graben sich da wirklich ein und lesen oft ein Buch nach dem anderen, besuchen Vorträge usw. Sicher dann, wenn sie mal Blut geleckt haben, sehr einseitig, aber oft fleißig.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Und dann kommt ja noch hinzu, dass viele dieser Verschwörungstheoretiker von ganz anderen Motiven geleitet sind.
Sei das nun Geltungssucht (Seht her wie schlau ich bin) oder pure Missgunst und Neid (die arroganten Eliten da oben halten sich für so schlau!), oder Profitgier von Leuten die sich an der Dummheit und Leichtgläubigkeit der Anderen bereichern wollen, oder politisches Kalkül (die bewusste Lüge um den politischen Gegner zu diskreditieren), usw.... mit Wahrheit oder der Suche nach Wahrheit hat das alles bisweilen wenig oder gar nichts zu tun.
Das ist dann aber keine Verschwörungstheorie, sondern 'politische Arbeit' oder Geschäftermachrei.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Will sagen: Ich kann auch wenn sowas vorkommt weiterhin davon ausgehen, dass das Unwahrscheinliche die Ausnahme ist und nicht die Regel. Sonst wäre es ja auch nicht unwahrscheinlich.
Wieso aber nun manche meinen, dass etwas umso wahrer ist, je unwahrscheinlicher es ist, erschliesst sich mir nicht.
Psychologisch steht oft ein tiefes, aber unbewusstes Bedürfniss nach Sicherheitheit dahinter. Da man diese in der normalen Welt des Alltags selten hat, greift man zur Methode eines verschärften bis radikalen Zweifels (an dem was die anderen, die Dummen, glauben) und lässt nur gelten, was man gemäß einer bestimmten Ausgangsthese als gesichert (aber oft vom Mainstream unterdrückt und diskreditiert) empfindet.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Nicht zu vergessen auch mit jeder Menge Lügen, Halbwahrheiten und Widersprüchen.
Du kannst mir erzählen was Du willst: Ich sage 99% der Verschwörungstheorien sieht man spätestens auf dem zweiten Blick an, dass sie eben grober Unfug sind. Man erkennt das an ihrem Aufbau. Man erkennt das daran, dass sie sich in Widersprüche verwickeln, die sie dann oft nur auflösen können indem sie jedem Zweifler unterstellen er sei "manipuliert"worden. Diese Theorien sind oft nicht falsifizierbar, genügen also wissenchaftlichen Ansprüchen an eine Theorie nicht (weshalb dann auch die Wissenschaft als Institution angezweifelt werden muss um die Theorie am Leben zu halten) usw...
Nein, Verschwörungstheorien sind oft erstaunlich konsistent, nur halt sehr eng.
Es hat ja oft einen Hintergrund, dass jemand Verschwörungstheoretiker wird. Vielleicht das eigene Erleben eines Zweifels, eines Widerspruchs, einer echten Ungerechtigkeit, eines Missstandes und dann liest man ein Buch, was dieses Gefühl aufgreift und fühlt sich auf einmal angekommen und ernst genommen.
Es sind diese typischen "Früher habe ich auch mal daran geglaubt, dass ..., aber dann ... " Geschichten, die häufig verstärkt werden.
Dann geht einem erst mal ein Licht nach dem anderen auf, trifft man dann noch auf ein Clübchen Gleichgesinnter, ist man auf einmal nicht mehr der Spinner, sondern der Durchblicker. Da kommen dann schnell die Auserwähltheitsphantasien hinzu, die natürlich gut tun, besonders, wenn man einerseits misstrauisch ist und andererseits deshalb als verschroben angesehen wurde.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Und ein weiteres Indiz ist auch oft, mit welcher Vehemenz diese Theorien vertreten werden. Die Leute die solche Theorien vertreten sind oft blind für die eigenen inneren Widersprüche ihrer Theorien. Wobei das natürlich auch jemanden passieren kann, der keine Verschwörungstheoretiker ist... aber bei denen ist das fast eine Gesetzmäßigkeit.
Jeder Neuerer wäre ja dann Verschwörungstheoretiker, denn sie alle haben sich sicher anhören müssen, dass ihre Ideen Spinnereien sind. Das überzeugt mich nicht.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Das muss sie auch nicht sein. Sie muss nur prinzipiell widerlegbar sein, d.h. sie muss die prinzipielle Möglichkeit offen lassen ihre Behauptungen zu überprüfen und zu widerlegen. Verschwörungstheorien erfüllen diese Kriterien oft nicht, weil jede Widerlegung dann als Beweis für die Theorie ausgelegt wird ("siehste, du bist auch schon manipuliert!").
Genau das ist aber auch deren Gegenargument: "Wenn Du prinzipiell zu zweifeln bereit bist, dann stell doch mal Dein Weltbild infrage. Tust Du nicht? Siehste! Wo ist Dein Problem?"
Du müsstest dann entgegnen, dass Du zwar prinzipiell bereit dazu wärst, aber Deine Einstellung nicht änderst, weil Du ja überzeugt von ihr bist.
