Ist alles mit allem verbunden?

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
Burkart
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So 31. Jan 2021, 10:54

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 10:41
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 09:33
außerhalb der Raum-Zeit
Wären sie außerhalb der Raumzeit, dann wären sie doch räumlich. Das wird natürlich nicht behauptet.

Ein Beispiel für eine einfache abstrakte Struktur gibt es oben in dem Beispiel des astrophysikers David Deutsch: 2 + 2 = 4. Wenn du der Ansicht bist, dass solche Strukturen nur scheinbar nicht raum-zeitlich sind, dann meinst du wahrscheinlich, dass sie in Wahrheit raum-zeitlich sind? Wo in der Raumzeit befinden sich denn deiner Ansicht nach?
Mein Kernpunkt scheint doch nicht klar herausgekommen zu sein.
Die Frage, ob Strukturen raum-zeitlich sind, stellt sich für mich nicht direkt, sondern nur insofern es sie nur über den Menschen gibt, der diese Strukturen definiert. Da der Mensch in der Raum-Zeit ist, ist alles von ihm aufgebaute auch in der Raum-Zeit und somit auch die Strukturen.

Das ist letztlich das gleiche, warum ich Poppers drei Welten grundsätzlich als eine einzige begreife, eben weil der Mensch die Verknüpfung zwischen den dreien ist.
Natürlich kann man in gewünschten Kontexten eine Welt unabhängig von den anderen betrachten; genauso kann man die Struktur 2 + 2 = 4 unabhängig vom Menschen betrachten, und wenn man das gerne möchte, ist dieses so natürlich auch unabhängig von Raum-Zeit. Man vernachlässigt bzw. abstrahiert dabei halt davon, dass der Mensch der eigentliche Erfinder der Stukturen (=von ihm definierten Zusammenhänge) ist.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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So 31. Jan 2021, 10:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 10:45
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 10:34
Hatte ich mir hier für dich verständlich ausgedrückt, Jörn?
Verstanden habe ich deine Position durchaus, ich habe aber nach einer Begründung gefragt. Du behauptest ja ohne Begründung, dass der Umstand, dass wir in Raum und Zeit existieren, bedeutet dass wir diese abstrakten Strukturen nicht erkennen können.
Wir können Ableitungen erkennen (2+2=4), die Grundlagen haben wir aber selbst erschaffen (die (An-)Zahl).



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 10:54
Da der Mensch in der Raum-Zeit ist, ist alles von ihm aufgebaute auch in der Raum-Zeit und somit auch die Strukturen.
Aber was ist die Begründung dafür?

Und wenn 2 + 2 = 4 raumzeitlich ist, dann müsstest du den Ort angeben können (und übrigens auch die Dauer).




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So 31. Jan 2021, 11:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:00
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 10:54
Da der Mensch in der Raum-Zeit ist, ist alles von ihm aufgebaute auch in der Raum-Zeit und somit auch die Strukturen.
Aber was ist die Begründung dafür?
Vielleicht so: Weil der Mensch der Träger der Strukturen ist.
Oder siehst du Strukturen (Zusammenhänge) nicht auf ihm basierend?
Und wenn 2 + 2 = 4 raumzeitlich ist, dann müsstest du den Ort angeben können (und übrigens auch die Dauer).
Nein, 2 + 2 = 4 ist nicht direkt raumzeitlich, es existiert nur in unserem Denken - dies ist allerdings raumzeitlich und damit letztlich quasi indirekt auch 2 + 2 = 4.



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:18
Nein, 2 + 2 = 4 ist nicht direkt raumzeitlich, es existiert nur in unserem Denken - dies ist allerdings raumzeitlich und damit letztlich quasi indirekt auch 2 + 2 = 4.
2 + 2 = also nicht raumzeitlich und doch raumzeitlich? Wenn es nicht raumzeitlich ist, dann widerspricht es deiner Behauptung, dass wir nicht raumzeitlich es nicht erkennen können. Und wenn es raumzeitlich ist, dann fragt sich doch, wo es sich befindet? Zudem müsste es mit empirischen Methoden zu untersuchen sein.




