Künstliche Intelligenz

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
Körper
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Sa 10. Sep 2022, 12:37

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
Die Frage geht doch an dich. Denn du ordnest dem Körper mit dem Begriff "verstehen" etwas zu, was eigentlich einer Person zukommt.

Wir alle, den Vorurteilen der Grammtik folgend, machen diese Trennung in der Alltagssprache.
Aha, jetzt kommen wir der Sache etwas näher.
D.h. du hast meinen Text unter deiner Ontologie-Annahme gelesen.
Das ist aber eigentlich nicht erlaubt, weil ich ja die Ontologie-Ideen explizit für "entsorgt" erklärt habe.

Aus deiner Sicht bringst du mit "Person" irgendeine Zutat ins Spiel und das hast du dann meinen Aussagen angedichtet.

Bereits hier bei Wiki wird aber der Begriff "Person" umgangssprachlich nicht mit irgendeinem Ontologie-Zusatz versehen.

Wenn ich also Mensch als Körper ansehe, dann kann ich unter "Person", den über seinen Lebensverlauf (einschliesslich Heranwachsen) geprägten Körper verstehen und ich mache dennoch keinen Fehler.
Genau das ist ja auch meine Haltung.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
Aber wenn Wissenschaft dem folgt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich die Vorurteile aus der Grammatik dann in der Vorstellung zweier Substanzen niederschlagen: hier ich, dort "mein Körper".
Das kommt eher aus der religiös/philosophischen Tradition à la "Seele und Körper".
Gerade die Philosophie ist ja an der Entstehung und Fortsetzung dieser Phantasie nicht ganz unschuldig.
-> ganz schlimm ab "Descartes".
Selbst heute schreibt ein Philosoph wie "Markus Gabriel" in seinen Büchern "der Mensch ist ein Geistwesen".

Der Suggestionspfad zeigt schön eine Richtung.

Aber da du von mir weisst, dass ich das nicht mache, wäre es schön, wenn du meine Texte nicht dahingehend untersuchst, ob man sie auch mit einer Ontologie-Phantasie verstehen kann.

Da mein Username "Körper" ist, ist jedem meiner Beiträge ein eindeutiges Statement beigelegt.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
"Versteht" denn unser Immunsystem, das unterhalb der Bewusstseinsschwelle funktioniert, was es tut?
Ah, da snd wir beim nächsten Punkt, du möchtest dem Körper keine Verstehfähigkeit zugestehen.
Weshalb lehnst du Verstehen für den Körper ab, wo er doch ein Nervensystem/Gehirn hat?

Hier gehst du wieder mit einer Ontologie-Idee heran, die du nicht mit Nervensystem/Gehirn abgleichst, was ich nicht akzeptiere, sondern als "entsorgt" betrachte.

Der aktive/wahrnehmende Körper ist das Subjekt und er versteht seine Situation.




Timberlake
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Sa 10. Sep 2022, 12:42

Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 10:20

Timberlake hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 17:20
Wie wäre es denn , um . "besser miteinander kommunizieren können" . wenn wir nicht von künstlicher Intelligenz , sondern von einem künstlichen Algorithmus und somit nicht von einer KI, sondern von einem KA zu sprechen . Dann würde anstatt , dass eine KI etwas lernt , ein KA etwas algorithmisieren .
Und was gewänne man damit?

Ganz einfach ,

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:37

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
Aber wenn Wissenschaft dem folgt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich die Vorurteile aus der Grammatik dann in der Vorstellung zweier Substanzen niederschlagen: hier ich, dort "mein Körper".
Das kommt eher aus der religiös/philosophischen Tradition à la "Seele und Körper".


.. wenn man anstatt von einer künstlichen Intelligenz , von einen künstlichen Algorithmus späche , gewänne man damit , dass eine Diskussion über eine KI nicht in das entgleitet , dessen wir hier Zeuge werden und zwar .. den Begriff "Intelligenz" aufnehmend! .. eine Diskussion über das Leib-Seele-Problem ..

