Die Frage muss mit einem klaren Jein beantwortet werden. Es ist umstritten welche historischen Verhältnisse Hegel als Folie für das Herr und Knecht Kapitel dienten. Meiner Meinung nach tatsächlich eher feudale Verhältnisse als Klassenverhältnisse.
Aber man muss auch berücksichtigen, dass Hegel hier das Verhältnis zweier Subjekte, also eine Interaktionsdyade beschreibt. Es geht ihm hier gar nicht unbedingt um gesellschaftliche Verhältnisse. Der Kern ist ein Verhältnis zwischen zwei Subjekten, das durch ein Machtungleichgewicht charakterisiert ist. Und hier öffnet sich dann ein weiter Interpretationsspielraum, der auch aktuelle Verhältnisse einschließt. Das Herr und Knecht-Verhältnis kann dann als Folie dienen um so unterschiedliche Verhältnisse wie Mutter-Säugling, Chef-Arbeiter, Lehrer-Schüler o.ä. zu analysieren.
Wenn man dann die Einbettung des Kapitels in die Phänomenologie des Geistes betrachtet wird deutlich, dass es Hegel hier um die Genese des Wissens und der Wissenschaft geht. Und das ist natürlich nach wie vor aktuell.