Dann würde ich als Verschwörungstheoretiker antworten: "Natürlich bin ich auch überzeugt von meiner Einstellung und habe sogar schon bewiesen, dass ich in der Lage bin meine Ansichten zu hinterfragen, glaub' mir, früher habe ich genau so gedacht, wie Du. Nur bin ich irgendwann aufgewacht."
Diese Aussage ist nicht, dass Du schon manipuliert bist, sondern noch nie begriffen hast, was gespielt wird.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Nein, das ist nicht richtig. Richtig ist, dass sie gesetzt sind. Sie werden aber nicht beliebig gesetzt, sondern nach Gründen und begründeten Kriterien.
Nein, nach Vermutungen. Sicher aus jenen, die den Menschen plausibel erschienen, aber Menschen waren immer schon verschieden, der eine findet dies plausibel und der andere gerade das Gegenteil. Beliebte Gegenspieler sind seit je her Materialismus und Idealismus.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Und diese Setzungen und die sich daraus ergebenden Folgerungen müssen sich auch bewähren, andernfalls haben sie keinen Bestand.
Das ist der entscheidende Punkt. Aus den Prämissen leiten sich Thesen ab, die sich in der Praxis bewähren müssen, oder es nicht tun. In der Praxis bewähren, heißt allerdings nicht nur in der wissenschaftlichen Praxis, sondern auch in der Lebenspraxis, hier geht es ja auch und oft, um Ideengebäude die beides verbinden (und die in Not geraten, wenn sie das nicht können).
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Der Wissenschaftsbetrieb ist keine Beliebigkeitsveranstaltung. Die Wissenschaft hat eine nun schon mehrere Jahrtausende alte Geschichte.
Das ist kein Argument, Krieg hat auch eine lange Geschichte, die Religion ebenfalls.
Die durchaus ersthafte Frage ist, ob und inwiefern die Wissenschaft eine Vorselektion betreibt, über die Problematiken jeinseits dieser Frage, kannst Du in meinem Qualitätsthread (unter Erkenntis- und Wissenschaftstheorie) nachlesen, wenn Du magst.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Den Satz verstehe ich nicht. Was ist als Fake entlarvt?
Die auch von Dir geäußerte Vermutung, Theorien seien eine Folge empirischer Datensammlungen ist ein Irrtum.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Also ist alles wahr und genauso unwahr, richtig? Dann gibt es aber sowas wie Wahrheit deiner Meinung nach gar nicht. Es gibt nur Meinungen.
Wenn es aber keine Wahrheit gibt, dann kann auch keine Verschwörungstheorie wahr sein.
Kommt auf die Prämissen an. Es ist durchaus so, dass Menschen aus verschiedenen weltanschaulichen Lagern ein und denselben empirischen Sachverhalt gleichermaßen als Bestätigung ihrer vollkommen konträren Theorien ansehen.
In einem Setting was versucht genau einen Faktor zu untersuchen und alle anderen, so weit es geht für die Dauer des Versuchs zu eliminieren mag das angehen, aber am Ende musst Du das alles ja wieder zusammensetzen, Leben ist kein monokauales Geschehen. Hier spielt also wieder die Frage der Gewichtung eine Rolle. Die ist dann wieder ideologisch.
In logischen Systemen mit endlichen Schlussregeln gibt es sogar ewige Wahrheiten, nur wissen wir noch immer nicht, in welcher Beziehung die Logik zur empitrischen Realität steht. Da die Quantenphysik unseren Intuitionen und unserer Logik oft einen Strich durch die Rechnung gemacht hat wissen wir hier nicht mehr ein noch aus. Wir wissen allerdings auch nicht, inwieweit die Quatenverrückheiten des Mikrokosmos Einfluss auf den Mesokosmos hat, so dass wir es uns erlauben können, diese Vorkommnisse zu einem großen Teil zu ignorieren. Aber das ist bekannt.
Tommy hat geschrieben : ↑ Di 27. Mär 2018, 03:32
Nein, meine Sorge gilt dem Umstand, dass einige von diesen Spinnern echt gefährlich sind.
Ja, das allgemeine Misstrauen finde ich auch bedenklich, weshalb ich diese Ansagen aus dem Schlafwagen, dass es uns allen voll supie geht, wir das nur nicht merken, etwas unterkomplex finde. Man hat den Unmut etwas zu lange ignoriert, jetzt sind viele da, die sich mit ihren 'alternativen Fakten' selbstständig machen, aber m.E. sucht man die Ursache an der vollkommen falschen Stelle und wenn ich mich nicht irre, ist das ein ideolgischer blinder Fleck.
Immerhin hat unsere Kanzlerin inzwischen erkannt, das Deutschland auf dem Wege ist ein immer mehr gespaltenes Land zu werden, Reichsbürger, Islamisten, Querfrontler und Linksradikale sind aber m.E. eher das Symptom, als die Ursache.
Vielleicht hat aber auch das religöse Mantra, dass es Deutschland gut geht, irgendwann den gewünscht sedierenden Effekt, das kann durchaus passieren, so ganz glaube ich aber nicht daran.