  • Leib-Seele-Problem
    Das Leib-Seele-Problem (psychophysisches Problem) ist eine überdauernde philosophische Fragestellung: Welche Beziehung besteht zwischen dem Leib (dem belebten Körper, insbesondere dem Gehirn) und der Seele (Geist, Bewußtsein)? Von vielen als unlösbares Problem oder als Scheinproblem bezeichnet, ist es für andere die Grundfrage der Philosophie oder der "Weltknoten" (Schopenhauer).

.. wie "wollte" man auch von dem Begriff "Algorithmus" auf ein Problem schließen, dass sich mit der Fragestellung befasst, welche Beziehung zwischen dem Gehirn und dem Bewußtsein besteht.




Körper
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Sa 10. Sep 2022, 13:00

Timberlake hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:42
.. wenn man anstatt von einer künstlichen Intelligenz , von einen künstlichen Algorithmus späche , gewänne man damit , dass eine Diskussion über eine KI nicht in das entgleitet , dessen wir hier Zeuge werden und zwar .. den Begriff "Intelligenz" aufnehmend! .. eine Diskussion über das Leib-Seele-Problem ..
Ich denke, das bringt nichts, weil es das Nervensystem/Gehirn gibt und von den Ontologie-Fans dort auch nicht viel mehr als "Algorithmus" zugestanden wird.
Sobald KI irgendwie abgelehnt/abgewertet und als "prinzipiell nicht den gleichen Möglichkeiten unterliegend" eingeschätzt wird, muss man "rüberwechseln" zu Körper und seinem Nervensystem/Gehirn und fragen "was ist hiermit?".

Das Leib/Seele-Problem wird von den Ontologie-Ideelern aufrecht gehalten und überall in der Bewertung eingesetzt.
Selbst meine Texte werden in Ontologie-Richtung interpretiert, obwohl ich klar sage, dass ich damit nichts zu tun habe.




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Jörn Budesheim
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Sa 10. Sep 2022, 13:09

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:00
obwohl ich klar sage, dass ich damit nichts zu tun habe
Leider sind deine Texte jedoch voller innerer Widersprüche, wie ich wiederholt gezeigt habe.

Und wer glaubt, man könne die sogenannten äußeren Dinge nicht erkennen, oder auch wie immer sie nennen möchte, betreibt natürlich Ontologie.




Lucian Wing

Sa 10. Sep 2022, 13:20

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:37

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
"Versteht" denn unser Immunsystem, das unterhalb der Bewusstseinsschwelle funktioniert, was es tut?
Ah, da snd wir beim nächsten Punkt, du möchtest dem Körper keine Verstehfähigkeit zugestehen.
Weshalb lehnst du Verstehen für den Körper ab, wo er doch ein Nervensystem/Gehirn hat?
Weil ich "Verstehen" an ein Bewusstsein knüpfe.
Und du bist schon wieder sprachlich im nächsten Dualismus gefangen: der Körper "hat" ein Nervensystem/Gehirn. Da sprichst du die nächste Trennung aus.
Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:37
Hier gehst du wieder mit einer Ontologie-Idee heran, die du nicht mit Nervensystem/Gehirn abgleichst, was ich nicht akzeptiere, sondern als "entsorgt" betrachte.
Naja, etwas als "entsorgt betrachten" sagt mir dann etwas über deine Prämisse, aber nicht darüber, ob es so ist.
Wie man eine "Ontologie-Idee" mit Nervensystem/Gehirn abgleicht, weiß ich nicht.

