Was sind Begriffe - was ist Begriffs-Realismus?

Hier geht es einerseits um die Erörterung logischer Grundstrukturen in der Philosophie und andererseits um Sprachanalyse als philosophische Methode, Theorien der Referenz und Bedeutung, Sprechakttheorien u.ä.
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Jörn Budesheim
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Sa 18. Jan 2020, 16:50

Paradox hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 16:15
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 15:02
Wenn man sich fragt, ob es Eigenschaften wirklich gibt, dann hängt natürlich vieles, wenn nicht sogar alles, davon ab, was man sich unter dem Begriff Existenz ausmalt.

Dazu zwei interessante Argumentationen. die eine habe ich bei Derek Parfit gefunden. Die andere kenne ich von Markus Gabriel. Beide fordern und auf, dass wir uns vorstellen, dass das gesamte Universum nicht mehr existiert.
Ein anderes Gedankenexperiment. Stell dir vor, dass so etwas wie 'Existenz' nicht existiert.
Existiert dann Nichtexistenz? Und bleibt der Satz 'Nichtexistenz existiert' auch dann wahr, wenn wirklich rein gar nichts existiert?
In welchem Sinne könnte man so eine Auffassung dann dennoch Realismus nennen?

Ergänzung:
Wir nähern uns nun in Riesenschritten dem Thema, das im Thread "Was wirklich ist, ist möglich" schon am Laufen ist, nämlich der Frage, in wie weit unsere Logik geeignet ist, die 'Wirklichkeit' halbwegs konsistent abzubilden und ob es nicht Grenzbereiche der Erfahrung von Wirklichkeit gibt, wo die Unangemessenheit der Logik offensichtlich wird. Wo es und dann ergeht wie den beiden Rittern Derek Parfit und Markus Gabriel bei ihrem heldenhaften Kampf gegen die Windmühlen des Nichtseienden.
Tut mir leid, ich verstehe hier kein Wort.




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Jörn Budesheim
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Sa 18. Jan 2020, 17:10

Paradox hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 16:50
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 15:02
Beide fordern und auf, dass wir uns vorstellen, dass das gesamte Universum nicht mehr existiert.
Das ist das Argument.
Die Nichtexistenz des Universums impliziert - nebenbei - natürlich auch die Nichtexistenz der beiden traurigen Ritter. Wie soll sich jetzt ein nichtexistierender Ritter ein nichtexistierendes Universum vorstellen?
Ich gehe allerdings davon aus, dass du gerade existierst und dir daher etwas vorstellen kannst?! Du wirst ja nicht aufgefordert, dir vorzustellen, wie du dir als Nichtexistierender etwas vorstellst.

Solche Gedankenexperimente sind in der Philosophie gang und gäbe. Parfit und Gabriel sind für mich keine armen Ritter, die auf ihre eigenen Vorstellungen reinfallen, sondern zwei sehr renommierte und interessante Philosophen. Ihre Gedanken nachzuvollziehen, was naturgemäß nicht immer einfach ist, ist äußerst lehrreich, wie ich finde. (Besonders spannend wird es natürlich, wenn sie, wie oben dargestellt, in einen Widerspruch zu geraten scheinen.) Aber es muss natürlich jeder selbst wissen, wie er mit sowas umgeht.




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Jörn Budesheim
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Sa 18. Jan 2020, 18:40

Alethos hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 11:53
Was daran gefährlich sein soll, dass ein Begriff etwas durch sich selbst bedeuten soll, und dass er auch etwas bedeute, wenn niemand ihn bedenkt, das erschliesst sich nicht. Denn es ist doch auch nicht bedenklich, wenn ein Baum dort steht und niemand ihn sieht?
Ich denke, der Hintergrund dieser Vorstellung ist eine ältere Metaphysik bzw ein älterer Realismus. Diesem Realismus gemäß gibt es nur das wirklich, was es unabhängig vom menschlichen Bewusstsein gibt. Damit stehen ja im Prinzip alle Sinnstrukturen im Verdacht, nicht zu existieren. Was wirklich existiert - laut dieser Metaphysik - sind "Atome und Lehre".




