Ludwig Wittgenstein über Privatsprache

Gemeinsame Lektüre und Besprechung philosophischer und anderer Literatur.
Tosa Inu
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So 18. Mär 2018, 11:52

Alethos hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 11:00
Unter diesen Voraussetzungen ist die Entwicklung einer Privatsprache möglich, wenn auch über den Umweg einer öffentlichen Sprache, oder?

Dass wir diesen Umweg machen müssen, müsste aber erst noch dargelegt werden. Die bislang vorgetragenen Beweise halte ich noch nicht für überzeugend. Das muss natürlich nicht an den Beweisen liegen.
Korrekt. Und die Antithese ist die Neogenese der Sprache. Sprache (ganz allgemein) hätte gar nicht entstehen können, wäre dafür stets eine bereits öffentlich vorhandene Sprache notwendig. Das ist ein simples logisches Spiel und empirisch ist belegt, dass Sprache entstanden ist.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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So 18. Mär 2018, 12:50

Tosa Inu hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 11:52
Sprache (ganz allgemein) hätte gar nicht entstehen können, wäre dafür stets eine bereits öffentlich vorhandene Sprache notwendig.
Das sollte stimmen. Mir ist nur nicht klar, wofür du damit argumentieren willst?! Dass eine Privatsprache im Sinne Wittgensteins möglich ist, das folgt daraus ja nicht, das siehst du doch auch so, oder?




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So 18. Mär 2018, 12:51

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 17. Mär 2018, 18:59
Brandom (der in Expressive Vernunft Wittgenstein, Frege und Kant verbindet) hat auf einigen Seiten des Buches überzeugend nachgewiesen, dass Wittgensteins Begriff der Regel und was es bedeutet, einer Regel zu folge, dreideutig ist.
Hast du dazu einen Link oder etwas anderes in petto? Sofern es für diesen Thread passt.




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So 18. Mär 2018, 13:22

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 12:51
Hast du dazu einen Link oder etwas anderes in petto? Sofern es für diesen Thread passt.
Ich hätte das Oiriginalzitat, das allerdings über 2,5 Seiten geht und die Frage ist, inwieweit man das so lange zitieren darf. Weiß das einer?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 12:50
Das sollte stimmen. Mir ist nur nicht klar, wofür du damit argumentieren willst?! Dass eine Privatsprache im Sinne Wittgensteins möglich ist, das folgt daraus ja nicht, das siehst du doch auch so, oder?
Doch, ich denke, genau das folgt daraus.
Eine logische Unmöglichkeit kann ich nicht erkennen.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 18. Mär 2018, 13:35

Warum sollten es nicht möglich sein, dass Sprachen als öffentliche soziale Praxen entstanden sind?




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So 18. Mär 2018, 15:00

Nun, ich sage ja, es ist möglich.
Warum es nicht möglich sein soll, sagt Wittgenstein.
Soweit hier common sense ist, ist sein Argument, dass man um sich sein Inneres zu erschließen, aber auch zu wissen, was Baum genannt wird, die Hilfe einer öffentlichen Sprache braucht.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 18. Mär 2018, 15:03

Irgendetwas läuft gerade schief :-) Wittgenstein würde sich doch nicht dagegen aussprechen, dass Sprachen soziale Praxen sind und als solche entstanden sind. An welcher Stelle haben wir jetzt dieses Missverständnis produziert?




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So 18. Mär 2018, 15:09

Nehme ich auf meine Kappe und dreh noch mal zurück und antworte anders:
"Warum sollten es nicht möglich sein, dass Sprachen als öffentliche soziale Praxen entstanden sind?"
Einer ... genau einer, muss den Anfang machen.
Und der kann sich nicht mit den anderen darüber abstimmen, dass sie dies da Baum nennen, das große Gefahr und jenes Feuer nennen.
Denn die können ja, mangels Sprache, noch nicht miteinander sprechen.
Zuletzt geändert von Tosa Inu am So 18. Mär 2018, 15:22, insgesamt 1-mal geändert.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 18. Mär 2018, 15:14

Tosa Inu hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:09
Einer ... genau einer, muss den Anfang machen.
Nehmen wir mal an, das würde stimmen (was ich keine Sekunde glaube, aber egal) wie sollte daraus folgen, dass es so etwas wie eine Privatsprache geben muss? Denn aus dem Umstand, dass er anfangen KANN, folgt genau das Gegenteil, nämlich dass die Sprache, die er anstößt (oder wie auch immer man es sich vorstellen und oder nennen will) verstanden werden KANN. Und in diesem Fall ist es keine Privatsprache.




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So 18. Mär 2018, 15:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:14
Nehmen wir mal an, das würde stimmen (was ich keine Sekunde glaube, aber egal) wie sollte daraus folgen, dass es so etwas wie eine Privatsprache geben muss?
Weil einer der anfängt privat ist.
Spielt ja keine Rolle ob der in einer Höhle sitzt oder aufgeregt versucht, mit 20 anderen zu kommunizieren.
Wo keine Sprache (also Begriffe in unserem Sinne), da keine Sprache.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:14
Denn aus dem Umstand, dass er anfangen KANN, folgt genau das Gegenteil, nämlich dass die Sprache, die er anstößt (oder wie auch immer man es sich vorstellen und oder nennen will) verstanden werden KANN. Und in diesem Fall ist es keine Privatsprache.
Seida lambo hogoja.
Und? Habe ich da was angestoßen?
Du, der Du über eine reichen Sprachapparat verfügst, kannst nun überlegen, ob das nur Phantasiesilben sind, oder Verdreher oder irgendein Sinn oder Trick dahinter ist (kannst Du aber auch lassen, ist nicht). Wesen, die sicher vor Lust grunzen und vor Angst schreien, können das aber nicht.