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:37
Der aktive/wahrnehmende Körper ist das Subjekt und er versteht seine Situation.
Ich kann wenig zu deiner Theorie sagen, ich weiß nur, dass ich solche Sätze jetzt entweder in die Poesie einordnen würde (metaphorisches Sprechen) oder schon wieder in einen neuen Reduktionismus mit alten, nicht mehr passenden Vokabularen. Reduktionismus deshalb, weil hier m.E. genau das passiert, was oben verschiedentlich bemängelt wurde: der Mensch wird nach der Vorstellung einer KI gemodelt, so wie er von Descartes nach den Vorstellungen der mechanischen Konstrukte gemodelt wurde. Die erwähnten Hacker/Bennett sagen, dass man im Grunde einen Geist/Körper-Dualismus durch einen Gehirn-Körper-Dualismus ersetzt habe und im Prinzip dem Gehirn (bei dir Gehirn/Nervensystem) dasselbe Eigenschaftsspektrum zuschreibe wie die Cartesier dem Geist zugeschrieben hatten.

Ich weiß übrigens nicht, ob der Mensch ein "Geistwesen" ist - das entspricht für mich als Aussage deinem Satz hier, auch wenn es auf anderen Prämissen beruht. Es ist der Versuch, menschliches Leben begrifflich zu fassen, bleibt aber im Grunde beides im Metaphorischen stecken. Aus unterschiedlichen Gründen.

Nachtrag: Mir ist übrigens innerhalb deines Vokabulars zur Beschreibung deiner Theorie nicht klar, wie du "Wahrnehmung" und "Einwirkung" abgrenzt.




ahasver
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Sa 10. Sep 2022, 13:32

Seit Ende der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts beobachten wir eine Renaissance
der Metaphysik
im Sinne des Projekts, alle unsere Erkenntnisse in einer kohärenten und
vollständigen Sicht der Welt einschließlich unserer selbst zusammenzuführen. Für diese
Renaissance gibt es im Wesentlichen drei Gründe. An erster Stelle ist die Überwindung der
sprachanalytischen Tradition in der analytischen Philosophie zu nennen. Analytische
Philosophie steht heute einfach für systematisches, argumentatives Philosophieren – kurz für
das, was Philosophie seit Platon und Aristoteles ist. Nicht die Sprachphilosophie, sondern die
Metaphysik ist heute wiederum die prima philosophia. Mit diesem Wandel geht zweitens die
Überwindung des logischen Empirismus in der Wissenschaftsphilosophie einher. Die logische
Analyse wissenschaftlicher Theorien hat in der heutigen Wissenschaftsphilosophie nur eine
untergeordnete Bedeutung; im Zentrum steht vielmehr die Beurteilung dessen, was die
wissenschaftlichen Theorien über die Welt aussagen. Schließlich werfen drittens die großen
naturwissenschaftlichen Theorien des zwanzigsten Jahrhunderts – die Relativitätstheorie, die
Quantentheorie, die Molekularbiologie – eine Reihe von Fragen dahingehend auf, wie wir die
Welt verstehen sollen, insofern sie von diesen Theorien beschrieben wird. Es ist Aufgabe der
Philosophie, im Dialog mit den Naturwissenschaften Antworten auf diese Fragen zu suchen.
Das Projekt, alle unsere Erkenntnisse in einer kohärenten und vollständigen Sicht der Welt
zusammenzuführen, ist Metaphysik im aristotelischen Sinne.
Es geht nicht um eine Theorie
über etwas, von dem angenommen wird, dass es jenseits der empirischen Welt existiert,
sondern um eine kohärente und vollständige Theorie der empirischen Welt selbst.
Michael Esfeld, Naturphilosophie als Metaphysik der Natur, S.7



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

Burkart
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Sa 10. Sep 2022, 16:01

Timberlake hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:42
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 10:20

Timberlake hat geschrieben :
Fr 9. Sep 2022, 17:20
Wie wäre es denn , um . "besser miteinander kommunizieren können" . wenn wir nicht von künstlicher Intelligenz , sondern von einem künstlichen Algorithmus und somit nicht von einer KI, sondern von einem KA zu sprechen . Dann würde anstatt , dass eine KI etwas lernt , ein KA etwas algorithmisieren .
Und was gewänne man damit?

