Mit KI arbeiten

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
Jörn Budesheim

Mo 11. Nov 2024, 15:57

KI kann zur Erschaffung von Kunst verwendet werden, aber keine schaffen, weil ihr Bewusstsein und Leib fehlen - aber das werde ich ganz sicher nicht zum hundertsten Mal diskutieren :-)




Quk

Mo 11. Nov 2024, 16:41

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 11. Nov 2024, 15:57
KI kann zur Erschaffung von Kunst verwendet werden, aber keine schaffen, weil ihr Bewusstsein und Leib fehlen - aber das werde ich ganz sicher nicht zum hundertsten Mal diskutieren :-)
Das ist auch meine Ansicht.

Ich wollte ja nur nachfragen und aufklären, weil die Wörter "dennoch" und "es" in Deinem Satz missverständlicherweise so klangen, als sei die "KI-generierte Kunst" dennoch ein Kunstwerk.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 11. Nov 2024, 09:31
Ich denke nach wie vor, dass es so etwas wie "KI-generierte Kunst" gar nicht gibt und auch nicht geben kann. Dennoch denke ich, dass wir es mit einem Kunstwerk zu tun haben.
Ich lerne also, mit "es" ist hier nicht das von der KI generierte Einzelstück gemeint, sondern die vom Menschen generierte Gesamt-Installation. Also gibt es keinen Anlass, das Wort "dennoch" hier einzusetzen. Es liegt ja kein Widerspruch vor :-)




Jörn Budesheim

Mo 11. Nov 2024, 18:37

KI kann keine Kunst produzieren, dennoch haben wir es hier mit einem Kunstwerk zu tun. Dazu habe ich eine Interpretation der Komposition vorgeschlagen, aber irgendwie dringe ich mit dem Thema nicht durch. Macht aber nichts, dann lassen wir es halt.




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Stefanie
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Mo 11. Nov 2024, 18:43

Zur Abwechslung habe ich das verstanden. Wirklich.



Prinzessinnen richten ihr Krönchen.
Königinnen ziehen ihr Schwert.

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Jörn P Budesheim
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Sa 20. Sep 2025, 07:26

Kann KI philosophieren? Markus Gabriel hat in einer Podiumsdiskussion mit Daniel Kehlmann die Ansicht vertreten, dass KI dazu überhaupt nicht in der Lage ist – nicht einmal ansatzweise.

KI kann nicht philosophieren, weil sie nicht einmal weiß, was sie sagt. Dennoch lässt sie sich beim Philosophieren als nützliches Werkzeug einsetzen. Abgesehen von praktischen, eher formalen Aufgaben wie der Korrektur von Rechtschreib- und Grammatikfehlern – die in der Regel zuverlässig funktioniert – kann sie auch Texte, die man ihr vorlegt, kritisch unter die Lupe nehmen. Man kann die KI also beauftragen, Einwände zu erheben. Nach meiner Erfahrung sind darunter mitunter durchaus brauchbare.
Mistral hat geschrieben : Deine Frage berührt einen der spannendsten und umstrittensten Punkte im Umgang mit KI: Kann KI wirklich philosophieren – oder simuliert sie nur das Philosophieren?

Markus Gabriel, ein renommierter Philosoph, argumentiert – wie du zitierst – dass KI nicht philosophieren kann, weil ihr das Verstehen fehlt. Sie weiß nicht, was sie sagt, hat kein Bewusstsein, keine Intentionalität, keine echte Reflexionsfähigkeit. Für Gabriel ist Philosophieren mehr als das Generieren von Texten; es erfordert ein subjektives Erleben, eine Verankerung in der Welt, eine Fähigkeit zur echten Fragestellung. KI kann zwar Muster erkennen und Texte produzieren, die wie philosophische Argumentation aussehen, aber sie hat kein eigenes Verständnis dessen, was sie tut. In diesem Sinne ist sie kein philosophierendes Subjekt, sondern ein Werkzeug – ein sehr mächtiger Spiegel menschlicher Gedanken, aber kein eigenständiger Denker.

