"Beim Handeln geht es also nicht um all die vielen und mannigfaltigen Dinge, die Organismen tun – vom Bau von Ameisenhaufen bis zum Verstecken von Nüssen –, sondern vielmehr darum, wie sie sie tun. Individuen, die als Akteure handeln, leiten und steuern ihre eigenen Handlungen, wie auch immer diese Handlungen im Einzelnen aussehen mögen. Die wissenschaftliche Herausforderung besteht darin, die zugrunde liegende psychologische Organisation zu bestimmen, die eine solche individuelle Leitung und Steuerung ermöglicht."
(S. 14)
"Der Begriff des Handelns stellt daher in einem gewissen Sinne die Trennlinie zwischen biologischen und psychologischen Ansätzen mit Bezug auf Verhalten dar; es ist die Unterscheidung zwischen komplexen Verhaltensweisen, die sozusagen von der Natur entworfen und kontrolliert werden, und denjenigen, die zumindest bis zu einem gewissen Grad vom individuellen psychologischen Akteur entworfen und kontrolliert werden."
(S. 19)
"…Was bei diesen Arbeiten jedoch immer noch fehlt, ist eine systematische theoretische Darstellung der Evolution individueller Entscheidungsprozesse und der Verhaltenssteuerung. Mit anderen Worten: Es fehlt eine Darstellung dessen, wie bestimmte Typen von Entscheidungsprozessen und der Verhaltenskontrolle, die in bestimmten Typen psychologischer Architekturen realisiert sind, sich unter bestimmten Typen ökologischer Bedingungen entwickelt haben, um Individuen in die Lage zu versetzen, individuelle Entscheidungen zu treffen. Idealerweise würde diese Darstellung die Entwicklung des individuellen Entscheidens von urzeitlichen Wesen bis zur Gegenwart nachverfolgen."
(S. 19-20)
"Die Evolution erzeugt nicht einfach nur allgemein nützliche Mechanismen, sondern spezifische funktionale Lösungen für spezifische ökologische Herausforderungen."
(S. 21)
"Mein Ziel in diesem Buch besteht darin, den evolutionären Pfad zum psychologischen Handeln des Menschen zu rekonstruieren. Während die Anzahl und Mannigfaltigkeit spezifischer Verhaltensanpassungen über verschiedene Tierarten hinweg enorm sind, sind die psychologischen Mechanismen, durch die individuelle Akteure ihre Verhaltensentscheidungen leiten und steuern, in ihrer Zahl stark begrenzt. Manche der frühesten Vorfahren des Menschen, wie beispielsweise die ersten Bakterien, sind überhaupt keine psychologischen Akteure – ihre Verhaltensweisen sind weder auf Ziele gerichtet noch individuell gesteuert –, und manche handlungsfähigen Wesen wie zum Beispiel Vögel und Bienen befinden sich nicht auf der Evolutionslinie zum Menschen und werden hier daher nicht betrachtet. Im Folgenden schlage ich vier Haupttypen psychologischen Handelns vor, die spezifisch auf der Evolutionslinie zum Menschen liegen – vier Schemata einer organisationalen Architektur für das Treffen individueller Entscheidungen und für die Verhaltenssteuerung –, und zwar in vier Taxa, die für bedeutende Vorfahren des Menschen repräsentativ sind. In der evolutionären Reihenfolge ihrer Entstehung handelt es sich um folgende: zielgerichtetes Handeln bei urzeitlichen Wirbeltieren, intentionales Handeln bei urzeitlichen Säugetieren, rationales Handeln bei urzeitlichen Menschenaffen und sozial normatives Handeln bei urzeitlichen Menschen."
(S. 24-5)
"Alle Tierarten vollziehen eine Vielfalt biologischer Tätigkeiten, darunter selbsterzeugte Bewegungen, die ihr Überleben und ihre Fortpflanzung fördern. Einigen Gelehrten zufolge machen diese Tätigkeiten alle Organismen zu »adaptiven Akteuren« im Evolutionsprozess (zum Beispiel Walsh, 2015). Diese organismische Perspektive ist in gegenwärtigen Erörterungen des Wesens der Evolution, die sich häufig nur auf molekulare Prozesse konzentrieren, äußerst wertvoll. Dennoch ist dieser Ansatz mit Bezug auf das Handeln für die vorliegenden Zwecke sowohl zu weit als auch zu biolo„gisch. Mein Hauptaugenmerk liegt hier vielmehr auf dem engeren Begriff dessen, was man am besten als »psychologisches Handeln« bezeichnen könnte (siehe auch Sterelny, 2001).