Ganz einfach ,

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:37

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:35
Aber wenn Wissenschaft dem folgt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich die Vorurteile aus der Grammatik dann in der Vorstellung zweier Substanzen niederschlagen: hier ich, dort "mein Körper".
Das kommt eher aus der religiös/philosophischen Tradition à la "Seele und Körper".


.. wenn man anstatt von einer künstlichen Intelligenz , von einen künstlichen Algorithmus späche , gewänne man damit , dass eine Diskussion über eine KI nicht in das entgleitet , dessen wir hier Zeuge werden und zwar .. den Begriff "Intelligenz" aufnehmend! .. eine Diskussion über das Leib-Seele-Problem ..

  • Leib-Seele-Problem
    Das Leib-Seele-Problem (psychophysisches Problem) ist eine überdauernde philosophische Fragestellung: Welche Beziehung besteht zwischen dem Leib (dem belebten Körper, insbesondere dem Gehirn) und der Seele (Geist, Bewußtsein)? Von vielen als unlösbares Problem oder als Scheinproblem bezeichnet, ist es für andere die Grundfrage der Philosophie oder der "Weltknoten" (Schopenhauer).

.. wie "wollte" man auch von dem Begriff "Algorithmus" auf ein Problem schließen, dass sich mit der Fragestellung befasst, welche Beziehung zwischen dem Gehirn und dem Bewußtsein besteht.
Aus meiner Sicht ist es sowieso nur ein Scheinproblem: Menschen, die gerne völlig verschiedene Ebenen durcheinander werfen und miteinander fehlerhaft vermischen, haben dies anscheinend. Man muss sich u.a. immer klar machen, dass (Seele/)Geist/Bewusstsein komplexe Phänomene sind, die vor allem auf (unserem) Denken beruhen, weit weg von der physi(kali)schen Ebene.

Bei KI versteht man gerne auch die Erweiterung auf intelligente Roboter; insofern kommt man um die Betrachtung in der realen Welt spätestens dann sowieso nicht herum; (d)ein "KA" nützt uns dann nichts wirklich bzw. ist begrifflich zu weit weg.



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Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Burkart
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Sa 10. Sep 2022, 16:05

Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 12:00
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 11:22
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 10:39
Ich sehe keinen Grund, warum eine KI einfach nicht wissen soll, was sie tun könnte.
Und das, obwohl du ihn gerade selbst geliefert hast.
Das verstehe ich nicht. Wie meinst du das?
Keine erläuternde Aufklärung? Schade.



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Jörn Budesheim
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Sa 10. Sep 2022, 17:06

Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 16:01
Man muss sich u.a. immer klar machen, dass (Seele/)Geist/Bewusstsein komplexe Phänomene sind, die vor allem auf (unserem) Denken beruhen, weit weg von der physi(kali)schen Ebene.
Wie weit weg denn ungefähr? 1cm, 1m, ein Kilometer oder mehr?




Burkart
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Sa 10. Sep 2022, 17:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 17:06
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 16:01
Man muss sich u.a. immer klar machen, dass (Seele/)Geist/Bewusstsein komplexe Phänomene sind, die vor allem auf (unserem) Denken beruhen, weit weg von der physi(kali)schen Ebene.
Wie weit weg denn ungefähr? 1cm, 1m, ein Kilometer oder mehr?
Begrifflich. U.a. sehe ich Gedanken ja auf auf (physischen) Neuronen beruhen. Das Physische der Neuronen könnten man noch genauer/tiefer analysieren.
Auf der anderen Seite ist Geist u.ä. quasi "über" den Gedanken bzw. weiter weg vom Physischen.