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Jörn Budesheim
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Sa 18. Jan 2020, 19:29

Alethos hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 11:53
Hier spätestens wird aber klar, dass nicht die Sprache selbst grundlegend ist für den Begriff, sondern dass letzterer selbsttragend ist und sie sich auf ihm bewegt.
Was heißt das, dass Begriffe selbsttragend sind? Mir ist das nicht ganz klar!?

Woher haben wir z.b. den Begriff des Hundes? Wir lernen ihn als kleine Kinder, indem wir lernen, ihn auf Hunde anzuwenden. Wir sollten also Begriffe nicht als selbsttragend verstehen, meine ich. Wie lernen sie, indem wir in dieser Wirklichkeit als Teil von ihr real da sind, in ihr leben, sie fühlen, sie wahrnehmen, über sie nachdenken und über sie reden.

Der Hund hat am Hundsein teil, indem er ein Hund ist. Das finde ich nicht besonders erstaunlich. Man könnte auch sagen "harmlos".

Der Nominalismus ist dagegen ziemlich offensichtlich falsch, weil er schließlich unterstellt, dass es Hunde gar nicht gibt, sondern nur Einzeldinge. Insbesondere spricht für den Realismus, dass wir ja unsere Begriffe oftmals korrigieren müssen, wenn wir feststellen, dass sie unangemessen sind. Und diese Korrekturen orientieren sich in aller Regel an den Tatsachen, sodass wir unsere Begriffe zunehmend schärfen. Dabei sind wir natürlich fallibel, das ist der Preis für den Realismus.

So haben z.b. Wale nicht am Fischsein teil, weil sie halt einfach keine Fische sind. So etwas kann man lernen und wissenschaftlich erforschen.




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Paradox
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Sa 18. Jan 2020, 20:53

Ich wäre nun gerne weiter auf all den logischen Widersprüchen und befremdlichen Konsequenzen herumgeritten, die man sich einhandelt, wenn man aus selbstwidersprüchlichen Spekulationen über Nichtexistenz Beweise für ansich seiende Ideen, Begriffe, Wahrheiten oder was auch immer herleiten will. Man muss schon ein sehr würdevoll-ernsthaftes Gesicht dazu machen, damit daraus ein glaubhaftes Argument wird.

Aber nun ist die Diskussion schon wieder zwei Schritte weiter und ich fürchte, es bringt jetzt auch nicht viel, die in meinen Augen einigermaßen befremdliche Behauptung zurecht zu rücken:
Der Nominalismus ist dagegen ziemlich offensichtlich falsch, weil er schließlich unterstellt, dass es Hunde gar nicht gibt, sondern nur Einzeldinge.
Nur soviel noch.
Hier wäre es allerdings angebracht, zu fragen, wie man Allgemeinbegriffe gebraucht, und ob man hier und in anderen Fällen nicht einen analogen Begriff (=Begriffswort!) zur physischen Existenz verwenden kann. Eine solche Analogie ist oft sehr nützlich und mit ihrer Hilfe kann vieles kürzer und einfacher ausgedrückt werden. Es besteht dann jedoch immer die Gefahr, dass Philosophen die Analogie missverstehen und daraus tiefgründige, zeitlose Wesenheiten ableiten. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, nach Herzenslust Allgemeinbegriffe zu verwenden und Schlüsse aus den sich einstellenden Begriffsrelationen abzuleiten. Man vergleiche nur dieses solide Fundament mit den luftigen Spekulationen über nicht existierende Universen.

Aber jetzt verordne ich mir erstmal eine Schreibpause in diesem Forum.



"Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht."

Karl Valentin

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Jörn Budesheim
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Sa 18. Jan 2020, 21:31

Paradox hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 16:50
Die Nichtexistenz des Universums impliziert - nebenbei - natürlich auch die Nichtexistenz der beiden traurigen Ritter.
So ist es.
Paradox hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 16:50
Wie soll sich jetzt ein nichtexistierender Ritter ein nichtexistierendes Universum vorstellen?
Das entspricht jedoch nicht dem Gedankenexperiment. Du wirst nicht aufgefordert, dir vorzustellen, wie du als Nicht-Existierender dir etwas vorstellst. Jetzt, da du existierst, bist du eingeladen, dieses Gedankenexperiment nachzuvollziehen. Ist 7 plus 5 nicht mehr 12, wenn das gesamte materiell/energetische Universum verschwindet?

