Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Wie sollten denn zwei (oder unzählig viele) Neuronen einen Gedanken bilden können?
Wie soll denn Luftdruck Blitze machen?
Offenbar ist es aber so, dass Denken ohne Neuroaktivität schwer zu denken ist.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Ist es in ihnen selbst als Zellen sowie in den chemischen Konfigurationen angelegt, dass sie so und so zusammengesetzt, einen Satz ergeben können, der zudem noch wahr ist? Das ist offenbar absurd.
Was Du damit sagst, ist, dass reine bottom up Erklärungen in bestimmten Bereichen nicht viel hergeben.
So sehe ich das auch, Sprachen, Texte und Theorien sind immer (relativ) holistisch.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Das, wodurch sich die Wahrheit über Dinge sagen lässt, sind Sprache und Begriffe, letztere als logische 'Bausteine' vorgestellt.
Richtig.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Aber Begriffe finden sich doch nicht im Kopf, sondern ausserhalb davon in einer gegenständlichen Welt.
Sie kommen aber ‚in den Kopf‘, wenn wir sprachlich denken.
Psychologisch heißt das interalisieren und externalisieren und beschreibt das, was wir unablässig tun. Außenwelt: Gerüche, Bilder, Laute … nach innen nehmen – automatisch und unbewusst – und sie dann als Begriffe, ad hoc Theorien usw. wiede nach ‚außen‘ entlassen, usw., ein ständiger sich verändernder Interpetationsmodus.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Wenn ich einen Satz bilde, ihn also denke, so ist ein Hirn involviert, aber doch nicht so, dass er die Bedeutung beinhaltete, sondern ich 'entlehne' die Bedeutung einer intersubjektiven Sprachpraxis, einem Sprach- und Kulturraum, einer Gewordenheit von Bedeutung, die ausserhalb meines Hirns vorkommt.
Aber Du verstehst den Begriff, sonst könntest Du nicht kommunizieren. Damit wird „die Bedeutung“ auch zu Deiner.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Nicht Neuronen stellen uns Bedeutung zur Verfügung, es sind vielmehr Dinge in Tatsachen, deren Bedeutung wir sprachlich beschreiben und erfassen.
Ja, Neuronen schreiben keine Briefe, aber das behauptet auch keiner.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Also kommt doch etwas zur Hirnaktivität hinzu, das deshalb objektiv und nicht subjektiv ist, weil es ausserhalb von Subjekten stattfindet und unabhängig eines individuellen Wollens Geltung hat.
Es könnte sein, dass etwas zur Hirnaktivität hinzu kommt, aber an der Stelle ist das einfach nicht notwendig.
Sprachspiele und Bedeutungen sind insofern objektiv, als es sie gibt. „Straße“ meint etwas, ich muss das nicht erfinden.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Ich kann mir zwar denken, dass
gavagai Boot bedeutet, aber wenn alle einen Hasen meinen, dann ist das wohl seine geltende Bedeutung und nicht die, die meine neuronalen Konfigurationen geltend machen könnten.
Jein. Es stimmt, aber das wollte Quine damit genau nicht zeigen.
Was er zeigen wollte, war, dass man sich eines auf den ersten Blick offensichlichen Begriffs (etwas was wir Kaninchen nennen kommt daher, jemand sagt in dem Moment „gavagai“, also bedeutet Kaninchen = gavagai) gerade nicht durch diese simple Verknüpfung sicher sein kann, da „gavagai“ auch beliebig viel anderes bedeuten könnte. Z.B. Kaninchenauge, Kaninchenfliegen (die immer Kaninchen begleiten), lecker Abendbrot, Ahnengeist, böses Omen, heilige Erscheinung, Morgen regnet es …
Man kann das erste begreifen, wenn man die Sprache komplett spricht, den Punkt hat Quine später leicht korrigiert und aus dem Holismus Cluster gemacht.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Ich weiss einfach nicht, was du meinst mit 'nicht von dieser Welt'. Es gibt, reden wir einmal nicht im Tonfall der SFO, nur eine Welt.
Nee, gerade nicht.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Das Universum ist Teil davon.