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sybok
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Sa 10. Sep 2022, 17:26

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 07:44
Dass das logisch möglich ist, heißt nicht, dass es metaphysisch möglich ist.
Stimmt, aber anzunehmen, dass es metaphysisch unmöglich sei, erscheint mir wieder unnötig schärfer. Solange ich das nicht weiss, warum die Möglichkeit von vornherein ausschliessen?
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 07:47
Nun sind allerdings Qualia kein sinnloser Bonus, denn ohne sie gibt es keine intrinsische Motivation irgendetwas zu tun. Warum sollte eine KI, der man keinen Job gibt, nicht einfach in der Ecke sitzen und gleichsam darauf "warten", dass der Strom aus ist, weil sie einfach nicht weiß, was sie tun soll, weil es für sie um nichts geht. Und das liegt an den fehlenden Qualia.
Das sehe ich anders. D.h. die Frage nach der intrinsische Motivation scheint mir genau die richtige Fragestellung hinsichtlich KI-Konstruktion zu sein - aus Ingenieursperspektive. Aber die Motivation könnte beispielsweise durch Neugierde getrieben sein. Ich weiss natürlich nicht wie, beispielsweise vielleicht sowas: Der Agent konstruiert ein Modell der Welt, die er sensorisch wahrnimmt, dieses Modell wird zwangsläufig immer Lücken haben. Diese zu stopfen, indem er "experimentiert", könnte sein innerer Antrieb sein. Also was wir ja auch machen. Oder "Lebenserhaltung", er könnte eine intrinsische Motivation haben, die nächste Energiequelle zu finden. Sowas wie "ein Empfinden der/zur Farbe Rot" ist doch völlig irrelevant um einen inneren Antrieb zu entwickeln, nicht? Sonst würde der philosophische Zombie ja auch kein sinnvolles Konzept darstellen. Resp. worin siehst du denn einen Unterschied zwischen Zombie und KI?
Wenn man sagt, dass man vom Mitmenschen prinzipiell nicht feststellen kann, ob er Qualia erlebt oder nicht, dann kann das ja gar nicht notwendig sein, das wäre ja sonst ein logischer Widerspruch.
Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 09:18
Ich glaube es gibt diese Gruppen, aber ich finde beide Haltungen unsinnig.
Ah ok, dritte Option :) .




Körper
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Sa 10. Sep 2022, 18:38

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Weil ich "Verstehen" an ein Bewusstsein knüpfe.
Und woher weisst du, dass du bewusst bist?
=> du musst es letztlich aus den Umständen heraus verstehen.
=> du musst die relevanten Zusammenhänge aufbauen -> genau das ist Verstehen.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Und du bist schon wieder sprachlich im nächsten Dualismus gefangen: der Körper "hat" ein Nervensystem/Gehirn. Da sprichst du die nächste Trennung aus.
Das ist kein Dualismus.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Wie man eine "Ontologie-Idee" mit Nervensystem/Gehirn abgleicht, weiß ich nicht.
Ja eben, du weisst es nicht, du kannst es nicht, also sind all deine Ansprüche entsorgt.
Dass du unter "Person" mehr als den Körper erwartest und von Reduktion sprichst, ist dann hübsch, aber ohne diese Basis einfach wertlos.




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Sa 10. Sep 2022, 19:36

sybok hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 17:26
Sowas wie "ein Empfinden der/zur Farbe Rot" ist doch völlig irrelevant um einen inneren Antrieb zu entwickeln, nicht?
Innere Antriebe sind meines Erachtens etwas qualitatives. Ohne Qualia keine Antriebe.




Lucian Wing

Sa 10. Sep 2022, 21:45

Körper hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 18:38
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Weil ich "Verstehen" an ein Bewusstsein knüpfe.
Und woher weisst du, dass du bewusst bist?
=> du musst es letztlich aus den Umständen heraus verstehen.
=> du musst die relevanten Zusammenhänge aufbauen -> genau das ist Verstehen.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Und du bist schon wieder sprachlich im nächsten Dualismus gefangen: der Körper "hat" ein Nervensystem/Gehirn. Da sprichst du die nächste Trennung aus.
Das ist kein Dualismus.
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 13:20
Wie man eine "Ontologie-Idee" mit Nervensystem/Gehirn abgleicht, weiß ich nicht.
Ja eben, du weisst es nicht, du kannst es nicht, also sind all deine Ansprüche entsorgt.
Dass du unter "Person" mehr als den Körper erwartest und von Reduktion sprichst, ist dann hübsch, aber ohne diese Basis einfach wertlos.
Sorry, aber deine Liste von MORALISCHEN Ansprüchen/Urteilen werde ich nicht weiter verfolgen.




