Do 5. Okt 2023, 10:40
Michael und Jörn, pauschaliert Ihr absichtlich die Gegenwart und die Zukunft?
Ich meine, es gibt im Leben mindestens zwei Zeit-Ebenen:
Ebene G: Das Erleben der Gegenwart
Ebene Z: Die Hoffnung auf die Zukunft
Manchmal ist G übel und Z ist super, oder umgekehrt, oder beide sind übel oder beide sind super. Und zwischen übel und super gibt es noch endlos viele Schattierungen.
Beispiel. Otto sagt: "Ich bin glücklich, wenn ich Schmerzen habe." -- Das kann vermutlich vielerlei bedeuten:
• Otto leidet gerade bei einer schmerzhaften Therapie (üble G), er ist aber überzeugt, dass in drei Monaten alles wieder schmerzfrei sein wird (super Z).
(Er meint damit also nicht wirklich, dass er gerade die Schmerzen genießt, sondern dass er sich auf die schmerzfreie Zukunft freut.)
• Oder Otto hat gerade einen wichtigen Boxkampf gewonnen und genießt masochistisch seine Kopfverletzungen (super G), er ist aber überzeugt, dass dies sein letzter Kampf war und er nach der Wundheilung in eine Depression fallen wird (üble Z).
(Er meint damit wirklich, dass er die Schmerzen der Gegenwart genießt; währenddessen blendet er die üble Zukunft aus.)
Und so weiter. Die Zeit-Ebenen mal so oder so kombiniert, oder mal einzeln betrachtet.
Ich will damit sagen, dass sich diese parallelen Ebenen sich verschachteln, überlappen oder loslösen können. Pauschaliert man die so, als gäbe es immer nur die Gegenwart oder immer nur die Zukunft, werden die Fragen nach dem Sinn des Lebens zu vage, meine ich, und die Antworten ebenso.