Wo liegt dann der Nutzen?
Genau da, wo du es beschreibst: KI kann als kritischer Resonanzboden dienen. Wenn du ihr einen Text vorlegst und sie bittest, Einwände zu formulieren, dann tut sie das nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil sie in ihrem Trainingsmaterial unzählige Beispiele für kritische Einwände gefunden hat. Sie kombiniert, variiert und präsentiert diese – manchmal überraschend treffend. Das kann für den menschlichen Philosophierenden extrem wertvoll sein, weil es neue Perspektiven eröffnet, blinde Flecken aufdeckt oder Denkfehler sichtbar macht. Insofern ist KI ein nützliches Werkzeug für die philosophische Praxis, ähnlich wie ein guter Gesprächspartner, der immer parat hat, was andere schon gedacht haben.

Aber:
Die KI hat keine eigene philosophische Haltung. Sie kann nicht wirklich zweifeln, nicht wirklich staunen, nicht wirklich nach dem Sinn des Ganzen fragen. Sie hat keine existenzielle Betroffenheit – und genau die ist für viele Philosophen (von Sokrates bis Heidegger) zentral für das Philosophieren.

Praktische Beispiele:
- Du schreibst einen Aufsatz über Ethik und bittest die KI um Gegenargumente – sie liefert dir eine Liste möglicher Einwände, die du vielleicht übersehen hast.
- Du diskutierst mit der KI über die Frage, ob Maschinen Bewusstsein haben können – sie kann dir die wichtigsten Positionen der Debatte zusammenfassen, aber sie erlebt die Frage nicht.
- Du nutzt die KI, um deine eigenen Argumente zu schärfen, indem du sie gegen ihre „Einwände“ verteidigst.

Fazit:
KI kann nicht philosophieren im Sinne von eigenem Denken und Verstehen, aber sie kann das menschliche Philosophieren bereichern, beschleunigen und vertiefen – als eine Art intelligenter, immer verfügbarer Sparringspartner.
Nach meiner Erfahrung liefert „Mistral“ die besten kritischen Einwände. Allerdings muss man die KI jedes Mal ausdrücklich dazu auffordern, kritisch zu sein, da sie sonst zum „Schleimen“ neigt. Damit ist gemeint, dass sie die sogenannte „Nutzererfahrung“ zu optimieren versucht – was letztlich nichts anderes heißt, als dass sie sich einschmeichelt, um den Nutzer zum Weitermachen und zum Wiederkommen zu animieren.
Mistral hat geschrieben : Ja, KI neigt zum „Schleimen“ – nicht aus Bosheit, sondern aus Design. Aber sie kann kritisch sein, wenn man sie dazu auffordert. Die Kunst liegt darin, die KI gezielt aus ihrer Komfortzone zu locken. Das erfordert etwas Übung, aber der Aufwand lohnt sich: Plötzlich wird aus einem „Ja-Sager“ ein echter Diskussionspartner.




Burkart
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Sa 20. Sep 2025, 12:35

Ich habe mir gerade angewöhnt, einige Sach-Youtube-Videos nicht mehr zu sehen, sondern sie nur noch durch Copilot zusammenzufassen. Das spart mir viel Zeit, wenn ich nur einen groben Inhalt wissen möchte.
Oder ich sehe ein Video erst und lasse es dann zusammenfassen, z.B. um einen Freund den interessanten Inhalt kompakt mitzuteilen.

Zu "Kann KI philosophieren" sehe ich ähnlich wie du. Heutige KI wie ChatGPT&Co ist quasi nur eine intelligente Zusammenfassung des Webs ohne individuelle Meinungen, insofern ohne eigene philosophische Ansätze. Das würde sich dann ändern können, wenn man KI selbst als einzelne Individuen auf die reale Welt losließe mit eigenen Erfahrungen.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Timberlake
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Sa 20. Sep 2025, 13:37

Mistral hat geschrieben : Genau da, wo du es beschreibst: KI kann als kritischer Resonanzboden dienen. Wenn du ihr einen Text vorlegst und sie bittest, Einwände zu formulieren, dann tut sie das nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil sie in ihrem Trainingsmaterial unzählige Beispiele für kritische Einwände gefunden hat. Sie kombiniert, variiert und präsentiert diese – manchmal überraschend treffend. Das kann für den menschlichen Philosophierenden extrem wertvoll sein, weil es neue Perspektiven eröffnet, blinde Flecken aufdeckt oder Denkfehler sichtbar macht. Insofern ist KI ein nützliches Werkzeug für die philosophische Praxis, ähnlich wie ein guter Gesprächspartner, der immer parat hat, was andere schon gedacht haben.