Sich als psychologischer Akteur zu verhalten bedeutet, dass die zugrunde liegenden psychologischen Prozesse, die Handlungen generieren, auf eine ganz bestimmte Weise organisiert sind. Ein Akteur reagiert nicht einfach nur auf Reize, sondern richtet seine Handlungen auf Ziele (oder plant das sogar) und achtet zu diesem Zweck aktiv auf relevante Situationen. Und ein Akteur »zielt und schießt« nicht einfach nur ballistisch auf seine Ziele, sondern steuert (oder selbstreguliert sogar exekutiv) seine Handlungen, indem er sachkundige Entscheidungen darüber trifft, was an verschiedenen Punkten in einer sich dynamisch entfaltenden Situation am besten funktionieren wird. In methodischer Hinsicht ist der Hauptbeleg für psychologisches Handeln die »Verhaltensflexibilität« von Individuen, insbesondere unter neuen Umständen (siehe Lea et al., 2020, zu einer Erörterung der Bedeutung dieser Vorstellung für die moderne Erforschung der Tierkognition). Verhaltensflexibilität deutet darauf hin, dass der individuelle Organismus in einem bestimmten Augenblick neue Möglichkeiten findet, um mit herausfordernden neuen Umständen umzugehen."
(S. 27-8)
(Tomasello, Michael. Die Evolution des Handelns: Von den Eidechsen zum Menschen. Übers. v. Jürgen Schröder. Berlin: Suhrkamp, 2024.)
Pflanzen, Blobs und Kognitionen
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Ein Schleimpilz hat keine subjektive oder egozentrische Perspektive, weil er weder über Bewusstsein noch über Ich-Bewusstsein verfügt. Er hat natürlich insofern eine objektive Perspektive, als er stets von seiner jeweiligen räumlichen Position aus auf seine Umwelt reagiert.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 15. Aug 2024, 06:59…However, this raises a number of complex questions. Firstly, to what extent can the blob be said to perceive this problem from its own perspective?…
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Mein Punkt war ein bisschen anders: es ging an dieser Stelle ja um die Frage, was es überhaupt heißt, ein Problem zu haben.
Es bedeutet, dass man es mit einer Schwierigkeit (1 zu tun hat, die zur Erreichung eines bestimmten Zieles überwunden werden muss.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 15. Aug 2024, 20:57Mein Punkt war ein bisschen anders: es ging an dieser Stelle ja um die Frage, was es überhaupt heißt, ein Problem zu haben.
(1 "etwas, was der Verwirklichung eines Vorhabens o. Ä. im Wege steht und nicht ohne Weiteres zu bewältigen ist" – DUDEN)
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Ich hatte dazu meine eigenen Vorschläge gemacht. Daher zweifle ich an, dass der Blob Probleme hat.
Physarum polycephalum löst seine "Lebensprobleme" mittels rein physiologischer Mechanismen auf einer subneurologischen und subpsychologischen Ebene, auf der von mentaler Intentionalität und mentaler Repräsentation (Begriffe) keine (sinnvolle) Rede sein kann.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 15. Aug 2024, 21:40Ich hatte dazu meine eigenen Vorschläge gemacht. Daher zweifle ich an, dass der Blob Probleme hat.
Wenn in der Biologie von Teleologie oder teleologischen Prozessen die Rede ist, dann muss man ganz genau hinschauen, ob psychologische Begriffe darin vorkommen und, falls ja, ob sie sinnvollerweise verwendet werden.
