Meditation und ihr philosophischer Gehalt
- Friederike
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Ich lasse Deine Unterscheidung von "Mitgefühl" und "Liebe" jetzt unberücksichtigt @Jovis, (obwohl ich sie auch treffen würde), weil ich Beides als "Haltungen" bezeichnen würde. Sie schließen Intentionalität zwar nicht aus, d.h. sie sind auf "etwas" gerichtet und sie werden in der Beziehung zu "etwas" realisiert (Gegenstände, Lebewesen), aber vor allem sind es grundlegende Haltungen, die ein Mensch gegenüber Anderem einnimmt. Bejahend oder ablehnend. Den Willen oder die Bereitschaft dazu herzustellen, das, meine ich, ist eine Handlung, die jeder Mensch zunächst einmal in oder für sich selber tut.
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Jovis Beitrag versteht meine Absicht ganz gut.
Ich habe (leider ohne Quellenangabe) ausgedruckt eine (lange) Anleitung zur Metta-Meditation.
„Es reicht nicht, Liebe und Mitgefühl nur zu bejahen, sondern sie müssen geübt werden.“
Schrittweise wird sie von der eigenen Person auf Freunde Bekannte, Gegner, …. ausgeweitet.
Ich verzichte nicht auf den Begriff Liebe.
Wichtig ist durch die Meditation/Kontemplation/ ... das eigene Gefühls- und Gedankenleben im Sinne des Mitgefühlss zu stabilisieren und in die eigenen Lebenspraxis zu tragen: „Wie geht es dir?“
Diesen „Herzensgedanken“ in sich lebendig zu machen, gelingt mir besser, wenn ich Selbst mich geliebt fühle, wenn ich darauf vertraue, von der Fülle des Seins getragen zu sein.
Ich habe (leider ohne Quellenangabe) ausgedruckt eine (lange) Anleitung zur Metta-Meditation.
„Es reicht nicht, Liebe und Mitgefühl nur zu bejahen, sondern sie müssen geübt werden.“
Schrittweise wird sie von der eigenen Person auf Freunde Bekannte, Gegner, …. ausgeweitet.
Ich verzichte nicht auf den Begriff Liebe.
Wichtig ist durch die Meditation/Kontemplation/ ... das eigene Gefühls- und Gedankenleben im Sinne des Mitgefühlss zu stabilisieren und in die eigenen Lebenspraxis zu tragen: „Wie geht es dir?“
Diesen „Herzensgedanken“ in sich lebendig zu machen, gelingt mir besser, wenn ich Selbst mich geliebt fühle, wenn ich darauf vertraue, von der Fülle des Seins getragen zu sein.
- Jörn Budesheim
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Ich sehe das anders. Eine Metapher für unsere Intentionalität ist z.b. der "Richtstrahl". Dieser Strahl kann nicht in mir sein, finde ich, denn er ist die Verbindung zwischen mir und dem Gegenstand der Empfindung. Und wenn man dem Gefühl im Gegensatz dazu einen Ort "in mir" gibt, dann beraubt man es seiner Richtung, das heißt seines Wesens!
- Jörn Budesheim
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ich für meinen Teil finde eigentlich fast nie, dass sich Gefühle, Fantasien und ähnliches als etwas anfühlen, das in mir ist. Ich habe im Gegenteil das Gefühl, dass all dies mich mit etwas verbindet und mich auf etwas öffnet. Oder dass etwas zu mir kommt. Ich finde auch nicht, dass unser Bewusstsein eine Art Verkapselung ist, eher eine Weite ...
- Jörn Budesheim
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Dazu und zu deinem vorhergehenden Post fällt mir - ich weiß noch nicht recht, ob dazu im Widerspruch oder als Bestätigung - folgendes Koan ein:Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 12:43ich für meinen Teil finde eigentlich fast nie, dass sich Gefühle, Fantasien und ähnliches als etwas anfühlen, das in mir ist. Ich habe im Gegenteil das Gefühl, dass all dies mich mit etwas verbindet und mich auf etwas öffnet. Oder dass etwas zu mir kommt. Ich finde auch nicht, dass unser Bewusstsein eine Art Verkapselung ist, eher eine Weite ...