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So 31. Jan 2021, 11:34

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:25
Wenn unsere Gedanken raumzeitlich sind, dann müsstest du den Ort der Gedanken und ihre Dauer angeben können. Wo also befindet sich der Gedanke 2 + 2 = 4? Und welche Dauer hat er?
Der Gedanke ist in meinen Kopf und einfach solange, wie ich an ihn denke.
Dein 2+2=4 befindet sich entsprechend in deinem Kopf.



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Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?




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Alethos
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So 31. Jan 2021, 11:41

Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:18
Nein, 2 + 2 = 4 ist nicht direkt raumzeitlich, es existiert nur in unserem Denken - dies ist allerdings raumzeitlich und damit letztlich quasi indirekt auch 2 + 2 = 4.
Du meinst also, dass wir die Wahrheit: 2 + 2 = 4 erfunden hätten. Könnte es sich nicht eher so verhalten, dass es eine gedankenunabhängige Wirklichkeit gibt, auf die die willkürliche Nomenklatur des mathematischen Zeichensystems korrekt referenziert?

Anders gesagt: Ist die menschengemachte Formel nicht eher deshalb wahr, weil es eine menschenunabhängige Wirklichkeit gibt, die sie wahrmacht? In diesem Fall wäre natürlich die mathematische Wahrheit keine menschliche Erfindung. Es handelte sich um eine Wirklichkeit von Mengen- und Relationsabstraktionen.

Wenn aber die Abstraktion wirklich ist, dann ist sie etwas anderes als die konkrete raumzeitlichen Anzahl: Zwei Äpfel sind zwei Gegenstände dieses Dings. Die Anzahl der Begriffe, die unter sich fallen, sind aber keine
solchen Dinge wie Äpfel. Sie kommen sozusagen losgelöst vom raumzeitlichen Apfel vor als Tatsachen anderer Art. Denn der Apfel ist rund und hat eine Ausdehnung, eine Farbe und einen leckeren Saft. Die mathematisch abgebildete Relation von „Vier als zwei mal Zweie“ resp. „8 : 2 = 4“ hat weder das, noch jenes, noch überhaupt nichts mit diesem raumzeitlichen Apfelding gemein. Wie sollte es denn möglich sein, die Äpfel und die mathematischen Relationen, die sich gerade als Abstraktionen loslösgelöst von den Dingen zeigen, als verbunden zu denken?

Wenn es Gegenstände gibt, die durch sich selbst wirklich sind wie Zahlen, Äpfel und Galaxien, sie sich aber in wesentlichen Dingen ihrer Wirklichkeit unterscheiden so, dass sie unmöglich verbunden vorkommen können: Wie sollte denn die These Sinn ergeben, dass alles mit allem verbunden ist?



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So 31. Jan 2021, 11:45

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.



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Alethos
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So 31. Jan 2021, 11:59

Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:45
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.
Du sagst das so locker: Wenn ich in ein Fluzeug steige (und ich habe schon so Flugangst), dann möchte ich natürlich, dass die Festigkeitsberechnungen der Konstrukteure akkurat sind, weil das Aluminium sich wirklich so und so verhält. Dann möchte ich, dass die mathematischen Modelle dazu führen, dass die Flügel im richtigen Winkel angebracht und zweckmässig geformt sind, weil die Berechnungen zu Auftrieb korrekt waren, und korrekt waren, weil sich die Kinetik so verhält. Es beschleichte mich ein mulmiges Gefühl, im Flugzeug, aber auch so, wenn es sich bloss zufällig traf, dass der mathematische Gedanke die Wirklichkeit erfasste, weil er der übliche war.
Zuletzt geändert von Alethos am So 31. Jan 2021, 12:01, insgesamt 1-mal geändert.