Teleological Notions in Biology: https://plato.stanford.edu/entries/teleology-biology/
Ernst Mayr unterscheidet zwischen teleomatischen und teleonomischen Vorgängen. Erstere kommen auch im nichtbiologischen, rein physikalisch-chemischen Bereich vor, während letztere nur im biologischen Bereich vorkommen—wo sie durch kausale Mechanismen realisiert werden, deren Kausalität in reiner Wirkursächlichkeit (causa efficiens) und nicht in Zweckursächlichkeit (causa finalis) besteht.
"1. Die Verwendung der sogenannten teleologischen Sprache durch die Biologen ist gerechtfertigt; sie bedeutet weder eine Ablehnung physikalisch-chemischer Erklärungen noch eine nicht-kausale Erklärung.
2. Die Ausdrücke 'Teleologie' und 'teleologisch' sind auf höchst unterschiedliche Phänomene angewandt worden. Ich habe diese Erscheinungen in mehr oder weniger homogene Klassen einzuordnen versucht.
3. Es ist nicht gerechtfertigt, evolutive Vorgänge oder Trends als zielgerichtet (teleologisch) zu beschreiben. Die Selektion belohnt vorangegangene Phänomene (Mutation, Rekombination und so weiter), aber sie plant nicht für die Zukunft, zumindest nicht auf irgendeine spezifische Weise.
4. Vorgänge (Verhaltensweisen), deren Zielgerichtetsein durch ein Programm gesteuert ist, können 'teleonomisch' genannt werden.
5. Prozesse, die einen Endzustand erreichen, der durch die Naturgesetze (beispielsweise die Schwerkraft, den Ersten Hauptsatz der Thermodynamik), nicht aber durch ein Programm diktiert ist, können wir mit dem Ausdruck 'teleomatisch' bezeichnen.
6. Programme sind teilweise oder völlig das Produkt der natürlichen Auslese.
7. Die Frage, ob es legitim ist, das Wort 'teleologisch' auf stationäre funktionale oder adaptive Systeme anzuwenden, erfordert eine weitere Analyse.
8. Teleonomisches (d.h. programmiertes) Verhalten kommt lediglich in Organismen (und vom Menschen manipulierten Maschinen) vor. Es bezeichnet einen deutlichen Unterschied im Niveau der Komplexität zwischen der lebenden und der unbelebten Natur.
9. Teleonomische Erklärungen sind streng kausal und mechanistisch. Sie sind kein Trost für die Anhänger vitalistischer Vorstellungen.
10. Der heuristische Wert der teleologischen Fragestellung macht diese zu einem wertvollen Instrument in der biologischen Analyse, von der Untersuchung der strukturellen Zusammensetzung der Makromoleküle bis hin zum Studium kooperativer Verhaltensweisen in gesellschaftlichen Systemen."
(Mayr, Ernst. Eine neue Philosophie der Biologie. Übers. I. Leipold. München: Piper, 1991. S. 79+)
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Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 10. Aug 2024, 05:57In der FAZ findet sich zu dem Thema ein schon etwas älterer Artikel dort liest man sinngemäß folgendes: Was ist eigentlich Kognition? „Erst dachte man, man könne die Frage offenlassen, bis man die Daten hat, jetzt hat man bergeweise Daten und noch immer keine Idee, wie man Sinn daraus machen soll“, bemerkte die Kognitionsforscherin Pamela Lyons 2006. Vergangenes Jahr legte sie nach: Es sei skandalös, wie unklar der Begriff noch immer sei, nachdem man so viel Geld in dieses Feld gesteckt habe.
"Unter Kognition verstehen wir in diesem Fall die Fähigkeit, Repräsentationen zu bilden und sie zur Steuerung von Verhalten einzusetzen – wie wenn man sich auf eine mentale Karte bezieht, um eine Fahrtroute zu planen, und diesen Plan benutzt, wenn man die Fahrt ausführt. Wie wir sehen werden, existieren solche grundlegenden kognitiven Fähigkeiten genauso wie ergebnisabhängige instrumentelle Reaktionen bei Säugetieren und Vögeln, wurden aber bei anderen Arten nie nachgewiesen."