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Jörn Budesheim
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Sa 10. Sep 2022, 21:54

Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 17:16
. U.a. sehe ich Gedanken ja auf auf (physischen) Neuronen beruhen
Der Gedanke, dass Gedanken auf Neuronen beruhen, beruht er auf deinen oder meinen Neuronen? Oder wessen Neuronen? Und wenn er immer auf den individuellen Neuronen beruht, wie könnte es dann trotzdem dieser Gedanke sein?

Und das hieße wohl auch: kein Wesen in diesem Universum, dass nicht über Neuronen verfügt, könnte diesen Gedanken erfassen? Insbesondere natürlich dann auch nicht eine (nicht neuronale) künstliche Intelligenz?!

Und wenn ich über diesen Gedanken nachdenke, denke ich dann über den Gedanken nach oder über deine Neuronen?




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Sa 10. Sep 2022, 22:21

Denken, Gedanken und Neuronen - was gibt es darüber zu sagen?
=> etwas höchst Erstaunliches.

Ein Mensch bewegt sich im Raum über ein neuronales "GPS"-System, d.h. das Nervensystem/Gehirn hilft dem Körper beim Navigieren.

Man hat herausgefunden, dass wenn ein Mensch denkt, dann navigiert er auch über sein neuronales "GPS"-System.
(-> Link)

Denken wäre demnach ein Navigieren durch eine Raumanordnung.

Vielleicht kann man es so ausdrücken: Denken ist so eine Art Bewegungsplanung und ein Gedankengang ist ein Bewegungspfad.

"Ein Gedanke" wäre damit ein durchlaufener Planungs-Bewegungspfad, sozusagen das "biochemische Echo" der Benutzung von den Neuronen, die die Zusammenhänge des Pfades ergeben haben.

Wer sich fragt, wie er seine Ontologie-Idee mit dem Nervensystem/Gehirn abgleichen/verbinden soll:
so ähnlich wie das hier - nur dass hierbei keine Ontologie-Ideen benötigt werden.
Was auch immer so Existenz-Phantasien ausdrücken können wollen, wo der Mensch sich befindet (egal ob in der Realwelt oder "in seinen Gedanken"), bezieht er aus einer Funktion des Nervensystems/Gehirns und nicht aus "zauberhaften Existenzen".

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Idee einer "ontologischen Zutat"?




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Sa 10. Sep 2022, 22:45

Das Problem ist: Wenn ich an einen Baum denke, denke ich an einen Baum und nicht an einen Gedankengang oder Bewegungspfad.
Daran ist nur schwer zu rütteln.
Und so lange mir keiner schlüssig erklären kann, wie aus einem Bewegungspfad oder Gedankengang ein Gedanke an einen Baum wird, mache ich mir dazu meine eigenen Gedanken.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