Wenn mich nicht alles täuscht, sind beide Philosophen der Ansicht, dass sich daran nichts ändert. (Mutatis mutandis.) Nur folgert der eine, soweit ich sehe, daraus, dass Zahlen existieren, während der andere daraus folgert, dass Zahlen nicht existieren.

Meines Erachtens enthält der Vorschlag, sich zu fragen, ob etwas "übrig bleibt", wenn man sich das physikalische Universum wegdenkt, also keinen Selbstwiderspruch. Dass man dann selbst nicht mehr existieren würde, hindert einen - wie gesagt - ja nicht daran, jetzt darüber nachzudenken. Das ist ebenso wenig ein Widerspruch, wie wenn man darüber nachdenkt, was mit der Welt passiert, wenn man selbst nicht mehr existiert bzw gestorben ist.

Das spannende an den beiden Argumenten von Derek Parfit und Markus Gabriel ist doch, dass beide Philosophen einen ähnlichen Gedankengang durchlaufen, aber zu ganz verschiedenen Ergebnissen kommen.

Und das könnte daran hängen, dass der Existenz-Begriff hier noch ungeklärt ist.




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Jörn Budesheim
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So 19. Jan 2020, 07:49

Karl Valentin hat geschrieben : "Wo alle dasselbe denken, wird nicht viel gedacht."
Ludwig Wittgenstein hat geschrieben : Die richtige Methode der Philosophie wäre eigentlich die: Nichts zu sagen, als was sich sagen lässt, also Sätze der Naturwissenschaft - also etwas, was nichts mit Philosophie zu tun hat -, und dann immer, wenn ein anderer etwas Methaphysisches sagen wollte, ihm nachzuweisen, dass er gewisse Zeichen in seinen Sätzen keine Bedeutung gegeben hat. Diese Methode wäre für den anderen unbefriedigend - er hätte nicht das Gefühl, dass wir ihn Philosophie lehrten - aber sie wäre die einzige streng richtige.
Die Philosophie lebt aus der Kontroverse, das sehe ich ähnlich wie Karl Valentin. Wo alle dasselbe denken, ist man nicht gezwungen, die eigenen Gedanken auf die Probe zu stellen und sie präzise darzulegen und mit Argumenten zu untermauern.

Ein Beispiel: War Wittgenstein selbst ein Nominalist? Der Philosoph Michael Kober meint die Antwort auf diese Frage lautet "mit Sicherheit: 'Nein'". :) Andere Philosophen würden vielleicht die gegenteilige Überzeugung äußern :) Ich kann mich noch sehr gut an eine Vorlesung erinnern, wo der Professor, ein ausgewiesener Wittgenstein Kenner, eine lange Liste von Attributen vorgelegt hat, mit denen der tractatus schon mal belegt wurde. War es befremdlich, dass sich viele der Vorschläge gegenseitig ausgeschlossen haben? Vielleicht. Dass unterschiedliche Ansichten zu ein- und demselben Gegenstand vorliegen, gehört einfach zur Natur der Philosophie. Das heißt nicht, dass sie alle recht haben, aber Dissens gehört einfach zum Geschäft.




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Alethos
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So 19. Jan 2020, 09:11

Paradox hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 14:44
Alethos hat geschrieben :
Sa 18. Jan 2020, 13:17
Denn es ist ja nicht wegen des Runden dieses Runden, dass es Rundheit gibt, sondern das Runde ist rund, weil es von der Rundheit jene Eigenschaft übernimmt, die sie rund machen.
Im Ernst?
Wie muss ich mir dieses 'Übernehmen' genauer vorstellen? Da drüben steht also die Rundheit, und nun kommt was Eckiges um die Ecke, das auch gerne rund wäre. Und die Rundheit sagt zu ihr: da, nimm!, und übergibt ihm einen Teil von seinem Runden, sodass das vormals Eckige nun rund ist und sich freut?
Ja, genau so stelle ich es mir vor, Paradox. Das Eckige bedankt sich auch beim Runden, weil es freundlich ist. Denn alles Eckige hat zudem Anteil am Freundlichen!