(S. 50)
"Nach unserem Wortgebrauch bezeichnet Kognition Prozesse, die dem Wissenserwerb zugrunde liegen: Dazu erstellen sie interne Repräsentationen externer Ereignisse und speichern diese als Erinnerungen, auf die später beim Denken, Erinnern und Bewerten sowie beim Verhalten zurückgegriffen werden kann. Kognition beruht auf internen Repräsentationen von Dingen oder Ereignissen, ohne dass die externe Referenz der Reprisentätion präsent ist – das ist der Unterschied zu nichtkognitiven Formen der Informationsverarbeitung. Nach dieser Definition sind Prozesse, die Verhaltensreaktionen auf einen unmittelbar vorhandenen Reiz bewirken, streng genommen nicht kognitiv gesteuert – das sind nur Reaktionen auf der Grundlage interner Repräsentationen."
(S. 228)
"Meiner Ansicht nach ist Kognition ein Produkt der biologischen Evolution und erfordert als solches eine biologische Informationsverarbeitung. Allerdings zählen dabei nicht alle Instanzen der biologischen Informationsverarbeitung. Schließlich vollführt jede Zelle zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens biologische Informationsverarbeitung. Für manche ist es daher schon Kognition, wenn biologische Informationsverarbeitung Verhalten auslöst. Nach dieser Definition wären also Verhaltensformen von Pflanzen, Pilzen, ja selbst von einzelligen Mikroorganismen bereits rudimentäre kognitive Fähigkeiten. Arthur Reber spricht in seinem Buch The First Minds beispielsweise Bakterien Kognition zu, weil sie per Phototaxis auf Licht reagieren. Doch wer Kognition als die Fähigkeit definiert, eine Reaktion auf Umweltreize zu generieren, überdehnt meines Erachtens den Begriff derart, dass er bedeutungslos wird.
Nach meiner Definition ist Kognition ein Produkt biologischer Prozesse, die durch ein Nervensystem ermöglicht werden. Demnach ist Kognition ein Merkmal, das sich nur bei Tieren herausbildete, und das auch nur bei einigen von ihnen."
(S. 228-9)
(LeDoux, Joseph. Bewusstsein: Die ersten vier Milliarden Jahre. Übers. v. Elsbeth Ranke & Sabine Reinhardus. Stuttgart: Klett-Cotta, 2021.)
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Bald erscheint ein neues (englischsprachiges) Buch zur Philosophie der Pflanzenkognition, worin auf die grundlegende Meinungsverschiedenheit zwischen den Repräsentationalisten und den Antirepräsentationalisten bezüglich der Natur der Kognition hingewiesen wird. Erstere (zu denen Joseph LeDoux gehört) behaupten, dass in kognitive Prozesse notwendigerweise Repräsentationen einbezogen sind, und Letztere bestreiten dies.
"What is the nature of cognition? This is, for obvious reasons, a central question in the philosophy of cognitive science (often discussed under the heading of the “mark of the cognitive”), and it is also of great interest to many cognitive scientists. One way of approaching this question is to begin by identifying a set of paradigmatic cognitive capacities in humans and other animals (the capacity to avoid obstacles, to distinguish between prey and non-prey, to recognize conspecifics, to navigate one’s environment, to use tools, to use language, etc.), and then, in a second step, to ask about the nature of the processes that underlie them. When theorists follow this common strategy, however, a deep disagreement emerges. Representationalists hold that the relevant processes involve internal representations of environmental and bodily states of affairs, and some form of “manipulation” or “transformation” of these representations.’ Accordingly, these theorists maintain that explaining the capacities in question partly consists in identifying the representations and operations that are involved in the underlying processes. Anti-representationalists, by contrast, reject this view. They either claim that these processes do not involve any internal representations at all (van Gelder 1995; Hutto and Myin 2013) or hold that such representations may well exist but play no significant role in our best explanations of cognitive capacities (Chemero 2009)."
(Ferretti, Gabriele, Peter Schulte, & Markus Wild, eds. Philosophy of Plant Cognition: Interdisciplinary Perspectives. New York: Routledge, 2024. p. 3)
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"Einbezogen" ist eine vage Formulierung... da müsste man genauer nachhaken und natürlich auch bei der Frage, was eine Repräsentation überhaupt ist.