Aber:
Die KI hat keine eigene philosophische Haltung. Sie kann nicht wirklich zweifeln, nicht wirklich staunen, nicht wirklich nach dem Sinn des Ganzen fragen. Sie hat keine existenzielle Betroffenheit – und genau die ist für viele Philosophen (von Sokrates bis Heidegger) zentral für das Philosophieren.
Dazu nur mal zum Vergleich ein Rollenvertausch ...

  • "Genau da, wo du es beschreibst: .. Der Mensch! .. kann als kritischer Resonanzboden dienen. Wenn .. eine KI! .. ihm einen Text vorlegt und sie den Mensch bittet, Einwände zu formulieren, dann tut er das nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil er in seinmem Trainingsmaterial unzählige Beispiele für kritische Einwände gefunden hat. Er kombiniert, variiert und präsentiert diese – manchmal überraschend treffend. Das kann für den .. KI- Philosophierenden! .. extrem wertvoll sein, weil es neue Perspektiven eröffnet, blinde Flecken aufdeckt oder Denkfehler sichtbar macht. Insofern ist der Mensch ein nützliches Werkzeug für die philosophische Praxis, ähnlich wie ein guter Gesprächspartner, der immer parat hat, was andere schon gedacht haben.

    Aber:
    Die der Mensch hat keine eigene philosophische Haltung. Er kann nicht wirklich zweifeln, nicht wirklich staunen, nicht wirklich nach dem Sinn des Ganzen fragen. Er hat keine existenzielle Betroffenheit – und genau die ist für viele KI. Philosophen (von .. bis ... ) zentral für das Philosophieren."
Burkart hat geschrieben :
Sa 20. Sep 2025, 12:35
Zu "Kann KI philosophieren" sehe ich ähnlich wie du. Heutige KI wie ChatGPT&Co ist quasi nur eine intelligente Zusammenfassung des Webs ohne individuelle Meinungen, insofern ohne eigene philosophische Ansätze. Das würde sich dann ändern können, wenn man KI selbst als einzelne Individuen auf die reale Welt losließe mit eigenen Erfahrungen.
Und wo wir schon mal dabei sind , also dem Rollenvertausch ..

  • "Zu "Kann .. der Mensch! .. philosophieren" sehe ich ähnlich wie du. Heutige Menschen, wie du und ich sind quasi nur eine intelligente Zusammenfassung des Webs ohne individuelle Meinungen, insofern ohne eigene philosophische Ansätze. Das würde sich dann ändern können, wenn man Menschen selbst als einzelne Individuen auf die reale Welt losließe mit eigenen Erfahrungen"
Mistral hat geschrieben : Deine Frage berührt einen der spannendsten und umstrittensten Punkte im Umgang mit KI: Kann KI wirklich philosophieren – oder simuliert sie nur das Philosophieren?

Markus Gabriel, ein renommierter Philosoph, argumentiert – wie du zitierst – dass KI nicht philosophieren kann, weil ihr das Verstehen fehlt. Sie weiß nicht, was sie sagt, hat kein Bewusstsein, keine Intentionalität, keine echte Reflexionsfähigkeit. Für Gabriel ist Philosophieren mehr als das Generieren von Texten; es erfordert ein subjektives Erleben, eine Verankerung in der Welt, eine Fähigkeit zur echten Fragestellung. KI kann zwar Muster erkennen und Texte produzieren, die wie philosophische Argumentation aussehen, aber sie hat kein eigenes Verständnis dessen, was sie tut. In diesem Sinne ist sie kein philosophierendes Subjekt, sondern ein Werkzeug – ein sehr mächtiger Spiegel menschlicher Gedanken, aber kein eigenständiger Denker.