Vom Wind flatterte eine Tempelfahne, und zwei Mönche stritten sich darüber. Der eine sagte: "Die Fahne bewegt sich". Der andere sagte: "Der Wind bewegt sich". Sie diskutierten hin und her, konnten aber die Wahrheit nicht finden. Der sechste Patriarch sagte: "Nicht der Wind bewegt sich. Nicht die Fahne bewegt sich. Euer Geist ist es, der sich bewegt". Die beiden Mönche waren von Ehrfurcht ergriffen.
- Jörn Budesheim
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Walter Benjamin hat geschrieben : "Vorhänge [hier: Fahnen] sind Dolmetscher für die Sprache des Windes."
Ein Buddhist würde vermutlich sagen: Er kann nirgendwo sonst sein als in dir.
- Jörn Budesheim
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Auch Buddhisten können irren :)
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Aber im Ernst: das Verhältnis von mir und Gegenstand kann nicht in mir sein, sonst wäre es nicht das Verhältnis von mir und Gegenstand.
Ich mach mal blitzschachmäßig weiter: Das Verhältnis kann nirgendwo "sein", es ist ja keine Substanz. Ich stelle es mir eher als ein gemeinsames Kraftfeld vor, in dem sich beide Seiten befinden. Und mit dem sie gewissermaßen verschmelzen, denn diese Kraft wirkt auf sie ein, aber sie wirken auch auf die Kraft ein bzw. üben sie aus. Insofern ist es beides: Sie sind in ihm und es ist in ihnen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:13Aber im Ernst: das Verhältnis von mir und Gegenstand kann nicht in mir sein, sonst wäre es nicht das Verhältnis von mir und Gegenstand.
- Friederike
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Andererseits hat ein (Richtungs)-Strahl einen Ort, an dem er anfängt (in mir) oder von dem er ausgeht (von mir) und er führt zu einem Ort hin (dem Gegenstand). Der räumliche Aspekt dominiert für mich in dem Wort "Strahl" und legt die Ver-Ortung nahe. Deswegen finde ich die Metapher nicht gut geeignet, um eine Beziehung/Verhältnis zu veranschaulichen. Bedeutet das nun, daß wir aus der Sprache und dem Denken nicht rauskönnen und nur jenseits davon eine Lösung finden (Koan)? Das gefällt mir auch wieder nicht, aber mir kommt leider keine taugliche Metapher zur "Verbindung", besser noch zur "wechselseitigen Verbindung" in den Sinn.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:13Aber im Ernst: das Verhältnis von mir und Gegenstand kann nicht in mir sein, sonst wäre es nicht das Verhältnis von mir und Gegenstand.
- Friederike
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Das mit dem Kraftfeld finde ich schon s e h r gut @Jovis ... nur wo kommt denn diese Kraft her, nee, ich meine, was ist denn das für eine Kraft (also keine Substanz, klar) ... ist eigentlich auch egal, die Verschachtelung überzeugt mich so in diesem Bild (ist es ein Bild?).
- Jörn Budesheim
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Das unterschreibe ich. Deswegen sind auch in meinem Verständnis Gefühle, wie Liebe, falls das ein Gefühl ist, und Mitleid auf keinen Fall in mir.
Wenn man die Metapher von den Kraftfeld aufnehmen will, könnte man vielleicht von verschiedenen Polen sprechen (wie Magnetpole oder etwas in der Art) ... Aber das nur unter Vorbehalt.
- Jörn Budesheim
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Bei den Begriff Richtungsstrahl muss ich immer an den Pfeil von Amor denken :) Und das ist schon ein schlechtes Bild!