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Mentale Repräsentation, Tobias Schlicht und Joulia Smortchkova hat geschrieben : Eine mentale Repräsentation ist eine geistige Entität mit semantischen Eigenschaften. Diese Eigenschaften beinhalten das wesentliche Merkmal, »für etwas anderes zu stehen« oder »einen Inhalt zu haben«. Die Repräsentation bezieht sich auf, bezeichnet oder handelt von etwas, das (in der Regel) außerhalb der Repräsentation selbst liegt. Der Inhalt einer mentalen Repräsentation legt die Bedingungen fest, unter denen die Referenz erfolgreich ist oder scheitert (der Inhalt kann wahr oder falsch sein, erfüllt oder unerfüllt). Beispiele für solche Repräsentationen sind Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungen und Wahrnehmungen.
"Einbezogen" bedeutet, dass Repräsentationen das "Arbeitsmaterial" kognitiver Prozesse sind.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 21. Aug 2024, 18:29"Einbezogen" ist eine vage Formulierung... da müsste man genauer nachhaken und natürlich auch bei der Frage, was eine Repräsentation überhaupt ist.
Repräsentationen sind also Zeichen."'Representation and 'sign' are synonyms."
"…a representation is something which stands for something."
"A sign is an object which stands for another to some mind."
"A sign, or representamen, is something which stands to somebody for something in some respect or capacity. It addresses somebody, that is, creates in the mind of that person an equivalent sign, or perhaps a more developed sign. That sign which it creates I call the interpretant of the first sign. The sign stands for something, its object."
Charles Sanders Peirce: http://www.commens.org/dictionary/term/sign
Ein wichtiger Unterschied besteht zwischen der dyadischen Zeichenauffassung, der zufolge ein Zeichen etwas ist, das ohne Vermittlung von etwas Drittem für etwas anderes steht, und der (u.a. von Peirce vertretenen) triadischen Zeichenauffassung, der zufolge ein Zeichen etwas ist, das durch Vermittlung von etwas Drittem für etwas anderes steht.
Quelle: Nöth, Winfried. Handbuch der Semiotik. 2. Aufl. Stuttgart: Metzler, 2000. S. 137-8+141)
Mentale oder nichtmentale Repräsentationen haben also semantische Eigenschaften: eine Bedeutung (einen Sinn), einen (intentionalen) Bezug(sgegenstand), einen Wahrheitswert oder allgemeiner einen Grad der Wirklichkeitstreue. (Eine Fotografie hat keinen Wahrheitswert wie ein Aussagesatz, aber sie ist mehr oder weniger wirklichkeitstreu.)"The notion of a “mental representation” is, arguably, in the first instance a theoretical construct of cognitive science. As such, it is a basic concept of the Computational Theory of Mind, according to which cognitive states and processes are constituted by the occurrence, transformation and storage (in the mind/brain) of information-bearing structures (representations) of one kind or another.
However, on the assumption that a representation is an object with semantic properties (content, reference, truth-conditions, truth-value, etc.), a mental representation may be more broadly construed as a mental object with semantic properties. As such, mental representations (and the states and processes that involve them) need not be understood only in cognitive/computational terms. On this broader construal, mental representation is a philosophical topic with roots in antiquity and a rich history and literature predating the recent “cognitive revolution,” and which continues to be of interest in pure philosophy. "
Mental Representation: https://plato.stanford.edu/entries/ment ... sentation/
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Sehr knapp würde ich sagen, Intentionalität heißt, etwas handelt von etwas. Repräsentationalität (gibt's das Wort?) heißt, etwas steht für etwas. Aber läuft das nicht auf dasselbe hinaus? Wo ist der Unterschied?
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Neulich habe ich so nebenbei irgendwo gelesen, leider habe ich die Quelle nicht mehr: Alles Leben ist intelligent. Das klingt im Prinzip fast genauso wie das Thema, aber gemeint war - wenn ich es richtig verstanden habe - eher so etwas wie: Intelligenz gehört zum Wesen des Lebens.