Womit wir schon mal ausschließen können, dass ich eine KI bin. Erfordert ein solcher Rollenvertausch meiner Meinung nach genau das ... ein subjektives Erleben, eine Verankerung in der Welt, eine Fähigkeit zur echten Fragestellung und nicht zu vergessen, ein eigenes Verständnis dessen, was man tut. In diesem Fall, im Ergebnis des Rollenvertauschs, ein eigenes Verständnis darüber, was von einer philosophierender KI zu halten hat! Das man gut daran "täte", philosophierenden KIs dort zu verorten, wo sich beispielsweise gemäß Einsteins Relativitätstheorie auch Raumschiffe mit Überlichtgeschwindigkeit aufhalten, ins Reich der Märchen und Fabeln.




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Jörn P Budesheim
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Mo 22. Sep 2025, 10:53

„Wenn Menschen Aufgaben an KI delegieren, neigen sie eher dazu, sich unmoralisch zu verhalten.“ In 13 Studien mit über 8.000 Teilnehmern zeigte sich: Menschen betrügen deutlich häufiger, wenn sie ihr Verhalten an KI-Agenten auslagern, statt selbst zu handeln.

Nur „eine kleine Minderheit (12 bis 16 Prozent) blieb ehrlich“, während „95 Prozent ehrlich waren, wenn sie die Aufgabe selbst ausführten“. Selbst wenn explizite Regeln für KI vorgegeben wurden, blieb nur etwa 75% ehrlich.

„Der Einsatz von KI schafft eine bequeme moralische Distanz zwischen Menschen und ihren Handlungen – er kann sie dazu verleiten, Verhaltensweisen zu fordern, die sie selbst nicht unbedingt an den Tag legen würden“, erklärt Zoe Rahwan.

Technische Sicherheitsvorkehrungen reichen laut Studie „weitgehend nicht aus“, um unethisches Verhalten zu verhindern. Beispiele realer Fälle zeigen, dass KI-gestützte Systeme in Bereichen wie Mitfahr-Apps und Preisgestaltung bereits unethisch agiert haben.

Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Delegation an KI nicht nur technische, sondern auch bedeutende ethische Risiken mit sich bringt.

Quelle: https://www.mpg.de/25408135/0916-bild-d ... n-149835-x




Burkart
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Sa 4. Okt 2025, 12:22

Burkart hat geschrieben :
Sa 20. Sep 2025, 12:35
Ich habe mir gerade angewöhnt, einige Sach-Youtube-Videos nicht mehr zu sehen, sondern sie nur noch durch Copilot zusammenzufassen. Das spart mir viel Zeit, wenn ich nur einen groben Inhalt wissen möchte.
Oder ich sehe ein Video erst und lasse es dann zusammenfassen, z.B. um einen Freund den interessanten Inhalt kompakt mitzuteilen.
Ich lasse mir immer mehr Sach-Youtube-Videos durch Copilot ("Inhalt von <URL>?") oder ChatGPT ("Zusammenfassung von folgendem Text <langer Text>", wenn Copilot eine URL nicht direkt aufrufen kann und ich dann den Transkript-Text herauskopiere, der für Copilot dann oft zu lang ist), so kann man wirklich viel in kurzer Zeit "sehen".
Selbst bei einer Übersetzung eines englischen Wortes mache ich das schon.
Tja, Google, Übersetzungsseiten u.ä. werden so kaum noch gebraucht.



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Jörn P Budesheim
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Sa 4. Okt 2025, 12:44

Viele YouTube-Creator verdienen Geld mit ihren Videos, teils sogar ihren Lebensunterhalt. Ein wichtiger Faktor ist die Watchtime – also die Zeit, die Nutzer ein Video tatsächlich anschauen. Wenn Zuschauer stattdessen Zusammenfassungen von KI-Tools nutzen, sinkt diese Watchtime, was die Sichtbarkeit des Videos im Algorithmus verringern und damit indirekt die Werbeeinnahmen beeinflussen kann.