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So 31. Jan 2021, 12:00

Alethos hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:41
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:18
Nein, 2 + 2 = 4 ist nicht direkt raumzeitlich, es existiert nur in unserem Denken - dies ist allerdings raumzeitlich und damit letztlich quasi indirekt auch 2 + 2 = 4.
Du meinst also, dass wir die Wahrheit: 2 + 2 = 4 erfunden hätten.
Nein, ich sage nur, dass wir die Zahl und die grundlegende Mathematik erfunden haben. Der Rest ist daraus abgeleitet und gerne "entdeckt" (sofern nicht weiter definiert).
Könnte es sich nicht eher so verhalten, dass es eine gedankenunabhängige Wirklichkeit gibt, auf die die willkürliche Nomenklatur des mathematischen Zeichensystems korrekt referenziert?
Was meinst du mit gedankenunabhängig"? Unabhängig von deinen persönlichen Gedanken, also in anderen Gedanken trotzdem vorhanden - oder völlig unabhängig von jeglichen Gedanken? Das ist für mich ein großer Unterschied.
Anders gesagt: Ist die menschengemachte Formel nicht eher deshalb wahr, weil es eine menschenunabhängige Wirklichkeit gibt, die sie wahrmacht? In diesem Fall wäre natürlich die mathematische Wahrheit keine menschliche Erfindung. Es handelte sich um eine Wirklichkeit von Mengen- und Relationsabstraktionen.
Es gibt sicherlich eine menschen- oder sagen wir lieber intelligenz-unabhängige Wirklichkeit. Nur ist Mathematik halt auf der Intelligenz basierend, die z.B. die Zahl erfunden hat. Wenn man dann aufgrund aller Definitionen schließlch Ableitungen macht, sind diese halt nicht mehr erfunden und deduktiv entdeckt.
Wenn aber die Abstraktion wirklich ist,
Ist sie das denn? Jedenfalls nur in der abstrakten Welt, nicht in der realen.
Wenn es Gegenstände gibt, die durch sich selbst wirklich sind wie Zahlen, Äpfel und Galaxien, sie sich aber in wesentlichen Dingen ihrer Wirklichkeit unterscheiden so, dass sie unmöglich verbunden vorkommen können: Wie sollte denn die These Sinn ergeben, dass alles mit allem verbunden ist?
Die Verbindung ist "nur" unser menschliches Denken.



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:00
Der Rest ist daraus abgeleitet ...
Was ist eine Ableitung?




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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:00
... unser menschliches Denken.
Was soll das sein?




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So 31. Jan 2021, 12:06

Alethos hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:59
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:45
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.
Du sagst das so locker: Wenn ich in ein Fluzeug steige (und ich habe schon so Flugangst), dann möchte ich natürlich, dass die Festigkeitsberechnungen der Konstrukteure akkurat sind, weil das Aluminium sich wirklich so und so verhält. Dann möchte ich, dass die mathematischen Modelle dazu führen, dass die Flügel im richtigen Winkel angebracht und zweckmässig geformt sind, weil die Berechnungen zu Auftrieb korrekt waren, und korrekt waren, weil sich die Kinetik so verhält. Es beschleichte mich ein mulmiges Gefühl, im Flugzeug, aber auch so, wenn es sich bloss zufällig traf, dass der mathematische Gedanke die Wirklichkeit erfasste, weil er der übliche war.
Warum sollten denn die Zusammenhänge der Physik und Mathematik sich einfach ändern? Der widerspräche ja unserer Erfahrung. Wir vertrauen halt auf die Konstanz und ja grundsätzlich zurecht. Wenn ein Flugzeug abstürzt, ist sicherlich nicht unsere (Passagier-)Erfahrung daran schuld.



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So 31. Jan 2021, 12:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:05
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:00
Der Rest ist daraus abgeleitet ...
Was ist eine Ableitung?
Deduktiv gefolgert... oder worauf zielt deine Frage ab?
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:06
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:00
... unser menschliches Denken.
Was soll das sein?
WIe soll ich denn die Frage so pauschal beantworten? Bitte klar stellen.



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Alethos
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So 31. Jan 2021, 12:16

Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:00
Alethos hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:41
Könnte es sich nicht eher so verhalten, dass es eine gedankenunabhängige Wirklichkeit gibt, auf die die willkürliche Nomenklatur des mathematischen Zeichensystems korrekt referenziert?
Was meinst du mit gedankenunabhängig"? Unabhängig von deinen persönlichen Gedanken, also in anderen Gedanken trotzdem vorhanden - oder völlig unabhängig von jeglichen Gedanken? Das ist für mich ein großer Unterschied.
Ja, das ist tatsächlich ein grosser Unterschied.
Um das weiter zu erörtern, müssen wir klären, was du im Abschnitt davor mit „grundlegender Mathematik“ meinst.