Ja, wo kommt die Kraft her, die Frage stellt sich natürlich. Vielleicht kann man Jörns Magnetfeld aufgreifen, dass wir es also mit Anziehungskräften (oder auch Abstoßungskräften, je nachdem ...) zu tun haben. Das heißt, in dem Moment, wo zwei Menschen interagieren, bildet sich spontan dieses Feld.Friederike hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:46Das mit dem Kraftfeld finde ich schon s e h r gut @Jovis ... nur wo kommt denn diese Kraft her, nee, ich meine, was ist denn das für eine Kraft (also keine Substanz, klar) ... ist eigentlich auch egal, die Verschachtelung überzeugt mich so in diesem Bild (ist es ein Bild?).
- Jörn Budesheim
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Soweit ich weiß, ist diese Metapher von Husserl. Im Prinzip sagt sie doch nicht viel anderes als der Begriff der Intentionalität selbst. Wir sprechen auch davon, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf etwas richten, wenn wir sie auf etwas lenken.Friederike hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:35Deswegen finde ich die Metapher nicht gut geeignet
Allerdings würde ich dieses Strahlen, zumindest in vielen Fällen, als eine Form von Gegenseitigkeit betrachten. Die Dinge selbst strahlen und wir können uns darauf ausrichten z.b.
Wie auch immer man sich diese Relation im Einzelfall ausmalen mag, wenn man einen der Pole zu einem relationslosen Pol macht, dann ist etwas schief gelaufen, finde ich.
- Friederike
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Jovis hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:20Ich mach mal blitzschachmäßig weiter: Das Verhältnis kann nirgendwo "sein", es ist ja keine Substanz. Ich stelle es mir eher als ein gemeinsames Kraftfeld vor, in dem sich beide Seiten befinden. Und mit dem sie gewissermaßen verschmelzen, denn diese Kraft wirkt auf sie ein, aber sie wirken auch auf die Kraft ein bzw. üben sie aus. Insofern ist es beides: Sie sind in ihm und es ist in ihnen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 27. Aug 2020, 17:13Aber im Ernst: das Verhältnis von mir und Gegenstand kann nicht in mir sein, sonst wäre es nicht das Verhältnis von mir und Gegenstand.
Wie ich schon gestern gesagt habe, finde ich die Verschachtelung ("Insofern ist es beides: Sie sind in ihm und es ist in ihnen.") in dem Modell des Kraftfeldes bestechend, und auch die Erklärung der Entstehung dieses Feldes im Bild der die Kraft erzeugenden Magneten gefällt mir.Jovis hat geschrieben : [...] Vielleicht kann man Jörns Magnetfeld aufgreifen, dass wir es also mit Anziehungskräften (oder auch Abstoßungskräften, je nachdem ...) zu tun haben. Das heißt, in dem Moment, wo zwei Menschen interagieren, bildet sich spontan dieses Feld.
Ich bin aber auch noch darauf gekommen, was mich an diesem Bild befremdet, irritiert, stört - es ent-subjektiviert. Die fühlenden Menschen, wir als fühlende und handelnde Akteure sind daraus entfernt. Es ist die Veranschaulichung einer Struktur, eines Verhältnisses, in der weder Subjekt noch Objekt enthalten scheinen (ein wenig ähnelt es dem "Bild der Bühne, in dem nicht mehr wir leben, sondern das Leben uns lebt"). Man muß völlig von sich, vom Subjekt absehen, es scheint wie aufgelöst in der Struktur.
- Jörn Budesheim
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Es fehlt eigentlich nur ein weltloses Subjekt, dieses wurde ersetzt mit einem, das immer schon in einem Verhältnis zur Wirklichkeit ist.
- Friederike
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Ja! Trotzdem schwinge ich mich erneut zu einer halben Verteidigung von @Herberts Äußerung auf, die den Ausgangspunkt für das Ergebnis eines weltbezogenen Subjektes gebildet hat. Die Liebe [in mir] wachrufen, denke Dir das "in mir" weg, dann ist es natürlich, natürlich doch? möglich, sich still hinzusetzen und in der Imagination die Kraftfelder entstehen zu lassen, die man aus den Erfahrungen im realen Leben kennt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 28. Aug 2020, 10:23Es fehlt eigentlich nur ein weltloses Subjekt, dieses wurde ersetzt mit einem, das immer schon in einem Verhältnis zur Wirklichkeit ist.