Richtig, dass scheint dir nicht nur so, das ist auch so. Allerdings - wie du ja weißt - gibt es für Gabriel keinen Schiedrichterbereich, der entscheidet, was es wirklich wirklich gibt. So dass, die Ansicht in Faust gibt es Faust wirklich, bedeutet IN DEM BEREICH gibt es ihn wirklich - etwa im Unterschied zu halluzinierten Figuren, die womöglich auch vorkommen.
In dem Zusammenhang haben wir zwei bis drei verschiedene Bedeutungen von "wirklich", die du nicht sorgfältig auseinander hältst. Du tauschst leider regelmäßig (absichtlich/unabsichtlich oder was auch immer) das, was Gabriel an dieser Stelle unter "wirklich" versteht, gegen das aus, was du darunter verstehst. Und zwar meistens unter der Hand. Das kann nur zu Konfusion führen. Zumal du nicht bereit bist zu erläutern, was du unter "wirklich" verstehst. Für Gabriel gibt es jedoch immer die Beschränkung auf den Bereich und das unterschlägst du regelmäßig.
Zudem gibt es noch eine Alltagsbedeutung von "wirklich". Obwohl das deutlich komplexer ist. Im Alltag, wo zumeist wohlwollend interpretiert wird, was beinhaltet, dass man den Gesprächspartner so auslegt, dass etwas sinnvolles, wahres, rationales herauskommt, ist es problemlos möglich zwischen den Ebenen zu wechseln. Zum Beispiel kann man ohne Missverständnisse darüber reden, dass Faust im Faust wirklich ist gegenüber einigen der Hexen, die womöglich nur halluziniert sind - im nächsten Satz kann man die Bedeutung (den Bezug) von "wirklich" dann abrupt ändern und darauf hinweisen, dass es auch einen wirklichen Faust gab, nämlich eine historische Person -wie man dann vielleicht hinzufügen könnte, um den Bereich anzugeben, an den die fiktionale (und nicht etwa fiktive, wie du fälschlicherweise immer wieder schreibst) Figur des Stückes angelehnt sein könnte. Aber so etwas geht natürlich nur im Alltag und nie und nimmer in Philosophie-Foren :-)
Also nach meinem Verständnis existiert Faust nach Gabriels Ansicht wirklich und zwar in dem Stück. Meines Erachtens ist das eine einfache Ortsangabe, die leicht zu verstehen ist und keineswegs zu Verwirrung führen muss, weil jeder weiß, dass Geschichten nicht das selbe sind, wie Ereignisse in der Naturgeschichte. In diesem gänzlich anderen Rahmen (=Feld) können gänzlich andere Dinge geschehen; Geschichten haben ihre eigene Logik - da können Figuren gegen die Gesetze der Schwerkraft verstoßen, weil sie eben nicht grundsätzlich den Anordnungsregeln der Naturgesetze "gehorchen" müssen, sondern die Freiräume nutzen können, die die Phantasie eröffnet. Diese Phantasiewelten eröffnen auch dem Leser einen gewissen Spielraum, was sogar einen großen Reiz der Kunst ausmacht. Das macht Interpretationen aber nicht beliebig, da das Stück eben Tatsachen in die Welt gesetzt hat, die die Interpretation begrenzen ... man kann sich hier auch irren. Ansonsten wären wissenschaftliche Erforschungen solcher Stücke auch Zeitverschwendung. Mithilfe solcher Forschungen kann man dann klären, welche Hexen in dem Stück wirklich sind und welche nicht ...