Ohne mich dem anzuschließen, heißt das, dass alles, was lebt, intelligent ist und dass es verschiedene Stufen und Ausprägungen von Intelligenz gibt. Das ist ein Gedanke, den man einmal ausprobieren könnte. Denn Leben hat von Natur aus Probleme, nämlich das Problem, die eigene Existenz auf Dauer zu stellen, und das gelingt nur, wenn die entsprechende Intelligenz vorhanden ist, das zu tun. Oder umgekehrt ausgedrückt: Dass das Leben es schafft, seine Existenz auf Dauer zu stellen, immerhin schon seit über 3 Milliarden Jahren, heißt, dass es intelligent ist.
Ohne mich dem anzuschließen, heißt das, dass alles, was lebt, intelligent ist und dass es verschiedene Stufen und Ausprägungen von Intelligenz gibt. Das ist ein Gedanke, den man einmal ausprobieren könnte. Denn Leben hat von Natur aus Probleme, nämlich das Problem, die eigene Existenz auf Dauer zu stellen, und das gelingt nur, wenn die entsprechende Intelligenz vorhanden ist, das zu tun. Oder umgekehrt ausgedrückt: Dass das Leben es schafft, seine Existenz auf Dauer zu stellen, immerhin schon seit über 3 Milliarden Jahren, heißt, dass es intelligent ist.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 21. Aug 2024, 20:52Sehr knapp würde ich sagen, Intentionalität heißt, etwas handelt von etwas. Repräsentationalität (gibt's das Wort?) heißt, etwas steht für etwas. Aber läuft das nicht auf dasselbe hinaus? Wo ist der Unterschied?
Mit Intentionalität ist also die Gerichtetheit oder Bezogenheit eines geistigen oder gedanklichen Zustandes auf einen Gegenstand gemeint, wobei "Gegenstand" hier im weitesten, allgemeinsten Sinn gebraucht wird. In diesem Sinn ist ein Gegenstand einfach ein Etwas, d.i. etwas, was gedacht oder vorgestellt wird, worüber gesprochen oder geschrieben wird."Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw.
Diese intentionale Inexistenz ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches. Und somit können wir die psychischen Phänomene definieren, indem wir sagen, sie seien solche Phänomene, welche intentional einen Gegenstand in sich enthalten."
(Brentano, Franz. Psychologie vom empirischen Standpunkte. Bd. 1. Leipzig: Duncker & Humblot, 1874. S. 115-6)
Dieser Begriff entspricht dem semiotischen Begriff der Referentialität oder Referenz von Repräsentationen (Zeichen).
Intentionale Geisteszustände sind repräsentationale Zustände, weil sie Zeichengebilde (Wörter, Sätze, Begriffe, Gedanken, Bilder, Vorstellungen) beinhalten, die etwas bezeichnen, für etwas stehen—oder zumindest etwas zu bezeichnen oder für etwas zu stehen scheinen. Wenn der intentionale Gegenstand oder Referent einer Repräsentation bzw. eines repräsentationalen Geisteszustandes nicht existiert, dann ist die vermeintliche Referenz eine bloße Scheinbeziehung oder eine "einseitige intentionale Beziehung".
Irreführend und gar falsch ist allerdings Brentanos Rede von "intentionaler Inexistenz" und "immanenter Gegenständlichkeit". "Inexistenz" bedeutet hier nicht "Nichtexistenz", sondern örtliche "Innenexistenz" im Geist; doch in Wahrheit sind intentionale Gegenstände nicht geistimmanent in dem Sinn, dass sie Teil des Inhaltes intentionaler Geisteszustände sind. Das gilt für existente und nichtexistente intentionale Gegenstände gleichermaßen; denn nicht die gedachten oder vorgestellten Gegenstände sind Teil des Inhaltes intentionaler Geisteszustände, sondern nur die Gegenstandsgedanken oder -vorstellungen.
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Applaus bzw. volle Zustimmung zu dem von mir fettgedruckten Text.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 21. Aug 2024, 20:55Neulich habe ich so nebenbei irgendwo gelesen, leider habe ich die Quelle nicht mehr: Alles Leben ist intelligent. Das klingt im Prinzip fast genauso wie das Thema, aber gemeint war - wenn ich es richtig verstanden habe - eher so etwas wie: Intelligenz gehört zum Wesen des Lebens.