Nun zum ernsteren Teil: Es ist so, dass es die Univeralie geben können muss, ansonsten es nicht möglich wäre, dass diese und jene Rose rot sein könnten. Oder dieses Einzelding und das andere beide Hunde. Aber die Röte und das Hundsein stellen wir uns nicht vor als eine Entität, die im Ideenraum schwebt und irgendwie appliziert wird auf das Einzelne, sondern vorkommt in der Individuation, dort aber bei mehreren. Es gibt daher auch keine Übertragung in diesem radikal-simplifizierenden Sinne, wie du es oben darzustellen versuchtest. Die Röte existiert, auch die Gattung Hund existiert und sowie das Gute auch. Um das zu glauben, muss man kein Platoniker sein, es genügt, wenn man Realist ist.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

storyway
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So 19. Jan 2020, 11:38

Ich werfe mal eine ganz andere Sicht in die Diskussion (welche ich jetzt nur durchgesehen habe, falls ich was überlesen habe und es so zu Redundanzen kommt, bitte ich um Nachsicht): Fichte schreibt in "Die Bestimmung des Menschen" https://books.google.de/books?id=OYRrVH ... ch&f=false: "Nun aber ist mein Denken und Entwerfen eines Zweckbegriffes seiner Natur nach absolut frei – und etwas aus dem Nichts hervorbringend. An ein solches Denken müsste ich mein Handeln anknüpfen, wenn es als frei und als schlechthin aus mir selbsthervorgehend soll betrachtet werden können … ich schreibe mir das Vermögen zu, schlechthin einen Begriff zu entwerfen, weil ich ihn entwerfe, diesen Begriff zu entwerfen, weil ich diesen entwerfe, aus absoluter Machtvollkommenheit meiner selbst als Intelligenz."
Das aktive Schaffen von Begriffen nicht zur zum Begreifen der Welt sondern zum Schaffen von Welt liegt mir näher als die platonische Diskussion um die richtige oder falsche Wahrnehmung. Das Begreifen ist ein erster Akt, der die Veränderung oder gar die Neuschaffung von etwas zum Ziel hat. Das ist bei der Beurteilung des Idealismus immer wieder vernachlässigt worden, nämlich dass es einen aktiven Idealismus gibt, in dem die Idee der Tat vorangeht. Das geht von Erfindungen bis hin zu ideologisch begründeten Gesellschaftsordnungen, welche, wenn ihre Idee nicht auf die Wissenschaft bzw. auf das Hinhören gegründet ist, allerdings zum Ideenterror führt, aka Totalitarismus (Kirche, Stalinismus, Faschismus). Diese Angst vor dem Wiederkehren eines neuen Ideengegründeten Totalitarismus hat m.E. zur Passivität in der modernen Philosophie geführt, zum Verbleiben im Kantianismus.

Und zum Glauben. Hier wird mir in der Diskussion die Frage des Vertrauens vernachlässigt. Glauben ist nicht nur "für wahr halten" sondern vor allem Vertrauen im Falle und so lange ich es nicht besser weiß (selbst erfahren habe).




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Jörn Budesheim
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So 19. Jan 2020, 11:51

storyway hat geschrieben :
So 19. Jan 2020, 11:38
Und zum Glauben. Hier wird mir in der Diskussion die Frage des Vertrauens vernachlässigt. Glauben ist nicht nur "für wahr halten" sondern vor allem Vertrauen im Falle und so lange ich es nicht besser weiß (selbst erfahren habe).
Zum Glauben haben wir ja im Prinzip alles vernachlässigt, weil wir darüber praktisch gar nicht gesprochen haben. Wenn ich mich recht entsinne, ist der Ausdruck Fürwahrhalten nur eingeführt worden, um "das Glauben" von "dem Glauben", also dem Glauben in religiöser Hinsicht abzugrenzen :)




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Jörn Budesheim
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So 19. Jan 2020, 12:05

storyway hat geschrieben :
So 19. Jan 2020, 11:38
Das aktive Schaffen von Begriffen nicht zur zum Begreifen der Welt sondern zum Schaffen von Welt...
Was wären (deine) Beispiele dafür?