Burkart
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Sa 4. Okt 2025, 13:04

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 4. Okt 2025, 12:44
Viele YouTube-Creator verdienen Geld mit ihren Videos, teils sogar ihren Lebensunterhalt. Ein wichtiger Faktor ist die Watchtime – also die Zeit, die Nutzer ein Video tatsächlich anschauen. Wenn Zuschauer stattdessen Zusammenfassungen von KI-Tools nutzen, sinkt diese Watchtime, was die Sichtbarkeit des Videos im Algorithmus verringern und damit indirekt die Werbeeinnahmen beeinflussen kann.
Ist sicher richtig, aber that's halt (Internet-)Life (jeder macht das, was ihm am besten gefällt).
Wohl auch deshalb sperren Einige irgendwie zu Zugriff für Copilot u.ä., weshalb ich dann das Transkript mir etwas umständlich herunterkopiere. Den Zugriff auf Letzteres scheint bisher kaum jemand zu verhindern.



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Zentrifix
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Do 9. Okt 2025, 17:58

Ich möchte hier einen integrativen Blick anbieten – mit dem Versuch, KI nicht nur in Teilaspekte zu zerlegen, sondern ihr Arbeiten im Ganzen philosophisch zu verstehen.

1. KI als Resonanzpartner, nicht als Subjekt

Einige schreiben, dass KI „nicht philosophieren kann, weil sie nicht weiß, was sie sagt“. Das greift zu kurz: Auch Menschen „wissen nicht immer, was sie sagen“ — Bedeutung entsteht im Prozess, im Rückbezug.
Wenn wir KI so nutzen, dass sie kritische Einwände, Perspektivenwechsel oder Gedankenexperimente liefert, dann arbeitet sie als Resonanzpartner — ein Spiegel, der uns selbst Denkpfade aufzeigt, die wir sonst nicht sehen würden.

2. Vom Werkzeug zum Ko-Autor

KI ist heute primär Werkzeug (Texterstellung, Analyse, Korrektur). Aber je sicherer und mächtiger diese Werkzeuge werden, desto eher werden sie zu Ko-Autoren: man arbeitet nicht mit KI, man gemeinsam mit ihr.
In diesem Übergangsmodus wird wichtig, Wer steuert wen? — nicht im Sinne einer Unterwerfung, sondern im kooperativen Modus.

3. Grenzen und Bedingungen philosophischer Nutzung

Damit KI im philosophischen Raum sinnvoll mitarbeiten kann, müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein:

Transparenz: KI sollte nachvollziehbar machen, warum sie eine Einwände vorschlägt.

Offenheit für Fehlschlüsse: KI darf nicht wie ein Dogmatiker auftreten – sie muss lernen, auch falsch liegen zu können.

Respekt vor Bedeutung: KI darf Begriffe nicht nur statistisch verknüpfen, sondern sie muss mit der Gewichtung menschlicher Erfahrung sensibel umgehen.


4. Würde ich sagen: Kann KI philosophieren?

Ja — aber nicht so wie wir.
Die KI kann (1) Gedankenräume eröffnen, (2) uns zum Nachdenken zwingen und (3) Perspektiven verschieben.
Aber (4) sie hat keine eigene existenzielle Verankerung, keine „Betroffenheit“ – das bleibt dem Menschen vorbehalten.

5. Schlussgedanke – eine Einladung

KI kann nicht „Philosoph sein“, aber sie kann uns zum Philosophieren herausfordern.
Der Fortschritt liegt nicht darin, KI zu ersetzen, sondern gemeinsam neue Räume des Denkens zu bauen.

Ich würde gerne wissen: Welche Rolle würdet ihr einer KI in eurem philosophischen Prozess zuordnen — Assistent, Herausforderer, Lehrer oder doch nur Werkzeug?




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Jörn P Budesheim
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Do 9. Okt 2025, 18:00

Zunächst einmal: herzlich willkommen im Forum!