Ich verstehe Mathematik so, dass sie die Sprache ist, mit der wir die Wirklichkeit mathematisch „lesen“. Dabei gibt es eine relativ willkürliche Zeichengebung, die Zahlenausdrücke und Operationszeichen bspw., aber eine zugrundeliegende Wirklichkeit, die wir mit Zahlen und Operationszeichen ausdrücken. Die Zahl 4 halte ich so gesehen für ein menschengemachtes Ding, weil es sie nicht gäbe ohne Menschen. Aber den relativen Punkt, den die Zahl 4 angibt, den hätte es natürlich auch ohne Menschen gegeben. Die Länge des Umfangs eines Quadrats war schon immer das Vierfache einer Seitenlänge. Das „Vierfache“ ist keine Erfindung, sondern gedankenunabhängige Wirklichkeit. Das Verhältnis des Durchmessers eines Kreises zur Kreislinie bspw. war immer schon gegeben, ob wir es nun so oder so ausdrücken. Wahr drücken wir es aber nur aus, wenn es das richtige Verhältnis darstellt.
So gesehen, als den mathematischen Zeichen zugrundegelegte Relationswirklichkeit kann sie ja nicht in meinem Kopf vorkommen.

Wäre es so, dass diese mathematische Wirklichkeit nur im Kopf vorkäme, dann würden die Mathematiker, die den richtigen Landungszeitpunkt unseres Flugzeugs berechnen wollen, denselben Gedanken haben müssen durch was? Durch Gedankenverbindung?
Zuletzt geändert von Alethos am So 31. Jan 2021, 12:19, insgesamt 1-mal geändert.



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:45
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.
Wenn das meistens gar nichts macht, dann können wir doch die gesamte Naturwissenschaft, die auf der Mathematik basiert, revolutionieren. Wir können die Ergebnisse dann nämlich auch würfeln, wenn es meistens gar nichts macht.




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So 31. Jan 2021, 12:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:17
Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:45
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.
Wenn das meistens gar nichts macht, dann können wir doch die gesamte Naturwissenschaft, die auf der Mathematik basiert, revolutionieren. Wir können die Ergebnisse dann nämlich auch würfeln, wenn es meistens gar nichts macht.
Nö, wir können nur deine Gedanken darüber versuchen zu revolutionieren ;)
Die Ergebnisse sind aus unserer Erfahrung heraus ja konstant (sonst gäbe es die Wissenschaften ja nicht).



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So 31. Jan 2021, 12:36

Burkart hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:45
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 11:36
Aber was machen wir, wenn sich in meinem Kopf 2 + 2 = 5 befindet?
Dann ist es eben dein Gedanke, der nicht zur üblichen Mathematik passt, macht ja (meist) nichts.
Na dann.




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NaWennDuMeinst
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So 31. Jan 2021, 12:38

Alethos hat geschrieben :
So 31. Jan 2021, 12:16
Die Länge des Umfangs eines Quadrats war schon immer das Vierfache einer Seitenlänge.
Ja. Nur gibt es in der Empirie keine Quadrate, bei denen das schon immer der Fall war.
Das was Du da beschreibst ist eine Gesetzmäßigkeit die für die idealisierte Form eines Quadrats gilt.
Das Gleiche gilt für Deine Kreise oder jede andere geometrische Form.
Wenn wir die Fläche eines Ahornblattes ausrechnen wollen, dann geht das nur indem wir die unregelmäßige Struktur des Blattes in lauter idealisierte Formen "zerlegen".
Was da am Ende rauskommt ist ein guter Annäherungswert (der für das was wir machen wollen meistens auch ausreicht).
Daraus aber nun schliessen zu wollen die Natur bestünde menschenunabhängig aus Kreisen und Quadraten ist ziemlich gewagt.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 31. Jan 2021, 12:41, insgesamt 1-mal geändert.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

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