Mir fällt dazu die Kunst ein, z.b. die Literatur, in der schließlich fiktive Welten geschaffen werden. Ein andere Bereich wäre der des Rechts oder des Brauchtums, wenn man zum Beispiel den Status des "verheirateten Mannes" einführt.




storyway
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So 19. Jan 2020, 14:06

Im Grunde ist jede Erfindung eine Idee, aus der über Handlungen neue Objekte entstehen. Fichte hat hier die Freiheit deutlich denkbar gemacht, indem er das Setzen des Nicht-Ichs völlig unabhängig von Anderen gedacht hat. Deshalb war/ist er auch so verehrt worden.
Vergleiche auch: "Eine Idee wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift."
Das eine wichtige Thema beim Begreifen ist also die Entstehung der Ideen (Begreifen der Welt), das andere Thema ist, wie aus Ideen, Begriffen, neue/veränderte Wirklichkeit wird. Hier gibt es sicher eine Querverbindung zu Hegels Wirklichkeitsverständnis, den Strang muss ich mir aber erst mal durchlesen.




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Sa 11. Jul 2020, 11:03

Gibt es irgendwo eine logische Grenze, wo man sagen kann hier endet die Mustererkennung und die Begriffsbildung beginnt? Oder ist das ein fließender Übergang oder gar einfach dasselbe?




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Jörn Budesheim
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Sa 11. Jul 2020, 20:56

Markus Gabriel hat geschrieben : Denken als Erfassen von Gedanken ist begrifflich, aber nicht sprachlich kodiert. Was wir uns denken, können wir in Sprache übersetzen, was aber nicht heißt, dass wir es deswegen besser oder präziser erfassen. Ein Gemälde kann mit demselben Recht Ausdruck eines Gedankens sein wie ein Satz. Denn ein Gemälde stellt etwas als etwas dar – und sei es eine Farbanordnung im Rahmen eines Kunstwerks des abstrakten Expressionismus. Wir denken häufig in Bildern, wenn wir uns eine Szene ausmalen. Die Bilder, in denen wir denken, können ebenso Gedanken (etwas, das wahr oder falsch sein kann) ausdrücken wie Sätze.

(Hervorhebung von mir)
Das kann man natürlich auch als Beitrag zur sogenannten Unbegrifflichkeit verstehen. Dass Malen oder Zeichnen eine Form des Denkens ist und dass damit Gedanken zu Papier gebracht werden, ist schließlich auch eine Formulierung die sehr geläufig ist. Viele meiner Kollegen und Kolleginnen reden so.




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Jörg Lenau
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So 3. Dez 2023, 19:31

Wahrlich markant dieses antreffen derart 'neudeutscher' Bekundungen - mehr ein Rätselraten, als irgend eine Einsichtigkeit in die Materie des Sprachwesens, welche unsere Kultur ausmacht. Kennen wirklich alle nur noch die etablierten romanisierten Lexikas (der Substantivierungen) und keiner mehr die althergebrachten 'Wörterbücher' (der Begrifflichkeiten) - die Gebrüder Grimm einzig als Märchenerzähler und nicht als Sprachforscher?

Ich bringe hierzu einmal Input ein - mal sehen, ob da wer einen Lichtblick dadurch erlangt.

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So 3. Dez 2023, 19:49

Jörg Lenau hat geschrieben :
So 3. Dez 2023, 19:31
Wahrlich markant dieses antreffen derart 'neudeutscher' Bekundungen -
Zunächst einmal herzlich willkommen im Forum.
Zu dem Zitat habe ich eine Frage: Worauf bezieht sich das?




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Jörg Lenau
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Mo 4. Dez 2023, 11:00

Danke für die Begrüßung, dem ich wohlwollend entgegen komme. Ich bin mich darüber gerade am 'einfinden' - hatte mich vor ein paar Jahren von den Foren distanziert, da sie sich durchwegs als 'rein destruktiv' erwiesen, habe jedoch zwischenzeitlich den Geschichtsverlauf studiert und bin jetzt wieder neu am einsteigen, genau mit diesem 'Tenor' des Umstandes der Situation.

Die Infragestellung ist indess nach wie vor die Gleiche, nämlich inwiefern sich derartige Aufklärungen etablieren 'lassen'?

Gruß aus Limburg




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