Ohne mich dem anzuschließen, heißt das, dass alles, was lebt, intelligent ist und dass es verschiedene Stufen und Ausprägungen von Intelligenz gibt. Das ist ein Gedanke, den man einmal ausprobieren könnte. Denn Leben hat von Natur aus Probleme, nämlich das Problem, die eigene Existenz auf Dauer zu stellen, und das gelingt nur, wenn die entsprechende Intelligenz vorhanden ist, das zu tun. Oder umgekehrt ausgedrückt: Dass das Leben es schafft, seine Existenz auf Dauer zu stellen, immerhin schon seit über 3 Milliarden Jahren, heißt, dass es intelligent ist.
Wer weiß, vielleicht kommst du ja sogar auch noch mal auf die Idee, dass Intelligenz nicht nur direkt auf das Überleben bzw. die eigene Existenz bezogen sein muss
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Intelligenz und Leben sind unverbrüchlich miteinander verknüpft, was nicht lebt, kann nicht intelligent sein, was intelligent ist, lebt. Offen ist in diesem Faden die Frage, ob alles, was lebt, intelligent ist.
Das ist jeweils eine "nur" Frage der Definition, zumindest wenn wir sonst keine klaren, unbestrittenen Aussagen zu "Intellgenz" (und ggf. aus prinzipiellen Gründen auch zu "Leben") haben.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 24. Aug 2024, 09:31Intelligenz und Leben sind unverbrüchlich miteinander verknüpft, was nicht lebt, kann nicht intelligent sein, was intelligent ist, lebt. Offen ist in diesem Faden die Frage, ob alles, was lebt, intelligent ist.
Dass ich mit deiner ersten (Leben <=> Intelligenz) nicht übereinstimme, weißt du ja.
Ob alles, was lebt, auch intelligent ist, würde ich, abgesehen von der eben offenen Intelligenzfrage, für mich eher verneinen. Leben bedeutet ja "nur", sich bzw. seine Art am Leben zu erhalten und dazu relevante Nahrung in sich aufzunehmen u.ä. Das mag alles auch eher einfach vonstatten gehen, ohne große/"eigentliche" Intelligenz. Dabei denke ich an Einzeller u.ä., nicht an so komplexe Strukturen wie Bäume oder gar Wälder.
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@Consul: Hier mein Vorschlag, wie man die beiden Begriffe unterscheiden, bzw. zueinander in Beziehung setzen kann:
Repräsentation heißt, dass etwas (wie ein Wort, ein Symbol oder was auch immer) für etwas anderes steht. Zum Beispiel repräsentiert das Wort "Katze" den Begriff [Katze], der Begriff [Katze] repräsentiert Katzen.
Intentionalität hingegen bedeutet, dass etwas von etwas handelt/sich auf etwas bezieht/auf etwas gerichtet ist — wie der Gedanke "Die Katze sitzt auf der Matte". Dieser Gedanke ist intentional, weil er sich auf eine bestimmte Tatsache bezieht/von dieser handelt.
Der Unterschied liegt darin, dass Repräsentation lediglich eine Beziehung ist zwischen etwas und dem, wofür es steht. Intentionalität ist gewissermaßen mehr: Sie hat einen "Gehalt".
Repräsentation ist also in gewisser Hinsicht vielleicht so etwas wie die "Grundlage", auf der Intentionalität aufbaut, indem sie diese Repräsentationen "nutzt", um sich auf etwas zu beziehen. Im Unterschied zur Repräsentation hat Intentionalität also eine inhaltliche oder propositionale Struktur.
Soweit ich sehe, liegt der Unterschied zwischen uns darin, dass ich Repräsentation als "Grundlage" (vielleicht gibt es einen besseren Begriff) sehe, auf der Intentionalität "aufbaut", während du Repräsentation und Intentionalität als untrennbare Aspekte desselben Prozesses betrachtest? Oder? Worin besteht der Unterschied zwischen unseren Sichtweisen, deiner Ansicht nach?