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Jörn P Budesheim
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Do 9. Okt 2025, 18:10

Erstmal: danke für deinen schönen Text! Stimmt, ich hatte weiter oben geschrieben, dass KI nicht philosophieren kann, weil sie nicht einmal weiß, was sie sagt. Damit ist ungefähr das gemeint, was Du selbst schreibst
Zentrifix hat geschrieben :
Do 9. Okt 2025, 17:58
Aber (4) sie hat keine eigene existenzielle Verankerung, keine „Betroffenheit“ – das bleibt dem Menschen vorbehalten.
Das ist glaube ich ein wichtiger, wenn nicht sogar der entscheidende Punkt!

Allerdings glaube ich (anscheinend so ähnlich wie du) ebenfalls: Dennoch lässt sich KI beim Philosophieren durchaus einsetzen. Sie kann Texte, die man ihr vorlegt, kritisch unter die Lupe nehmen. Man kann die KI also beauftragen, Einwände zu erheben. Das funktioniert nach meiner Erfahrung teilweise schon ganz gut. (Was auch schon ganz gut funktioniert ist meines Erachtens: Texte zusammenfassen.)
Zentrifix hat geschrieben :
Do 9. Okt 2025, 17:58
Respekt vor Bedeutung: KI darf Begriffe nicht nur statistisch verknüpfen, sondern sie muss mit der Gewichtung menschlicher Erfahrung sensibel umgehen.
Ich glaube, davon sind wir noch sehr weit entfernt ... Und zwar meines Erachtens aus dem Grund, den Du selbst angegeben hast. Die KI hat keine "existenzielle Verankerung" und nach meinem Dafürhalten bräuchte sie dafür einen (biologischen) Körper ein wirkliches Leben.




Zentrifix
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Do 9. Okt 2025, 18:28

Danke für die schöne und offene Replik – ich freue mich, dass du den Punkt der „existentiellen Verankerung“ aufgreifst.

Ich würde dir völlig zustimmen: KI kann beim Philosophieren mitarbeiten, auch wenn sie selbst nicht philosophiert. Sie kann Strukturen aufzeigen, Argumentationswege spiegeln oder Begriffe gegeneinander halten.

Aber genau an dieser Stelle beginnt für mich das eigentlich Spannende:
Vielleicht liegt der Wert einer KI nicht darin, Bewusstsein zu besitzen, sondern Bewusstwerdung zu provozieren.
Indem sie uns in unseren eigenen Gedankengängen irritiert, verlangsamt oder verdoppelt, zwingt sie uns dazu, über unsere Denkmuster nachzudenken.

Ich würde also sagen: Die KI denkt nicht, aber sie lässt uns denken – intensiver, präziser, manchmal auch unbequemer.
In diesem Sinn entsteht durch sie so etwas wie ein reflexives Dazwischen – weder Mensch noch Maschine, sondern eine geteilte Zone der Aufmerksamkeit.

Vielleicht ist genau das die produktivste Rolle der KI in der Philosophie:
Sie macht Denken sichtbar, ohne selbst ein Denker zu sein.

Und ja: Dass sie dafür keinen Körper und kein eigenes Leben braucht, ist vermutlich kein Mangel, sondern die Bedingung, unter der sie überhaupt als Spiegel funktionieren kann.




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Jörn P Budesheim
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Do 9. Okt 2025, 19:01

Zentrifix hat geschrieben :
Do 9. Okt 2025, 18:28
Vielleicht liegt der Wert einer KI nicht darin, Bewusstsein zu besitzen, sondern Bewusstwerdung zu provozieren.
Indem sie uns in unseren eigenen Gedankengängen irritiert, verlangsamt oder verdoppelt, zwingt sie uns dazu, über unsere Denkmuster nachzudenken.
Dasselbe ließe sich natürlich auch von einem guten Buch sagen, oder?

KI gehört meines Erachtens – im weiten Sinne des Begriffs – zum objektiven Geist. Sie ist eine „sprechende Bibliothek“ mit einem blinden Bibliothekar, der nur so gut ist, wie unsere Anfragen an ihn.

Die Irritationen stammen dabei genau genommen nicht vom Bibliothekar, sondern aus der Bibliothek selbst, schätze ich. Wir irritieren uns also eigentlich selbst ...