Ja, sowas will Gabriel wohl sagen und dann auch mal wieder nicht, wenn „Der Zauberg“ dann doch nicht aus einer anderen Welt kommt, ist das ontologisch andere auf einmal wieder Teil des Universums, ansonsten nur andere Perspektive, die Sicht der Physiker/Astronomen auf das was ist.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Das dauernde Evozieren mehrerer Welten ist einfach nicht im Sinne der SFO. Es gibt also nichts, was zu den Hirnaktivitäten noch hinzukommen könnte, was nicht von dieser Welt ist, denn alles das, was einen Gedanken vollständig als solchen auszeichnet, stammt ausschliesslich von dieser Welt.
So spricht ein lupenreiner Naturalist.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Tosa Inu hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 11:50
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 10:46
Der Gedanke wird gedacht, er wird produziert und dafür braucht es ein Hirn, aber das Hirn ist ja nicht der Generator des Denkens, es ist nicht die das Denken konstituierende Einheit.
Sondern wer oder was?
Der Sprachraum, Sprachregeln, Sprechakte, Sprachakteure, Traditionen, grammatische und syntaktische Regeln, Semantik etc.. Das entsteht ja nicht alles in meinem Hirn, sondern auch durch Zeigen auf etwas, durch Übersetzungsleistungen, Rechtfertigungspraxen etc. Man sieht doch ein, dass das, was wir von klein auf erlernen, nicht etwa im Kopf steckt, sondern ausserhalb davon auffindbar ist: bei den Anderen, den Eltern etc. Dass etwas ein Würfel ist und rot ist, das beinhaltet sich doch nicht im Kopf, sondern am Würfel selbst und dass wir es so erfassen und beschreiben ist eine kollektive Leistung.
Man fragt doch als Kind seine Mutter oder seinen Vater, was es mit diesem oder jenem auf sich habe, aber doch nie das benachbarte Neuron.

Alles was Du hier schreibst teile ich.
Nur, was ich nicht sehe, ist, inwiefern das irgendwie ontologisch relevant sein könnte.
Gerade weil wir ja das Äußere verinnerlichen (internalisieren) können, es fortwährend tun und dann unser Inneres der Außenwelt anbieten (externaliseren), z.B. unsere Meinungen und Interpretationen (Behauptungen), sowie deren implizite und explizite Rechtfertigungen ist das alles ontologisch eins. Ich muss doch nicht mein Gehirn an die Wand nageln, es reicht (und ist auch klarer), wenn ich auf eine m Zettel schreibe, was ich meine. Aber was ich meine, hat eben mein Gehirn eher als meine Kniescheibe durchlaufen, die Denkdrüse produziert eben keinen Urin.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Tosa Inu hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 11:50
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 10:46
Ein Gedanke wird nur vermittels der Verflechtung von logischen Regeln, also durch Anwendung einer öffentlichen Praxis, in den ontologischen Status des Gedankenseins gehoben. Es ist das Denken als Denken angelegt in einer Intersubjektivität und nicht in der Materialität des Hirns.
Es bleibt, was ist. Entweder all das ist etwas was im Hirn vorkommt, sprich, dort verarbeitet wird, denn "das Denken als Denken" leidet ja, wenn das Gehirn verletzt wird, oder man sagt, z.B. das Denken findet in einer anderen Welt statt und das Gehirn bietet uns irgendwie die Möglichkeit des Zugangs zu dieser Welt.
Dies wäre dualistisch und müsste erklärt werden, also, wie man die Spaltung überwindet.
Diese Spaltung gibt es nicht. Woher dein Bedürfnis nach Transzendenz kommt, kann ich nicht nachvollziehen und eine Brücke ins Diesseits kann ich dir nicht basteln.
Wo bitte siehst Du denn da Transzendenz? Ich sage einfach: Entweder man sagt A, dann hat das Folgen oder B, dann hat das andere Folgen.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Jede Weltbeschreibung bewegt sich im theoretischen Rahmen des entsprechenden Weltbilds. Zu diesem gehört eine Vielzahl von falliblen Gedanken über Tatsachen. Man kann sich irren, aber nicht immer irrt man sich. Dass es so etwas gibt wie ein Sein und dem gegenübergestellt einen Geist, das ist in der Tat eine dualistische Auffassung.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Aber man kann sich stattdessen auch vorstellen, dass nicht alles, was wir denken, einfach eine mentale Repräsentation ist, die dann als gelungen zu gelten hat, wenn sie die Tatsachen richtig simuliert.
Ja, klar, und wenn man das denkt, sollte man sagen können, was man meint, dass es noch ist.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Man kann sich auch denken, dass wahre Aussagen über die Welt nicht dadurch zustande kommen, dass die Aussage dieselbe logische Struktur hat wie die ontische Struktur der Dinge in Tatsachen, so als stellte sich Wahrheit ein als Kongruenz oder Korrespondenz zwischen Denken einerseits und Wirklichkeit andererseits. Man kann sich z.B. denken, dass der Gedanke an den Tisch, an dem ich sitze, genau von dieser Bedeutung handelt, die der Gegenstand selbst ist. Wenn ich sage: 'Der Tisch steht auf der Terrasse', dann ist mit Terrasse ja nicht etwas anderes gemeint als eben die Bedeutung dieses Begriffs, einmal im Gedankensinn und einmal im ontischen Sinn. Es ist aber jedesmal genau dieser Tisch und nicht ein anderer.
Ja, wenn ich Dich recht verstehe, ist es das, was Kant mit seinen Dingen an sich im Sinn hatte.
Eine Interalisierung vieler konkreter empirischer Ereignisse, die 200 verschiedenen Dinge, zu denen wir Tisch sagen und das Erfassen abstrakter gemeinsamer Muster, die den Tisch zu einem solchen machen und ihn von den 200 Dingen, die wir Auto nennen unterscheidet.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Gedanken, die wahr sind, handeln von Tatsachen. Und gewisse Tatsachen bestehen ja nicht durch das Denken, sondern durch sich selbst. Und die Wahrheit eines Gedankens über eine Tatsache, die durch sich selbst besteht, besteht nun eben nicht durch die Korrespondenz, sondern dadurch, dass vieles über viele Dinge wahr ist.
Dennoch bleibt Wahrheit eine Eigenschaften von Aussagen. Kaffeetassen oder Berge sind nicht wahr und können es auch nicht sein.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Das ist der Hauptgedanke des Realismus: Alle Weltbeschreibungen sind an ein begrifflich-semantisches System gekoppelt, Aussagen über die physikalische Welt nicht ausgenommen. Nun gibt es also keinen Zugang zu den Dingen an sich, ...
Doch natürlich, kommt drauf an, was man darunter´verstehte. Wenn Du mich besuchst, wirst Du, ohne dass ich Dir mein Zimmer erklären muss, sofort erkennen, was mein Tisch ist, meine Bücher, mein Bett, mein Computer … . Und dabei ist das doch mein Zimmer. Und warum kannst Du das? Weil Du Zugang zu den Dingen an sich hast.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
… auch nicht für den Empiriker, aber das heisst nichts anderes, als dass jeder Gegenstand, der gedacht und beschrieben wird, in vielerlei Hinsicht vorkommt: In einer Theorie oder auch in der weiten Ferne des unerforschten Universums.
Hierzu Gabriel auf S. 49:
Bei einer Beschreibung handelt es sich um eine logische Form, die darin besteht, dass etwas so-und-so ist. "Es ist eine Tatsache, dass 7 + 5 = 12" bedeutet, dass es auf die 7 und die 5 zutrifft, dass sie zusammengenommen 12 sind, vorausgesetzt, es sind gewisse Restriktionen erfüllt, welche die 'Addition' als basale arithmetische Operation festlegen. Dass gewisse Beschreibungen auf 7 und 5 zutreffen, heisst nichts weiter, als dass sie über 7 und 5 wahr sind, wobei es sich hier um einen Sinn von 'Wahrheit' handelt, der diese unterhalb der Theorieschwelle einer repräsentationalistischen Wahrheitskonzeption verortet. Tatsachen sind Wahrheiten, die durch Beschreibungen artikuliert sind, die auf Gegenstände zutreffen. Deswegen sind wahre Gedanken Tatsachen und handeln nicht von diesen (womit nicht gesagt ist, dass jede Tatsache ein wahrer Gedanke ist). Sie handeln von Gegenständen, auf die dasjenige zutrifft, was wahre Gedanken artikulieren. Die Dinge an sich sind schon so-und-so, Beschreibungen treffen auf sie zu, ob wir dies entdecken oder nicht. Das bedeutet nicht, dass gleichsam ein "Geist über den Wassern schwebte". Es bedeutet lediglich, dass wahre Gedanken nicht neben den Gegenständen stehen und versuchen, mit ihren relationalen, perspektivisch verzerrten Mitteln irgendwie indirekt zu diesen vorzustossen.
Das glaubt ja keiner.
Der Monismus ist ja gerade der Gedanke einer Welt, nicht einer Welt der Bücher, einer der Tiere, einer der Nahrungsmittel, einer der Primzahlen, einer der Nebensätze.
Darum stehen Sprache und Denken auch nicht neben der Welt. Sprechen ist so konkret, wie einen Nagel in die Wand zu schlagen.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Tosa Inu hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 11:50
Aber dem Fluss und dem Regentropfen (und dem See, Meer, Bach, Vollbad, Schwimmbad ...) das Wasser zu nehmen, hieße, sie ihrer Existenz zu berauben, denke ich.
Ja, was aber nur zeigt, dass Wasser eine notwendige Bedingung des Regentropfenseins und des Flussseins ist, nicht eine hinreichende, weshalb nur die hinreichende Bedingung hier für das Spezifische des entsprechenden Seins stehen kann, und nicht das Wasser selbst. Das Gegebensein des Wasser in dieser spezifischen Form des Regentropfens oder des Flusses erhebt den Regentropfen oder den Fluss zur Existenz. Das ist der springende ontologische Punkt.
Ja, Wassser, Begriffe und Gedanken kommen auf verschiedene Arten und Weisen vor, durch die man sie individuíeren kann. Dabei ist mehr als eine starres 1 zu1 Verhältnis nötig weil Ein Tropfen und ein Fluss zwar beide Wasser aber nicht identisch sind. Ebenso können wir beide den Begriff „Ich“ oder „mein Tisch“ benutzen, meinen damit aber denselben Sachverhalt, individuieren aber ein andere logisches Subjekt. Die Funktionen von Begriffen und Sätzen ist stets mehrdeutig. Das ist aber kein ontologisches Problem.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Dabei wird doch klar, dass das spezifische Sein des Regentropfens nicht an unseren Beschreibungen hängt, sondern der Regentropfen beschreibt sich durch sich selbst als Regentropfen.
Nein, und hier machst Du einen logischen Fehler, weil Du auf zwei Hochzeiten tanzt.
Du beziehst Dich hier nämlich 1. auf eine Welt oder Dinge in der Welt an sich und sagst 2. gleichzeitig, mit Gabriel (und vielen anderen), dass es diese Welt ohne unsere Perspektive gar nicht gibt.
Und das meint eigentlich, dass wir uns Welt nur denkend und damit begrifflich erschließen können. Auch das was wir sehen, müssen wir deuten. Welt liegt für uns nicht „einfach so“ vor. So simpel das ist, man muss es einordnen, weil es zwischen einem Verlieren der Welt, also der Tatsache, dass wir nur leben, weil unsere äffischen Vorfahren, beim Sprung von Ast zu Ast die Entfernung richtig einschätzen konnten und der Idee einer Welt, die für an sich für alle gleich ist, ausbalanciert werden muss.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Unsere Epistemologie vollzieht dieses Sein nach, aber bringt es nicht in die Welt.
Und darum sind die Perspektiven, die der Regentropfen gibt, nicht einfach begriffliche Konstrukte, sie entstehen nicht durch unsere Draufsicht aus verschiedenen Winkeln. Ihr Sein entsteht nicht durch unsere Beschreibungen und Begriffe, sondern letztere durch sie.
Das ist kein entweder/oder, sondern die Begriffsbildung ist ein dynamischer Prozess der ständig aufrecht erhalten werden muss. Zum Begriff gehört die Praxis sines adäquaten Gebrauchs, die Kenntnis um Kontexte usw. aber das ist eben alles nicht ontologisch, sondern normatives und Sprachverständnis.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Da sind wir nun wieder bei einem sonderbaren Argument: Weil der Gedanke an das viele Geld in meiner Hosentasche, nur eine Phantasie ist, und ich mir im Laden um die Ecke davon nichts kaufen kann, ist das illudierte Geld (als Gedanke an Geld) nicht existent? Jedenfalls ist es nichr wirkliches Geld, wirst du sagen, aber das setzt eben eine einzige Wirklichkeit als einzig ontologisch gültige voraus. Wir können doch aber einem Ding (hier Gedanke an Geld) nicht einfach Wirklichkeit absprechen bloss deshalb, weil es in einem spezifischen Bereich der Wirklichkeit nicht vorkommt, z.B. Geld in meiner aus Stoff genähten Hosentasche. Dass Wasser nur wirklich Wasser sein soll, wenn es durch mich als biophysikalisches Wesen getrunken werden kann, es aber nie und nimmer in einer fiktiven Erzählung vorkommen kann, denn da handle es sich eben nicht um wirkliches Wasser, sondern nur um Tinte oder Pixel, das entspringt einer monistischen Grundannahme, dass etwas nur in einem Sinn als dieses Wirkliche gelten kann. Und das ist eben nicht pluralistisch, sondern reduktionistisch.
Der Einwand war der einer Äquivokation und der ist ja handfest.
Da nun Parallewelten zu erschaffen, in denen es Wasser gibt, was kein Wasser ist, in Welten, die es eigenständig gibt, von unserer aber doch nicht getrennt sind, ist ja nicht wirklich überzeugend. Wie reduziert man denn auf eine physikalische Welt, wenn im gleichen Atemzug gesagt wird, dass es gar keine andere Welt gibt?
MG hat geschrieben : Thomas Manns Zauberberg oder die Bundesrepublik Deutschland existieren nicht an einem anderen Ort als das Universum, sozusagen hinter oder über den Galaxien und damit sozusagen »hyper-« oder »meta-galaktisch«.
Dieses hinter oder über muss man aber nun in keiner Weise ontologisch aufladen, sondern kann es als „nachgeordnet“ im Sinne Anton Kochs oder „übergeordnet“ im Sinne Daniel-Parcal Zorns semantisch oder logisch verstehen. „Das ist ein Stuhl.“ ist dann eine Gedanke/Satz über etwas. Der Satz „„Das ist ein Stuhl“, ist ein Hauptsatz“ ist ein Satz über einen Satz. Der Satz „Der Satz „„Das ist ein Stuhl“, ist ein Hauptsatz“, ist ein Satz, den ich als illustierenndes Beispiel verwednet habe“ ist eine weitere Metaebene“ und so kann man weiter vorgehen, ohne dabei eine ontologisch andere Ebene zu berühren. Dass alle diese Sätze von meinem Gehirn verarbeitet wurden, heißt ja nicht, dass damit alles über dieselben gesagt ist, diese Aussage ist im Gegenteil von einer so großen Undifferenziertheit, dass sie nahezu nichts aussagt, weil auch an buchstäblich jedem Satz den ich gedacht habe, mein Gehirn beteiligt war, aber dass dies wohl richtigerweise so ist, sagt über den Inhalt des Satzes – um den geht es ja nun mal vorrangig – überhaupt nichts aus.
Denn wichtig an einem Satz ist, ob er etwas behauptet, droht oder fleht, ob er wahr oder falsch ist, in welcher Beziehung er zu einem größere Kontext steht und die Bezeichnung „ist irgendwie aus Tosa Inus Gehirn“ ist sagenhaft nichtssagend.
Über dieses Nichtssagende sind Neurobiologen bis heute kaum hinausgekommen, man kann so gut wie gar nichts über unsere Sprache aus der Neurologie ableiten, alles was man sagen kann, ist, dass wenn bestimmte Areale ausfallen, man sehr spezifische Begriffsstörungen hat (nachzulesen bei dem großartigen Oliver Sacks) und so weiß man dass Klang, Sprachmelodie und Wortbedeutung an verschiedenen Stellen verarbeitet werden, was es aber bedeutet, dass mich ein Argument überzeugt und warum das so ist, davon haben Neurologen keinen Schimmer. Dennoch, ballert man Tosa die Birne weg, wird das mit dem Denken für ihn schwer und das ist ja logisch folgernd nicht nichts.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Tosa Inu hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 11:50
Klar, das Ich der Neurobiologen ist nicht das der Psychologen, ist nicht das, was ich mir zuschreibe, ist nicht das, was mit "ist ein indexikalischer Ausdruck" beschrieben wird, ist nicht das, was der Meditierende betrachtet, ist nicht das der Säuglingsforscher ... Aber ontologisch getrennt?
Ja, ontologisch getrennt, manchmal auch ontologisch überlappend. Das Ich, das sich bei deinen Meditationen in kosmische Höhen schwingt, das gibt es einfach nicht im Computertomographen, aber es gibt es in deiner Erfahrung.
Doch, gibt es, in dem Sinne, dass sich Hirnaktivität bei speziellen Arten der Meditation an spezifischen Hirnregionen festmachen lässt.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Es ist dann mit Bezug auf den einen Bereich, in welchem dieses Ich vorkommt und den anderen Bereich, in dem dieses Ich nicht vorkommt, ontologisch getrennt, auch wenn es im weiten Sinn immer um dasselbe Ich geht.
Ich deute die verschiedenen Umfänge von „Ich“ als unterschiedlichen Komplexitätsgrad des Denkens und seiner Beobachtung.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Auch der Ätna in Sizilien existiert ja nicht vervielfältigt in seinen möglichen Beschreibungen, es handelt sich immer um denselben Vulkan, den wir sehen und beschreiben. Aber es gibt keine allumfassende Beschreibung, die den Ätna in seinem vollen Dasein zu beschreiben in der Lage wäre. Das wäre eine unendlich lange Beschreibung, denn es gibt eben nicht den Ätna nur in einem Sinn, in einer Gegebenheit, sondern in einer ontologisch plural verschränkten Weise. Er ist einerseits Gegenstand der Geschichte, andereseits von Erzählungen, der Erfahrung deiner Fussohlen und er wird manchmal von da und manchmal von dort gesehen. Er wirkt manchmal spitz und dann wieder stumpf. Aber zu keinem Zeitpunkt ist der Ätna ein Konstrukt, sondern es ist seine ontologische Vielfalt, die in unseren Beschreibungen Einlass findet.
Ja, es gibt unterschiedliche Blickwinkel.
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Tosa Inu hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 11:50
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 10:46
(Gabriel meint in SuE, dass er den Begriff Perspektive meidet, um antitealistischen Deutungen vorzubeugen, aber er sagt klar, dass der fregesche Sinn eine Art von Perspektive ist)
Ich glaube sogar, dass die SFO ziemlich ausschließlich eine Perpektive ist, also Erkennitstheorie.
Das ist leider nachweislich falsch. Leider deshalb, weil du diese Fehlinterpretation schon oft vorgebracht hast und sie sich auch durch unzähliges Wiederholen nicht als wahr perpetuieren lässt.
Dass wir etwas erkennen, gehört der Epistemologie an. Dass ein Glas Wasser im Roman existiert, weil es dort vorkommt in diesem Sinn, das hat mit unserer Erkenntnisleistung nichts zu tun. Es geht um die Ontologie des entsprechenden Dings.
Und das war jetzt der Nachweis?
Es ist eine Äquivokation, die spätestens beim Praxistest relevant wird, wenn es um so etwas wie „Leben“ oder „Existenz“ selbst geht.
Den Tausch eines mittelguten Lebens in der Alltagswelt, gegen 5 bildschöne Wunsch- und Optimalversionen im Roman lässt den Bruch und damit die Äquivokation dann auch spübar werden.
Dass es Gedanken tatsächlich gibt und Filme mich erregen können, kann ich auch ohne zig Ontologieeben annehmen, von denen ich dann auch den Vorteil schon deshalb nicht sehe, weil es um eine zwielichtige Zuweisung von Zuständigkeitsbereichen geht. Kann man am „Ich“-Begriff blendend durchspielen.
In welchen Sinne geht die Ontologie Gabriels denn über die Aussage, dass Begriffe oder Sätze in Kontexten stehen denn hinaus?
Alethos hat geschrieben : ↑ Sa 28. Jul 2018, 20:44
Ja, genau. Ontologie bedeutet immer die systematische Untersuchung des Seins und als solche Gegenstände der Reflexion können Dinge gar nie an sich sein. Und doch können Aussagen wahr sein, z.B. dass ich jetzt ein Glas Wasser trinke oder dass Herr K. im 'wirklichen' Leben keine Schwester hat. Dass wir die Dinge immer theoretisch-relational verorten macht das Sein nicht zu epistemologisch konstituieren Tatsachen, weshalb der Psychologismus im Übrigen auf falschen Prämissen aufgebaut ist. Aber das ist ein weites Feld und meine Ferien sind (leider) endlich.
Okay, ich glaube, wir wissen dennoch beide in etwa, was der andere meint und wo wir schlicht anderer Auffassung sind.
Mir ist der Hintergrund von etwas relativ schnuppe, solange ist damit in Bereiche vorstoße, die mir bislang unzugänglich waren.
Je mehr mich mich damit befasse, umso weniger sehe ich aber, dass das mit der SFO möglich ist.
Gibt es aktuell etwas, von dem Du sagen würdest, dass Du es aufgrund der SFO heute deutlich anders siehst oder es sogar zum ersten Mal erkannt oder begriffen hast und falls ja, was wäre das?