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So 18. Mär 2018, 15:24

Das hilft aber nichts. Wenn die anderen die Sprache verstehen können, ist es definitionsgemäß keine Privatsprache.




Tosa Inu
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So 18. Mär 2018, 15:32

Das können sie ja nicht.
Wie sollten sie, am Anfang der Sprache verstehen sie diese ja nicht.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 18. Mär 2018, 15:37

Es geht dabei aber nicht um ein faktisches Nichtverstehen. Ich verstehe auch kein Chinesisch, aber es ist möglich es zu verstehen. Und wenn etwas einen Anfang in der Sprache macht, dann muss es auch möglich sein, dass verstanden wird.




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Dazu, zu 15921, bei wiki: Privatsprache
Hier ein Blog: Über Privatsprache
Darin:
Das Hauptargument von Wittgenstein aber ist ein epistemologisches: Im Falle einer Privatsprache, also einer Sprache, die nur der Sprecher sprechen kann und sonst prinzipiell niemand, fallen „wissen“ und „zu wissen glauben“ zusammen. Wenn das aber der Fall ist, kann nicht mehr die Rede von Wissen sein.

Das liegt ganz einfach darin, dass Wissen eine wahre begründete Meinung ist. Eine bloße Meinung ist „zu wissen glauben“. Aber wie mache ich aus einer Meinung Wissen? Ich muss entweder andere fragen, die mir meine Meinung bestätigen, oder meine Meinung irgendwie in der Welt verifizieren, etwa mit einer empirischen Studie. Ersteres scheidet bei der Privatsprache aus, schließlich soll prinzipiell nur ich sie verstehen, also kann ich mich auch mit niemandem darüber unterhalten. Doch auch die Verifizierung muss ausscheiden, denn sobald ich mit meiner Sprache auf etwas in der Welt verweise, ist sie wieder (angefangen mit der Zeigegeste) für jemand anderen lernbar.
Das war doch auch Dein Argument, oder?
Nun sagst Du an anderer Stelle aber, Wahrheit sei undefinierbar.
M.E. platzt das obige Argument aber damit. Denn was macht den Unterschied zwischen Wissen und Meinen sonst aus?
Zuletzt geändert von Tosa Inu am So 18. Mär 2018, 15:45, insgesamt 1-mal geändert.



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So 18. Mär 2018, 15:44

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:37
Es geht dabei aber nicht um ein faktisches Nichtverstehen. Ich verstehe auch kein Chinesisch, aber es ist möglich es zu verstehen. Und wenn etwas einen Anfang in der Sprache macht, dann muss es auch möglich sein, dass verstanden wird.
Das wäre eine Übersetzungsleistung, aber die Neogenese ist etwas anderes.



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So 18. Mär 2018, 15:46

Hier kommen wir nicht weiter. Meines Erachtens liegt das so: Wenn es einen Einzelnen gab, der angefangen hat, kann das, was er da gemacht hat (egal, was) keine Privatsprache gewesen sein, weil es dann nicht zugleich ein Anfang sein könnte.




Tosa Inu
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So 18. Mär 2018, 15:50

Was ist denn Deiner Meinung nach eine Privatsprache?

Bei wiki finden wir:
Eine Privatsprache ist nach Wittgenstein eine Sprache oder Sprachspiel, bei welcher prinzipiell nur der Sprecher selbst um die Bedeutung der Worte dieser Sprache wissen kann.
Wenn nun in einer Gruppe einer anfängt mit den anderen zu sprechen und z.B. „Hagga“ sagt, dann kann der andere nicht sagen: „Hä? Wat sachs Du da?“ Weil er, der andere, nicht sprechen kann. Kurz, es wird vorausgesetzt, was noch entstehen muss, philosophisch ist sowas mausetot.

Es geht anders. Natürlich kommunzierte man schon vorher, durch Grunzen, Angstschreie, über Spiegelneuronen, die meine Stimmung auch im anderen induzieren, über die sicht- und spürbare Aufregung, vielleicht übers Zeigen, aber das ist so‘ne Sache, weil ein nicht ganz blödes Argument sagt, dass deiktische Praktiken immer in logischer Folge Teile von Anaphern sind, das Zeihen auf etwas, soll voraussetzen, dass dieses Etwas bereits als logisches Einzelding identifiziert ist und käme dann wieder Quine ins Spiel, aber den Braten kann man noch etliche Male drehen.
Jetzt muss ich pausieren.



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So 18. Mär 2018, 16:06

Tosa Inu hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:50
Was ist denn Deiner Meinung nach eine Privatsprache?
Eine Sprache wie in dem Szenario über innere Gefühlszustände, die nur die Sprecherin selbst verstehen kann. Privat ist das Gegenstück zu Öffentlich. Was verstanden werden KANN ist öffentlich.




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So 18. Mär 2018, 16:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 16:06
Tosa Inu hat geschrieben :
So 18. Mär 2018, 15:50
Was ist denn Deiner Meinung nach eine Privatsprache?
Eine Sprache wie in dem Szenario über innere Gefühlszustände, die nur die Sprecherin selbst verstehen kann. Privat ist das Gegenstück zu Öffentlich. Was verstanden werden KANN ist öffentlich.
Wie kann denn, außer dem, der Schmerzen gerade "Hagga" nennt, jemand darum wissen, dass Hagga Schmerzen sind?



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