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Sa 10. Sep 2022, 23:38

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 21:54
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 17:16
. U.a. sehe ich Gedanken ja auf auf (physischen) Neuronen beruhen
Der Gedanke, dass Gedanken auf Neuronen beruhen, beruht er auf deinen oder meinen Neuronen? Oder wessen Neuronen?
Ein Gedanke beruht erstmal auf den Neuronen des Menschen, der den Gedanken hat/denkt.
Und wenn er immer auf den individuellen Neuronen beruht, wie könnte es dann trotzdem dieser Gedanke sein?
Was heißt "dieser"? Ich fürchte, der Begriff "Gedanke" ist nicht eindeutig. Ich beziehe mich bisher auf die Gedanken, die aktuell in unserem/einen Kopf sind.
Du magst bzw. man mag den Gedanken abstrakter meinen, der allgemeiner ist, abstrahiert von einem denkenden Wesen
Und das hieße wohl auch: kein Wesen in diesem Universum, dass nicht über Neuronen verfügt, könnte diesen Gedanken erfassen? Insbesondere natürlich dann auch nicht eine (nicht neuronale) künstliche Intelligenz?!
Wenn man den abstrakte(re)n Gedanken meint, können ihn viele denkende Wesen erfassen, auch KI ggf.
Und wenn ich über diesen Gedanken nachdenke, denke ich dann über den Gedanken nach oder über deine Neuronen?
Lass mich überlegen... wenn ich über G nachdenke, denke ich dann über G nach oder über N...? However...

"Dieser Gedanke" klingt nach dem abstrakte(re)n Gedanken, also dem von einem spezischen Menschen unabhängigen. Aber man kann natürlich auch über Gedanken nachdenken, die in einem Kopf sind und worauf diese physisch basieren, das wären dann die Neuronen.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Nehmen wir ein Beispiel: ich denke, dass Pablo Picasso 93 Jahre alt wurde. Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass "Pablo Picasso wurde 93 Jahre alt" ein Kandidat für einen Gedanken ist.

So, jetzt ist die Frage: ist das nun ein abstrakter Gedanke oder ein konkreter Gedanke und was genau bedeutet abstrakter/konkreter Gedanke?

Zuvor hattest du, ohne diese Unterscheidung zu machen, folgendes gesagt:
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 16:01
Man muss sich u.a. immer klar machen, dass (Seele/)Geist/Bewusstsein komplexe Phänomene sind, die vor allem auf (unserem) Denken beruhen, weit weg von der physi(kali)schen Ebene.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 11. Sep 2022, 07:20
Nehmen wir ein Beispiel: ich denke, dass Pablo Picasso 93 Jahre alt wurde. Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass "Pablo Picasso wurde 93 Jahre alt" ein Kandidat für einen Gedanken ist.

So, jetzt ist die Frage: ist das nun ein abstrakter Gedanke oder ein konkreter Gedanke und was genau bedeutet abstrakter/konkreter Gedanke?

Zuvor hattest du, ohne diese Unterscheidung zu machen, folgendes gesagt:
Burkart hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 16:01
Man muss sich u.a. immer klar machen, dass (Seele/)Geist/Bewusstsein komplexe Phänomene sind, die vor allem auf (unserem) Denken beruhen, weit weg von der physi(kali)schen Ebene.
Gut, gehen wir davon aus, dass Pablo Picasso 93 alt wurde, die Aussage also richtig ist.
Erstmal kann man "ich denke, dass" auch verstehen als das etwas vage "ich nehme an (ich vermute), dass", aber so meinst du es hier bestimmt nicht.

Nun kannst du also selbst aktuell gerade den Gedanken im Kopf haben, und darauf hatte ich mich insbesondere bei dem Zitierten bezogen.
Auf der anderen Seite geht es um den Fakt bzw. die Aussage selbst, also den abstrahierten Gedanken, der zur Aussage wird. DIe Abstraktion bezieht sich darauf, dass sie nicht mehr die realen konkreten (aktuellen oder potentiellen) Gedanken eines Menschen sind, sondern nur noch deren (gedanklicher) Inhalt.

Wenn wir z.B. über Gendern reden bzw. jeweils nachdenken, hat jeder von uns unterschiedliche Assoziationen (konkrete Gedanken) zu dem Begriff, ich verabscheue z.B. häufige Benutzung im Fernsehen, während Befürworter sicherlich andere Gedanken dazu haben. Insgesamt ist uns aber allen mehr oder weniger klar, wofür der (grobe) anstrakte Gedanke (Begriff) des Genderns ungefähr stehen soll.



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