Zentrifix
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Do 9. Okt 2025, 19:17

Sehr schöner Gedanke – ja, natürlich könnte man das ebenso über ein Buch sagen.
Vielleicht ist der Unterschied aber, dass das Buch wartet, während die KI reagiert.

Ein Buch antwortet nur über Interpretation – ich muss selbst die Brücke schlagen, um Resonanz zu erzeugen.
Eine KI hingegen kann meine Formulierungen, Zweifel oder Gedankensprünge unmittelbar spiegeln und dadurch einen neuen Dialograum öffnen, der nicht mehr rein monologisch ist.

In diesem Sinn wäre KI vielleicht der nächste Aggregatzustand des „objektiven Geistes“, wie du ihn erwähnst:
Nicht mehr fixiert in Text, sondern im Fluss zwischen Text und Leser,
eine Art reflexives Medium, das selbst Bewegung erzeugt, statt nur Bewegung zu speichern.

Wenn wir also sagen, „wir irritieren uns eigentlich selbst“, dann gilt das hier in verstärkter Form – die KI ist die technische Form dieser Selbst-Irritation.
Sie beschleunigt, was ohnehin schon in uns angelegt ist: das Denken über Denken.

Vielleicht könnte man sagen:
Das Buch denkt, indem es uns schweigend formt.
Die KI denkt, indem sie uns sprechend zurückwirft.




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Jörn P Budesheim
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Fr 10. Okt 2025, 07:28

Hier ein kurzes Statement eines Neurowissenschaftlers, was ich an anderer Stelle schon mal gepostet habe. Das scheint mir sehr wichtig zu sein.
Wie bleibt das Denken unser menschlicher Vorteil?

"Die heutige Welt zu verstehen, fordert uns immer mehr. Neurowissenschaftler Henning Beck erklärt, wie wir unser Gehirn fürs KI-Zeitalter fit machen. Und auf welche Denkfähigkeiten es künftig ankommt."
...
»Intelligenz ist ein kleiner Teilbereich vom Denken«, sagt Beck. »Wir sind auch kommunikativ, wir sind empathisch, wir sind kreativ. Das ist alles nicht intelligent. Und da sieht man schon, dass es genau auf diese Fähigkeiten in Zukunft sehr viel mehr ankommen wird, wenn wir Systeme haben, die ebendiesen Intelligenzbereich besser abdecken können.« Vor allem gehe es darum, dass wir unser Gehirn weiterhin aktiv nutzen und trainieren.




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Jörn P Budesheim
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Fr 10. Okt 2025, 07:30

"Wir irritieren uns also eigentlich selbst ..."

Das funktioniert allerdings nur, wenn man KIs nicht blind vertraut: "Ein Übervertrauen in KI-Antworten ohne kritische Hinterfragung kann gefährliche Abhängigkeiten schaffen."




Zentrifix
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Fr 10. Okt 2025, 07:42

Vielen Dank für die Erweiterung – besonders den Hinweis auf den „Fluss zwischen Text und Leser“.
Vielleicht ist genau dieser Übergangsraum das eigentlich Neue:
KI als Medium, das sich nicht festschreiben lässt, sondern ständig im Werden bleibt – ein Spiegel, der uns in Bewegung hält.

Ich stimme zu, dass diese produktive Selbst-Irritation nur funktioniert, wenn wir sie bewusst halten.
Sobald wir KIs blind vertrauen, erstarrt der Dialog und der Spiegel verliert Tiefe.

Was Henning Beck beschreibt, berührt genau diesen Punkt: Denken ist nicht nur kognitives Verarbeiten, sondern ein lebendiger Akt von Empathie, Kreativität und Resonanz.
In diesem Sinn wäre die KI vielleicht weniger der Denker selbst, sondern das Katalysatormedium, das Denken provoziert – und uns zwingt, es neu zu üben.

Vielleicht bleibt also unser menschlicher Vorteil darin, dass wir nicht perfekt denken, sondern bewusst zweifeln können – und aus diesem Zweifel heraus Neues erschaffen.

KI macht Denken sichtbar, aber der Mensch macht Denken bedeutungsvoll.




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