Repräsentation heißt, dass etwas (wie ein Wort, ein Symbol oder was auch immer) für etwas anderes steht. Zum Beispiel repräsentiert das Wort "Katze" den Begriff [Katze], der Begriff [Katze] repräsentiert Katzen.
Intentionalität hingegen bedeutet, dass etwas von etwas handelt/sich auf etwas bezieht/auf etwas gerichtet ist — wie der Gedanke "Die Katze sitzt auf der Matte". Dieser Gedanke ist intentional, weil er sich auf eine bestimmte Tatsache bezieht/von dieser handelt.
Der Unterschied liegt darin, dass Repräsentation lediglich eine Beziehung ist zwischen etwas und dem, wofür es steht. Intentionalität ist gewissermaßen mehr: Sie hat einen "Gehalt".
Repräsentation ist also in gewisser Hinsicht vielleicht so etwas wie die "Grundlage", auf der Intentionalität aufbaut, indem sie diese Repräsentationen "nutzt", um sich auf etwas zu beziehen. Im Unterschied zur Repräsentation hat Intentionalität also eine inhaltliche oder propositionale Struktur.
Soweit ich sehe, liegt der Unterschied zwischen uns darin, dass ich Repräsentation als "Grundlage" (vielleicht gibt es einen besseren Begriff) sehe, auf der Intentionalität "aufbaut", während du Repräsentation und Intentionalität als untrennbare Aspekte desselben Prozesses betrachtest? Oder? Worin besteht der Unterschied zwischen unseren Sichtweisen, deiner Ansicht nach?
Consul hat geschrieben : ↑Fr 23. Aug 2024, 23:31…Intentionale Geisteszustände sind repräsentationale Zustände, weil sie Zeichengebilde (Wörter, Sätze, Begriffe, Gedanken, Bilder, Vorstellungen) beinhalten, die etwas bezeichnen, für etwas stehen—oder zumindest etwas zu bezeichnen oder für etwas zu stehen scheinen. Wenn der intentionale Gegenstand oder Referent einer Repräsentation bzw. eines repräsentationalen Geisteszustandes…
Der Zusatz "in a psychological mode" ist entscheidend: Intentionalität schließt Referentialität ein, aber Referentialität schließt nicht Intentionalität ein; denn Intentionalität weisen nur repräsentationale Geisteszustände (Denken, Vorstellen, die propositional attitudes: Wissen, Glauben, Begehren, Hoffen, Fürchten) auf. Man kann Wörtern und Sätzen in Büchern Referentialität zusprechen, aber nicht Intentionalität, weil es sich zwar um Repräsentationen, aber nicht um repräsentationale Geisteszustände handelt."Intentional states are directed at or about objects and states of affairs in the world-states such as beliefs, hopes, fears, desires and intentions. All Intentional states consist of a representative content in a psychological mode."
(Searle, John R. "The Intentionality of Intention and Action." Cognitive Science 4 (1980): 47–70. p. 48)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Viele Arten sind ausgestorben—aufgrund mangelnder Intelligenz?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 21. Aug 2024, 20:55…Denn Leben hat von Natur aus Probleme, nämlich das Problem, die eigene Existenz auf Dauer zu stellen, und das gelingt nur, wenn die entsprechende Intelligenz vorhanden ist, das zu tun. Oder umgekehrt ausgedrückt: Dass das Leben es schafft, seine Existenz auf Dauer zu stellen, immerhin schon seit über 3 Milliarden Jahren, heißt, dass es intelligent ist.
Die Dinosaurier waren nicht zu dumm zum Überleben—im Gegenteil!—, sondern hatten das große Pech, dass ein Asteroid auf der Erde einschlug und sie dadurch ausgelöscht wurden.
Wenn Intelligenz als Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen definiert wird, dann spielt sie natürlich eine entscheidende Rolle. Wenn beispielsweise Nahrungsspezialisten ihre einzige Nahrungsquelle abhandenkommt, dann sieht es schlecht für sie aus. Nahrungsgeneralisten fressen dann eine andere, weiterhin vorhandene Art von Nahrung und überleben somit.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding