Die Urminus-These (zur Frage nach der Entstehung der Polarität/Gegensätzlichkeit)

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Mo 20. Mai 2024, 07:55

Quasarkarotte hat geschrieben :
So 19. Mai 2024, 21:29
So kann es zwar keine Scheidung ohne Heirat geben, aber Heirat ohne Scheidung. (@Jörn: Können wir diese Unterscheidung nun abhaken oder bist Du noch anderer Meinung?)
Ich bin immer noch anderer Meinung :) zwar ist es de facto möglich, zu heiraten und sich nicht scheiden zu lassen, das ändert aber nichts daran, dass die beiden Begriffe in unserem Rechtsrahmen die entsprechende aufeinander bezogene Bedeutung haben. Und selbst dort, wo Scheidung nicht vorgesehen ist, taucht der Gegenbegriff anscheinend "wie von alleine" auf: Das, was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.




Quasarkarotte
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Mo 20. Mai 2024, 10:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 07:55
Quasarkarotte hat geschrieben :
So 19. Mai 2024, 21:29
So kann es zwar keine Scheidung ohne Heirat geben, aber Heirat ohne Scheidung. (@Jörn: Können wir diese Unterscheidung nun abhaken oder bist Du noch anderer Meinung?)
Ich bin immer noch anderer Meinung :) zwar ist es de facto möglich, zu heiraten und sich nicht scheiden zu lassen, das ändert aber nichts daran, dass die beiden Begriffe in unserem Rechtsrahmen die entsprechende aufeinander bezogene Bedeutung haben. Und selbst dort, wo Scheidung nicht vorgesehen ist, taucht der Gegenbegriff anscheinend "wie von alleine" auf: Das, was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Ja, Gegenteile beziehen sich aufeinander, aber auf der Beziehungsebene gibt es bedeutende Unterschiede:

"klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Treue" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "Untreue", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Heirat" kann alleinstehen, denn es braucht nicht das Gegenteil "Scheidung", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Muttertag" kann alleinstehen, es braucht nicht das Gegenteil "Vatertag", um seine Bedeutung zu erhalten.

Und noch eine andere Beziehung:

Nehmen wir einmal das Gegensatzpaar "Synonym/Antonym". Der Begriff "Synonym" kann nicht alleinstehen, er benötigt aber auch nicht zwingend das Gegenteil "Antonym", um seine Bedeutung zu erhalten und sich abzugrenzen. Das Bedeutungsgleiche oder Ähnliche benötigt das Bedeutungsungleiche, um sich abzugrenzen. Das kann das Gegenteil sein, muss es aber nicht.




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Quk
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Mo 20. Mai 2024, 15:10

Quasarkarotte hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 10:55
"Heirat" kann alleinstehen, denn es braucht nicht das Gegenteil "Scheidung", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Muttertag" kann alleinstehen, es braucht nicht das Gegenteil "Vatertag", um seine Bedeutung zu erhalten.
Da komme ich ins Stolpern ...

Heirat und Scheidung sind Ereignisse entlang der Zeitachse. Daher können sie keine Gegen-Teile sein, bestenfalls Gegen-Ereignisse, wie beim Tischtennis: Ping, pong, ping, pong ...

Hingegen stehen die Eigenschaftswörter verheiratet und geschieden für Zustände. Ich denke, diese Zustände können durchaus gegenteilig sein. Denn damit komme ich auf die zeitlosen Kerne, nämlich auf "zusammen" und "auseinander". Dann wird klar, dass es egal ist, womit die Flipflop-Serie beginnt: Beginnen kann sie sowohl mit "auseinander" als auch mit "zusammen".

Für die Auffassung, dass Mutter und Vater Gegensätze seien, muss wohl abermals eine Spezialbühne aufgebaut werden. Diese Gegensätze verstehe ich auch nur mit viel Poesie, aber nicht im logischen Sinn ...


P.S.: Explosion und Implosion, beispielsweise, sind zwar auch gewissermaßen "Ereignisse" und dennoch gleichfalls auch "Gegenteile", aber der Kern darin ist eine Bewegungsrichtung. Die eine Richtung zielt weg vom Zentrum, die andere zum Zentrum. Es ist also ein mathematisches Gegenteil. So sind im Kern auch "auseinander" und "zusammen" mathematische Gegenteile; in der Poesie kann man das auch als "verheiratet" und "geschieden" bezeichnen, aber dann kommt eine Zeitachse ins Spiel und die Sache ist nicht mehr logisch, sondern kausal.




Quasarkarotte
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Mo 20. Mai 2024, 21:44

Quk hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 15:10
Quasarkarotte hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 10:55
"Heirat" kann alleinstehen, denn es braucht nicht das Gegenteil "Scheidung", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Muttertag" kann alleinstehen, es braucht nicht das Gegenteil "Vatertag", um seine Bedeutung zu erhalten.
Da komme ich ins Stolpern ...

Heirat und Scheidung sind Ereignisse entlang der Zeitachse. Daher können sie keine Gegen-Teile sein, bestenfalls Gegen-Ereignisse, wie beim Tischtennis: Ping, pong, ping, pong ...

Hingegen stehen die Eigenschaftswörter verheiratet und geschieden für Zustände. Ich denke, diese Zustände können durchaus gegenteilig sein. Denn damit komme ich auf die zeitlosen Kerne, nämlich auf "zusammen" und "auseinander". Dann wird klar, dass es egal ist, womit die Flipflop-Serie beginnt: Beginnen kann sie sowohl mit "auseinander" als auch mit "zusammen".

Für die Auffassung, dass Mutter und Vater Gegensätze seien, muss wohl abermals eine Spezialbühne aufgebaut werden. Diese Gegensätze verstehe ich auch nur mit viel Poesie, aber nicht im logischen Sinn ...


P.S.: Explosion und Implosion, beispielsweise, sind zwar auch gewissermaßen "Ereignisse" und dennoch gleichfalls auch "Gegenteile", aber der Kern darin ist eine Bewegungsrichtung. Die eine Richtung zielt weg vom Zentrum, die andere zum Zentrum. Es ist also ein mathematisches Gegenteil. So sind im Kern auch "auseinander" und "zusammen" mathematische Gegenteile; in der Poesie kann man das auch als "verheiratet" und "geschieden" bezeichnen, aber dann kommt eine Zeitachse ins Spiel und die Sache ist nicht mehr logisch, sondern kausal.
ja, Heirat und Scheidung sind Ereignisse entlang der Zeitachse, und man kann sie von mir aus auch Gegenereignisse nennen. Aber wieso sollten Gegenereignisse denn nicht unter die synonymen Oberbegriffe "Gegenteile/Gegenstücke/Gegensatzpaar/Antonyme" fallen? Gegenrichtungen beispielsweise fallen doch auch unter Gegenteile. Liegt es an der Zeitachse? Einatmen und Ausatmen geschieht auch entlang der Zeitachse, trotzdem ist das Einatmen das Gegenteil von Ausatmen. Dass es sich hierbei um Gegenteile handelt – wie auch bei "Scheidung" und "Trauung/Eheschließung/Heirat" ist ja keine Erfindung von mir, sondern nachschlagbar.

Vater und Mutter ist nochmal ein Fall für sich, das sehe ich auch so, aber ich schreibe hier ja vom Vatertag und Muttertag. Der Vatertag ist das Gegenstück oder Gegenteil zum Muttertag, auch das habe ich mir nicht ausgedacht.

"Explosion" vs. "Implosion" wie "nach innen" vs. "nach außen" – um solche Gegensatzpaare geht es ja in meinem Kerngedanken, und ich würde gerne direkt dort weitermachen, doch das bringt m.E. nix, wenn weiterhin alle gegenteiligen Beziehungen in einen Topf mit "groß" und "klein" geworfen werden.

Also ich bleibe dabei:

"klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten.
"Heirat" und "Muttertag" können jeweils alleinstehen, denn es braucht nicht ihre Gegenteile "Scheidung" bzw. "Vatertag", um ihre Bedeutung zu erhalten.

Für mich ein großer Unterschied.




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Quk
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Mo 20. Mai 2024, 22:52

Einatmen und Ausatmen sind ebenfalls Richtungen. Der Kern ihrer Gegenteiligkeit liegt meines Erachtens in ihrer gegenteiligen Richtung und nicht in ihrer Ereignishaftigkeit. Es ist der gleiche Fall wie mit Explosion und Implosion.

Beim Mutter- und Vatertag habe ich die "Taghaftigkeit" gestrichen, weil Tag und Tag keine Gegensätze sind. Übrig bleiben dann nur die Wortfragmente davor: Mutter versus Vater.

Wer diese Gegenteile erfindet, ist ja egal. Ich sage nur, was ich darüber denke :-)

Ja, "klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten. Da stimme ich zu.




Quasarkarotte
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Mo 20. Mai 2024, 23:44

Quk hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 22:52
Einatmen und Ausatmen sind ebenfalls Richtungen. Der Kern ihrer Gegenteiligkeit liegt meines Erachtens in ihrer gegenteiligen Richtung und nicht in ihrer Ereignishaftigkeit. Es ist der gleiche Fall wie mit Explosion und Implosion.

Beim Mutter- und Vatertag habe ich die "Taghaftigkeit" gestrichen, weil Tag und Tag keine Gegensätze sind. Übrig bleiben dann nur die Wortfragmente davor: Mutter versus Vater.

Wer diese Gegenteile erfindet, ist ja egal. Ich sage nur, was ich darüber denke :-)

Ja, "klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten. Da stimme ich zu.
Ich verstehe trotzdem nicht, warum Gegenereignisse nicht zu den Gegenteilen zählen dürfen.

Der Wortteil "-tag" braucht doch in dem Fall kein Gegenteil. Das Gegenteil von Muttertag ist der Vatertag wie der Geburtstag das Gegenteil zum Todestag ist. Es gibt keine Mutternacht oder Todesnacht - auch wenn der Tod mitten in der Nacht eintritt.




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Quk
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Di 21. Mai 2024, 01:06

Quasarkarotte hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 23:44
Der Wortteil "-tag" braucht doch in dem Fall kein Gegenteil.
Eben. Deshalb rede ich direkt nur von Mutter und Vater.

Bei dem Begriff Gegenteil denke ich immer an ein notwendiges Paar, das aus Teil und Gegenteil besteht. Da Mutter auch ohne Vater eine Mutter sein kann, ist das kein notwendiges Paar. Das Gegenteil zu Mutter könnte somit auch Oma sein oder Tochter oder sonstwas. Und damit komme ich zu jenem Allerlei, das man Nichtmutter nennen könnte, womit wir wieder beim direkten, negierenden Gegenteil sind.




Quasarkarotte
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Di 21. Mai 2024, 03:46

Quk hat geschrieben :
Di 21. Mai 2024, 01:06
Quasarkarotte hat geschrieben :
Mo 20. Mai 2024, 23:44
Der Wortteil "-tag" braucht doch in dem Fall kein Gegenteil.
Eben. Deshalb rede ich direkt nur von Mutter und Vater.

Bei dem Begriff Gegenteil denke ich immer an ein notwendiges Paar, das aus Teil und Gegenteil besteht. Da Mutter auch ohne Vater eine Mutter sein kann, ist das kein notwendiges Paar. Das Gegenteil zu Mutter könnte somit auch Oma sein oder Tochter oder sonstwas. Und damit komme ich zu jenem Allerlei, das man Nichtmutter nennen könnte, womit wir wieder beim direkten, negierenden Gegenteil sind.
Der Begriff "Mutter" bedeutet für mich in erster Linie: Elternteil, weiblich.
Der Begriff "Vater" bedeutet für mich in erster Linie: Elternteil, männlich.

Durch die Übereinstimmung bei Elternteil sind wir mit "Vater" und "Mutter" folglich auf derselben Bedeutungsebene, und mit "männlich" und "weiblich" liegt ein polarer Gegensatz vor – "männlich" und "weiblich" sind Gegenteile. "Mutter/Vater" ist somit ein lupenreines polares Gegensatzpaar.

Sind "Geburtstag/Todestag" oder "geboren/gestorben" für dich auch keine Gegenteile?




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Quk
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Di 21. Mai 2024, 04:09

In solchen "Mutter & Vater"-Beispielen hat der Begriff "Gegenteil" für mich vielleicht eine poetische Bedeutung.

Bei "gegen" denke ich an Vektoren. Wenn man Farbtöne auf einem Kreis nach ihrer Frequenz anordnet, und eine Durchmesserlinie aufzeichnet, dann hat diese Linie zwei gegensätzliche Richtung, beispielsweise zeigt die eine auf blau, und die entgegengesetzte auf die Komplementärfarbe gelb. In diesem Sinn würde ich blau und gelb als Gegenteile auffassen. Oder auch in dem Sinn, wenn blau und gelb in der Mischung weiß, grau oder schwarz ergeben. Also wenn zwei gegensätzliche Größen sich gegeneinander zu einem Mittelmaß auslöschen können. Groß ist ein Vektor ins große, klein ist ein Gegenvektor ins kleine. Neu ist ein Vektor in die Zukunft, alt ist ein Gegenvektor in die Vergangenheit. Das gleiche gilt für links und rechts, oben und unten, Vorstoß und Rückzug etc. Solche Gegenteilpaare sind immer zwei gleich lange Vektoren, wobei einer um 180° gedreht ist. -- In "Mutter" sehe ich keinen Vektor. In "Vater" auch nicht.

Geburt als Vektor vom Nichtsein ins Sein. Tod als Vektor vom Sein ins Nichtsein. Ja, das würde ich als Gegenteil auffassen.

Wenn Mutter und Vater sich vereinen, löschen sie sich nicht aus. Warum nicht? Weil sie keine echten Gegenteile sind.




Quasarkarotte
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Di 21. Mai 2024, 10:27

Quk hat geschrieben :
Di 21. Mai 2024, 04:09
In solchen "Mutter & Vater"-Beispielen hat der Begriff "Gegenteil" für mich vielleicht eine poetische Bedeutung.

Bei "gegen" denke ich an Vektoren. Wenn man Farbtöne auf einem Kreis nach ihrer Frequenz anordnet, und eine Durchmesserlinie aufzeichnet, dann hat diese Linie zwei gegensätzliche Richtung, beispielsweise zeigt die eine auf blau, und die entgegengesetzte auf die Komplementärfarbe gelb. In diesem Sinn würde ich blau und gelb als Gegenteile auffassen. Oder auch in dem Sinn, wenn blau und gelb in der Mischung weiß, grau oder schwarz ergeben. Also wenn zwei gegensätzliche Größen sich gegeneinander zu einem Mittelmaß auslöschen können. Groß ist ein Vektor ins große, klein ist ein Gegenvektor ins kleine. Neu ist ein Vektor in die Zukunft, alt ist ein Gegenvektor in die Vergangenheit. Das gleiche gilt für links und rechts, oben und unten, Vorstoß und Rückzug etc. Solche Gegenteilpaare sind immer zwei gleich lange Vektoren, wobei einer um 180° gedreht ist. -- In "Mutter" sehe ich keinen Vektor. In "Vater" auch nicht.

Geburt als Vektor vom Nichtsein ins Sein. Tod als Vektor vom Sein ins Nichtsein. Ja, das würde ich als Gegenteil auffassen.

Wenn Mutter und Vater sich vereinen, löschen sie sich nicht aus. Warum nicht? Weil sie keine echten Gegenteile sind.
Das hilft mir deine Sichtweise zu verstehen. Nur noch eine Verständnisfrage dazu: Ist denn weiblich/männlich ein Gegensatzpaar für dich, oder anders ausgedrückt: Neutralisieren sich weiblich und männlich deiner Meinung nach?




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Quk
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Di 21. Mai 2024, 13:42

Weiblich und männlich sind unermesslich vieldeutige Wörter. Diese zu vergleichen, ist so ähnlich wie der Vergleich Spaniens mit Frankreich. Beide haben asphaltierte Straßen, Häuser mit Dachziegeln, Schwarzhaarige, Blonde, Nationalhymnen etc. Ist Spanien das Gegenteil von Frankreich?

Wenn ich etwas auf Gegenteiligkeit vergleiche, muss ich also eine einzige Eigenschaft herausgreifen und nur diese vergleichen. Ich könnte mich auf die geometrische Gewölberichtung der primären Geschlechtsorgane beziehen, dann den weiblichen Tunnel als ein "Hinein" und den männlichen Stab als ein "Hinaus" sehen. So wäre das ein gegenteiliges Vektorpaar. Oder die geschlechtsspezifischen durchschnittlichen Stimmhöhen könnte ich nehmen, um dann auf das Vektorpaar "hoch & tief" zu kommen. Aber solche Eigenschaften sind ja nur ein winziger Ausschnitt der Weiblichkeit und Männlichkeit; diese Einzelbrösel sind maximal unterkomplex. Weiblichkeit und Männlichkeit in allen Details zu beschreiben, in Schriftgröße 12, ergäbe wohl ein Text, mit dem man die Erde tapezieren könnte. Und da wären die Dinge, die beide gemeinsam haben, noch nicht einmal erwähnt, denn es geht dabei ja nur um durchschnittliche Tendenzen und keine vermeintlichen Absolutwerte wie "jede Frau ist zärtlich" oder "jeder Mann ist grob" etc., was dann zu Fragen führt wie: "Ist eine unzärtliche Frau männlich?" versus "Ist Zärtlichkeit überhaupt ein Zuordnungskriterium?" und so weiter. -- Also wie sollte ich solch eine ultrahochkomplexe Angelegenheit in ein Gegenteilschema zwingen?

Weiblich und männlich neutralisieren sich nicht. Sie sind ein Team.




Timberlake
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Di 21. Mai 2024, 14:16

Nun ja ... Spanien und Frankreich .. bezüglich der Polariatät und Gegesätzlichkeit ! .. mit Weiblich und männlich mit vergleichen zu wollen, würde ich doch schon für sehr weit hergeholt halten. Reden wir doch bei Letzteren von einer ... systemischen! .. Polarität und Gegensätzlichkeit. In diesem Sinne beispielsweise Frankreich für weiblich und Spanien für männlich zu halten , wäre zumindest meiner Meinung nach geradezu absurd. Übrigens auch für den Fall , dass man beides "verpolt" ...
Quasarkarotte hat geschrieben :
Di 21. Nov 2023, 11:45
Urminus-These.JPG


Wie bereits an anderer Stelle kurz angeschnitten, handelt es sich für mich bei der Frage nach der Entstehung der Polarität um eine Schlüsselfrage ohnegleichen. An dem losen Ende lege ich diesen Faden an, um die bereits erwähnte Urminus-These samt Untermauerung einmal niederzuschreiben. Falls gewollt, können wir uns hierzu sehr gerne austauschen, der besseren Übersicht halber würde ich für den Diskurs die Anlage eines gesonderten Fadens vorschlagen.

Ist von der Polarität die Rede, dann oftmals in Verbindung mit Plus und Minus – es sind die beiden Pole schlechthin. Nach der Urminus-These wurzelt die Plusminus-Polarität in keiner Neutralität, sondern im Minus. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist der Minuspol der Urpol. Demnach verbirgt sich hinter Plus ursprünglich ein umgekehrtes Minus.

>> Die Null ist weder plus noch minus. <<
(Mein Mathelehrer damals)

Um dazu auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen. Wenn es hier heißt , dass sich hinter dem Plus urspünglich ein umgekehrtes Minus verbirgt, so würde zumindest ich davon ausgehen, dass sich hinter dem männlichen ursprünglich ein umgekehrtes weibliches verbirgt. Wird doch das Männliche vom weiblichen ausgetragen bzw. geboren. Wenn man allerdings die Erzeugung zum Maßstab nimmt , so würde sich hinter dem weiblichen ein umgekehrtes männliches verbergen. Um dazu nochmal auf Spanien und Frankreich zurück zu kommen , so käme wohl niemand ernsthaft auf die Idee, dass sich im Vergleich dazu hinter Spanien ein umgekehrtes Frankreich bzw. hinter Frankreich ein umgekehrtes Spanien verbergen könne.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 21. Mai 2024, 15:10, insgesamt 5-mal geändert.




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Quk
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Di 21. Mai 2024, 14:41

Timberlake hat geschrieben :
Di 21. Mai 2024, 14:16
Nun ja ... Spanien und Frankreich .. bezüglich der Polariatät und Gegesätzlichkeit ! .. mit Weiblich und männlich mit vergleichen zu wollen, würde ich doch schon für sehr weit hergeholt bezeichnen. Reden wir doch bei Letzteren von einer ... systemischen! .. Polarität und Gegesätzlichkeit.
Bei "weiblich und männlich" sehe ich außer in den genannten unterkomplexen Einzeleigenschaften (Tunnel/Stab, hohe/tiefe Stimme) überhaupt keine "Polarität und Gegensätzlichkeit" -- weder eine systemische noch eine unsystemische. Meine Begründung ist oben nachzulesen.




Timberlake
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Di 21. Mai 2024, 15:02

Quk hat geschrieben :
Di 21. Mai 2024, 13:42

- Also wie sollte ich solch eine ultrahochkomplexe Angelegenheit in ein Gegenteilschema zwingen?
Es mag ja sein, dass weiblich und männlich für sich eine ultrahochkomplexe Angelegenheit ist an sich ist es eine sehr einfache Angelegenheit . Genau darauf , auf dem An sich sein, habe ich mich , als von systemisch und infolge dessen von einer Polarität /Gegensätzlichkeit die Rede war , bezogen.

Dazu nur mal zur Info
philomag.de hat geschrieben :
An-Sich

Im Gegensatz zum „Für-Sich“ oder „Für-Uns“ bezieht sich das An-Sich auf das, was eine Sache schlechthin ist. In der Scholastik wird das An-Sich mit der Substanz gleichgesetzt (ens per se: „das Durchsichselbstseiende“). Für Kant ist, anders als das Phänomen, das An-Sich („Noumenon“) nicht erkennbar durch eine auf die sinnlich erfahrbare Realität gerichtete Wissenschaft, sondern ein Objekt der Spekulation für die Vernunft. Hegel seinerseits macht das An-Sich zum Anfang und zum Ende der Bewegung des Geistes, der zunächst nur „Für Uns“ ist, schließlich aber vollkommen mit sich selbst übereinstimmt, wenn er alle Stufen seiner Entäußerung durchlaufen hat. Dabei lässt er nichts außerhalb seiner selbst: er wird „an und für sich“, wenn er entdeckt, dass „die Substanz Subjekt ist“. Hegel definiert damit das Absolute. Bei Sartre schließlich bezeichnet das An-Sich die Welt der physischen Dinge, die eine Essenz haben, da sie „volles Sein“ sind. Dies gilt für den Aschenbecher, nicht aber für den Menschen, der kein vorherbestimmtes Wesen hat und dem es deshalb an Sein (être) fehlt. Das An-Sich stellt sich dann als ständige Versuchung für den Menschen dar, auf sein Für-Sich, d.h. seine Freiheit zu verzichten, indem er sich unter dem Blick der anderen objektiviert.
Übrigens „Für-Sich“ und "An-Sich" sind "an sich" ebenfalls gegensätzlich. Somit sich auch hier, gemäß der Urmimus These , die Frage stellt , was sich hinter wem ursprünglich verbirgt.




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"Geboren/gestorben" oder "Geburt/Tod (im Sinne von Eintritt des Todes)" wurde als Gegenteil akzeptiert. Dann nehmen wir das doch und kehren erst einmal zum Klärungspunkt zurück. Es steht Jörns Behauptung im Raum, dass es kein Teil des Gegensatzpaares geben kann, bevor es das Paar gibt. Also so wie es bei dem Gegensatzpaar "klein/groß" der Fall ist.

Nun noch einmal:

"klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten.

"Geboren" und "Geburt" können jeweils alleinstehen, denn es braucht nicht ihre jeweiligen Gegenteile "gestorben" bzw. "Tod", um ihre Bedeutung zu erhalten.

Die Behauptung, es kann kein Teil des Gegensatzpaares geben, bevor es das Paar gibt, trifft folglich nicht zu.




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Jörn Budesheim
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Wir haben noch nicht geklärt, was unter einem Gegensatzpaar zu verstehen ist. Der Ausdruck kann vielleicht so verstanden werden: was kein Paar ist und zusammen auftreten muss, ist auch kein Gegensatzpaar :)




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Jörn Budesheim
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Zum Leben gehört die Evolution, und der Motor der Evolution ist der Tod.




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Wörterbuch der philosophischen Begriffe hat geschrieben : Gegensatz, urspr. Übers. für gr. antistrophë ›Gegenstrophe‹, im 17. Jh. von J. G. Schottel gebr. z. Übers. von Antithese, eine »Behauptung, die einer anderen gegenübergestellt wird« (G. E. Lessing), in der Logik primär das Verhältnis zweier Aussagen zueinander, die sich gegenseitig ausschließen. Dabei kann der Gegensatz kontradiktorisch oder konträr sein. Von gegensätzlichen Begriffen spricht man, wenn die Anwendung dieser Begriffe auf einunddenselben Gegenstand zu kontradiktorischen bzw. konträren Aussagen führt. So sind die Begriffe »wahr« und »falsch« gegensätzlich (kontradiktorisch), weil die Aussagen »Der Satz p ist wahr« und »Der Satz p ist falsch« sich kontradiktorisch zueinander verhalten, die Begriffe »weiß« und »schwarz« sind gegensätzlich (konträr), weil »a ist weiß« und »a ist schwarz« konträr zueinander sind. – In der Dialektik bes. bei G. W. Fr. Hegel ist Gegensatz der von einem anderen Begriff geforderte, ihn negierende, aber zugleich ergänzende und mit ihm in eine höhere Einheit eingehende Begriff (Negation, Widerspruch). Polarer Gegensatz ist der Gegensatz zweier entgegengesetzter, aber zusammengehöriger Teile oder Momente eines Ganzen (Polarität). Vgl. Widerspruch. Durch Privation entsteht nach I. Kant der Gegensatz positiver und negativer Zahlen. Über die Vereinigung aller Gegensätze in Gott s. coincidentia oppositorum.




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textlog.de hat geschrieben : Konträr
Konträr (vom lat. contrarius entgegengesetzt) heißen die Begriffe, welche innerhalb derselben Gattung am weitesten voneinander abliegen, z.B. Anfang und Ende, a und z, schwarz und weiß, groß und klein, alt und jung, während kontradiktorisch diejenigen heißen, deren einer den anderen einfach verneint, z.B. A und Non-A, sterblich und nicht sterblich. Kontradiktorische Gegensätze entstehen nur bei einer zweiteiligen Einteilung, konträre bei einer mehrteiligen. Ein Mensch ist z.B. lebend oder tot, ein lebendiger ist entweder im Kindheits-, Jugend-, Mannesoder Greisenalter. Auf der Vermischung des konträren und kontradiktorischen Gegensatzes beruht die antithetisch-synthetische Methode Hegels. Siehe R. Haym, Hegel und seine Zeit. Berlin 1857




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Quasarkarotte hat geschrieben :
Di 21. Mai 2024, 21:52

Nun noch einmal:

"klein" kann nicht alleinstehen, denn es braucht das Gegenteil "groß", um seine Bedeutung zu erhalten.

  • "Das wahre System kann daher auch nicht das Verhältnis zu ihm haben, ihm nur entgegengesetzt zu sein; denn so wäre dies Entgegengesetzte selbst ein Einseitiges. Vielmehr als das Höhere muß es das Untergeordnete in sich enthalten."
    Hegel .. Wissenschaft der Logik
.. obgleich für ein philosophisches System von Spinoza formuliert , so setze ich einmal ein ...

  • Das wahre System .. von klein und groß .. kann daher auch nicht das Verhältnis zu ihm haben, ihm nur entgegengesetzt zu sein; denn so wäre dies Entgegengesetzte selbst ein Einseitiges. Vielmehr als das Höhere muß es das Untergeordnete in sich enthalten.
Was wäre denn ( dementsprechend umformuliert) in diesem "System" das Höhere ? Das Kleine oder das Große ?
Quasarkarotte hat geschrieben :
Di 21. Nov 2023, 11:45

Ist von der Polarität die Rede, dann oftmals in Verbindung mit Plus und Minus – es sind die beiden Pole schlechthin. Nach der Urminus-These wurzelt die Plusminus-Polarität in keiner Neutralität, sondern im Minus. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist der Minuspol der Urpol. Demnach verbirgt sich hinter Plus ursprünglich ein umgekehrtes Minus.

Um dazu auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen . Weil sich angeblich hinter dem Plus ursprünglich ein umgekehrtes Minus verbirgt , so dürfte jedenfalls das wahre System .. von plus und minus .. dadurch gekennzeichnet sein , dass das Minus .. als das Höhere! .. das PLus .. als das Untergeordnete ! .. in sich enthält .




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